'einem kurzen Tage der Muße am änderen Tage wieder derewig harten Fron und dem gewohnten Elend anheimfielen.Und wir gedachtem wiederum des Satzes, als wir währendder ganzen Essener Woche die studierende Jugend des katholi«fchen Volkes in den Straßen der Stadt umherlungckrn sahen,herausgeputzt nach allen Künsten feudaler Studentenart, vonKneipe zu Kneipe ziehend, um in der Frühe, mit übernächtigenGesichtern, die Wege der Arbeiter zu kreuzen, die nach derStätte ihres Schaffens'eilten.Es waren die künftigen Führer des katholischen Volkes,die nach dem Bibelwort leben: Dienet dem Herrn in Fröh-lichkeitlFür die anderen, die blassen Gestalten vom Sonntag,gilt der Spruch: Dienet dem Herrn in Arbeit und Hunger!Denn es muß, nach christlicher Soziallehre, immer einenUnterschied der Stände geben,Die russische Revolution.Ein Attentat auf Stolypin.Petersburg» 25. August.(Meldung der PetersburgerTelegraphen-Agentur.) Heute nachmittag um 3 Uhr er-folgte gelegentlich des Empfanges beim Ministerpräsi-deuten Stolypin in dessen Villa auf der Apothekerinseleine Explosion. Es verlautet gerüchtweise» Minister-Präsident Stolypin sei ermordet worden.Petersburg» 25. August.(Meldung der„PetersburgerTelegraphen-Agentur".) Nach weiteren Nachrichten sindbei der Explosion in der Villa des MinisterpräsidentenStolypin zwar zahlreiche Personen getötet und ver°wundet, auch der Sohn des Ministerpräsidenten vrr-wundet worden» Stolypin selbst jedoch blieb unverletzt.Petersburg, 25. August. Zu dem Mordanschlag auf denMinisterpräsidenten meldet die Petersburger Telegraphenagenturfolgende Einzelheiten: In der vierten Tagesstunde fuhr eine mitzwei vorzüglichen Pferden bespannte Mietskutsche vor demPortal der Villa des Ministers auf der Apothekerinselvor. In dem Wagen saßen vier Personen, zwei Zivilistenund zwei Militärs in ausländischer Uniform. Alle vier begabensich in die Pförtnerstube, wobei einer von den als Militärs ver-kleideten Personen den Helm in der Hand hielt, in der offen-bar ein Sprenggeschoß von ungeheurer Kraft enthalten war.In der Pförtnerstube wurde das Geschoß zufällig fallengelassen. Die Kraft der Explosion war furchtbar. Der imNachbarzimmer befindliche, beim Minister des Innern als Beamterin besonderem Auftrage fungierende Generalmajor Samjatin wurdegetötet, dem Hofmeister Woronin der Kops abgerissen.Getötet wurden auch der Pförtner und sämtliche in der Pförtner-stube befindlichen Personen, darunter alle vier Uebeltäter.Die ganze Hinterwand des Gebäudes ist zerstört. Die imoberen Stockwerk befindliche fünfzehnjährige'Tochter StolypinS erlittschwere Verletzungen an beiden Beinen, die amputiert werden müssen,ein klemer Sohn des Ministers erlitt einen Beinbruch. Die Zahlder Verwundeten ist noch nicht genau festgestellt. Stolypin ist unver-sehrt geblieben. Durch die Gewalt der Explosion wurde die Türezum Kabinett des Ministers aus den Angeln gerissen; die Pferde, mitdenen die Uebeltäter angefahren kamen, blieben heil, der Wagenwurde zertrümmert, der Kutscher getötet, einer der Direktoren der„Petersburger Telegraphenagentur". Fürst Schahowskoi, der sich indem an die Pförtnerstube anstoßenden Zimtner befand, erlitt Ver-ketzungen.Der Ministerpräsident ist also selbst in seiner stark be-wachten Villa nicht sicher. Er so wenig, wie andere hohe undniedere Zarenschergen. Er hat sich vermessen, daß er mit derRevolution fertig werden wolle. Nun hat er einen sehr deut-lichen Beweis dafür erhalten, daß die angeblich gelungeneBeruhigung des Landes nur eine trügerische ist. Da die Zeitfür große Aktionen noch nicht reif ist, so löst sich die Energiejener Revolutionäre, deren Temperament ein Verschieben derRache für die täglichen Schandtaten der Reaktion nicht er-trägt, in die Bahnen der Einzelattentate gedrängt. Seit derDumaauflösung ist eine merkliche Steigerung der Attentate zuverzeichnen.Mißernte— Hungersnot.Petersburg, 25. August. Nach einer dem Ministerium deS Innernzugegangenen Mitteilung, herrschte in 12V Kreisen Mißernte» davonsind 80 wiederholt geschädigt.(„Franlf. Ztg.")Die Reaktion an der Arbeit.Petersburg» 25. August. Der„Regierungsanzeiger" veröffentlichtverschärfte Strafbestimmungen für Staatsverbrechen, die von Personenbegangen werden, die sich im Militärdienst befinden. Unter anderemwird auf die Mitteilung dienstlich anvertrauter wichtiger Pläne undDokumente sowie auf die Auslieferung von deren Kopien die Todes-strafe gesetzt.Moskau» 25. August. In der Mylnikowgasie entdeckte die PoNzeieine Kampfgenossenschaft von Sozialrevolutionären. Sechs Männerund zwei Frauen wnrdcn verhaftet. In der Pilnikolbgaffe wurde einWaffcnlagcr vorgefunden, das unter andern, neun Pud scharfePatronen enthielt.Warschau, 25. August. Stolypin hat an sämtliche Kreis-chefs einen Geheimerlaß gerichtet. Dieselben sollen W t h l x r-listen aufstellen von solchen Persönlichkeiten,auf welche die Regierung zählen könne und derenWahl zur Duma aus diesem Grunde zulässig(I) sei.Warschau, 25. August. Eine abends von einem a�ollt provocateur auf die Tramwayschienen gelegte ungefährlicheBombe explodierte und veranlaßte eine große Panik. Militärwollte auf die Menge schießen, wurde aber von einem höherenOffizier daran verhindert. Trotzdem fanden viele Unglücksfälle statt.Trepow vergiftet?London, 25. August.(„Bureau Lassan".) Die Erkrankung desPalastkommandanten General Trepow ist nach einer Meldung ausPetersburg infolge eines Vergiftungsversuches erfolgt. Sein Kochund drei andere in seinem Haushalt angestellte Personen find ver-haftet worden.Die Finanznot.Petersburg, 23. August.(Russ. Kktrier.)! Das russischeMinisterium des Innern stellte soeben fest, daß von den rück-ständigen Steuern in Höhe von 32 Millionen Rubel, diejetzt bestimmt erwartet wurden, nur etwas über 6 Mil-lionen Rubel eingetrieben werden konnten.Die Petersburger Telegraphcnagentur muß indes die Meldungvon der Absicht der Regierung, die Reichsbant zu einer Aktien-bank zu machen und auf die Weise für die Aktien 600 MillionenRubel vom Auslande zu erlangen, schon dementieren.Freiheitlich gesinnte Kosaken.� Selbst in den Kreisen der bislang zuversichtlichsten Stützen desAbsolutismus beginnt es zu kriseln.Der„Ruß. Kurier" meldet: In den Kosakenstanizen(Kosaken-dörfern) bei Z a r y z i n macht sich eine starke Gärung bemerkbar.Im Lager einer Kosakenabteilung erschien kürzlich ein Seminarist„amens I l j i n und knüpfte mit den Kosaken politische Gesprächean. Da aber auf Anraten des russischen Landesvertcidigungsratesfast in allen russischen Truppenteilen„besondere wachthabendeUllteimilitfliä" M. ha irden jW», die jede verdächtige Lrlcheumiig.zütbal solche rebolutiSnären Charakters, zur Weitergabe au diezuständige Adtninistrativbehörde zu melden haben, so wurde derbetreffende Stanowoj(Landpolizeikommissar) sofort' verständigt.Et nahm nun die Verhaftung Jljins vor und lieferte ihn in dasZarizhner Gefängnis ein. Als dies in der Staniza bekannt wurde,schlug man Lärm. Etwa achttausend Kosaken beschlossen die sofortige Freilassung Jljins zu verlangen und die Ortspolizcibehördeals Geisel zu nehmen. Hieraus wurde der verhaftete Stanowojgezwungen, an die zuständige Behörde von Zarizyn zu tele-graphicren, daß Jljin freigelassen werden solle, da seine Verhaftungauf ein Mißverständnis zurückzuführen sei, was der Stanowoj auchprompt erfüllte. AlS nun der freigelassene Jljin nach der Kosaken-staniza zurückkehrte, wurde er von einer tausendköpfigen Kosaken-menge empfangen und unter Absingen der Marseillaise nach seinerWohnung getragen.Das Blutgericht in Reval.Aus Helsingfors wird uns über Einzelheiten desDramas, das wir schon vor einigen Tagen meldeten, geschrieben:Den 18. August, HS Uhr morgens, wurde das Urteil desRcvaler Blutgerichts an 17 Matrosen des„Pamjat Asowa" undan einem Studenten vollstreckt! Die Leichen der Freiheitskämpferwurden auf Lastfuhrwerke geladen, mit einem Segeltuche umhülltund zum Hafen gebracht. Dort sind die Opfer der Freiheits-bcwegung ins Wasser geworfen worden. Als die organisiertenArbeiter bor einer Woche vernahmen, daß das Blutgericht zu-sammcntrete, als es bekannt wurde, daß die Schergen der Gewaltden Matrosen nicht einmal einen juristischen Beistand beigebenwollten, da traten die Arbeiter Revals einmütig in denStreik und erklärten, nicht eher arbeiten zu wollen, bis dasBlutgericht seine Tätigkeit einstelle. Die Arbeiter glaubten dieGewalt brechen zu können.... Aber die Henker verstanden dasGerede zu verbreiten, daß das Kriegsgericht noch gar nicht inAktion getreten sei und daß der Gouverneur nicht zulassen würde,daß die Matrosen vom„Pamjat Asowa" in Reval hingerichtetwürden. Den 12. August hörte der Streik aus und schon den18. August wurden die Opfer des Blutgerichts hingerichtet. DieArbeiterschaft ist zurzeit schwach; sie kann nur mit einem erneutenStreik antworten, der auch schon am 18. um die Mittagszeit ineinigen Fabriken ausbrach. Aber— kann der Streik in diesemMoment allgemein werden? Die Reaktion gefällt sich im Ueber-mut im Blut zu waten, das Herz der Arbeiter zu zerfleischen!In der Erwartung, daß die Hingerichteten auf dem Friedhof„R a h u m ä g i"— Berg des Friedens— begraben werden,wurden im Laufe des Tages viele Blumen dorthin gebracht.Auf dem Friedhof, wo die bei der Meuterei gefallenen Offi-ziere mit Ehren und die Matrosen in Unehren begraben wurden— die Grabstätten der gefallenen Matrosen wurden der Erdegleichgemacht, während die der Offiziere mit Blumen reich ge-schmückt wurden— hat das Volk die Gräber der im Kampfe ge-fallenen Matrosen mit herrlichen Blumen geschmückt, die derOffiziere aber zertreten.Von der Erekution in Sveaborg.Aus Helsingfors schreibt man uns:Der Hauptmann, der die Aufgabe hatte auf die zum Todeverurteilten Revolutionäre von Sveaborg„F e u e r" zu komman-dieren, wankte, bevor er seiner Aufgabe nachkam. Und sobald erdas verhängnisvolle Wort herausgepreßt hatte, stürzte er zu-sammen und mußte ins Krankenhaus getragen werden. DieSoldaten schwankten und zielten schlecht; die Todesopfer mußtensie anflehen, ihren Qualen ein Ende zu machen.Wie satanisch die Schergen der Gewalt die Qualen derFreiheitskämpfer zu vermehren trachten, beweist der Umstand, daßder Kommandant von Sveaborg die der Meuterei angeklagtenArtilleristen dazu erwählte, auf die zum TW» Verurteilten zuschießen. Die Artilleristen waren von Infanterie umgeben undmußten gewärtigen» dgß die Infanterie im Weigerungsfalle aufsie feuern werde.politifcbc(lebertickt.Berlin, den 25. August.Die Amnestie.Die Amnestie, deren Erlaß von der bürgerlichen Pressebereits seit einiger Zeit so schmerzlich vermißt und so flehentlichgefordert wurde, ist nun wirklich erlassen worden. Der„Staats-anzeiger" verkündet:Allerhöchster Gnadenerlaß vom 24. August 1006.Wir Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen-c.wollen, da uns durch Gottes Gnade ein Enkel geschenkt ist, der inwenigen Tagen die heilige Taufe empfangen soll, und dieser Tagdazu auffordert, empfangene Unbill zu verzeihen und Vergebungzu üben,allen denjenigen Personen, welche bis zum Abschlüsse desheutigen Tages durch Urteil eines preußischen Zivilgerichts wegeneiner gegen unsere Person begangenen Majestätsbeleidigung oderwegen Beleidigung eines Mitgliedes unseres königlichen Hausesim Sinne der KZ 05 und 07 des Strafgesetzbuches zu FrecheitS-strafen rechtskräftig verurteilt sind, diese Strafen, soweit sie nochnicht vollstreckt sind, und die noch rückständigen Kosten in Gnadenerlassen.Ist wegen einer solchen und wegen einer anderen strafbarenHandlung auf eine Gesamtstrafe erkannt, so ist der wegen derersteren Handlung verhängte Teil dieser Strafe im vollen Umfangeals erlassen anzusehen.Auf die von einem mit anderen Bundesstaaten gemeinschast-lichen Gerichte erkannten Strafen findet dieser Erlaß Anwendung,sofern nach den mit den beteiligten Regierungen getroffenen Ver-einbarungen die Ausübung des Begnadigungsrechts in dem be-treffenden Falle uns zusteht.Unser Justizminister hat für die schleunige Bekanntmachungund Ausführung dieses Erlasses Sorge zu tragen.Schloß Wilhelmshöhe, den 24. August 1006.Wilhelm.B e s e l e r.Das Langersehnte, zületzt kaum noch Erwartete ist alsodoch noch Ereignis geworden IFreilich, diese Amnestie dürfte kaum den in bürgerlichenKreisen gehegten Erwartungen entsprechen. Sie erstreckt sichnur auf die wegen Majestätsbeleidigung rechts-kräftig Verurteilten. Auf die wegen anderer Delikte zu ge-ringen Strafen Verurteilten findet sie keine Anwendung.Eigentlich hätte eher ein umgekehrtes Verfahren erwartetwerden können. Man weiß, wie stark durchdrungen Wilhelm H.von der Würde seiner Majestät ist. Aber er hat der Ocffcnt-lichkcit wohl beweisen wollen, daß er gleichwohl frei ist vonpersönlicher Empfindsamkeit, daß er sich auch als modernerMensch zu geben vermag.Diejenigen freilich, die einer wirklich modernen Welt-anschauung huldigen, für die der Begriff des„Untertanen"ebensowenig existtert, wie der romantische Begriff der„Majestät"von„Gottes Gnaden", vermögen in einer Amnestierung wegenMajestätsbeleidigung Verurteilter eine Konzession an dasmoderne, demokratische Prinzip nicht zu erblicken. Für sie istdas Recht der Amnestierung gerade eine unzeitgemäße B e-st ä t i g u n g des veralteten romantischen Gottesgnadentums IDie Sozialdemokratie verlangt bekanntlich die B e-seitigung der MajestätSbeleidigungspara-g r a p h c n. Nicht etwa aus Vorliebe für verbale oder ver-leumderische Beleidigungen gekrönter Häupter, sondern alsKonsequenz«hrer demokratischen Prinzipien, die jede Bevor-rechtung einzelner Stände oder Personen verwcrjen. Sie istim Gegenteil der Ueberzeugung, daß gerade der Majestäts-beleidigstngsparagraph für unklare Köpfe kein Vorbeugungs-mittel, sondern einen Anreiz zu Majestätsbeleidigungendarstellt. Die Sozialdemokratie, die soziale Kritik, nichtpersönliche Angriffe übt, hat unter den Majestätsbeleidigungs-Paragraphen. denen staatsanwaltliche Jnterpretations-künstler allerdings eine früher ungeahnteElastizitätzu geben verstanden haben, nur wenig zu leiden— destozahlreicher sind die Opfer aus den Reiben derjenigen, die sichin konfusem Ingrimm gegen herrschende gesellschaftliche undpolitische Zustände zu einer unbesonnenen Aeußerung gegendie vermeintlich in erster Linie verantwortliche Stelle hinreißenlassen. Verantwortlich für die Majestätsbeleidigungen sindalso der byzantinische Personenkult und dieüberspannte Gottesgnadenidee, die ja geradevon„patriotischen" Kreisen so eifrig kultiviert werden.Als am 3. August der Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha aus ähnlichem Anlaß wie Wilhelm II. eine Amnestieerließ, bezog dieser Straferlatz auch eine Reihe anderer Ver-gehen ein. Und in der Tat läge eine Amnestie auch für„gemeine Verbrecher" sehr nahe, werden doch sehr viele dieserVerbrechen aus Not, aus Verwahrlosung usw. be-gangen, für die meist nicht das verurteilte Individuum,sondern die Gesellschaft, der kapitalistische Staatverantwortlich ist. Vielleicht würde mancher vor einemspäteren Hinabsinken in die„gewerbsmäßige" Verbrecher-laufbahn bewahrt, wenn ihm das erste Mal Straferlaß zuteilwürde. �Doch es liegt uns fern, an der Amnestte Kritik zu üben.Das wäre nur dann fruchtbar» wenn eine gewisse Gleich-artigkeit der sozialen Auffassung zwischen dem die AmnestieErlassenden und uns vorhanden wäre. Die WeltanschauungWilhelms II. ist aber durch eine Kluft von der der Sozial-demokratie geschieden.Mögen die bürgerlichen Kreise, denen es auf dieWirkung dieser Amnestie auf das„Volksgemüt" an-kommt, sich mit den Beratern Wilhelms II. auseinander-setzen!—_Der Mörder ist entlasten!In Nürnberg hat ein Streikbrecher auf einen Leiter desMetallarbeiterstreiks in der Automobilfabrik„Union" geschossen, alsdieser friedenstiftend zwischen den provozierten Ausständigen undStreikbrechern vermitteln wollte. Der Mörder schoß auf sein Opfer.als dieser gerade herbeieilte, sein Friedenswerk zu beginnen. Derin die Brust Getroffene wendete sich um; da feuerte der Mordbubenoch zwei Schüsse in den Rücken des schon ans den Tod wundenMannes!Man trug den Schwerverletzten, den Bater von vier Kindern.ins Krankenhaus.Der Mörder wurde verhaftet.Im Krankenhause starb das Opfer des Mordbuben.Der Mörder aber wurde aus der Haft entlassen!Tausende und Abertausende von Klassengenossen gaben demvon ruchloser Hand gefallenen Mitkämpfer das letzte Geleit. Nachdem Begräbnisse zogen sie unter dumpfem Trommelklange an derFabrik vorbei, in welcher der Lohnkampf tobt, der den Anlaß zudem tragischen Vorkommnisse gab.Da erfuhren sie es:Der Mörder ist ans der Haft entlassen!Die Menge staute sich, dumpfer Groll schwoll in ihr empor.Aber die Polizei sorgte für„Ordnung". Sie jagte die Leute fort.Was wollte man noch?Der Mörder war ja aus der Haft eutlassen!—Da nahm ein zweiter Streikbrecher eine» Dolch und stieß ih«einem Streikposten in die Brust. Nur der Zufall, daß das Mord-instrument an einer Rippe abglitt, verdankt dieses andere Opfer einerungeheuerlichen Verrohung sein Leben.Auch der zweit« Schandbube wurde verhaftet. Am anderenTage aber wurde auch er aus der Haft entlassen!—Der dumpfe Groll der Massen löste sich in helle Empörung auf.„Pfui" rufend zogen sie bor die Fabrik, zogen sie auf den Schau-platz dieser Schandtaten.Da griff die Polizei„fester" zu und zerstreute die Mengegewaltsam.Für den Freitag abend traf die Polizei ihre Vorbereitungen.Fast die gesamte Schutzmannschaft Nürnbergs zu Fuß und zu Pferde.an die 100 Mann, war aufgeboten, um die RegenSburgerStraße zu„säubern", in der die Fabrik liegt. Als wiederDemonstrationen begannen, schritt nach den vorliegenden Tele-grammen die Schutzmannschaft ein. Aber die Meflge wich nicht,sondern verteidigte sich I Aus den Wirtschaften, in welche sich dieLeute geflüchtet hatten, wurde auf die Polizei mit Gläsern, Flasche»und Steinen geworfen.Die Beamten drangen darauf in die Wirtschaften ein undräumten diese. Es kamen etwa 30 Verletzungen von Zivilpersonenvor; auch mehrere Schutzleute wurden verletzt.Gegen'/zll Uhr rückte ein Bataillon Infanterie ast und sperrtedie RegenSburger Straße ab.Zehn Schutzleute sind durch Messerstiche und Hiebe vtrletzt,einigen Schutzleuten ist die Uniform vollständig zerrissen worden.Zehn erheblich verletzte Ruhestörer haben im Krankenhaus Aufnahmegefunden. Eine größere Anzahl weniger schwer Verletzter entzogsich der ärztlichen Behandlung. Man schätzt ihre Zahl auf 200. EinlOjähriger junger Mann, der angeblich aus einem Wirtschaftszimmereinen Revolverschuß auf einen Schutzmann abgab, ivurde verhaftet.Die„Frankfurter Zeitung" gibt an, daß ein zwölfjährige?Mädchen bei der„BeruhigungSarbeit" der Polizei erschossenworden sei.--Militär und Polizei gegen eine mit Recht empörte Menge!Der Mörder aber ist entlassen!--••Deutlcbes Reich.Ultramontane Ausreden!Wir hatten in unseren Artikeln über die Essener Zentrumsparadegebührendermaßen darauf hingewiesen, daß diese Zentrums-demonstrationen lediglich den Charakter prunkender, aber innerlichum so hohlerer Schaustellungen trügen. Im Plenum würden nurpomphafte, phrasenreiche Reden gehalten, zu einer Diskussionkomme'es jedoch niemals. Alle Anträge würden vor-her in den hinter verschlossener Türe stattfindenden Ausschuß-sitzungen sorgsam gesiebt, so daß jeder Austrag sächlicherMeinungZdifferenzen, jede ernsthafte, die wirkliche Stimmung derMassen zum Ausdruck bringende Debatte von vornherein ausgeschlossensei. Die Massen seien nur als Staffage da. sie erführen nicht ein-mal irgend etwas von dem Kampf der Meinungen, der sich hinterden verschlossenen Türen der Ausschüsse abspiele. Diese Charakterisierungder hohlen Zeittrumsdemagogie, der Leithammelung der Massen,hat es der„Germania" begreiflicherweise angetan. Sie reagiertfolgendermaßen:„Unsere Generalversammlungen werden überhaupt nicht zumZweck der„Debatten" veranstattet, und derZwe*. den sie haben