dnrd Bei ihrer jetzigen Einrichtung bollkommen erreicht.„Hinter verschlossenen Türen" wird überall verhandelt, nichtzuletzt bei den Sozialdemokraten. Bei uns heitzt„verschlossene Tür" aber nicht, daß nur ein paar Be-vorzugte verhandeln, sondern jeder Teilnehmer an der Ver-sammlung hat Zutritt und kann mitsprechen(??) und mit»a b st i m m e n. Man berät die Anträge in den Ausschüssen,weil, wie gesagt, in einer vieltausendköpfigen Mengeeine Beratung gar nicht möglich ist. Wenn der„Vorwärts" sich darüber aufhält, daß in der letzten geschlossenenVersammlung neben einem sonstigen reichlichen Arbeitsrest zahl-reiche soziale Anträge erledigt, also nicht ernst und gründlich genugbehandelt worden seien, so möge er sich gefälligst an die sozial-demokratischen Parteitage erinnern, wo nach sechstägigenZänkereien meist persönlicher Natur hunderte von Anträge» inletzter Stunde in Bausch und Vogen abgetan werden, ohne daßeine Ausschußberatung, wie sie auf unseren Generalversammlungenüblich ist, vorausgegangen wäre."Die gute„Germania" bestätigt nur alles, was wir gesagthaben. Daß der„Zweck" ihrer Versammlungen, die nicht orientierten,nur als Staffage benutzten Tausende durch tönende Phrasen zufaszinieren,„erreicht wird", ein st weilen wenigstens, habenwir ja selbst zugegeben l Nur paßt dann auf solche Veranstaltungendie Bezeichnung„Parade", die die„Germania" so sehr erbittert,ganz vortrefflich!Daß die Sozialdemokratie ihre politischen und Partei-politischen Angelegenheiten gleich dem Zentruni nur im engerenKreise und hinter verschlossenen Türen verhandle, ist dagegen einefaustdicke Unwahrheit. Geschäftliche Angelegenheiten oder persönlicheFragen, die nur in Kommissionen geklärt und erledigt werdenkönnen, werden allerdings auf sozialdemokratischen Parteitagen anKommissionen verwiesen, die dann�freilich wiederum dem Plenumdes Parteitages Bericht erstatten! Alle die Massen inter-essierenden Fragen werden dagegen in breite st er Oeffent-l i ch k e i t behandelt.Natürlich können bunt zusammengewürfelte Massenbersamm-lungen keine politischen Debatten führen. Aber warum arrangiertdenn das Zentrum nicht gleich der Sozialdemokratie öffentlicheDelegiertenversammlungen in Gestalt vonParteitagen? Warum diskutiert es nicht vor und nachdiesen Parteitagen die Beratungsgegenstände der Parteitage inzahllosen Massenversammlungen, wie eS bei der SozialdemokratieBrauch ist? Einfach deshalb nicht, weil sich ein solcher Brauch nichtmit dem System der Bevormundung und Leit-h a m m e l e i durch eine kleine Führerclique verträgt, die beimZentrum üblich und �ot wendig ist I—Siebzig Prozent Dividende!Die„Franks. Ztg." erklärt, daß den Dementis der W ö r m a n nund Konsorten kein Anspruch auf Glaubwürdigkeit beizumessensei? eine genaue Nachprüfung würde wohl ergeben, daß sie falschseien, und man habe sie daher auch nicht an die Blättergesandt, gegen deren Mitteilungen sie sich richten. Wie dieTippelskirchschen Geschäfte beurteilt werden, kennzeichnet ambesten die Drohung von Äörmaun, die Zeitungen zu ver-klagen, welche seine Firma mit der Firma TippelSkirch inParallele stellten. Und das, obgleich das Wönnannsche Beförderuugs-Monopol noch weit einträglicher sei; heiße es doch, daß die Gesellschaftmit beschränkter Haftung W ö r m a n n im vorigen Jahre über70 Prozent Dividende verteilt habe. Die Firma TippelSkirchhabe nicht nur in ihren Geschäften mit dem Reich enorme Ueber-gewinne gemacht, sondern die Bevorzugung, deren sie sich bei allenVerwaltungen für Lieferungen nach den tropischen Gebieten er-freute, in gleicher Wesse ausgebeutet. Daftir seien ja schon ver-schiedene Beispiele mitgeteilt worden. Ihr liege die Zuschrift einesTeilnehmers der China-Expedition vor, aus der sich ergibt,daß damals unter den Offizieren und Beamten, die für den Bezugder notwendigen Bedarfsarttkel ganz auf die Firma Tippelskirch an-gewiesen waren, vielfach Erbitterung über deren u n»erhörte Preise herrschte._Freisinnige Kolonial-Jlliisioucn.Gleich Herrn Erzberger benutzen auch freisinnige Politikerdie Kolonialskaudale, um sich als strenge Hüter der politischenMoral aufzuspielen. So sprach auch der AbgeordneteKopsch am Donnerstag im fortschrittlichen Verein Waldeck inBerlin über„ K o l o n i a l f r e u d e n".Nach 22 Jahren deutscher Kolonialpolitik, führte er nach der„Freis. Ztg." aus, sei es angebracht, eine Bilanz derselben zu ziehen.Das Resultat sei kein erfreuliches, alle Voraussagen von LudwigBamberger, Fritz Rapp und anderer freisinniger Gegner der Kolonial-Politik hätten sich erfüllt. Lawinenartig sind die Ausgabenfür die Kolonien angewachsen, von 348 000 M. im Jahre 188Ssind die Ausgaben im Jahre 1905 gestiegen auf 299 MillionenMark. Die Ursachen dieses Fiaskos unserer kolonialen Wirtschaftseien sehr verschiedenartige. In der Verwaltung herrsche System-losiakeit, es fehlen Grundsätze, nach welchen in den Kolonien gewirt-schattet werde. Eine wenig glückliche Hand habe man bei der Auswahlder Beamten gehabt. Die Kolonien seien jetzt eine Art Versorgungs-anstalt für Männer, die im Vaterlande aus irgend welchen Gründennicht vorwärts kommen können, esImache sich eine Vetternwirtschaftbemerkbar. Die Folge sei ein BureaukratiSmuS in der Verwaltung,von der Redner einige ergötzliche Beispiele zum besten gab. WeitereUebel seien in den Kolonien das KonzessionSwesen, das zur Be-günstigung einzelner Privatgesellschaften führt, und schließlich einefalsche Eingeboreuenpolitik. Die Landfrage in Verbindung»nit Arbeitszwang bei ungenügender Löhnung,reichlichen Prügel- und harten Gefängnisstrafentrieben zu Aufständen.Besonders eingehend behandelte Abg. Kopsch hierbei die Mißwirtschaftin der Kolonie Kamerun unter dem Gouverneur Jesko v. Puttkainer,schließlich die Frage auswerfend, ob Frau v. Germar(Baroninv. Eckardsteinj recht behalten wird, die in einem ihre Erlebnisse inAfrika schildernden Buche vom Gouverneur v. Puttkamer schreibt,er sei im„sicheren Besitze einflußreicher Be-ziehungen, mit deren Hülfe man schließlichüber alle Gegner und Hindernisse schlank-weg fortbalanziert". Die Haltung des Herrnv. Podbielski zur Frage der Fleischnot und jetzt seine Tippelskirch-iaden hätten mehr zur Erschütterung der monarchischen Gesinnungim Volke beigetragen, als eS eine sozialdemokratische Agitationjemals zu tun vermöchte. Nach dem Bankerott der bisherigenKolonialpolitik sei nunmehr eme Besserung an Haupt undGliedern notwendig. Andere Grundsätze müßten maß-gebend sein für die Verwaltung. Man müsse abkommen vondem Gedanken, daß nur der Jurist und der Offizier geeignetseien zur Verwendung in den Kolonien. Der Reichstagwürde eine noch schärfere Kontrolle auszuüben haben, dieHauptaufgabe falle aber dem Volke zu. Nach kurzer Debatte nahmjne Versammlung einstimmig nachstehende Resolution an:„Dievom Fortschrittlichen Verein Waldeck in Berlin einberufene überauszahlreich besuchte öffentliche Volksversammlung verurteilt aufsschärfste die das? deutsche Ansehen herabsetzenden Vorgänge innerhalbder Kolonien und deren Verwaltung und erwartet, daß der deutscheReichstag durch eine besondere Kommission alle diese Vorgänge einereingehenden Untersuchung unterwerfen und dafür Sorge tragenwird, daß eine das Rechts- und Vollsbewußtsein befriedigendeSühne herbeigeführt wird und wiederum Rechtlichkeit,Ordnung und Sparsamkeit in der Verwaltung der KolonienPlatz greifen zum Wohle für das deutsche Volk."Von einer Ablehnung der Kolonialfordcrungen war alsomit keiner Silbe die Rede. Die freisinnigen Kolonialillusionärewiegen sich also in der optimistischen Hoffnung, daß nunmehr dieplpmalpolitik nicht mehr zur Versorgung entgleister Junkersprossen,und Bereicherung kleiner Kapitalistenkreise Benutzt werde. Da hatdenn doch der Abg. Paasche mit seinem Urteil iiber die Kolonial-Politik einen viel staatsmännischeren Blick bewiesen!—Das Ergebnis der Ostmarkenpolitik!Der Ostmarkenverein hält in diesen Tagen seine Haupt-versantmlung ab. Interessant ist das auf dieser Versammlungfestgestellte Ergebnis der famosen Ostmarkenpolitik. Aus einervom Verein aufgestellten Besitzwechsel st ati st ik in denAnsiedelungsprovinzen geht hervor, daß die Deutschen in denJahren 1896 bis 1903 an die Polen rund 50 000 Hektar Landverloren haben, das macht zirka 1 Prozent der Gesamtfläche.So ist denn der Bankrott der Hakatistenpolitik statistischglänzend erwiesen. Hunderte und Aberhunderte von Millionenaus staatlichen Mitteln hat man dazu verwendet, polnischeund— deutsche Gutsbesitzer auszukaufen und Deutsche anzu-siedeln. Polen und Deutsche haben bei den kolossalen Preis-treibereien dieser Ankaufspolitik ein glänzendes Ge-s ch ä f t gemacht. Aber dieser Effekt ist auch der einzigegewesen! Die Polen begegneten dieser Taktik des Auskaufensmit der gleichen Taktik und weit besserem Erfolg, tvieja die vom Ostmarkenverein aufgestellte Statistik des Besitz-Wechsels ergibt.Die polnischen„Kaninchen" haben also triumphiert!Trotzdem hat Bülow kürzlich feierlich angekündigt, daß diehakatistische Anti-Polenpolitik der Regierung fortgesetztwerden solle! Es gibt ja noch mehr verschuldete Junker, diedurch das Auskaufen zu vermögenden Leuten zu machensind.—_Eine katholische Revolution in Baden.Am Tage nach dem bombastischen Schluß der Essener Tagungder Katholiken Deutschlands nahm in der badischen ResidenzstadtKarlsruhe ein Landfriedensbruchprozeß seinen Anfang,der ein Helles Licht aus die Kulturmission derkatholischen Kirche warf. Schon früher wurde berichtet, daßin dem katholischen Dorfe Elchesheim bei Rastatt in Baden fastsämtliche Gemeindeglieder(Männer, Frauen und Kinder) ein regel-rechtes Haberfeldtreiben gegen den Lehrer v. Rothinszenierten, weil der Ortsgeistliche, der katholische PfarrerBruder infolge einer Anzeige des Lehrers von der Kuriein Freiburg seines Amtes entsetzt worden war. Der verheirateteLehrer v. Roth hatte den Geistlichen, einen jovialen, lebenslustigenHerrn,„zu großer Liebenswürdigkeiten" gegen seine(des Lehrers)Frau beschuldigt. Die Freiburger Kirchenbehörde hat denn auch alsf e st g e st e l l t erachtet,„daß der Pfarrer wiederholterunkeuscher Berührungen der Lehrersfrauen V.Rothund Häfner, unsittlicher Redensarten und wieder-Holter Uebertretung des Wirtshausverbots über-führt sei". Die SuSpendicruug des Pfarrers war auf zweiMonate verfügt.Die frommen Gläubigen hielten nun den„Sllndenfall" ihresSeelsorgers für ausgeschlossen; sie schoben dem die Anzeige er-stattenden Lehrer die Hauptschuld an der.plötzlichen Entfernung ihresvon ihnen hochverehrten Pfarrers zu. Am Abend der erfolgtenSuSpendierung— 4. Mai d. I.— rotteten sich gegen 399 Dorf-einwohner zusammen und zogen vor das LehrerhauS. Hierwurde ein derbes Steinbombardement gegen die im Parfürreliegende Wohnung des Lehrers eröffnet; man johlte, schrie,schlug mit Stöcken an. die Läden, warf mit Backsteinen.bedrohte den Lehrer und seine Frau und war draufund dran, das SchulhauS zu stürmen. Um'/all Uhr holte man denBürgermeister auS dem Bette, aber auch der vermochte keine Ruhezu schaffen. Die Menge entfenite sich zwar, eröffnete aber von denbenachbarten Gärten und Gehöften ein neues Stein-b o m b a r d e m e n t, so daß Fensterscheiben der Lehrerwohmmgzertümmert und die Fensterläden stark beschädigt wurden. Der Lärmwar so groß, daß man ihn eine halbe Stunde weit gehört hat, zu-mal er länger als zwei Stunden dauerte.Und das alles für den„nnschuldigen" Pfarrer I Dieser verließam nächsten Tage daS ihm willenlos ergebene Dorf und kehrte14 Tage später wieder zurück. Ein überaus festlicher Empfangwurde ihm zuteil: der katholische Gesangverein holte ihn mitMusik ab. Beweis, daß Bruders Pfarrkindcr trotz der kirchlichen Untersuchung ihm noch ungeschmälertes Vertrauenentgegenbrachten. An diesem Abend wiederholten sich dieKrawalle; man verhängte schließlich über die Lehrersfamilieden förmlichen Boykott. Man äußerte:„Ist der Pfarrerhinaus, muß auch der Lehrer hinaus!" Es wurde ihm dieWohnung gekündigt, man verabreichte ihm gegen Geld und guteWorte keine Nahrungsmittel, alles typische Zeichen echt christlicherTolleranz! Da die Krawalle infolge des Verbleibens dessuspendierten Pfarrers sich wiederholten, griff endlich die Behördeein und verhaftete die Hauptteilnehmer an den Ruhestörungen. ESwaren sieben Personett, mehr waren nicht zu ermitteln. Zugleichwurde im badischen Landtage eine Interpellation eingereicht, diegrößere» Schutz des bedrängten Lehrers verlangte.Die Interpellation kam infolge des Landtagsschlusses nicht mehrzur Verhandlung.— Am Donnerstag, den 23. August, begann nunvor dem Landgericht Karlsruhe der Prozeß gegen die sieben In-haftierten, Landwirte, Handwerker und Arbeiter, sämtlich gut katholisch.Die Anklage lautete auf Landfriedensbruch, Bedrohung und Beleidigung.Die Anklageschrift umfaßte mehr als 299 Seiten. Als Zeugen waren44 Personen geladen, darunter auch der Geistliche; auf seineVernehmung wurde verzichtet, wie man denn in der zwei Tagedauernden Verhandlung alles vermied, um die U r s a ch e n dieserkatholischen Revolution in den kritischen Bereich der gerichtlichenOeffentlichkeit zu ziehen. Und gerade darin lag die Bedeutung desProzesses. Denn es war das blinde Vertrauen und die sofortigeParteinahme für den unschuldigen Geistlichen, was die armen Teufelwegen LandfriedcnsbrucheS auf die Anklagebank gebracht hat. Dereigentliche Schuldige war dadurch außer Schußlinie gerückt, obwohlallein der unheimliche Einfluß des Geistlichen in letzter Linie dieSchuld an dein Prozesse trug. In der Verhandlung wurde auchdurch den Vorsitzenden wiederholt konstatiert, daß die Ortspolizei-behörde(Bürgermeister und Ortspolizist) förmlich versagten, alses sich um Schlichtung der Krawalle handelte. Der Polizeidienerhat bei dem Steinbonlbardemcnt ruhig dabeigestanden, und derBürgermeister erllärte, als Zeuge vernommen, er habe keinen derAttentäter gekannt. Man bedenke, daß der Bürgermeister einesOrtes; von noch nicht 1999 Einwohnern fast jeden Einzelnen persönlichund seinen Verhältnissen nach kennt. Diesen Schlüssel zu dem Ver-halten des Bürgermeisters bekommt man, wenn man sich eineAeußerung desselben am Schlüsse der Zeugenvernehmung vor Augenhält:„Ja. die ganze Gemeinde steht noch heuteauf dem Standpunkt, daß der Pfarrer unschuldigist!" Der Pfarrer ist eben in jedem Falle im Recht, wenn ihnauch die Kirchenbehörde abgesetzt hat.—Charakteristisch für die schon oben angezogene so oft behaupteteKulturmission der katholischen Kirche ist auch die prononziert vor-getragene Anschauung der Anklagebehörde, daß Elchesheim„für dieseund ähnliche Sachen" bekannt sei. War ja doch der Hauptangeklagteder— Kirchenaufjeher und ein anderer Angeklagter der Meßncr.Die(katholischen) Zeugen verhielten sich fast sämtlich so zurückhaltenb,daß eine Zeugin in Gefahr geriet, wegen MeieideS abgeführt zuwerden. Die Zentrumspreffe sagt ja. nur die ungläubigen Sozial-demolraten nähmen es»nit der Heiligkeit des Eides nicht genau.Nach dieser Deduktion hat es bei diesem Prozeß viele Sozialdemo-kraten gegeben.Das Urteil fiel milde aus: Vier Angeklagte erhielten nur dasSttafminimum von drei Monaten Gefängnis, auf das bei Landfriedens-bruch erkannt werden muß, der Huuptangeklagte vier Monate, einAngeklagter ivegen Beleidigung vier Wochen Gefängnis, ein Ange-klagter wurde freigesprochen.— Die katholische Revolution ist ihrenArrangeuren also nicht so übel bekommen wie manchen Streikendenruhige Mahnungen an Arbeitswillige; an sich sind die ElchesheimerVerurteilten ja nur die erklärlichen Produkte der Kulturauffassungdes Zentrums.„An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen l'---Bon der Militärjustiz.Stuttgart. 24. August.(Eig. Ber.)Ein enorm hohes Urteil fällte das Stuttgarter Oberkriegsgerichtgegen den Musketier Anton E i n w e ck vom Jnfanterie-Regiment 129,der sich eine Ausschreitung tätlicher Art gegen einen Vorgesetztenhatte zuschulden kommen lassen. Bei einem Patrouillengange nachtsum 2 Uhr in Ulm hatte er dem Unteroffizier Frey den Gehorsamverweigert und sogar das Gewehr beim Laufe gefaßt, um denUnteroffizier mit dem Kolben zu schlagen. Der Unteroffizier ver-stand es. den Schlag mit seinem eigenen Gewehr von sich ab-zuwehren. Dann warf Einweck Gewehr und Seitengewehr fort undsuchte zu entkommen, wurde jedoch wieder ergriffen. Das Ober-kriegsgericht hatte über ihn in zweiter Instanz abzuurteilen, undobgleich der Sachverständige den Angeklagten als einenleicht erregbaren und moralisch defektenMenschen s childerte, diktierte eS ihm die kolossal harte Strafevon fünf Jahre» und einem Monat Gefängnis neben der Entfernungaus dem Heere zu.---Hudland.Schweiz.Im Zeichen des Kapitalismus und Militarismus.Zürich, 24. August.(Pribatdepesche de?„Vorwärts".)Das Kriegsgericht verurteilte heute den Genossen Sigg alSVerfasser deS antimilitaristischen Flugblattes(wir haben den Wort-laut in der Nr. ISö wiedergegeben. Red. d.„Vorw.") zu achtMonaten Gefängnis und einjähriger Entziehung deS Aktivbürger»rechts. Die fünf Mitangeklagten, die daS Flugblatt verbreiteten,wurden freigesprochen._Ein Nachspiel zur Affäre Stephany.Zürich, 24. August.(Pribatdepesche.)DaS Bezirksgericht verurteilte den PolizeioberleutnantLochen wegen Nötigung und Beschimpfung deS ehemaligen Straß-burger Polizeikommissars Stephany und seiner Frau zu 290 FrankBuße und 499 Frank Entschädigung.*■•*Die Schweiz bleibt doch ein wildes Land. So sehr sie auchbereits zum„Ordnungsstaat" geworden ist, wie das erste Urteil unddie ganze Kosakenwirrschaft in Zürich zeigen, es wird in ihr dochimmer noch der Beamte, der sich gegen verhaftete A u S l ä n d e rUebergriffe erlaubt, verurteilt. In einem OrdnungSftaat parexcellence wie Deutschland könnten solche Widersprüche nicht bor-loinmen. Da hätte der eifrige Beamte allenfalls einen Orden be-komnien.—_____Die AbschiebSfeier des ausgewiesene» Genossen Hauth.>_Zürich. 24. August.(Eig. De r/MDie Abschiodsfeier zu Ehren unseres ausgewiesenen GenössestEmil Hauth, die von der Arbeitcrunion auf gestern abend imRicsensaal des„Vclodrom" veranstaltet wurde, war von einer un-geheuren Menschenmenge besucht. 3999 Menschen saßen und standendicht gedrängt nebeneinander im Saale und auf den Galerienund viele Hunderte standen draußen oder mußten wieder um-kehren, weil sie keinen Platz gefunden hatten. Die GenossenPflüg er, Lang und Greulich von Zürich sowie Zinn ervon Winterthur hielten Ansprachen, in denen sie dem AusgewiesenenDank und Anerkennung für seine großen, der Arbeiterbewegunggeleisteten Dienste aussprachen und an der Ausweisung selbst, dieeine Schmach für den ganzen Kanton Zürich und die ganzeschweizerische Demokratie ist, scharfe Kritik übten. Lang erinnertean die Verfolgungen und Ausweisungen von 1844 und 1883 gegenWeitling und die vier Genossen von„Sozialdemokrat", wobeiim letzteren Falle ein Druck von außen, von Bismarck, im Spielewar. DaS war bei der Ausweisung Hauths nicht der Fall, er istdas Opfer der ob der Bedrohung ihre» Profits durch die vor»wärtsstrebende Arbeiterschaft wild gewordenen Burcaukratie.Greulich forderte zu energischer politischer Betätigung aus. Wennwir 25 999 sozialdemokratische Stimmen im Kanton Zürich habenund sie sich noch fortwährend weiter vermehren, werden wir eineMacht in der kantonalen Politik sein und den ausgewiesenen Ge-nassen Hauth wieder zurückholen. Zinn er erinnerte daran, daßeiner der 6 bürgerlichen RegierungSrät«, die den Vertrauens-mann der Arbeiterschaft, Genossen Hauth, ausgewiesen, der Re-gicrungsrat Locher, vor 16 Jahren selbst der Vertrauensmann derArbeiterschaft war, von ihr in den Nationalrat gewählt und sodanndie Wahl durch einen großartigen Fackelzug gefeiert wurde.Einige Jahre später wurde er als der Vertrauensmann der Ar-bcitcr und der Demokraten in die Regierung gewählt und heuteist er der Vertrauensmann der Scharfmacher und Reaktionäre vomBürgcrverband und maßregelt den Vertrauensmann derselben Ar-beiterschaft, auf deren Schultern er emporgestiegen ist. GenosseHauth hielt schließlich noch eine von großen und wcitauSschaucn-den Gesichtspunkten getragene Abschicdsrede, die stürmischen Beifallerntete. Die Reden wurden von prächtigen Musik- und Gesangs»Vorträgen eingerahmt.— Genosse Hauth muß nun Zürich ver»lassen, aber feine Feder, sein Geist bleibt der Züricher undschweizerischen Sozialdemokratie erhalten und er selbst wird durchseinen Kampf gegen alle Reaktion und Gewaltpolitik den Tag reDbald mit herbeiführen helfen, an dem er wieder nach Zürich zurück-kchrm und die große Empfangs- und Siegesfeier mitmachen kann.Vom Schweizerischen Grütlivereia.Man schreibt uns aus Bern:Am 25. und 26. d. M. wird in Aarau die Delegierten,versa in mlung des Schweizerischen Grütli-Vereins abgehalten. Seit der Verschmelzung des Grütlivercinsmit der sozialdemokratischen Partei vom Jahre 1991 in Solothurnsind Dclegiertenvcrsammlung des Grütlivereins und sozialdcmo-kratischer Parteitag immer mit- resp. nacheinander abgehaltenworden. Dieser Modus ist aber stets vermehrter Opposition be»gcgnct. Die Delegierten des Grütlivereins beklagten sich, siehätten dabei zu wenig Zeit, um ihre Angelegenheiten zu ordnen.und von den Delegierten des Parteitages wurde die nämliche Klagelaut. Diese Klagen haben das Zentralkomitee des Grütlivercins,das mit einiger Erweiterung auch die Geschäftsleitung der Parteibesorgt, zur Trennung beider Tagungen veranlaßt.Der letzthin erschienene Jahresbericht des Schweize»rischen Grütlivereins pro 1995, erstattet vom Vereins-resp. Parteisekretär, Genossen M. Fähndr ich, ist in seinerpolitischen Rundschau eine Glanzleistung. Durch den ganzen Be-richt geht ein klassenkämpferischcr Zug. Getadelt wird die Gleich-gültigkeit gegen die Partei in Gcwerkschaftskreiscn. Die poli-tische Gleichgültigkeit des schweizerischen Arbeiters ist allerdingsttsÄMikiii). Aas Mm te m i>£t löMwllÄrsliMo Mrw