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NeichSpostamtes feine Verbindung mit der Firma T. u. Co. an der allein hierfür zuständigen Stelle sofort zur Sprache gebracht und darauf eine Antwort erhalten hat, die ihn nicht darüber in Zweifel lieh, daß jene Stelle diese Be« Ziehungen in keiner Weise als ein Hindernis für die Uebernahme des angebotenen Postens ansehe. Dieallein maßgebende Stelle" befindet sich diesmal in ihrer Auffassung sogar im Gegensatz zu der konservativen Presse t_ Blutige Früchte der Polenpolitik Preußens. In einem oberfchlesifchen Jndustriedorfe Pschow erschoß dieser Tage ein SLjähriger Berginvalide GruScz zunächst einen Gendarmen und dann sich selbst. Die direkte Ursache dieses furchtbaren Ber- brechens aber war die preußische LuSnahinegesetzgebung gegen die Polen . Der alte Invalide der Arbeit hatte seine Ersparnisie dazu verwendet, sich von der polnischen Parzellierungsbank ein Stück Land zu kaufen, auf dem er sich ein Häuschen erbauen wollte. Der Mann hatte aber das Unglück, polnischer Nationalität zu sein und so wurde ihm, dem preußischen Bürger, auf Grund des neuen Ansiedelungsgesetzes ver» boten, sich im preußischen Vaterlande auf seinem eigenen Grund und Boden ein Heim zu errichten. Der Arme war auf das schwerste getroffen von dieser sinnlosen grausamen Maßnahme, und er suchte sie zu umgehen, indem er auf dem Grundstück nun eine Scheuer baute, diese aber unterkellerte, auch einen Ofen baute und nun mit seiner Lebensgefährtin in dieserWohnung' hauste. Das konnte sich die also frech verhöhnteAutorität des Ge­setzes' natürlich nicht bieten laffen und der alte Mann erhielt von der Polizei die Aufforderung, die Wohnung zu räumen und den Ofen wegreißen zu laffen. Er gehorchte nicht was sollte er auch anfangen, wohin sich wenden, wenn er sein Land nicht zum Bewohnen benutzen durste? und so erschien eines TageS ein Gendarm, der sich den Maurer gleich mitgebracht hatte, und ging daran, den Ofen demolieren zu lassen. Die Aufforderung des furchtbar aufgeregten, in seinem natürlichen RechtSgefühl und anerzogenen Eigentums- begriffen tief verletzten Mannes, sein Grundstück zu verlassen, beachtete der Beamte im Gefühle seiner Macht nicht und nun holte Gruscz sein Gewehr und schoß den von ihm abgewandten, die Arbeit deS OfensdemolierenS kontrollierenden Gendarmen nieder, ging dann in den Wald und jagte sich selbst eine Kugel ins Herz. Die bürgerliche Presse wird mit wenigen Ausnahmen der Eni- rüstung voll sein über den.Verbrecher', der so den Staat und seine Gesetze in einem ihrer berufenen Vertreter angriff. Wir aber suchen den Schuldigen nicht in jenen armen, gepeinigten Proletarier, der sich verzweiflungsvoll auflehnte gegen ein Gesetz, das ihn grau- sam seines natürlichsten Rechtes beraubte, sondern in jener un- gerechten, empörenden Politik der Gewalt, die solche Ausnahme- gesetzgebung gegen Angehörige des preußischen Staates schaffen konnte.--_ Die ordensgesegnete Firma Krupp . Offiziös wird gemeldet: Der Kaiser verlieh dem Vor» sitzenden des AufsichtSrats der Firma Krupp , Geheimen Kommerzienrat H a r t m a n n den Roten Adlerorden dritter Klasse, dem Vorsitzenden des Direktoriums, Landrat a. D. Roetger den Roten Adlerorden dritterKlasse mit der Schleife, dem stellvertretenden Vorsitzenden deS Di­rektoriums. Finanzrat Kluepfel den Kronenorden zweiter Klasse, dem früheren Mitgliede des Direkto- riums MenShausen den Kronenorden zweiter Klasse, dem Direktor Dräger den Roten Adlerorden dritter K l a s s e mit der Schleife und der königlichen Krone, den Direktoren Ehrenfeld , Budde und Gillhausen den Kronenorden dritter Klasse, dem Beigeordneten der Stadt Essen , Werth, den Roten Adlerorden vierter Klasse. Zahlreiche Beamte und Angestellte der Firma erhielten Orden und Ehrenzeichen. Der Kaiser hat in einem Schreiben das Direttorium beaufttagt, der Arbeiterschaft der Kruppschen Werke und Anlagen seinen besonderen Dank für deren mannigfach bekundete treue Gesinnung auszusprechen. Wir wollen demgegenüber nun noch einmal eine Auslassung der Germania ' vom 7. Juni zitieren, die doch ganz unverblümt sich auch gegen die Firma Krupp richtete: Im Reichstag ist wiederholt versucht worden, gegen das Monopolsystem, welches einzelnen Firmen ungeheuere Vor- teile zuwendet, anzukämpfen, man stieß dabei jedoch auf f roße Schwierigkeiten nicht allein bei den betreffenden Verwalkingen, andern bezeichnenderweise auch bei den einzelnen Par- teien, welche sich des herrschenden Systems mit großer Wärme annahmen. ES sei hier nur an daS Gcfchützmonopil, an den Pulverring, die Panzrrplattenliefcrungcn erinnert; derartige Ver- hältniffe lassen sich heute in großer Zahl nachweisen. Die Ursachen, wrShalb seitens einzelner Verwaltungen die Monopol- Wirtschaft begünstigt wird, sind grundverschieden und in den meisten ? fällen sehr schwer nachzuweisen; selbst den C h e f S der Verwaltungen ällt eS schwer, in diese Verhältnisse einen klaren Einblick zu er- halten was gewißtief blicken" läßt.' Da diese Andeutungen offenbar nicht verstanden worden find, sollte die.Germania ' doch lieber mit den wie sie behauptet vorhandenen Beweisen herausrücken! Neue Drohungen Erzbergers. Herr Erzberger gedenkt offenbar außer gegen die Firma Tippelskirch und ihre Teilhaber auch noch gegen andere Mono- p o l f i r m e n vorzugehen. Wenigstens hat er das in einer am Freitag abend in Düsseldorf abgehaltenen Versammlung ange- Ändigt, über die berichtet wird: Erzberger erklärte, daS schlimmste sei, daß ein preußischer Mini st er amGewinn bei Tippelskirch beteiligt sei. Im Jahre 1897 wurde v. Podbielski Staatssekretär, aber erst im Jahre 1900 führte er die Gütertrennung von seiner Frau durch. Erzberger erklärte weiter, daß er einen Brief an den Reichskanzler geschrieben habe, in dem er darauf hinwies, es handle sich bei anderen Verträgen noch um ganz andere Summen als bei dem mit Tippelskirch. Es müsse die sofortige Kündigung dieser Verträge verlangt und mit allen Mitteln im nächsten Reichs- tag herbeigeführt werden. Wenn der Reichstag vielleicht bei seinem Zusammentritt 109 Millionen für SLdwrstafrika bewillige» sollte, so werde er das nicht für Tippelskirch und Wörmann tun. Er wäre sonst nicht wert, der Vertreter des deutschen Volkes zu heißen. Hoffentlich packt Herr Erzberger nun bald einmal gründlich aus, wie er das ja schon wiederholt versprochen. Interessant ist auch, daß Erzberger für den Herbst eine neue Südwestafrika-Forderung in Höhe von 100 Millionen erwartet I Und auch diese Forderung wird dann das Zenttum einschließlich deS Herrn Erzberger st r a m m bewilligen, sofern die Regierung nur die schlimmsten der momentan an die Oeffentlichkeit ge- zerrten Korrupttonsschäden beseitigt oder auch nur zu beseitigen verspricht. Geschieht das und stellt sich die Regierung namentlich auch mit den katholischen Missionen auf guten Fuß, so wird auch das Zenttum bereit sein, weitere 100 Millionen für die südwest- afrikanische Wüste zu verschleudern! Der Rattenfänger von Samoa . Ueber einen neuen ernsten Fall kolonialer Geldver- schleuderung berichtet dieBerl. BolkSzty.': Im Januar dieses Jahres wurden die m Samoa domi- ztlierten sauch ausländischen) Kakaounternehmer dafür zu ge- Winnen gesucht, daß sie einen, besonders von Herrn Gouverneur Solf empfohlenen Hamburger Bakterio - logen zum Studium der Bekämpfung der Ratten nach Samoa kommen und die hierfür erforderlichen IVOOll Mark aus ihrer eigenen Tasche aufbringen sollten. Ob dies Unter- nehmen, das auch nicht den geringsten praktischen Er- folg versprach, trotzdem aber von Herrn Gouverneur Solf aufs wärmste empfohlen wurde, zustande gekommen ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Aber eS scheint nicht der Fall zu sein, denn bereits im Februar und März wußten hiesige Zeitungen zu melden, daß man den Berliner Kammerjäger Herrn RitterShofer engagiert und zur Vertilgung der Ratten nach Samoa geschickt habe. Diese an und für sich höchst klare und einfache Sache eS gibt nichts Einfacheres, als zur Vertilgung von Ratten einen Kammer- jäger in Anspruch zu nehmen hat allerdings nunmehr durch die Notiz der offiziellenSamoanischen Zeitung' einen höchst mysteriösen Beigeschmack erhalten. Da ist die Rede von einemE�x Herten zum Studium derRatten- plage', während hier von einemKammerjäger zur Vertilgung der Ratten' erzählt wurde. Ebenso taucht auf einmal die Nachricht auf. daß Herr Gouverneur Dr. Solf dazu einen Beitrag von 12990 M. bestimmt hat, während vorher ausdrücklich gesagt wird, daß die Kosten dieser Expertise von den Interessenten aufgebracht sind l Welche sürstlichen Reisespesen und Tagegelder bezieht denn eigentlich ein Kammerjäger? Ein Billett nach Samoa hin und zurück kostet etwa 3999 bis 4999 Mark; ein sechsmonattger Aufenthalt daselbst möge noch 4999 bis 5999 Mark kosten. Was der Kammer- jäger an Honorar für die Rattenvertilgung bei dengrößeren Farmern' bekommt, wissen wir nicht. Aber daS ist ja auch gleich- gülttg, denn das Honorar bezahlen diegrößeren Farmer' selbst. wie die.National-Zeituna' uns belehrt. Aber daneben soll Herr Rittershofer noch 12 000 Mark aus GouvernementSmitteln er- halten, damit auch die.Reineren Kolonisten' davon Vorteil haben l? Wem soll denn solche Flunkerei vorgemacht werden?! Außer Reisekosten, Gehalt und Bezahlung durch die Unternehmer noch 12 999 Mark aus dem R e i ch S s ä ck e l für die Bestreichung der Bäume mit einem Leim, an dem die Ratten kleben bleiben sollenl DaS Ganze aber wird stolz eineExperttse zum Studium der Rattenplage' genant l Wieder ein geborener Gesetzesmacher. In daS Herrenhaus berufen ist durch Allerhöchsten Erlaß vom 24. v. M. der Majorats- besitzer, Burggraf von Marienburg, Graf von Brünneck- Bellschwitz zu Bellschwitz, auf Präsentation des Grafenverbandes der Provinzen Ost- und Westpreuhen an Stelle des am 28. Dezember 1995 verstorbenen Grafen Finck v. Finckenstein -Jäskendorf. Auch dieser neue Gesetzesmacher hat den Befähigungsnachweis für sein Amt lediglich durch seineerlauchte Geburt' er- bracht!_ Roch mehr Hohenzollern -Legende? i DieKreuz-Ztg.' enttüstet sich gewaltig über unseren ArtikelDes Reiches Herrlichkeit", derein deutliches Bild von der niedrigen Art und Weise der Sozialdemokratie" gebe.Geschichte zu schreiben, und von dem Bemühen, in den Herzen der Leser alle Freude an der Entwickelung des deutschen Vaterlandes in dem letzten halben Jahrhundert zu ertöten'. Auf den Inhalt des Artikels will die.Kreuz-Ztg.' nicht eingehen:DaS hieße ihm zu viel Ehre antun'. Aber eS muß darauf hingewiesen werden, daß gegenüber solchen Geschichtsfälschungen und gegenüber solchen auf Vergiftung der Volksseele gerichteten Besttebungen eS die Pflicht aller wirklich deutschgefinnten Kreise ist, durch Verbreitung richttger Darstellung der Geschichte von der Gründung des Deutschen Reiches dem Auf- gehen und dem Gedeihen solchen Giftsamens entgegenzuarbeiten. Hierzu berufen ist auch die Schule. Sie muß sich bemühen, den Kindern ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild von dem Werden des Deutschen Reiches, von den Mächten, die auf seine Ent» stehung hingewirkt haben, und von den Taten der deutschen Fürsten und Heere zu geben, so daß sie solchen Lügenpropheten. wie sie in dem Artikel des.Vorwärts' reden, nicht glauben und nicht nachfolgen.' ES sollen in der Schule also noch mehr Hohenzollern -Legenden aufgettscht werden als bisher! Leider wird das nur ebenso wenig helfen als bisher. Bis die Schüler heranwachsen, haben sie diesen .geschichtlichen' Anekdotenkram längst vergessen! Und selbst wenn dann die Stellvertteter Gottes in der Kaserne die undankbare Auf- gäbe mit Hochdruck wieder aufnehmen, so wird auch das nichts nützen. Der denkende Teil deS Volkes, das Proletariat, ist den patriottschen' Ammenmärchen längst entwachsen I Der BreSlauer Aufruhrprozrß in» Wasser gefallen! Der große Breslauer Aufruhrprozeß wider die Opfer der polizeilichen Ausschreitungen vom 19. April, dem alle Welt mit Spannung entgegensah, ist in ein Nichts verpufft. Gegen rund 125 Personen war eine Voruntersuchung eingeleitet worden. Nach Beendigung der Voruntersuchung mußten rund 65 Per- sonen außer Verfolgung gesetzt werden. Gegen etwa 55 Personen aber ist Anklage erhoben worden, sie werden sich gegen Ende August nacheinander vor der Ferienstrafkammer wegen GewerbevergehenS(§ 153) usw. zu verantworten haben. Vor daS Schwurgericht kommt ein einziger Angeklagter, der Kaiserdeputierte Vorschmied Hirsch, der im Jahre 1999 auf dem Oberschlesischen Bahnhofe die Kaiserrede von der gesicherten Existenz der deutschen Arbeiter mit anhören durfte. Wochen und Monate haben arme Arbeiter die Qualen der Untersuchungshaft über sich ergehen laffen müssen, gegen die jetzt nicht einmal Anklage erhoben werden kann. Wie viele werden von den Angeklagten noch freigesprochen werden müssen, gegen die nicht mehr als ein dürftiger Verdacht vorliegt. Derweilen haben sich die wahren Täter ihrer Freiheit erfreut. Ste sind nicht nur von den Organen der rächenden Justiz ungeschoren gelassen worden, sie wurden vom Polizeipräsidenten auch noch öffentlich belobt. Wir leben eben im Staate der vollendeten Rechts- garantien! Hustand, Oesterreich. Ein Liebesdienst für Väterchen. Aus Wien wird vom 19. August gemeldet: Alle hier sowie in Rußland und anderwärts gedruckten Aufrufe der russischen sozialistischen revolutionären Partei wurden in Oesterreich ver- boten. Frankreich. Auch eine Reform. Der frühere Kriegsminister General Andre befürwortet in einem in demCourier Europeen" ver- öffentlichtcn Artikel zwecks Herbeiführung einer Einheit in der Armee die Einberufung einer großen Militär- und Zivilversamm- lung, zu der die Offiziere vom ältesten General bis zum jüngsten Leutnant eingeladen und gezwungen werden sollen, einen Schwur zu leisten, den Prinzipien und Institutionen der Republik treu zu bleiben und auch durch Worte, Handlungen und Beispiele die ihnen anvertrauten Soldaten zur Anhänglichkeit an die Republik zu erziehen. Solche äußerlichen Mittel werden wenig helfen. Erzwungene Schwüre sind keinen Pfifferling wert. Eine nichtdcmokratlsche Armee wird der Reaktion näher stehen als der Republik. Bulgarien . Die antigriechische Bewegung in Bulgarien dauert fort. Für ein für den 19. d. M. von Vertrauensmännern aus ganz Bulgarien in Aussicht genommenes und aus ganz Bulgarien zu beschickendes allbulgarisches Meeting in Philippopel werden'große Vorbereitungen getroffen. In Philippopel sind sogenannte Volksbefehle öffentlich angefchlagen worden« w welchen streng verboten wird, auf der Straße griechisch zu sprechen. Jn Jamboli kam es nach einer am 9. August dort abgehaltenen Versammlung zu Ausschreitungen, wobei die Demon- ftranten unter den Augen der zur Herstellung der Ordnung herbei- gerufenen Truppen zahlreiche Kaufläden und eine Fabrik zer st orten. JnVarna zwang eine Volksmenge den Bürgermeister, ein Dekret zu unterschreiben, wodurch s ä m t» liche Gemeindeangestellte griechischer Nationa- lität entlassen werden. Die Erfüllung dieser Forderung beruhigte das Volk; eS verzichtete daher auf die Abhaltung der geplanten Versammlung. Persien. Der Schah gewährt eine Verfassung. In Persien hat feit langem schon, wie vor einigen Jahren daS Attentat der Babi-Sekte auf den Schah zeigte, heftig gegärt. Die Forderungen dieser persischen Reformer liefen auf eine Konstitution hinaus. Diese Gärung ist neuerdings besonders heftig geworden. Genauere Nach- richten über die Vorgänge fehlen. doch dürfen wir annehmen. daß größere Volksbewegungen und grausame Unterdrückungsversuche stattgefunden haben, da vor einigen Tagen die Meldung einttaf, daß eine größere Schar von Flüchtlingen in der englischen Botschaft Schutz gesucht habe und dort aufgenommen worden sei. teute kommen nun die folgenden Nachrichten: eheran, 11. August. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Der Schah bewilligte endgültig die Forderungen des Volkes. Die Flüchtlinge, welche in der englischen Botschaft Schutz suchten, haben mit Ausnahme von 299, welche persönliche Forderungen haben, die Gesandtschaft verlassen. Die Priester, welche aus Teheran flohen, kehren zurück. Illuminationen sind im ganzen Lande angeordnet worden. Paris , 11. August. Der persische Gesandte in Paris Mirza Samad-Chan erhielt den Blättern zufolge von dem neuernannten Großvesier eine telegraphische Anzeige, daß der Schah in Ausführung feines Versprechens zur Einführung konstitutioneller Zustände in Perfien ein Parlament einberufen hat, bestehend aus folgenden Gruppen: den Prinzen des kaiserlichen Hauses, der Geistlichkeit, dem Adel, der Kaufmannschaft, den Industriellen und einer Gruppe der breiten Schichten der Bevölkerung. Das Parlament beschließt in eigenem Wirkungskreis seine Geschäftsordnung. Alle Beschlüsse des Parlaments gelangen durch den Großvesier an den Schah, welcher sich vorbehält, die den Beschlüssen entsprechenden Gesetze zu veröffent» lichen. In der Depesche wird hinzugefügt, daß in Teheran sowie im ganzen Reiche die Ankündigung mit großem Jubel aufgenommen und in allen großen Städten öffentliche Feiern veranstaltet wurden. Es handelt sich nach diesen Angaben um eine ständische Ber- ttetung. Persien ist der einzige der Jslam-Staaten, der ein Paria- ment hat, nachdem das türlische nach kurzem Bestehen vom Sultan wieder aufgehoben worden ist. Amerika . Die Anklage gegen den Oeltrust und der mit ihm Verbündeten Pennshlvania-Eisenbahngesellschaft ist erhoben worden. AuS Jamestown im Staate New D o r k wird vom 19. August ge- meldet: Das oberste Bundesgericht erkannte die Klage gegen die Standard Oil-Companh und die Pennsylvania Railway wegen Ver- letzung des zwischenstaatlichen Handelsgesetzes als wohlbegründet an. Brasilien . Eine Polizeimeuterei«ohne besondere Bedeutung". Rio de Janeiro , 11. August. Die städtische Polizei meuterte und griff das Regierungsgebäude an. In amtlichen Kreisen wird dem Vorgange keine besondere Bedeutung beigelegt.-- China . Hungerunruhe« infolge der ReiSsteuer sind in verschiedenen Provinzen ausgebrochen. Sozialee, Neuer Krankrukassenschwindel. Die Weißenseer Krankenkaffenangelegenheit hat in der bürget« lichen Presse einen Sturm sittlicher Entrüstung hervorgerufen. So sind die kapitalistischen Moralheldenl Allerdings daß. wie doch zweifellos feststeht, in dem ersten Falle ohne sachliche Begründung der Vorstand seines Amtes entsetzt wurde, darüber regt sich keine sittliche Seele auf. Ungerechtfertigte Maßnahmen der Behörden gegen Arbeiter, das ist kein Ereignis, das einen Freisinns- bürger irgendwie irrittert. Aber mit unverhüllter Wollust fällt man über die Arbeiter her, wenn auch nur der Schein eines BerfehlenS künstlich konstruiert werden kann. Der zweite Fall soll die erste ungerechtfertigte Maßnahme decken. Solche Ehrlichkeitsdefekte gelten gar als vornehm. In geradezu un- geheuerlicher Weise wird der Vorstand durch eine Schilderung im Verl . Tageblatt' und anderen bürgerlichen Organen verdächtigt. ES wird bebauptet. die Sozialdemokraten hätten widerrechtlich Gelder der Krankenkasse in ihre Privatkasse überführt. Die Sache ver« hält sich folgendermaßen: Die sogenannte Privatkasse wurde von dem Rendanten(kein Sozialdemokrat) verwaltet. Die Einnahmen setzen sich zum größten Teil aus Privatmitteln der Vorstands« Mitglieder zusamnien, hat doch der Vorsitzende allein zu dieser Kasse einen Zuschuß von 137 SB. geleistet. Der andere Teil stellte den Ueberschutz des Verkaufs der An- und Abmeldeformulare dar. Die.Privatkasse' ist zu dem Zweck geschaffen, um ungesetzliche AuS- gaben zu verhindern, persönliche Borteile hat von dieser Kasse niemand. Jede ordentlich geleitete Kasse muß darauf sehen, Vereinigungen, Kommissionen anzugehören, um gemeinschaftlich mit anderen Verträge mit Aerzten und Lieferanten der Kaste abzuschließen, also soviel Vorteile wie möglich für die Kasse herauSzuwirtschaften. Daß die Unkosten, die durch die notwendigen Sitzungen entstehen, vergütigt werden müssen. ist selbstverständlich. Auch die Weißenseer Kasse gehörte einigen Ver- einigungen an. ES sind unter anderem auS dieser Kasse besttitten worden ein Beitrag an dieD. C. z. B. d. G.' in Höhe von 29 M., Neujahrsgratifikationen an die Postboten, die die Korrespondenz der Kasse besorgen, Reisespesen an Vorstandsmitglieder und Beamte bei Be- sichtigung von Krankenhäusern und Heilstätten, JahreSbeittäge an die Vereinigungen, denen die Kasse angeschloffen ist u. a. m. DaS .Tagebl.' orakelt etwas von 12 M. Provision bei Anschaffung einer Nähmaschine. Die Borstandsmitglieder wissen nichts von Anschaffung einer Nähmaschine, wohl wurde eine Schreibmaschine angeschafft. Die übliche Provision wurde dafür gezahlt und eS ist das gute Recht desjenigen, der sie erhalten hat, daS Geld nicht in die eigene Tasche zu stecken, sondern der Privatkasse zuzuführen. Die Kranken- kaffe hat die Maschine regulär bezahlt, nicht billiger und nicht teurer. Die Sache mit den 3299 An- und Abmeldeformularen steht ganz anders aus, wie sie imB. T.' geschildert ist. Diese Anzahl von Meldekarten ist den Arbeitgebern zur Zett gratis geliefert worden, damit sie sich mit den Reiieinrichtungeii der Kasse verttaut machen konnten. Es sind in dieser Zeit viele Aenderungen getroffen worden, die eine Vereinfachung der Geschäfte bedeuteten, über welche die Arbeitgeber ani meisten erfreut waren, dies ist dem Vorstand oft- mals mitgeteilt worden. Wenn nun der Lieferant der Melde- formulare für diese 3299 Sttick, welche 32 Mark kosteten, im Hinblick darauf, daß er ja zu gleicher Zeit für die Privatkasse einen Posten von 29 990 Exemplaren geliefert hatte, eine gewisse Summe an die Privatkasse zurückgegeben hatte, so ist daS jedenfalls auch seine Sache. Hier ist jedoch zu bemerken, daß von dieser Tatsache kein Vorstandsmitglied KennwiS hatte. Die Eintragung ist nicht beglaubigt, die betreffende Seite des Buches ist auch nicht zur Konttolle vorgelegt. Im Gegenteil, demB. T.' wird Gelegenheit geboten werden, seine Behauptung zu beweisen. Die Sache ist der Staatsanwaltschaft unterbreitet, und zwar von den Angeschuldigten selbst. Es wird dadurch erreicht werden, daß die Angelegenheit nicht vertrödelt und verschleppt wird. Es ist auch gegen Dr. Pape beim Staatsanwalt Anzeige weg«' Amtsmißbrauch erstattet worden.