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KZnds in Mitleidenschaft gezogen werden, ist dieselbe gehalten, unverzüglich die vertragschließenden Vorstände zu einer gegen- seitigen Aussprache zusammen zu berufen, Dasselbe geschiebt auch, falls der Metallarbciter-Verband selbst eine Bewegung plant, durch welche alle oder eine der vor- genannten Organisationen erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. 4. Bei vorkommenden Lohnforderungen oder sonstigen Diffe- renzen ist zunächst der Versuch zn niache?, diese auf dem Wege der friedlichen Verhandlungen zu erledigen. Organisationsleiter oder bestehende Ausschüsse sollen hierbei tunlichst in Anspruch genommen werden. S. Sollte eine Einigung auf dem vorgeschriebenen Wege nicht erzielt werden, so haben die Vertrauensleute oder Obmänner der in Frage kommenden Organisationen ihre Verlvaltungen sofort in Kenntnis zu setzen, so daß diese ihre Vertreter zu der beschließenden Versammlung entsenden können. 6. Treten die Angehörigen eines Berufes in einen Streik ein, so sind die Arbeiter der anderen Berufe nicht ohne weiteres heraus- zuziehen, sondern arbeiten weiter, bis die Organisationsleitung der Streikende» die Arbeitsniederlegung des anderen Berufes für notwendig hält und bei der anderen Organisation einen dahin- gehenden Antrag stellt. 7. In Ausübung der Solidarität haben die beteiligten Organi- sationen resp. deren Mitglieder dahin zu wirken, daß die nicht am Streik beteiligten Arbeiter aus keinen Fall die Arbeit der Streikenden machen. Sollte eine derartige Zumntnng an die Betreffenden seitens der Betriebsleitung gestellt werden, so ist sofort die Streikleitung in Kenntnis zu setzen, welche dann alles weitere zu ver- anlassen hat. 8. Eine Unterstützung der Streikenden durch Hinausziehen anderer Gruppen, sogenannte Sympathiestreiks, darf nur nach einer Verständigung der Streikleitung und der beteiligten Organisationen erfolgen. 9. Auf keinen Fall ist ein Verlassen des Betriebes ohne vor- herige Verständigung mit der Streikleitung und den beteiligten Organisationen statthaft. 10. Bei Verstößen gegen vorstehende Vereinbarung durch eine der beteiligten Organisationen werden etwa zu treffende Maß- nahmen gegen diese Verstöße durch Beschlüsse der gesamten an dieser Vereinbarung beteiligten Organisationen festgelegt. 11. Die Sitzungen der an dieser Vereinbarung beteiligten Organisationen finden nach Bedarf statt. ' 12. An den Sitzungen nehmen Höchstens je zwei Vertreter je einer Organisation teil. 13. Die Einberufung einer Sitzung erfolgt auf Verlangen einer beteiligten Organisation durch den Metallarbeiter-Verband. Die Erledigung von Anfragen und Zuschriften, die vorstehende Vereinbarung betreffen, ist dem ersten Bevollmächtigte» des Metall- arbeiter-Verbandes, Adolf Cohen, übertragen worden. Der Streik in der Schreibmaschincnfabrik der A. E.-G. dauert unverändert fort. Gegenwärtig loerden im Werk Acker st raße Arbeiter und Arbeiterinnen angeblich wegen ArbeitSmangel entlasten und ihnen dann von Meistern und Wcrkfuhrern der freundliche Rat erleilt, in der Schreibmaschincnfabrik Arbeit zu nehmen und dort Streikbrecherdienste zu verrichten. Es ist deshalb erforderlich, daß die Arbeiter der gesamten A. E.-G.-Werke den Streik in der Schreibmaschinenabteilung im Auge behalten und die Ausständigen, die bereits seit 14 Tagen den berechtigten Kampf um eine gering- fügige Lohnaufbesserung führen, entsprechend unterstützen. Geschehen kann dies am besten durch Fernhaltung von Arbeitskräften. Auch die Arbeiter der Turbinensabrik(81. F. II, Huttenstraße) haben jetzt Stellung zu dem Streik genommen. Sie sprachen den 8lusständigen ihre volle Sympathie aus und beauftragten deren Ausschuß, Ver- Handlungen mit der Direktion anzubahnen. Zum Streit der Kohlenarbeiter. Während viele Kohlengrohhändler sicher damit rechneten, daß thre Arbeiter am Dienstagniorgen, am Tage nach der ersten Aus- Zahlung der Streikunterstützung, sich wieder zur Arbeit melden Ivürden, war die Versainmlung der Streikenden am Dienstagmorgen um 10 Uhr im Gewerkschaftshause so stark besucht wie an den vorhergehenden Tagen.' Genosse Werner sagte in seinem Situationsberichte, daß die Großhändler sich gewaltig irren, wenn sie glauben, Hunger und Not würden die Arbeiter bald ins Joch zuriicktreiben. So rechnen sie auch damit, daß am 1. September Miete gezahlt werden muß, und sie wissen, daß ihre Arbeiter bei den schlechten Löhnen keinen Notgroschen erübrigen konnten. Aber der Verband wird helfen! In der nächsten Woche wird wegen des Micts- tages eine höhere Unterstützung gezahlt werden: die Verheirateten erhalten eine Extraentschädigung von 10 M., die Ledigen von 6 M. Dadurch wird mancher uoch'mehr bekomme», als wenn er für einen Unternehmer schwer gearbeitet hätte. Die Verlegenheiten der Kohlen- Händler wachsen: nur das notwendigste wird geleistet, seit Sonn­abend ist der Geschäftsgang aus der Nordbahn vollständig unter- Kunden. Die Firma L e b e l l wollte unterhandeln, bot aber nur 42 Pf. anstatt der geforderten 4S Pf. Die Firma W o l l h e i m erkennt die Forderungen an, bis auf einen aufgestellten Nachsatz, daß keine Streikarbeit von den Arbeitern verlangt werden dürfe. Aus diesem Grunde mußte auch dort die Arbeit niedergelegt werden. denn aus die Solidarität unter den Arbeitern kommt es jetzt viel an. Ein Vertreter der Firma Gebr. Schäfer war im Bureau des Zentralverbandes, um die Unterschriften der sieben Firmen, die bewilligt habe», einzusehen. Diesen, Wunsche wurde nicht ent- sprachen: die Leitung des Streiks betrachtet es als unkluge Taktik, diese Namen jetzt preiszugeben, wo das Mißtrauen unter den Kohlenhändlern gegenseitig immer größer wird. Die ausgesandten Entlassnngsschreibcn. z. B. von der Firma Glückauf, haben ihre Wirkung als Drohbriefe verfehlt: es hat sich niemand einschüchtern lassen, um die Arbeit schnell wieder aufzunehmen. Die Kohlen- Händler haben das Einigungsamt abgelehnt, weil sie, wie das be« kannte Wort lautet,Herren im eigenen Hause" sein wollen: aber die Zeiten sind vorbei, in denen die Arbeiter die Sklaven im Hause des Herrn waren und gar nichts über die Gestaltung der Arbeits- Verhältnisse zu sagen hatten. In der Diskussion zeigte sich, daß die Streikenden zum Aus- harren fest entschlossen sind trotz aller Entbehrungen, die noch kommen mögen, und trotz vieler Drangsalierung durch die Polizei. Der Kampf um eine Besferstellung der Lage der Kohlenarbeiter muß einmal auSgesochten werden und die Chanzen liegen gegenwärtig nicht ungünstig. Gestern(Dienstag) hielten auch die Unternehmer wieder eine Beratung über die Lage ab. Die königliche Eisenbahn-Direktion sendet uns folgende Zuschrift: Zu der in Nr. 197 deSVorwärts" vom 25. d. M. unterDer preußische Staat als Streikbrecherlieferant" gebrachten Mitteilung ersuchen wir um Aufnahme folgender Berichtigung: Am 23. d. M. wurden auf dem Schlesischen Güterbahnhof zwei Wagenladungen Steinkohlen , die bereits mehrere Tage an einem Lagerplatz unentladen gestanden hatten, zwangsweise entladen. Die Entladung erfolgte auf Anordnung der zuständigen Güterabfertigung mit Rücksicht auf die zurzeit herrschende Knappheit an O-Wagen, also im allgemeinen Verkehrsinteresse. Das Verfahren der Güter- abfertigung stützt sich auf ß 69(5) der VerkehrSordnung. Weder der Regierungs- und Baurat Wambsgans. Vorstand der Betriebs- inspektion 1, noch die Betriebsinspektion 4, noch die Verkehrs- inspektion 3 haben in dieser Sache irgend eine unmittelbare An- ordnung getroffen. Dagegen sind fest Jahren sämtliche Güter- abfertigungen im Interesse des Wagenumlaufs allgemein streng an- gewiesen, zu Zeiten des Wagenmangels Zwangsentladungen von Wagen der mangelnden Gattung in möglichst großem Umfang unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Lagerräume und Arbeitskräste und auf Gefahr und Kosten der Empfänger ausführen zu lassen. Die Entladung der beiden Wagen auf dem Schlesischen Verantw.Redakt.: CarlWermuth, Inserate verantw. Güterbahnhof geschah in der Zeit von 5 Uhr nachmittags bis S'/z Uhr nachmittags nicht wie von Ihnen angegeben von 9 Uhr vor- mittags bis 4 Uhr nachmittags durch Güterbodenarbeiter, die wegen des schwächeren Verkehrs zurzeit überzählig beschäftigt werden, um Entlassung von Arbeitern zu vermeiden. Eine Ueberanstrengung der übrigen Güterbodenarbeiter, wie von Ihnen behauptet, kam da- her nicht in Frage. Beteiligt waren 7 Arbeiter nicht 9, die sich freiwillig zur Entladung der Kohlen gemeldet hatten. Jeder Arbeiter erhielt für die 2'/z stündige Tätigkeit 1,30 M., wogegen den Vorschriften entsprechend 0.60 bis 0,65 M. am Lohn in Abzug gebracht wurden. Wir stellen anhcim, die an Ihre in wesentlichen Teilen unzu- treffende Veröffentlichung geknüpften Folgerungen einer Nachprüfung zu unterziehen. Bei der gewünschten Nachprüfung kamen wir z» dem Ergebnis, daß die Anordnung der königlichen Eisenbahn-Direktion sie mag sich nun auf diesen oder jenen Paragraphen der Verkehrsordnung stützen immer im Interesse des Unternehmertums lag und immer der Arbeiterschaft Schaden zufügte. Nkußten denn absolut gerade die Kohlen wagen zwangsweise entleert werden? Der Streik der Mufikinstrumentenarbeiter bei Bell u. Co. wurde am Montag in einer öffentlichen Versammlung der Musikinstrumenten- arbeiter besprochen. Nach den Darlegungen des Referenten Leopold handelt es sich hier um einen Kampf, wie er sich in der Musik- instrumentcnindustrie jedenfalls noch öfter wiederholen wird. Die Firma hat die Einführung von Maschinen und der dadurch be- dingten Teilarbeit zum Vorwand von bedeutenden Lohnabzügen gemacht. Wenn auch durch die Maschinen die Arbeit erleichtert wird, so stehen doch die Lohnabzüge in keinem Verhältnis zu dem wirklichen Maße der Arbeitserlcichterung. Das geht sogar aus einem Artikel des UnternehmerorgansMusik- instrumenten-Zeitung" hervor. Der Artikel führt aus, daß die Arbeit der Umbauer durch die Maschinen etwa auf die Hälfte herab- gemindert ist, d. h., eine Arbeit, die früher zwei Wochen erforderte, kann jetzt in einer Woche fertiggestellt werden. Der Akkordlohn ist aber auf ein Drittel des früheren herabgesetzt worden, nämlich von 150 M. auf 50 M. für zehn Umbaue. Die Arbeiter sind übrigens der Meinung, daß die Slrbeit nicht um die Hälfte, sondern nur uni ein Viertel verrnindert worden ist, so daß also der Lohnabzug noch größer erscheint. Unter solchen Umständen ist es durchaus gerechtferttgt, daß die Streikenden gegen die Herabsetzung des Lohnes auf das entschiedenste kämpfen. Der Streik währt nun schon 8 Wochen. Obgleich sich die Unter- nehmer die größte Mühe geben. Arbeitswillige heranzuziehen, haben sie von diesennützlichen Elenienten" nur 1513 und dazu noch fast völlig unbrauchbare Kräfte gefunden. Es ist ausgeschlossen, daß sich die Firma mit diesen sowohl der Zahl wie der Brauch- barkeit nach ganz unzureichenden Arbeitskräften lange halten kann. Die Firmeninhaber bieten nun alles mögliche auf. um ihre Arbeitswilligen vor jeder Berührung mit den Streikposten zu behüten. Die Arbeitswilligen machen jeden Tag zu einer anderen Zeit Feierabend, um der Auf- merksamkeit der Streikposten zu entgehen, sie werden aus der Fabrik mit einem nicht für Personenbeförderung geeigneten Fahrstuhl nach dem Keller befördert, wo sie dann, im Dunkeln schleichend, irgend einen entlegenen Ausgang aus dem weiten Grundstück aufsuchen. In eigener Person begleitet dann einer der Unternehmer seine Ge- treuen nach dem Bahnhof. Natürlich wird auch die Hülfe der Polizei in gewohnter Weise gegen die Streikenden angerufen. Die Arbeitswilligen sind so instruiert, daß sie sofort nach dem Schutzmann laufen, wenn sie von einem der Streikenden an- gesprochen werden. Seit kurzem treten die Arbeitswilligen in auf- fallend herausfordernder Weise an die Streikposten heran, so daß es scheint, als sei ihnen infolge der in Nürnberg von Revolver- und Messerhelden verübten Mordanfälle auf streikende Arbeiter der Kamm geschwollen und als ob sie nicht übel Lust hätten, in ebenso schänd- licher Weise vorzugehen. Nach reger Diskussion nahm die Ver- sammlung eine Resolution an. welche Verwahrung einlegt gegen die irreführenden Angaben derMusikinstrumenten-Zeitung" über an- aeblich hohe Durckschnittslöhne bei Bell u. Co. Die Versammlung sagt den Streikenden volle Solidarität zu und die Streikenden ver- sprechen so lange auszubalten, bis sie den Sieg errungen haben. Eine neue Gcncralauösperrmig in Berlin ? Der Verein der Schilderfabrikanten Berlins hielt vorgestern abend in Beckers Fest- sälen eine Versammlung ab. Wie mitgeteilt wurde, haben die Ge- hülfen trotz der Aussperrungsandrohung die drei partiellen Streiks nicht beendet. Daraufhin wurde einstimmig beschlossen, sämtliche organisiertenSchildermaler auszusperren. Gestern früh wurde den Gehülfen ihre Kündigung mitgeteilt. Da eintägige Kündigungsfrist besteht, wird heute zum großen Teil der Betrieb ruhen. Achtung, Friseurgchülfc»! Beigelegt sind die Differenzen bei Friedrich in Charlottenburg , Nehringstr. 29. Ausgebrochen sind Differenzen bei I s e n s e e. Lichtenberg , Blumenthalstr. 42, Muchs, Schreinerstr. 3, B a t s ch k e in Schöne- berg, Gothenstr. 40. Verband der Friseurgehülfen Deutschlands . Deutfedes Reick). Der Streit aufRote Erde". Die Verwaltung versendet unterm 25. d. Mts. an ihre Kund- schaft ein Rundschreiben, in welchem sie erklärt, sie habe nur auf einigen kleinen Walzenstraßen durch eine geringe Zahl von un- geübten Arbeitern den Betrieb teilweise wieder aufnehmen können: es werde nur in Tagschicht gearbeitet und eine kleine Menge Profile hergestellt. Die Verwaltung könne den Zeitpunkt nicht angeben, wann die Wiedereröffnung des vollen Betriebes möglich sei. In Essen a. d. Ruhr fand gestern abend eine Versammlung von Metallarbeitern statt, um zu dem Streik auf dem Aachener Hütten- Aktienverein und dem Verhalten des Generaldirektors dieses Werkes, Kirdorf , Stellung zu nehmen. Die Versammlung folgte mit Aufmerksamkeit den etwa zweistündigen Ausführungen des Referenten Hartmann-Aachen, die sich hauptsächlich mit der Lage und den Lohnverhältnissen der Feuerarbeiter beschäftigten und sich in scharfen Ausdrücken gegen die Direktion des Hütteuvereins und das Flugblatt der Werksleiwng wendeten. Am Eingange des Saales gelangte ein Flugblatt zur Verteilung, das vom Gewerkverein deutscher Maschinenbau- und Metallarbeiter(H.-D.), dem christlich- sozialen Mctallarbeiterverband und dem Deutschen Metallarbeiter- verband unterzeichnet war und dessen Inhalt sich mit den Aus- führungen des Referenten deckte. Der Erfolg der Bijouterieardciter in Pforzheim ist, wie man uns aus Baden schreibt, für die EntWickelung der dortigen geWerk- schaftlichen und politischen Organisation von hocherfreulicher Be- deutung. Die Bewegung unter dem vieltausendfachen Proletariat dieser badischen Kunstgewerbe- und Fabrikstadt stieß auf un- erwartete Widerstände und verflachte durch manche Fehler, die durch persönliches Verschulden berufener Genossen unterliefen, in letzter Zeit auch dadurch, daß sich eine Lokalorganisatton der Metallarbeiter bildete, der Konsumverein sich auflöste usw. Nunmehr kam neues Blut in die Leitung der Metallarbeiterorganisation, und sie ließ die Würfel rollen. Eine generelle Lohn- und Arbeitsordnung war das Ziel: die Arbeiterschaft vernahm die Parole, die bisher Gleichgülttgen folgten dem Ruke der Organisation und zogen hinein in die Versammlungen. Solchen Andrang der Proletarier, wie in den letzten Tagen die öffentlichen Geiverkschaftsversammlungen aufzuweisen hatten, kannte man in politisch sehr er- regten Zeiten nicht: der große Saalbau vermochte die erwachten Geister der Bijonteriebienen nicht aufzunehmen. Der Arbeitgeberverband sah es mit Erstaunen: er drohte scheinbar, aber er würdigte dieses Zeichen der Zeit. Unterhandlung zn gleich- berechtigten Teilen mit den Vertretern der Arbeiterschaft war das Resultat: am 20. August fand imKaiserhof" zu Pforzheim die dculivürdige neunstündige Sitzung der Parteien statt: sie verlief ZI, Glocke, Befliu. Druck u. Lsrlag: Larwärt» Buchdr. u. BerlagSanMt ernsthaft, ohne persönliche Verletzung, aber wie ein Hochgericht. Der Vorsitzende, Fabrikant Albert Wittum , Landtags­abgeordneter für die eine Hälfte Pforzheims, gab sich Mühe, die langwierige Verhandlung zu einem Resultat zu bringen. Vom Arbeitgeberverband saßen im Kollegium die Herren Meier und Dr. Käsemacher, für die Arbeiterschaft funktionierten die Vertreter des Deutschen Metallarbeiter-VerbandeS Karl Vorhölzer, der Bezirksleiter, Herm. F a b e r. der Geschäftssührer. Es waren auch Vertreter des Lokalverbandes und der Christlichen eingeladen Die vereinbarten Forderungen sind nachträglich von den General« Versammlungen der beteiligten Parteien angenommen worden. An, Freitag sprach eine Deputation bei der Generaldirektion der badischen Staatsbahncn vor wegen der durch die Verkürzung der Arbeitszeit notwendig gewordenen Aenderung des Arbeiterzug- kurses. Der neunstündige Arbeitstag ist errungen: der Lohn wird für diese 54 Stunden nicht verringert gegen bisher. Die Ueb er stunden werden nur noch für geschäftliche Aus» nahmen zugelassen und mit 20, 50 bis 100 Prozent be« steuert; die Heimarbeit ist abzuschaffen. die Akkord« arbeit gemindert auf das Mindeste, Lohnerhöhung im einzelnen zu vereinbaren. Auch für die Heizer, Maschinisten und Hülfsarbeiter, die etwas hintennach hinkten, sollen bald neue Regulative geschaffen werden. In Pforzheim herrscht unter den Arbeitern eine solch freudige Stimmung, daß die Jndustrieproletarier tausendfach dem Metallarbciter-Verband sich anschließen. Die Nürnberger Polizei sorgt in einer merkwürdigen Weise für dieBeruhigung" der durch die blutigen Vorgänge der letzten Woche auf das höchste erregten Arbeiterbevölkerung. Durch ihre arbeiterfeindlichen Maßnahmen schafft sie ständig neue Erbitterung. Am Montag früh wurden wie schon telegraphisch gemeldet sämtliche Streikposten der ausständigen Bauarbeiter durch die Schutzleute von der Straße weggewiesen unter der Androhung sofortiger Verhaftung für den Nichtbefolgungsfall. DaS gleiche Schicksal widerfuhr den Streikposten der erst am Montag in den Streik eingetretenen Handels- und Transportarbeiter. Als eine von dem�GewerkschaftSsekretär geführte Kommission bei dem Polizeireferenten vorstellig wurde, erklärte dieser, der Magistrat habe eine Verfügung erlassen, wonach das Streikpostenstehen aus Anlaß der letzten Vorgänge verboten sei. Die Verfügung stützt sich auf eine Besttmmung der straßenpolizei« lichen Vorschriften, die den Fußgängern verbietet, auf Gehsteigen oder Fahrbahnen geschlossene Gruppen zu bilden oder stehen zu bleiben. Da durch diese Verfügung die Ausübung des KoalittonS- rechtes der Arbeiter illusorisch gemacht wird, wurde sofort tele- graphisch bei der Kreisregierung Beschwerde erhoben. Die Handels- und Transportarbeiter der Speditionsfirmen Nürn- bergs haben eine Tarisvorlage eingereicht, in der u. a. Mindest- löhne von 23 M., steigend nach je zwei Jahren bis zu 27 M. für die beim Fuhrwerk Beschäfttgten, und von 21 M., steigend bis zu 25 M. für die Hallen- und Gleisarbeiter gefordert werden. Da die meisten Unternehmer die Forderungen ablehnten, traten am Montag früh zirka 300 Arbeiter in den Streik. Ehrenmänner." In Schweinfurt traten zwei Arbeiter zwei Wochen vor einem Streik dem Verbände bei und als sie ihr Ehrenwort gegeben hatten, dem Verbände und seinen Bestrebungen treu zu bleiben, erhielten sie wochenlang Streikunterstützung. Eines Tages aber entdeckte man, daß beide trotzdem als Streikbrecher arbeiteten und daß sie die übrigen Arbeiter also aufs niederträchtigste betrügen. Weil zwei der betrogenen Arbeiter nun diese beidenEhrenmänner" nannten, waren sie ivegen Vergehens gegen§ 153 angeklagt. Selbst der Amtsrichter erklärte denEhrenmännern", daß sieeine recht zweifelhafte und höchst bedenkliche Rolle gespielt" hätten. Trotzdem wurde auf e i n e n Monat Gefängnis erkannt. Der Vertreter der Anklage hatte gar sechs Wochen beantragt. Ein vernünftiges Urteil gegen Streikposten fällte das Schöffen­gericht Hof in seiner Sitzung am 25. August. Anläßlich des im heurigen Frühjahr stattgefundenen Bauarbeiterstreiks wurden im Laufe der letzten Wochen eine ganze Anzahl streikender lind auch nicht streikender Arbeiter deshalb verurteilt, weil sie irgend einem der so nützlichen Arbeitswilligen gegenüber das WortStreikbrecher" oder sonstige angebliche Beschimpsimgen gebraucht haben sollen. Ja, es wurde sogar einer von der edlen Zunft der Arbeitswilligen selbst bestraft, weil er seinesgleichen mit dem Ausdruck Streikbrecher belegte. In oben bezeichneter Verhandlung standen drei Fabrik- arbeiter von Moschendorf bei Hof vor Gericht, weil sie am 4. Juni d. I. einem arbeitswilligen Maurer das Wort Streikbrecher zuriefen und ihn nach einigen weiteren Auseinandersetzungen an die frische Luft beförderten. Die Beweisaufnahme ergab, daß das Wort Streik- brecher gefallen sei, auch daß der Slrbeitswillige beim Verlassen der Wirtschafteinige" abbekam. Entgegen dem amtSanwaltlichen Antrage kam aber das Gericht zu keiner Verurteilung nach§ 153, es verurteilte lediglich einen der Angeklagten wegen leichter Körper- Verletzung zu 5 M. Geldstrafe, erkannte aber in, übrigen auf Frei» s p r e ch u n g, und zwar unter folgender Begründung: E s m a g dahin ge st ellt bleiben, ob das WortSteikbrecher eine Beleidigung ist, oder nicht; auf keinen Fall sind aber dadurch die Tatbestandsmerkmale des § 153 der G-O. gegeben, wenig st enSkann nicht nach- gewiesen werden, daß die Angeklagten dadurch de» Arbeits- willigen zur Niederlrgung der Arbeit bewegen wollten. ES käme höchstens eine Beleidigung in Frage, aber da ein Strafantrag in dieser Richtung nicht vorlag, so waren alle drei Angeklagten freizusprechen und nur der eine Ivegen Körperverletzung zu verurteilen. Im Stuttgarter Arbeiter- und Gcwcrkschaftssekretariat haben sich die Geschäfte derartig gehäuft, daß zu ihrer Bewältigung die beiden Sekretäre Mattutat und Rüther nicht mehr ausreichten. Die Gewerkschaftskommission stellte daher noch einen weiteren Sekretär an und hat für diesen Posten den Genossen Robert Fette, bis» her Redafteur in Halle, gewählt. IZuslancl. KohlenarbeiterauSstand. Prag , 28. Augusts (W. T. B.) Wie die Blätter melden, ist in einer Anzahl von Schächten der Brüxer Kohlengruben ein Aus- stand ausgebrochen. Letzte]Vacbncbteii und Dcpcfcben, Tot aufgefunden wurde gestern abend der 40 Jahre alte H. Töpffer, der während der Abwesenheit des Zahnarztes Dr. Balcke, Lindenstraße III, dessen Wohnung hütete. Als der Portier die Wohnung öffnete, um sie Mietern zu zeigen, fand er Töpffer tot in der Küche sitzend. In der Wohnung machte sich ein starker Gasgeruch bemerkbar. Nach näherer Untersuchung ergab sich, daß ein Hahn des Gaskochers aufgedreht war, neben dem ein gefüllter Teekessel stand. Töpffer selbst saß zusammengebrochen über einer Waschschüssel, in der er einen schlimmen Fuß badete. Allem An- schein nach ist der Tod auf Unvorsichtigkeit zurückzuführen. Selbst. mord scheint ausgeschlossen. Die Leiche des über 200 Pfund wiegenden Mannes wurde von der Polizei sofort beschlagnahmt und dem Schauhause überführt. Schiffszusammenstoß. Riga , 28. August. (W. T. B.) Bei Ust-DwinSk stießen der englische DampferKalabria " und der deutsche DampferLid- land" zusammen. Beide Schiffe sind stark beschädigt, Menschen sind nicht zu Schaden gekommen. 'Berlin S W. Hierzu 2 Beilagen u. vnterhaltuogSblatt