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fcen preußischen Eisenbahnen die Schuld, gegen die energische Maßregeln zu ergreifen eine dringende Pflicht der Eisenbahn- Verwaltung ist. Auf gleicher Stufe steht die Aeußeruug, daß, um den Uebergang der Passagiere 2. Klasse in die 8. Klasse zu verhindern, zukünftig auch während des Sommers zehn Passagiere in die engen Wagen- abteilungen der dritten Klasse hineingepfercht werden sollen. Die Fahrkartensteuer erfreut sich ohnehin gerade nicht besonderer Beliebt- heit beim reisenden Publikum; kommt min noch hinzu, daß diese Steuer von dem Eisenbahnpersonal zum Anlaß für allerlei Schikanierungen des Publikums genommen wird, dann wird sich bald ein Sturm der Entrüstung gegen den Eisenbahnstskus erheben. Uns soll's recht sein._ Es geht vorwärts! Man schreibt uns aus Duisburg  : Am Freitag, den 13, d. Mts. fanden in Duisburg  , der künftigen Millionenstadt des Industrie- gebiet? am Niederrhein  , sowie in dem Duisburg   eingemeindeten D.- M e i d e r i ch die turnusmäßigen Gewerbegerichts- Wahlen statt. Eine im Verhältnis zu den früheren Wahlen riesenhafte Beteiligung, ein den parteigenössischen und gewerkschaftlichen Entwickelungsverhältnissen entsprechendes s p r u n g- Haftes Vorwärtsschreiten der klassenbewußten Arbeiter- schaft und eine reinliche Scheidung zwischen den verschiedensten Strömungen bilden die Signatur der Wahl, Noch bei den letzten Gewerbegerichtswahlen im Jahre 1904 gingen die freien Gewerk- schaften mit den H.- D u n ck e r s ch e n zusammen. Die Unzuverlässig- keit der«Hirsche", sowie der Drang unserer Duisburger  Genossen, vorwärts zu kommen, führte dann im Vor- jähre dazu, daß das Gewerkschastskartell beschloß, in Zukunft bei allen Wahlen selbständig vorzugehen. Der Wahlausfall hat bewiesen, wie recht das Gewerkschastskartell mit diesem Beschluß hatte. Im Jahre 1904 erhielt die gemein- s a m e Liste der freien Gewerkschaften und der Hirsch- D u n ck e r s ch e n aus S Kandidaten insgesamt 2750 Stimmen. denen 4529 sogenanntechristliche" gegenüber standen. Diesmal erhielt die Liste der freien Gewerkschaften allein 9287 Stimme», denen 9513christlich-katholisch-stöckerisch-national- liberale" Stimmen gegenüber stehen. Aus lauter Angst vor dem mächtigen Anwachsen der freien Gewerkschaften hatten nämlich so­genanntechristliche" Gewerkschaftler, katholische Fach- genossenschaftler und Jünglingsvereinler, die muckerischen Stöckerlinge und evangelisch- nationalliberale Arbeitervereinler unter der Devisechristlich-national" einen Pakt geschlossen, den Sozialismus zu bekämpfen. Mit welchem Erfolge, das beweist das obige Resultat. Die Hirsch- Dunckerschen, denen wir den Stuhl bor   die Tür gesetzt hatten, erhielten 3262 Stimmen. Da auf Grund des Proporz- systems gewählt wurde, so erhalten die freien Gewerkschaften zwei Sitze, der christlich-nationale Mischmasch zwei Sitze und dieHirsche" einen Sitz im Gewerbcgericht. In D.- Meid er ich hatten sich die freien Gewerkschaften bisher überhaupt noch nicht beteiligt. Noch im Jahre 1904 hatten dort die Hirsche" mit denChristlich-Nationalen" eine gemeinsame Liste aufgestellt, die rund 1769 Stimmen erhielt. Infolge der Einführung des Proportionalwahlshstems und des selbständigen Vorgehens der freien Gewerkschaften ist auch in Meiderich   mit dem alten Schlendrian gebrochen worden, indem auch dort dieselben drei Richtungen eigene Kandidatenlisten einreichten. Das Ergebnis in D.-Meiderich ist folgendes: christlich-nationaler Mischmasch 7643 Stimmen, freie Gewerkschaften 3594 Stinimen, Hirsch- Dunckersche Gewerkschaften 2375 Stimmen. Da in Meiderich   sieben Beisitzer zu wählen waren, so erhalten auf Grund des Proporzes die Mischmaschleute 4 Sitze, die freien Gewerkschaften 2 und die Hirsche einen Sitz. Also: Vormarsch auf der ganzen Linie trotz des international durcheinander gewürfelten Menschenhaufens und trotz der Despotie des Pfasientums im Dienste der Schlot- barone I_ Militärgerichtliches. Man schreibt uns aus Münster  : Weil er den Hund eines Leutnants beim Schießen nach der Scheibe geschossen hat, ist der Unteroffizier G. vom Infanterieregiment Nr. 158 in Paderborn  vom Kriegsgericht der 13. Division wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung mit 3 Wochen Gefängnis bestraft worden. Infolge der vom Verurteilten eingelegten Berufung kam die Sache vor daS Ober­kriegsgericht. Der Angeklagte versicherte, daß er nur durch Zufall den um die Scheibe springenden Hund getroffen habe. Obwohl die Beweisaufnahme diese Erklärung durchaus zu bestätigen schien, be- antragte der Vertreter der Anklage die Verwerfung der Berufung. DaS Oberkriegsgericht aber erkannte auf Freisprechung. Statt 2 Jahre Gefängnis Freisprechung. Wegen tätlichen Angriffs gegen einen Vorgesetzten, verbunden mit Achtungs« Verletzung vor versammelter Mannschaft, hatte das Kriegsgericht der 14. Division den Unteroffizier H. vom Infanterieregiment Nr. 16 zu 2 Jahren Gefängnis und Degradation verurteilt. Bei der letzten Kaisergeburtstagsfcier hatte H. in sehr bierseliger Stimmung sich recht unnütz benommen; er wollte seinen Hauptmann und seinen Feldwebel umarmen, lud sie zu einem Glase Bier ein und führte allerlei ungebührliche Reden. Der Hauptmann wollte verhindern, daß der Mann sich in Ungelegenheiten brachte, und veranlaßte den Feld- webel, ihn fortzuführen. Dieser brachte ihn bis zur Haltestelle der Straßen- bahn, aber kurz nachher war H. bereits wieder im Festsaale, richtete hier Unfug an. indem er Gläser zertrümmerte, so daß der Feldwebel sich entschloß, ihn mit Hülfe eines Musketiers aus dem Saale zu entfernen. Dabei schlug der Trunkene um sich, trat den Feldwebel, schlug ihn ins Gesicht und schimpfte ihn aus. Vor dem Ober- kriegSgericht als Berufungsinstanz erklärten die sachverständigen Aerzte, nach ihrer Ansicht sei der Angeklagte sinnlos betrunken gewesen. Verteidiger und Anklagevertreter beantragten Freisprechung und der Gerichtshof erkannte demgemäß. Das Urteil ist sehr vernünftig, leider steht es nur in der Militärgerichtspraxis ganz isoliert da. Bei Mannschaften tvenigstenS, die in ähnlicher Situation ähnliches wie der Unter- offizier H. begangen, ist unseres Wissens noch niemals auf Frei­sprechung erkannt worden I_ Zukiinftige Staatöstiitzen. Der Kaiididat der Rechtswissenschaft Jenrich klagte gegen seine Handwerkskollegen, die RechtswissenschaftSkandidaten M u l e r t und L ö n i n g, sämtlich aUS Halle, wegen Beleidigung, und zwar klapperten" die Parteien mit ihrem Prozeß alle Instanzen, Schöffen- gericht, Strafkammer und Obcrlandesgcricht Naumburg ab, bis die Sache durch Revision wieder an die Strafkammer zurückkam. Jenrich, der Korpsstudent ist, war von seinen beiden Kommilitonen beschuldigt worden, er habe dem einen einige Zigaretten weggenommen und den andern bei einer. solennen Kneiperei um ein Glas Bier beschummelt". Mulert hatte diesesIvelterschiitternde Ereignis" an das Korps in Leipzig   berichtet. Die Folge war, daß Jenrich, der die unvermeidliche P i st o l e n f o r d e r u n g abgelehnt hatte, vom Ehrengericht aus dem Korps ausgestoßen wurde. Ganz mit Recht hatte Jcnrichs Vater seinem Sohn verboten, sich wegen der lunipigen Zigaretten vor die Pistole zu stellen. So war denn Jenrich gezwungen, seine durch ein paar Zigaretten und ein GlaS Bier lädierte Ehre bor Gericht wieder reparieren zu lassen. Mulert führte vor Gericht auS:Aus Lönings Stube sind ein paar Zigaretten verschwunden; außer mir und Jenrich war zur Zert niemand in der Stube; da ich die Zigaretten nicht gemaust habe, muß sie Jenrich genommen haben." Letzterer behauptete das Gegenteil. Die Richter des Schöffengerichts und der Strafkammer beklagten, daß sich Juristen zu solchen kleinlichen Be- schuldigungen hinreißen ließen und deshalb zu», Zweikampf greifen wollten. Die Poffe endete damit, daß Mulert mit 160 M. und Löning mit 60 M. bestraft wurden. Durch eingelegte Revision erzielte Löning schließlich seine Freisprechuna. Aus Deutsch-Ostafrika   wird uns gemeldet: Daressalam  , 13. Juli. Oberleutnant Abel hatte seit dem 18. Jimi mehrfache Zusammen st ötze mit den Aufständischen. Während diese zunächst auswichen, änderten sie später ihr Verhalten und griffen am 22. Juni morgens in Nebet und Busch die Marsch- kolonne und am Abend desselben Tages das Lager an. Oberleutnant Freiherr von Reitzenstein meldete am 29. Juni die erfolgreich durch- geführte Konzentration der Detachements Kilimatinde, Moschi und Mpwapwa. Die Aufständischen haben daraufhin ihre Unter- werfung angeboten, doch haben die Rädelsführer sich noch nicht gestellt. Die kriegerischen Operationen snd vorläufig eingestellt worden. Daß diese vorläufige Pazifizierung eines Aufstandsbezirks nicht überschätzt werden darf, geht aus folgenden Glossen des Scherl- Blattes herbor: Im ostafrikanischen Schutzgebiet haben wieder zahlreiche Stämme ihre Unterwerfung angezeigt, so daß zeitweilig die Feind- seligkeiten und die militärischen Märsche eingestellt werden konnten. Ob freilich diese Ruhe von Dauer sein wird, kann füglich be- zweifelt werden, da die rebellischen Anführer nicht ausgeliefert worden sind und erfahrungsgemäß die Un- ruhen wieder auszubrechen pflegen, sobald die deutschen   Truppen den Rücken wenden. Ausland. England. Die Armcereform. London  , 14. Juli. sEig. Ber.) Die Frage der Armeereform steht seit den, südafrikanischen Kriege auf der Tagesordnung, ohne indes Definitives gebracht zu haben. Die Kriegsminister seit Ende jenes Feldzuges treten mit Plänen hervor, die zu leidenschaftlichen Diskussionen führen(denn das Interesse an militärischen Fragen ist groß), aber nach einiger Zeit verworfen werden, so daß das Problem nicht vom Platze rückt. Abgesehen von dem kleinen Häuflein absoluter Friedensfreunde sPacifizisten) einerseits und von den Anhängern der Konskription sAuShcbung) andrerseits gibt es in England zwei militärische Rich- tungen, mit denen gerechtet werden muß. Die eine Aich- tung ist die sogenannte B l a u w a s s e r s ch u I e, die die Flotte als den einzig wirksamen Schutzwall Englands betrachtet. Sie sagt: Ist die Flotte vernichtet, so wird uns eine Landarmee nicht helfen können, da der Feind gar nicht zu landen braucht. Er hat uns nur die Lebensmittclzufuhr ab- zuschneiden und wir müssen uns ihm auf Gnade und Ungnade ergeben. Die andere Richtung will eine allgemeine Miliz unter Beibehaltung der stehenden Armee, die ja eigentlich eine Kolonial- armee ist. Sowohl Balfour sder frühere konservative Premierminister) wie Haldane sder jetzige Kriegsminister) ist Anhänger der Blauwasserschule. Beide halten eine ernste Invasion Englands für unmöglich. Nun hat Haidane mit der liberalen Forderung nach Herabsetzung der Präsenzzahl des stehenden Heeres zu rechnen. Dieser Forderung gab er auch nach, indem er die Armee um 20 000 Mann verminderte. Er sagte: ... Die Demokratien der Welt geben ihren Willen kund, die niederdrückenden Lasten der militärischen Rüstungen zu erleichtern. Wir in diesem großen, reichen und machtvollen Lande haben jetzt die Gelegenheit, unseren Anteil an der Bewegung zu nehmen. Wir haben die Absicht, in dieser Sache voran zugehe u." Die Armee, die ausschließlich für den kolonialen und im all- gemeinen für den ausländischen Dienst bestimmt ist, soll aus 150 000 Mann bestehen: 50 000 Regulären, 70 000 Reservisten und 30000 Milizen. Ferner schlägt Haldane eine leicht vorzunehmende Reorganisation der Artillerie vor, wie sie durch die Einführung von Schnellfeuergeschützen nötig wurde. Ebenso legt er Gewicht auf die Volontärbewegung, die jetzt große Fortschritte unter der Be- völkerung macht. Die Ersparnisse dieser Reform betragen 30 Millionen Mark. So geht England voran in der Herabsetzung des Etats der Flotte und der Armee.  _ Zurück zum Grund und Boden!" London  , 14. Juli. Dieser Ruf, der sowohl infolge der starken Lebensmitteleinfuhr wie des Wachfens der Städte hier oft erschallt, fand in der letzten Woche eine eigenartige Verwirklichung. Unter Leitung des Genossen Jack Williams besetzten einige Arbeitslose in der Nähe von Manchester   ein Stück Land von 6 Acres, um es zu bebauen und sich eine Existenz zu gründen. Das Land gehört der Kirche, deren Vorsteher so ermahnt werden, den Lehren Jesu   und der Apostel zu folgen und das bis jetzt unbenutzte Land den Arbeits- losen zu überlassen. Die Polizei aber forderte die modernenDiggerS" sGräber) auf, das Eigentumsrecht der Kirche zu wahren und das besetzte Land zu verlassen.(DieDiggerS" haben während der englischen Revolution Grund und Boden besetzt und bearbeitet.) DieDiggerS" von Manchester   sandten nun an den Präsidenten der Lokalregierung folgendes Telegramm: An Gcnoffen John BurnS I Die beschäftigungslosen, aber arbeitswilligen Proletarier von Manchester   haben Ihren Rat auS früheren Jahren befolgt und sind zurück zum Grund und Boden gegangen, um ihre Frauen und Kinder ernähren zu können. Beglückwünsche unS l Eine weitere Besitzergreifung von städtischem Grund und Boden durch Arbeitslose wird aus Plaistolv sOst-London  ) gemeldet. Es ist merkwürdig, daß daS Publikum sich dieser Bewegung gegenüber nicht unsympathisch zeigt. DieDiggerS" verlangen aber auch nichts weiter, als daß man ihnen die Möglichkeit gibt, vom Ackerbau zu leben. Auch in Edmonton fNord-London  ) steht eine Besitzergreifung von unbenutztem Boden bevor.-» Amerika  . Gegen das Franenwahlrecht. Manchester  , 16. Juli. Anläßlich einer Kundgebung zugiinsten deS FrauenstimmrechtS griff eine den Bestrebungen feindlich gesinnte Menge die Kundgeber an und drängte sie dem Flusse zu, wobei viele hineinstürzten. Die Polizei rettete die in daS Wasser gesallenen Personen._ Soziales* Klingelbolle als Arbeitgeber. DaS Gut Boltenhof bei Dannenwalde(in Mecklenburg  ) gehört dem bekannten Berliner   Meiereibcsitzer Kominerzienrat Cärl Bolle. Auf diesem Gut hat der über 66 Jahre alte Arbeiter Plötz zwanzig Jahre lang gearbeitet. AuS Anlaß einer Wcchselrede zwischen ihm und dem Sohne des KommerztenratS, dem vootor weckioinas Carl Bolle  , Mitbesitzer der Meierei, verlangte dieser, der alte Mann solle innerhalb drei Tagen das Gut verlassen. DaS tat Plötz und trat in Bredereiche   in einer Fabrik in Arbeit. Aber damit war dem Verlangen des Dr. Bolle nicht Genüge geschehen. Er begehrte, auchdieTochter destPlötz und deren vierKinder sollten das Gut verlassen. Die Tochter holte sich auf dem Gerichte Rat. Dort wurde ihr zutreffend mitgeteilt, der Gutsbesitzer sei vor- pflichtet, ihr Arbeit und Behausung zu geben. Darauf griff die Gutsverwaltung in Abwesenheit der Tochter zu dem gewaltsamen AushülfSmittel. daß durch Vorlegen eines Schlosses die Tür verschloffen und der Tochter Einlaß verwehrt wurde. Die geringen Habseligkeiten der Plötz wurden auf den Wagen ge- laden und versucht, die Sachen nach Bredereiche   zum Orts- Vorsteher zu bringen, weil der Vater in Bredereiche   arbeitet. Der Ortsvorsteher lehme die Annahme der Sachen ab. Der Wirtschafter des Boltenhofer Gutes, Erdmann, wurde von den Bredereicher Frauen, denen von der eigentümlichen Art, für Arbeiter zu sorgen, Kunde geioorden war, der- hauen. Der Versuch, dem alten Plötz die Sachen seiner Tochter aufzuhalfen, unterblieb denn auch. Die Sachen wurden zurück- transportiert. Dann schrieb man vom Volleschen Gute aus, der Vater solle die Sachen abholen oder drei Mark Lagergeld pro Tag zahlen. Der Tochter des Plötz wurde die Auf- nähme im Erste verweigert, ja auf Boltenhof an- säfsigen Arbeitern wurde untersagt, sie zu unterstützen. Die Mutter und ihre vier, ein bis sechs Jahre alten Minder sind obdachlos. Der Fürstenberger Bürger- meister vermag bei der eigentümlichen ostolbischen Rechtslage der Gutsverwaltuugen nichts auszurichten. Die Mutter hat sich an daS Gericht gewendet. Aber ehe dies helfen kann, könnten Mutter und Kinder untergehen, wenn nicht mitleidige selbst arme Arbeiter ihr hülfen. Ob' die Staatsanwaltschaft Anlaß genommen_ hat, gegen die Obdachlosmachung der Mutter und ihrer Kinder einzuschreiten, entzieht sich unserer Kenntnis. Gar fleißig wird nach wie vor auf dem Bolleschen Gut eine fromme Wochenschrist der Bolleschen Meierei mit dem MottoBete und arbeite" verteilt. Die Rechtlosigkeit der vertriebenen Mutter und ihrer Kinder be- ruht nicht zuletzt auf der durchaus ungenügenden Gestaltung unseres Unterslützungswohnsitz-Gesetzes und den Vorrechten der Rittergutsbesitzer in Mecklenburg   und Ostelbien überhaupt. Tüchtige Buchhalterin mit 30 M. Gehalt wird gesucht". Diese recht verlockende Annonce erließ der Marquisenfabrikant Hugo Wolf   in einer hiesigen Tageszeitung und engagierte dann auch die einzige Reflcktantin für diesen Posten, die fünfzehnjährige Buch- halterin Anna Kn. Das Engagement wurde von der Mutter deS Mädchens mit der Frau des Fabrikanten abgeschlossen. Es kam nach wenigen Wochen zwischen dem Chef und seiner Buchhalterin zu Mihhelligkeiteu, die am 1. Mai zum Bruch des Dienst- Verhältnisses' führten. Am Freitag standen sich die beiden Parteien vor der vierten Kammer des Kaufmannsgerichts gegenüber. Anna Kn. verlangte das Gehalt für Mai, da der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, sie sofort zu entlassen. Der Beklagte hingegen berief sich ans das Zeugnis seiner Ehefrau, die mit der Mutter der Klägerin nur ein vierwöchiges Probeengagement abgeschlossen habe. Der Beklagte betonte im übrigen, daß ihm die Klägerin, die sich als perfekte Buchhalterin ausgegeben habe. durch Rechenfehler mehrere hundert Mark Schaden zugefügt habe. Der Vorsitzende erwiderte darauf dem Beklagten, daß er doch für 30 Mark keine perfekte Buchhalterin verlangen könnte, und wenn er einem so jungen Dinge dennoch die Bücher selbständig überlasse, so habe er etwaige daraus erwachsende Verluste seiner eigenen Leichtfertigkeit zuzuschreiben. Die leb- haften.Bemühungen des Vorsitzenden, einen Vergleich herbeizuführen, scheiterten wegen einer Differenz von fünf Mark; die Mutter der Klägerin bestand mit größter Hartnäckigkeit auf 20 Mark und der Beklagte wollte nicht mehr wie 15 Mark geben. So blieb nichts weiter übrig, als die Frau des Beklagten zu vereidigen. Sie schwor denn auch, die Klägerin nur zur Probe engagiert zu haben. DaS Gericht beschloß darauf, auch die Mutter der Klägerin zil einem dazu angesetzten Termin zu vereidigen, die genau daS Gegenteil beschwören will. Nach erfolgter Eidesleistung will der Vorsitzende die Akten der Staatsanwaltschaft zur weiteren Veranlassung übergeben. Zum Gestnderrcht in Rostock  . DieMecklenburgische Volkszeitnng  " veröffentlicht ein Urteil von dem Amtsgericht Friedland in einer Gesindestreitsache, das zeigt, daß auch in Mecklenburg   das Gesinde trotz seiner fast rechtlosen Stellung sein Recht zu verfechten und hin und wieder, durch die ihm von sozialdemokratischer Seite gewährte Unterstützung, auch zu er- halten beginnt. Der Sachverhalt der auch für weitere Kreise inter  - essanten Lohnklagesache des Knechtes T. gegen den Tierarzt H. ist nachstehend nach dem Bericht unseres Bruderorgans wieder- gegeben. T. hatte bei dem Beklagten als Pferdeknecht in Dienst gestanden. Eines Morgens putzte er im Stall auftragsmäßig die Pferde. Als er darauf mit den Pferden aus dem Stalle kam, um sie vor den Milchwagen zu spannen, sah der Inspektor H.'s sich die Pferde an. Da nach seiner Meinung die Pferde nicht sauber genug geputzt. stellte er den Knecht zur Rede und sagte, wenn er das Reinigen nicht ordentlich besorgen wolle, könne er abkommen. Darauf hat T. sofort die Pferde stehen lassen und ist in den Stall gegangen. Der Inspektor ist ihm gefolgt und hat ihm gesagt, wenn er sich ändern wolle bei der Arbeit, so könne er bleiben. T. aber erwiderte:Nein, Sie haben mich ja entlassen, nun geheich" und verließ darauf den Dienst. Da T. sich gegen einen Jahreslohn von 190 M. vermietet gehabt, aber erst 66 M. davon erhalten hatte, klagte er dann gegen H. auf Auszahlung des Restes des Jahreslohnes, da er sich ohne Rechtsgrund entlassen fühlte. In der Verhandlung des Rechtsstreites vor dem Amtsgericht Friedland machte der Beklagte durch seinen juristisckjen Vertreter geltend, daß der Kläger   gar nicht vom Inspektor entlassen sei, viel- mehr sei er, der Kläger  , ohne Erlaubnis entlaufen. Das Gericht entschied nun:Der Inspektor ist es gewesen, der den Kläger entlassen hat. Denn daß die Worte des Inspektors, der Kläger   könne abkommen, als Entlassung zu deuten sind, ist schon an sich klar, ist auch von dem Inspektor zeugeneidlich auf besondere Frage ausdrücklich bestätigt worden.... Klar ist nach 8 63 der(mecklenburgischen) Gcsindeordnung auch, daß für die Dienstherrschaft ein EntlassungS- grund nicht vorlag, selbst Ivenn der Kläger   das Pferdeputzen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt besorgt haben sollte.... Fraglich kann mithin nur sein, ob der Inspektor mit den Worten, wenn der Kläger   sich ändern wolle, könne er bleiben, die Entlassung wider- rufen hat, und ob er zu solchem Widerruf befugt war. Die Frage, inwiefern in jenen Worten ein Widerruf zu stnden ist, kann aber dahingestellt bleiben, weil jedenfalls ein solcher Widerruf un- zulässig war. Durch die unberechtigte Entlassung kam der Be- klagte mit der Annahme der fortgesetzt angebotenen Dienste zweifellos in Verzug. Solcher Aunahmeverzug befreit zwar den Dienstschuldner nicht unter allen Ilmstönden von der Leistung weiterer Dienste, wohl aber dann, wenn eine bündige Erklärung der Dienstherrschaft oder ihres Vertreters vorliegt, daß auf die Iveiteren Dieuste verzichtet wird, wie hier. Vergl. Cosack, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, 1. Auf- läge, Bd. 1, S. 514. Darauf muß sich der Dienstbote verlassen könne». Ist er doch nach dem Gesetz(B. G. 8 915, G.-O. 8 40 III) berechtigt und unter Umständen sogar verpflichtet, vor Ablauf der mit der Dienstherrschaft vereinbarten Dienstzeit einen anderen Dienst anzunehmen. Mit Recht konnte also der Kläger   die Aufforderung, im Dienste zu bleiben, mit den Worten zurückweisen:Nein, Sie haben mich ja entlassen, nun gehe ich." Sein durch§ 40111 der Gesindeordnung begründeter Lohnanspruch wird hierdurch nicht geschmälert." Demgemäß verurteilte das Gericht den Beklagten zur Zahlung der geforderten 124 M. Das Urteil sticht vorteilhaft ab von manchen in ähnlichen Pro- zesscn gefällten. Ist doch von mecklenburgischen Richtern, sowohl in Zivil- als auch Strafprozessen, des öfteren anerkannt worden, daß Worte der Dienstherrschaft oder deren Vertreter, wie:Der Dienst» böte solle mache», daß er vom Hofe komme",solle machen, daß er fortkomme",solle sich zum Teufel scheren" und ähnlichepatri- archalisch" klingende Gebote nicht dem Dienstboten das Recht gäben, den Dienst zu verlassen, da solche Aeußerungen in der Regel nicht ernst gemeint seien. Und ebenso häufig sind Urteile, wo der Schadensersatzaiispruch der Dienstboten wegen kündigungsloser Entlassung aberkannt wurde, weil sie ein nach der Entlassung von der Dienstherrschaft erfolgtes Angebot auf Fortsetzung des Dienst- Verhältnisses nicht annahmen._ Zahl der nicht approbierten Heilkunde Ausübenden in Sachsen  . In welchem Grade der wirtschaftliche Schutz- und Trntzvorband der Aerzte zum Mißbrauch der Arbciterversichernngsaesetze zugunsten der Aerzte und das antisoziale Vorgehen vieler Aerzte die Zahl der nicht approbierten Personen, die sich mit Ausübung der Heilklmde beschäftigen, in die Höhe gebracht bat. seigt der soeben veröffentlichte