l®eT3mJ)fim9 der bon der Regierung inszenierten Metzeleikanchagne". In der ersten Sitzung der Konferenz wurde der Beschlus; gefaszt, auch einen Vertreter des Allrussischen Bauernbundes zur Teilnahme an den Beratungen einzuladen. Angesichts der Nolwendigfeit, der Metzeleiagitation der selbst- herrschenden Regierung durch schleunigste Matznahmen cUtgegen- zuwirlen, hat die Konferenz folgende Resolutionen gefatzt: t. Indem die Konferenz den völligen Mangel an populärer, gegen die antisemitische, zu Metzeleien auffordernde Agitation der Regierung gerichteter Literatur konstatiert, macht sie alle revolutionären Organisationen auf die Notwendigkeit aufmerksam, an die Heraus- gäbe und weiteste Verbreitung von Schriften zu gehen, die vor den Massen der Bevölkerung die Rechtlosigkeit der Juden, ihre ökonomische Lage und die Politik der Negierung den Juden gegenüber klar- legen. 9. Die Konferenz weist auf die Notwendigkeit hin, in ganz Nutz- land eine Kampagne gegen die Metzeleipolitik der Regierung zu organisieren. Sie schlägt die Organisierung von Versammlungen Und Meetings vor mit Annahme entsprechender Resolutionen. Als deren Grundlage legt die Konferenz folgende Erwägungen vor: „Wir..., versammelt in der Zabl von..., haben die Frage der Judenmetzeleien betrachtet und erkläre» folgendes: Im Kampfe mit dem Volke ist die Selbstherrschaft bemüht, es zu spalten, seinen Zorn von sich abzulenken und so seinem Kampfe für Land und Freiheit Einhalt zu tun. „Zu diesem Zwecke hetzt sie die verschiedenen Teile der Be- bölkerung auseinander, besonders aber die verschiedenen Nationali- täten. „Indem die Regierung die Juden aller Bürgerrechte beraubt und dadurch im Wolke den Gedanken aufrecht erhält, dah gegen die Juden alles erlaubt sei, will sie die rechtlose jüdische Be- bölkerung zum Blitzableiter für die elementare Unzufriedenheit der unaufgeklärten Wolksmassen machen und inszeniert sie mit Hülfe bon Polizei, Militär und gedungenen Mördern grausame Jubenmetzcleien. „Wir erklären, dah wir nicht die Juden noch eine andere Nation als unsere Feinde betrachten, sondern die absolutistische Regierung, die mit dem Blute unschuldiger Opfer befleckt ist, so- wie alle diejenigen, die ihr bei diesem niederträchtigen Werke beistehen. «Für uns sind alle Menschen ohne Unterschied von Reli- gton und Nation— gleich; wir haben gekämpft und kämpfen und rufen auch alle Bürger zum Kampfe auf für die sofortige Gleichberechtigung der Juden, für die sofortige Abschaffung aller Ausnahmegesetze gegen die unterdrückten Nationen. „In den Händen der Regierung dient das Heer nicht zum Schutze der Bevölkerung, sondern zum Morden und Plündern. Wir fordern daher den politisch aufgeklärten Teil der Armee zum Protest auf gegen die ihnen von der selbstherrschenden Clique zugemutete Nolle der Räuber, Mörder und Gewalttäter. Möge die Armee bei jedem Versuche, eine Metzelei zu organisieren, ihre Waffen zum Schutze der wehrlosen Bevölkerung gegen die An- stifter der Metzelei kehren. „Wir erklären, datz nur die allgemeine Bewaffnung des Volkes imstande ist,»Leben und Ehre der Bürger zu schützen. Wir rufen alle Bürger zum bewaffneten Selbstschutz und zur Organisierung einer Bllrgermiliz auf. „Wir fordern die Duma(bezw. den einen oder den anderen Teil der Duma) auf! energische Mahnahmcn zur Bekämpfung der Metzeleien, dieser letzten Karte des zugrUndegchenden Rc- gimes, zu ergreifen. „Zu diesem Zwecke schlagen wir der Duma(oder einem Teile der Duma) vor: a) sich an die gesamte Bevölkerung Rustlands mit einem Aufruf zu wenden, in dem die Ursachen und das Ziel der Metzeleien erklärt und die Bürger zur Organisierung einer Volks- miliz zum bewaffneten Widerstande gegen die Gewalttäter und Mörder aufgefordert werden; b) sich mn einem Aufruf an die Armee zu wenden, um ihr die ganze Schmach, die sie sich durch d'e Teilnahme an der Metzeleikanipagne der Regierung aufladet, zu zeigen und sie zum Schutze der friedlichen Bürger aufzufordern; c) besondere Emissäre nach denjenigen Orten zu entsenden, an denen Metzeleien erwartet werden, um den Metzeleien durch Agitation in der Bevölkerung und durch Enthüllung der Politik der Regierung entgegenzuwirken." Jeder Partei und Organisation bleibt das Recht vorbehalten, im Texte der Resolution Aenderungen vorzunehmen. 3. Die Konferenz weist auf vie Notwendigkeit einer Anti- Pogromagitation in der Armee hin, Um der Teilnahme des HecrcS an den Metzeleien entgegenzutreten. 4. Die Konferenz macht alle revolutionären Parteien auf die hohe Wichtigkeit von Vereinbarungen bei der Organisierung des bewaffneten Selbstschutzes aufmerksam, sowie auf die hohe Wichtig- keit von lokalen Beratungen der revolutionären Organtsaiioncn zur Erörterung technischer, mit dieser Organisierung verknüpfter Fragen. Geheim-Zirkular eines Gouverneurs der Hooligans. Die„Rjetsch", das Hauptorgnn der konstitutionellen Demokraten, erzählt aus der großen Judenftadt Minsk : In Minsk herrschte Pogrompanik. Die Juden gingen zum stell- vertretenden Gouverneur Kurlow(dem Schützling DurnowoS) und baten um Schutzmatzregeln. Er antwortete:„Drei Dinge hasse ich: Revolutionäre, Hooligans und Pogrome."— Die Deputation ging beruhigt nach Saufe, Gleichzeitig aber erließ jener nach- stehendes Geheim-Zirkular an die Beamten seines Gouvernements, in dessen Besitz eben die„Rjetsch" gelangt ist: Nr. 3819. An, alle unsere Polizeikommissäre, Landgemeinden, Stadtgemeinden und Stadtverwaltungen. Betreffend die Meldung der Mnskcr Abteilung dcS Vereins des russischen Volkes(das sind die Hooligans) vom 3. Juni 1903 Nummer 170 schreibe, ich ton Provinzkommissären, Polizeikommissären, den Landgemeinden, Stadtgenieinden und Verwaltungen vor: sie sollen die Mitglieder und Vorsitzenden der Bezirks- und örtlichen Abteilungen des Verein» in ihrer Arbeit, unter der Be- völkerung die Ideen des Vereins zu verbreiten, nicht stören, da sein festes Prinzip ist, durch gesetzliche Mittel dem orthodoxen Glauben, dem russischen Kaiser und dem Vaterland« zu dienen, was zum Ausdruck kommt durch die Broschüren und Flugschriften, die das Zentralkomitee herausgibt, und durch die Auszüge aus patrio- tischen Zeitungen, die die örtlichen Abteilungen abdrucken. Der pellvertretento Gouverneur F. Kurlow. Statt des Vizegouverneurs der älteste Rat Juscfowitsch. poUtifcbe Ücbcrlxcbt. Berlin , den 16. Juli. Trothas Rasfcnvertilgung. Die»Kmiz-Zeitung" gibt an der Hand des bekannten General« siavswerkeS über den Krieg in Südwestafrika eine eingehende Schilderung der Kämpfe am Waterberg und der sich daran anschließenden Verfolgungen, die das leitende konservative Organ selbst unter dem Titel„Der Untergang des HcrcrovolkcS" zu- sammenfaßt: Nach der Darstellung dcS Generalstabs betrug die Zahl der am Waterberg konzentrierten HereroS 00—00 000 Köpfe, darunter 0000 mit modernen Gewehren Bewaffnete. Diese Massen wurden, trotzdem ihnen nur 1S00 Mann mit 30 Geschützen und 12 Maschinengewehren gegenüberstanden, geworfen und zur Flucht in die w a s s e r l o s e Sand wüste der Omaheke abgedrängt. Die deutsche» Verluste betrugen 20 Tote und 00 Verwundete, lieber die Verluste her Herero berichtet die„Kreliz-Ztg." «Die Widerstandskraft der Hereros war völlig gebrochen wie die am 13. beginnende Verfolgung zeigte. Die Szenen, bis sich hierbei den verfolgenden Truppen boten, spotteten jeder Beschreikiuilg. DaS Strafgericht, das über die HereroS verhängt war, hatte seinen Anfang genommen und sollte in den S a n d w ü st e n d e r O m a h e k e, wohin, sich ihre Flucht wandte, sein Ende finden. Eine monatrlangr eiserne Absperrung voll- endete es. Die Berichte der deutschen Patrouillenführer geben erschütternde Bilder davon. So berichtet Oberleutnant Graf Schweinitz von seinem Ritte: „Von Onbown ab bezeichnete eine im Omuramba aus- getretene Fußspur, neben welcher Menschenschädel und Ge- rippe und Tausende gefallenen VieheS, besonders Großviehes, lagett, den Weg, den anscheinend die nach Nordosten ent- wicheneu Hereros genommen haben. Besonders in den dichten Gebüschen am Wege, wo die verdurstenden Tiere wohl Schutz vor den versengenden Strahlen der Sonne gesucht hatten, lagen die Kadaver zu Hunderten dicht neben- und übereinander. An vielen Stellen war itt 15 bis 20 Meter tiefen, aufgewühlten Löchern vergeblich nach Wasser gegraben____ Alles läßt darauf schließen, daß der Rückzug ein Zug deS Todes war..." In dem Berichte eines anderen Mitkämpfers heißt es: „Die mit eiserner Strenge monatelang durchgeführte Ab- sperrung des Saudfeldes vollendete das Werk der Ver- nichlmtg. Die Kriegsberichte des Generals v. Trotha aus jener Zeit enthielten keine Aufsehen erregenden Meldungen. Das Drama spielte sich auf der dunklen Bühne des Snndfeldcs ad. Aber als die Regenzeit kam, als sich die Bühne allmählich erhellte, und unsere Patrouillen bis zur Grenze des Betschuana- landes vorstießen, da enthüllte sich ihrem Auge das grauen- hafte Bild verdursteter Heereszilgr. Das Röcheln der Sterben- den und das W u t g e,s chrei des Wahnsinnes... sie verhallten in der erhabenen Stille der U nendlichkeitl" Das Strafgericht hatte sein Ende gefunden. Die HereroS hatten aufgehört, ein selbständiger Volksstamm zu sein." Mindestens 40 000, vlerzlgtanseud Menschen haben damals lm Fieberwahnsinn des Verdurstens ihr Leben in der Omaheke MiS- gehaucht I Sie konnten nicht zurück infolge der monatelang durch- geführten eisernen Umklammerung. Trotha, der„große General", hatte ja den Befehl gegeben, jeden Herero, ob bewaffnet oder unbewaffnet, niederzuschießen, auch Frauen und Kinder sollten durch Flintenschüsse über die Köpfe weg wieder in den Tod des Berschmachtens zurückgetrieben werden! Und die Rassenvertilgung geschah I Vierzigtausend, darunter wohl dretßigtaiiscnd Frauen, Greise und Kinder, gingen im Delirium des Hungers und des Durstes zugrunde I Was bedeuten die 150 erschlagenen Ansiedler gegen diese zweihimdertfach größere Zahl der in dm Tod deS VerfchmachtenS Getriebenen l Und diese„christliche" Kolonialpolttik erhielt den Segen der gescheitelten und tonsurierten Pfaffen I— Aus dem Wahlkreise Hagen wird uns geschrieben:„Die Wahlagitation der Freisinnigen im Wahlkreise Hagen treibt die sonderlichsten Blüten. Wie ein Ertrinkender, der zum Strohhalm greift, so versuchen sie auch das letzte, unscheinbarste Mittel, um dadurch der drohenden Vernichtung zu entgehen. Bekanntlich haben die Zcchentöter Stinnes und Konsorten in den letzten Jahren eine Reihe Ruhrgrubcn stillgelegt, wodurch eine große Zahl von Gemeinden wirtschaftlich ruiniert wurden. Einzelne Gemeinden des nördlich gelegenen Teils des Wahl- krcises Hagen sind hiervon empfindlich betroffen worden. Nun haben die Bewohner der in Frage kommenden Gemeinden um den Bau einer Bahn petitioniert. Von dem Bau einer Eisenbahn versprechen sie sich einen großen Wirt- schnftlichcn Vorteil, da sie dadurch den oberhalb der Kohlenpartie lagernden»vertvollen Ruhrsandstein zum nahen Jndustriebezirk versenden und dort gut ver- kaufen können. Ferner brauchte dann ein großer Teil der in den Gemeinden noch ansässigen Bergleute von dort nicht abzuwandern, da sie mit der Bahn zu den Arbeitsplätzen fahren könnten. Auf den Bahnbau setzen diese Bewohner ihre einzige Hoffnung. Alle sind daran interessiert. Der Haus- besitzer wird durch die inimer mehr zunehmende Abwanderung wirtschaftlich ruiniert, da er keine Mieter mehr bekommen kann, der größere Grundbesitzer kann die landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht mehr so gut wie früher verkaufen und der Wert des Bodens sinkt ganz enorm, der Bergmann endlich, der in den schönen Ruhrbergcn aufgewachsen ist, kann sich nur schwer von ihnen trennen und zieht mit seiner Familie nur höchst ungern in die schmutzigen Jndustriedorfer. Unsere Genossen haben in Wort und Schrift gegen die mut- willige Zerstörung dieser blühenden Gemeindeweien durch eine Handvoll geldgieriger Kapitalisten auf das schärfste protestiert. Von den Freisinnigen, die im ganzen Kohlenrevier nicht ein einziges Organ und so gut wie gar keinen Einfluß besitzen, haben wir bisher nicht vernommen, daß sie sich um die Zechen» stillegungen bekümmert haben. Jetzt, wo sie auch die Stimmen der Bergalbeiter brauchen, spielen sie sich als die wahren Ver- treter der wirtschaftlichen Interessen dieser hart bedrängten Bewohner auf. indem sie in Flugblättern und Volksversamm- lungen die Behauptung aufstellen: „Die Sozialdemokratie fragt nicht nach dem Wohl und Wehe der Heimat. Sie„Pfeift" auf unser Bahnprojclt. Diese Agitatoren läßt es kalt, ov unsere Heimat verödet, die Kotten der seß- haften Arbeiter entwertet werden. S i e fragen nicht danach, ob der Bergbau in unserer Heimat ganz zum Erliegen kommt, ob demnächst mancher Bergmann stundenweit wird wandern oder reisen müssen, um zu einer Arbeitsstätte zu gelangen. S i e beherrscht nur die Furcht, die Sttmmen zu verlieren dieser ihrer früheren Mitläufer"! Man sieht hieran, wie weit es schon mit dem Freisinn in seiner letzten, früher so festen Hochburg Hagen gekommen ist. Unsere Genossen werden den freisinnigen Helden an 19. die Quittung dafür ausstellen!— •■" Dcutfcbco Reich. Die abgehackte Hand. Wie das Wölfische Bureau aus Breslau meldet, ist da» wegen Beteiligung am Aufruhr gegen B i e w a l d eingeleitete Gerichts- verfahren eingestellt worden. Diese von vornherein aussichtslose Aktion ist also endlich aufgegeben worden. Von einem Gerichtsverfahren zur Ermittelung des polizeilichen HandabhackerS ist dagegen immer noch nichts bekannt geworden. Warum hat man noch immer nicht ein Verfahren gegen Unbekannt eingeleitet, bei dem die Breslauer Schutzleute als Zeugen zu vernehmen waren 1 Existiert die Möglich« keit eines solche» Verfahrens, das nicht unwahrscheinlich zur Er« Mittelung des Täters geführt hätte, nur gegenüber sozial« demokratischen P r e ß s ii n d e r n?!— Bcrnard Shaw und der„Vorwärts". Als Ergänzung unserer Notiz über B. Shaws Milarbeit am »BorwSrt»" schreibt uns unser Londoner Korrespondent: In den letzten fünf Jahren-- länger reicht meine Erfahrung nicht— höbe ich im Auftrage der Redaktion nur ein einziges Mal Shaw um einen Artikel ersticht. Das war gegen Ende April 1904. Der Artikel sollte in der Mai-Nummer erscheinen. Er erschien indes nicht. Im Dezember 1904 brach zwischen Shaw und mir eine ziemlich hefitge Polemik über die deutsche Sozialdemokratie und den Marxismus aus, die in der„Clarion" ansgefochten wurde. Wir haben»US gegenseitig Nicht geschont, da es Shaw daran lag, die Taktik der deutschen Sozialdemokratie zu diskreditieren; während es mir daran lag, Shaw? Autorität als sozialistischer Denker zu er» schllttern. Als eS Mit Shaws objektiven Gründen zu Ende war, er- hob er den Vorwurf der Nichtaufnahme des Artikels, um den ich ihn gebeten hatte. Ich wandte mich hierauf an Genossen Eisner, der mir antwortete, daß der Artikel zlt spät eingetroffen und übrigens auch nicht geeignet war, Shaws Ruf als geistvoller Schrift� steller zu erhöhen.—_ Zur Nachwahl in Hagcn-Schwclm. Zur Rache für das Verhalten der Freisinnigen in Altoua-Jserlohn ruft, wie wir schon mitteilten, die„Westdeutsche Volkszeitung", das Organ der Zentrumspartei in Hagen , auf. DaS Blatt schreibt: „Man wird nach diesen Geschehnissen(der Stichwahl in Altona « Iserlohn ) gewiß nicht glauben, daß die Zentrumspartei in Hagen » Schwelm , sei es in der Hauptwahl, sei es in der Stichwahl, auch nur eine einzige Stimme für den frei- sinnigen Kandidaten übrig hat. Wer als Zentrumsmann nach den Vorgängen in Iserlohn für den „Freisinn" in Hagen stimmt, ist ein sehr demütiger Mann und darf erwarten, datz man ihm, um einen landläufigen Aus- druck zu gebrauchen, demnächst Bohnenstangen auf seinem gut- mutigen Schädel spitzt. Wäre der Kandidat der Nationallibernlen ein anderer, als der seit langen Jahren als Kulturkämpfer be- kannte Professor Moldenhauer in Köln , so würden wir keine Bedenken tragen, unseren Parteigenossen zu empfehlen, schon in der Hauptwahl unter Verzichtleistung auf den eigenen Kandidaten, für den N a ti o n a l l i b e r a I en, mit den 0000 Stimmen, welche wir bestimmt aufbringen können. einzutreten. Ein National- liberaler von der Richtung Bassermanns, am liebsten dieser kluge, vornehme und beliebte Parteiführer selbst, würde alsdann latt des Freisinnigen mit dem Sozialdemokraten in die Stichwahl ommen, und dann würde der Hagener Freisinn, um die Phrase eines freisinnigen Blattes anzuwenden,„zähneknirschend und mit wuterfülltem Herzen für den Nationalliberalen stimmen müssen". Leider ist nicht mit der Wahrscheinlichkeit zu rechnen, daß die Nationalliberalen uns noch in letzter Stunde einen annehmbaren Kandidaten präsentieren und dadurch es ermöglichen, mit dem- selben durch unsere Hülfe in die Stichwahl zu kommen.... Daß der Wahlkreis Hagen-Schwelm diesmal den Sozialdemokraten zu- fallen wird, ist eine Aussicht, mit welcher als einer kaum mehr abwendbaren gerechnet werden muß. Wir vom Zentrum wollen dafür sorgen, daß man uns nicht als die Sündenböcke für diesen traurigen Umschwung verantwortlich machen kann.— Noch etwas Rcichsverbändlcrisches. In letzter Nummer haben wir die Tölpelhaftigkeit der G e- ch ä f t s st e l l e des sogen.„Reichsverbandes gegen die Sozial- demokratie" beleuchtet. Fast scheint eS jedoch, als wenn die Oualität der Geschäftsstelle durch die der Verlagsabteilung deS„Reichs- verbantzes" noch übertroffen wird; denn wie das„Hamburg . Echo' mitteilt, hat tatsächlich diese Abteilung die Firma Auer u. Co., deren Inhaber die nicht ganz unbekannten Sozialdemokraten Auer. Bebel, Förster und Singer sind, für den Vertrieb der von ihr verlegten aubettN antisozialdemokratischen Schriften zu gewinnen versucht. Zu der Hamburger Buchdruckeret und Verlagsanstalt Auer u. Co. gehört auch eine Sortimentsbuchhandlung. Diese Buchhandlung er- hielt nun dieser Tage eine verlockende Offerte vom Reichsverband gegen die Sozialdemokratie, dem Reichsverband, der mit bisher nie dagewesener Gründlichkeit alle, auch die geheimsten Geheimnisse der Sozlaldemokraiie erforscht hat und alle geschäftlichen Unternehmungen derselben angeblich genau kennt! Die Offerte lautet: In der Anlage gestatten wir uns, Ihnen einen Prospekt unserer Abteilung Buchhandel mit der recht dringenden Bitte zu über- reichen, diesen in Ihrem Schaufenster anzubringen. Wir weisen ganz besonders darauf hin, daß auf ausdrücklichen Wunsch der unsereni Verband angehörenden 120 000 Mitglieder eine Ver- breitung unserer Verlagswerke gewünscht wurde. Es liegt uns nicht daran. Gumnien durch die Verbreitung unserer Werke zu verdienen, sondern lediglich daran, gegen die von der Sozialdemokratie betriebene Volksverdummung und Volksberhetzung energisch anzu- kämpfen. Wir sind davon überzeugt, daß unsere deutschen- Buch- Handlungen als Mitträger und Mitverbreiter der Wissenschast mit uns auf nationalem Boden stehen und" eines Sinnes mit uns sind, daß eine Aufklärung des Volkes weit mehr Segen verspricht als Versammlungen. Zu diesem ? wecke bitten wir auch die Schriften unseres Verlages ii Ihrem Schaufenster auszustellen. Damit Ihnen nun für Ihre rege Verwendung unserer Verlagswerke auch lohnender Verdienst bleibt, sind wir geni bereit, auf Verlangen je ein Freiexemplar, die festverlangten Exemplare bar mit SO Proz. Rabatt zu liefern. Mit der Bitte, uns Ihre Bestellungen steundlichst auf dem beigefügten Wahlzettel zugehen zu lassen, zeichen wir mit vorzüglicher Hochachtung Retchsverbandsverlag. Trotz der 50 Proz. Rabatt verzichtete natürlich die Firma Auer u. Co. auf das Geschäft.— Fahrkartenstcncr und Eisendahnschikanen. Wie man sich in den Kreisen der höheren Eisenbahnbcamten die Durchführung der Fahrkartensteuer vorstellt, darüber wird der „Franks. Ztg." von einem ihrer Berliner Leser folgendes mitgeteilt: „Eine recht interessante Unterhaltung über die Fahrkartensteuer hatte ich heute Mit einem höheren Beamten der preußischen Eisen- bahn. IIIS ich die Bemerkung fallen ließ, daß die Fahrkartensteuer sicher nicht den crivarteten Erfolg haben werde, da ein großer Teil der Reisenden zukünftig in der nächst niederen Klaffe fahren und die 8. Klasse hauptsächlich stärker benutzt werden wird, antwortete mir der Beamte ungefähr folgendes: Was die Reisenden betrifft, die heute 3. Klasse fahren, so ist es so gut wie ausgeschlossen, daß sie sich in die 4. Klasse begeben, denn da sind Läuse! Auf meine Einwendung, daß doch nicht alle Reisenden der 4. Klasse Läuse hätten, gab er mir zur Antwort: In der 4. Klasse sind immer Läuse; ich bin einmal 4. Klasse gefahren und sofort hatte ich welche. Ich wendete dagegen ein, daß es in Sllddcutschland überhaupt kelne 4. Klasse gibt, man also dort die Läuse in der 3. Klaffe finden müßte, worauf er mir die Antwort schuldig blieb. Weiter ließ sich der Beamte aus: Daß die heutigen 2. Klaffepaffagiere nicht in die 3. Klasse übergehen, dafür werden wir schon sorgen. DaS geschieht folgendermaßen. Vor allen Dingen wird auch im Sommer die Winterbesetzung der 3. Klaffe- Abteilung eingeführt, das heißt, es werden zukünftig auch im Sommer zehn Personen in ver 3. Klasse untergebracht. Es wird aber den jetzigen 2. Klassrreisenden bald vergehen, sich derartig einpferchen zu lassen." Wenn der„höhere" Eisenbahnbeamte sich tatsächlich derart über die Zustände auf den preußischen Eisenbahnen geäußert hat, dann hat er damit über die„Kontgl. preußische Eisenbahnverwaltung" ein Urteil gefällt. dem zu widersprechen wir nicht den geringsten Anlaß haben. Die Behauptung, die vierte Klaffe sei immer verlaust, ist lächerlich; soweit sie aber zutrifft, trägt daran nicht am venigsten die Unsauberkeit auf
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