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Wie wenig Glück die Unternehmer mit ihren herbeigeholten Etreikbrechern haben, zeigen noch manche andere Vorfälle. Es war bekannt gelvorden, daß von Hamburg   300 Arbeitswillige kommen sollten, und zwar nach den Plätzen am Görlitzer Bahnhof.. Sofort war die Streikleitung tätig, und am Görlitzer Bahnhof wurden verstärkte Posten ausgestellt, aber die Erwarteten kamen nicht; die Anwerbung in Hamburg   muß wohl auf Widerstand gestoßen sein. Am Hafen vor dem Potsdamer Tor wollte die Firma Rosen- t h a l eine Kohlenladung von Leuten, die aus Herbergen geholt waren, löschen lassen: die Leute plagten sich fürchterlich, kamen aber mit der Arbeit nicht zustande. Unter dem zuschauenden Publikum befanden sich auch Streikende, die von einem Schutzmann ganz freundschaftlichst gefragt wurden, ob sie nicht helfen wollten, um sich einige Groschen Geld zu verdienen. Die Gefragten erkundigten sich ebenso freundlich nach den näheren Umständen undob man sich auch schwarz mache" bei der Arbeit, worauf der Schutzniann wütend abzog. Auf einer Wache in Moabit   wollte man einen Streikposten fest- halten und der Wachtmeister räsonnierte gar schneidig über die streikenden Arbeiter: er weigerte sich, den Verhafteten nach Fest- stellung seiner Personalien ziehen zu lassen. Dieser protestierte energisch und setzte es auch durch, daß er entlassen wurde. Ein Arbeitswilliger der Firma S ch i e b e l erzählte in der Versanintlung der Streikenden, daß er mit der Droschke nach dem Kohlenplatz fahren konnte, wo man ihm 4 M. pro Tag und freies Essen gab; er hielt es aber nicht lange aus und schloß sich den Streikenden an. Die folgende Resolutton gelangte in der Versammlung der Streikenden einstimmig zur Annahme: Die zahlreich versammelten Kohlenarbciter und Kutscher sehen in dem Vorgehen der Unternehmer, die Einstellung von Polen   und Galiziern auf den Kohlenplätzen betreffend, nur ein Scheinmanöver, darauf berechnet, die Arbeiter zu täuschen und zu schrecken. Sie erklären, unbekümmert darum solange am Streik festzuhalten, bis seitens der Leitung des Verbandes andere Maßnahmen in Vorschlag gebracht werden." Die Forderung des Achtstundentages stand auf der Tagesordnung einer am Montag abgehaltenen Ver- sammlung der Holzbildhauer. Diese Angelegenheit hatte schon eine frühere Versammlung beschäftigt und sollte nunmehr end- gültig entschieden werden. Die Agitationskommission hielt die Forderung, den Achtstundentag für die Holzbildhauer einzuführen, besonders deshalb für zeitgemäß, weil unter den Holzbildhauern eine verhältnismäßig große Arbeitslosigkeit herrscht und die Ver- kürzung der Arbeitszeit eine Verminderung der Arbeitslosigkeit zur Folge haben werde. Diese Ansicht wurde lebhaft diskutiert. Gegen die Forderung an sich hatte niemand etwas einzuwenden, jedoch Ivurde� geltend gemacht, daß die herrschende Arbeitslosigkeit sowie andere Umstände ein ungünstiges Moment in dem Kanrpfe feien, der wegen der Forderung des Achtstundentages zweifellos ausbrechen werde. Andere Redner hielten da- gegen die Situation für günstig genug, um einen Kampf zu wagen, umsomehr, da die Erlangung des Achtstundentages wohl des Kampfes wert sei. Die Agitattonskommissiou hatte beschlossen, daß die Forderung des Achtstnndentages nur dann erhoben werden solle, wenn sich Vs der Abstimmenden, mindestens aber 700 dafür erklären. Hiernach wäre die Stellung der Forderung schon von vornherein abgelehnt gelvesen, denn es waren nicht ganz 700 Per- sonen anwesend. Die Versammlung beschloß deshalb, daß eine Vierfünftelmehrheit der Anwesenden ausreichend sein solle. Die hierauf vorgenommene geheime Abstimmung hatte folgendes Er- gebnis: Abgegeben wurden b90 gültige Stimmen, davon 437 für, 153 gegen Einreichung der Forderung. An der Vierfllnftelmehrheit fehlen also 35 Stimmen, damit ist der Eintritt in den Kampf für den Achtstundentag abgelehnt. Hierauf wurde eine Resolution angenonunen, welche besagt: Die Versammlung erblickt darin, daß die Aufstellung der Forderung: Sofortige Einführung des Achtstundentages gefallen ist, kein Fallenlassen der Forderung überhaupt. Die Versammlung hält lediglich den jetzigen Zeitpunkt für nicht ge- eignet, um einen Kampf aufzunehmen, der eventuell von großer Dauer sein kann. Sie sieht in den letzten Versammlungen den Ansgangspunkt für eine kräftige Propaganda des Achtstundentages. Die Agitationskommission wird verpflichtet, unter den noch indiffe- renten Kollegen für die Bewegung zu wirken und dafür zu sorgen, daß dieselben dauernd für die Organisation gewonnen werden. Die Versaminlung ist der Meinung, daß der großen Arbeitslosigkeit unter den Holzbildhauern nur durch eine Verkürzung der Arbeitszeit ab- geholfen werden kann und wird die Frage bei günstiger Gelegenheit wieder aufrollen._ Deutfches Reick). Die Einigungsverhandlungen im Stettiner Hafenarbeiterstreik finden vor dem Gewerbegericht in nichtöffentlicher Sitzung statt. Sic verlaufen doch nicht so glatt als es anfänglich schien. Ihr völliges Scheitern ist sogar nicht ausgeschlossen. In der gestrigen Streikversammlung wurde Bericht erstattet über den Verlauf der gestrigen Sitzung vor dem Einigungsamt. Der Vorsitzende der Lohnkommission Marx teilte mit, daß die Verhandlungen jeden- alls an folgenden von den Unternehmern gestellten Bedingungen cheitern würden: 1. Die Hafenarbeiter haben mit den sonstigen Arbeitern friedlich zusammen zu schaffen und sich den Anordnungen ihrer Vorgesetzten(Kapitäne, Konsuln usw.) zu fügen. Leute, die zuwiderhandeln, werden sofort entlassen. Glaubt dann ein solcher Arbeiter, er sei zu unrecht entlassen worden, so steht ihm der Klageweg beim Gewerbcgericht offen. 2. Die Hafenarbeiter müssen sich damit einverstanden erklären, daß die Arbeitswilligen nicht entlassen werden. Diese sollen vielmehr im festen Arbeitsverhältnis bleiben und z u c r st zur Arbeit zugelassen werden. 3. Eine Ver- pflichtung, die Ausständigen sämtlich wieder auf ihre alten Plätze zu übernehmen, kann nicht eingegangen werden. Die Redner wollen sich also, fährt Redner fort, einen Stamm Leute ausbildest, und die heutigen Arbeitswilligen gewissermaßen nur als Hülfs- kräfte benutzen. Die Lohnkommission legte den Vertretern der Reeder die Frage vor, ob die kurz vor Ausbruch des Ausstandes gemachten Zugeständnisse bestehen blieben, worauf die Antwort er- folgte, daß diese wieder zurückgezogen werden würden.(Große Unruhe.) Nun sei aber die Lohnkommission der Ansicht, daß mit allen Mitteln die Wiedereinstellung aller Streikenden in ihre alten Stellen betrieben werden müsse.(Beifall.) In der ziemlich erregten Debatte führte Janson auS: Wir haben unsere heutige Tagesordnung mit Vorsicht zu erledigen. Scheitern die Verhandlungen vor dem Gewerbegericht, so haben wir vielleicht den Streik noch längere Zeit fortzuführen. Unter der Be- dingung aber, daß die Arbeitswilligen bleiben, können wir den Kampf nicht einstellen. Diese Bestimmung läuft in erster Linie darauf hinaus, einen Keil in unsere Organisation zu treiben.(Sehr richtig I) S t r e b l o w und Arndt beantragen, den Streik fort- zuführen.(Beifall.) Stadtverordneter Herbert: Ich bin der Meinung, daß man bielleicht den Streik abschließen könnte, auch wenn die Arbeits  - willigen einstweilen auf ihren Plätzen verbleiben. Diese werden gar bald freiwillig gehen, weil sie den an sie gestellten Anforde- rungen auf die Dauer nicht entsprechen können. Zudem sind zwei Drittel von ihnen Auswärtige, die schon deshalb weichen werden, weil sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Stettin   gelockt sind. Jetzt heißt es für uns, klug handeln, damit der Vorsatz der Gegner, unsere Organisation zu sprengen, durchkreuzt wird. Zu- geständnisse werden uns vielleicht noch gemacht, weshalb ein Grund zum Verzweifeln nicht vorliegt. Janson trat diesen Aus- führungen entgegen und befürwortete Fortsetzung des Ausstandes. In diesem Sinne wurde denn auch beschlossen. Gestern kam ein kleiner Trupp Arbeitswilliger von Berlin  hier an. Man hatte den Leuten vorgeschwindelt, daß sie zu Bagger- arbeiten verwendet werden sollten. Als sie hier von der Sachlage Verantw. Redakteur: HanS Weber. Berlin  . Inseratenteil verantw.: Kenntnis erhielten, kehrte der größte Teil von ihnen wieder um. Nur elf Mann blieben und wurden von vierzehn Schutzleuten vom Bahnhof nach dem Freihafen gebracht. Die Lagerei-Berufs- genossenschaft, Sektion III, zu der die Hafenarbeiter gehören, hat eine Lohnstatistik ausgearbeitet. Nach den vorgelegten Bescheini- gungen haben die Hafenarbeiter im Jahre 150, höchstens 130 Ar- beitstage, wobei sich ihr Verdienst auf etwa 1025 M. beläuft. Vor- arbeiter verdienen 1250 bis 1350 M. Nach diesem Jahresverdienst wird auch die Unfallrente bemessen. Der Streik der Tabakspinner und Borlegerinnc» bei der Firma Hagenbruch u. Co. in M ü h l h a u s e n i. Th. ist beigelegt worden. Die Streikenden erhielten ihre hauptsächlichsten Forderungen be- willigt und nahmen am Mittwoch die Arbeit wieder auf. Bäckerstreik. Das gesamte Arbeitspersonal der M a r b u r g e r Brotfabrik(Inhaber Johann Graute) in Essen- West ist am Dienstag in den Ausstand getreten, weil Lohnkürzungen vor- genommen und der vereinbarte Tarif auch sonst nicht eingehalten wurde. Kuslanck. Der Kohlenarbeiterstreik in Nordwestböhmen, über welchen die widerspruchsvollsten Nachrichten zirkulieren, entrollt ein trübes Bild der Organisationsverhältnisse in dem genannten Gebiete. Bon der sozialistischenUnion  " war der Streik vorbereitet worden. Es sollten am 9. September Massenversammlungen statt- finden, die Forderungen am 10. den Unternehmern eingereicht werden und den 20. September hatte man als Termin für die Antwort festgesetzt. Im Falle die Werksbesitzer die Forderungen ablehnten, sollte dann der Streik zum Ausbruch kommen. Die Gruppe der anarchistisch- sozio- listischen Omladina- Partei schürte daraufhin unter den Berg- arbeitern und hetzte diese in den Streik, lediglich um die geiverk- schaftliche Organisation zu schädigen. Der Streik flammte bald hier, bald dort auf, ohne jedweden Plan und ohne allgemeine Direktive: die Führer, unter denen der Redakteur des Organs derUnab- hängigen"(der ZeitungOmladina") Herr Vohryzek. hatten nichts vorbereitet, konnten selbst nichts über den Stand der Bewegung sagen und so wurden die Kräfte ganz nutzlos vergeudet. Am vergangenen Sonntag tagte in Dnx eine Konferenz der Bergleute: vertreten waren 103 Schächte, nur 29 kleinere fehlten. Hier gingen die Ansichten der Gewerkschaft durch. Es wurde nun beschlossen, die Forderungen sofort an die Werksbesitzer einzureichen, bis nächsten Sonnabend die Antwort zu verlangen und am Sonntag eine neue Konferenz einzuberufen. Nachdeni dieser Beschluß gefaßt war, ereignete sich das denkbar widerlichste Schau- spiel. Die von der Omladina-Gruppe aufgehetzte Menge(Streikende) stürzte sich auf die Führer der Gewerkschaft, einzelne-nachten sogar von ihren Messern Gebrauch, bis endlich die Gendarmerie eingriff. Vohryzek ist verhaftet. Hoffentlich haben die Arbeiter nun erkannt, wo ihre wahren Freunde stehen, und werden diesen in einen wohl- vorbereiteten Kampf folgen. Gerichts-Leitung. Nadelstichpolitik gegen den Kirchenaustritt. Bekanntlich sucht die Polizei seit einiger Zeit die Bewegung für den Austritt aus der Landeskirche indirekt zu hindern, indem sie gegen diejenigen Geschäftsleute-nit Strafmandaten vorgeht, welche in ihren Geschäftslokalen Plakate aushängen, wodurch mit- geteilt wird, daß Formulare für die Anmeldung des Austritts aus der Landeskirche unentgeltlich zu haben sind und auf Wunsch auch ausgefüllt werden. Unser Parteigenosse Böhm hatte im Schau- fenster seines Geschäftslokals(Vorwärts"-Spedition und Buch- Handlung) seit vier Jahren ein solches Plakat hängen, doch erst am 30. Mai dieses Jahres entdeckte dasAuge des Gesetzes", daß der Inhalt des Plakates gegen den noch in Kraft befindlichen§ 9 des preußischen Preßgcsetzcs vom 12. Mai 1851 verstößt, welcher besagt: Anschlagzettel und Plakate, welche einen anderen Inhalt haben, als Ankündigungen über gesetzlich nicht verbotene Ver- sammlungen, über öffentliche Vergnügungen, über gestohlene und verlorene Sachen, über Verkäufe oder andere Nachrichten für den gewerblichen Verkehr dürfen nicht angeschlagen oder in sonstiger Weise öffentlich ausgestellt werden." Am Montag hatte sich das Schöffengericht mit dieser An- gelegenheit zu beschäftigen. Böhm berief sich darauf, daß das fragliche Plakat eine in seinen bnchhändlerischen Betrieb fallende gewerbliche Ankündigung enthalte und deshalb straflos ausgestellt werden dürfe. Amtsanwalt und Richter bemerkten dagegen, da die Formulare unentgeltlich abgegeben werden, handele es sich doch nicht um eine gewerbliche Ankündigung, denn im gewerblichen Betriebe wolle man doch einen Gewinn erzielen. Böhm machte hierauf geltend, nicht jede gewerbliche Ankündigung müsse notwendig auf die unmittelbare Erzielung von Gewinn ge- richtet sein. Viele Geschäftsleute geben auch die polizeilichen Meldeformulare unentgeltlich ab und kündigen solches auch an, ebenso mache die Geschäftsstelle derWohnungszeitung" regelmäßig an den Anschlagsäulen bekannt, daß dieWohnungszeitung" an jedermann unentgeltlich abgegeben wird. Derartige Bekannt- machungen seien noch nie unter Strafe gestellt worden, andererseits zeigen solche Ankündigungen aber auch, daß ein Geschäftsmann sehr wohl ein gewerbliches Interesse an der unentgeltlichen Ab- gäbe gewisser Artikel haben könne. Einen Augenblick stutzten Richter und Amtsanwalt ob dieses durchaus logischen Einwandes. Dann blätterte der Amtsanwalt im Gesetzbuch und bald hatte er auch in dem§ 9 des preußischen Preßgesetzes die Handhabe ge- funden, die seiner Meinung nach zur Verurteilung führen mußte. Mit Nachdruck verlas der Vertreter der Anklage die Stelle vor: über Verkäufe und andere Nachrichten des gewerblichen Verkehrs." In dem fraglichen Plakat sei doch kein Verkauf an- gezeigt. Das Gericht erkannte dem Antrage des Amtsanwalts gemäß auf eine Geldstrafe von 10 M. In der Begründung sagte der Richter, das Plakat enthalte nicht eine Ankündigung über Ver- käufe und andere Nachrichten des gewerblichen Verkehrs, sondern eine Anzeige, welche der politischen Agitation diene, es gehöre also nicht zu denjenigen Plakaten, deren Aushang durch das preußische Pretzgesetz gestattet sei.___ Versammlungen. Noch einmal die Maifeier in der A. E.-G. Mit dieser Frage haben sich nachträglich noch einmal zwei Versammlungen von Arbeitern des Werkes befaßt. Wir haben gezögert, der leidigen Angelegenheit noch einmal unsere Spalten zu öffnen und tun dies nur auf dringenden Wunsch der Beteiligten. Die Arbeiter, die am 1. Mai gearbeitet haben, waren vom Metallarbeitcrverband nach Ballschmieders Lokal in der Bad- straße berufen worden. Der Besuch der Versammlung war ver- hältnismäßig schwach. Vom Verbandsbevollmächtigten H a n d t I e wurde das imVorwärts" bereits veröffentlichte Erkenntnis der in der Maiangelegenheit eingesetzten Untersuchungskommission be- sprachen und darauf verwiesen, daß, wenn auf beiden Seiten Fehler gemacht worden seien, diese jetzt wieder gut gemacht werden müßten. Es sei jetzt darauf hinzuwirken, daß diejenigen Arbeits- kollegen, die wegen des Maikonflikts aus der Organisation aus- getreten sind, wieder in den Verband zurückgeführt würden, damit die alte Position im Werk wieder erobert werden könne. In der lebhaften Diskussion bedauerten die verschiedenen Redner die da- maligen Mißgriffe der Ortsverwaltung, die de» Obleuten des Betriebes zum 1. Mai so auffallend freie Hand ließ und dann, nachdem die Feier mißlungen war, volle vier Monate brauchte, um einzusehen, daß auch sie ihr gerüttelt Maß von Schuld an dem Maiwirrwarr trägt. In dieser langen Zeit habe nun leider die Xh. Glocke. Berlin  . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt? Mehrzahl der Kollegen des Werks der Organisation den Rücken ge- kehrt, so daß mit der Agitation fast von vorne wieder angefangen werden müsse. Trotzdem denke man nun auch diesen Vorfall nun- mehr zu vergessen und erneut am Ausbau der Organisation wieder mitzuhelfen. Ein Angehöriger der Hirsch-Dunckerschen suchte für die Gewerkvereine im Trüben zu fischen, indem er weidlich auf die Maifeier und auf die freien Gewerkschaften schimpfte. Die Ver- sammlung gab ihm jedoch bald recht deutlich zu verstehen, daß er sich seine Ausführungen ersparen könne, denn bei den Erschienenen sei für die Hirsche doch nichts zu erben. Für diejenigen Arbeiter, welche in dem Werk Brunnenstraße der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft vor dem 1. Mai beschäftigt waren und den 1. Mai durch Arbeitsruhc gefeiert haben, hatten ihre ehemaligen Funktionäre durch H. H i l p e r t und E d. Meyer eine Versammlung einberufen, die von etwa 500 Personen besucht war. Gleich einleitend wurde zur Geschäftsordnung von W e g- ner betont(nachher auch noch von anderen), daß man absolut nicht daran denke, etwa einen Skandal a la Rohrleger-Wiesenthal heraufzubeschwören. Man wolle lediglich zu der imVorwärts" veröffentlichten Resolution der Ortsverwaltung beziehungsweise dem darin enthaltenen Urteil der von der Ortsverwaltung eingesetzten Untersuchungskommission Stellung nehmen und einen Protest beim Hauptvorstand in Stuttgart   einreichen. Zur Sache selbst nahmen außer einigen anderen Rednern eine Anzahl ehemaliger Funktionäre(Obleute, Vertrauensleute usw.) vom Werk Brunnenstraßc das Wort. Diese fühlten sich namentlich beschwert, daß die Ortsverwaltung beziehungsweise die Unter- suchungstommission ihnen im zweiten Teil der Resolution ver- schiedene Mißgriffe bei der Vorbereitung der Maifeier vorwirft und daraus mildernde Umstände für dieMaibrechcr", deren Aus- schluß verlangt worden war. die aber nur eine öffentliche Rüge erhielten, herleitet. Es wurde entschieden bestritten, daß solche Mißgriffe, wie sie die Untersuchungskommission aufführt, vorge- kommen seien. Einstimmig wurde folgende Resolution angenommen: Die versammelten, den 1. Mai feiernden Arbeiter der A. E.-G. Brunnenstraßc nehmen Kenntnis von der Resolution der Ortsverwaltung des Deutschen   Metallarbciter-Verbandes, die am 22. August imVorwärts" veröffentlicht worden ist, und erklären: Wir haben den 1. Mai dieses Jahres gefeiert, weil wir erkannt haben, daß es Pflicht eines modernen Arbeiters ist, den Beschlüssen des Amsterdamer internationalen Kongresses nachzukommen, und außerdem das Abstimmungsrcsultat inner- halb des Werkes uns dazu verpflichtete. Wir bestätigen, daß die Verbandsfunktionärc innerhalb des Werkes nichts unterlassen haben, die Mitglieder über ihre Pflichten aufzuklären, und in- folgedessen die Resolution der Ortsverwaltung in allen ihren Punkten hinfällig ist. Im Interesse des guten Rufes und der Fortentwickelung unserer Organisation verlangen und beantragen wir nach wie vor, daß die Verräter aus unseren Reihen ent- fernt werden. Ferner protestieren die Versammelten auf das entschiedenste gegen das durchaus einseitige Verfahren der Untersuchungskommission, indem man die Funktionäre dsrA.E.-G. Brunnenstraßc nicht genügend vernommen hat und ihnen das Protokoll der betreffenden Sitzung nicht vorgelesen hat, so daß sie nicht in der Lage waren, rechtzeitig Einspruch zu erheben." Ferner wurde noch beschlossen: Die Versammlung beschwert sich 1. über die Entstehung der Veröffentlichung und des Beschlusses der Ortsvcrwaltung bezüglich der Funktionäre der A. E.-G. Brunnenstraßc: 2. über die Art der Untersuchung und 3. über die Zusammensetzung der Untersuchungskommission. Wir beantragen, daß von feiten des Vcrbandsvorstandes eine Kommission unter Vorsitz eines Mit- gliedes des Hauptvorstandes oder Verbands- ausschusses zur Untersuchung der Maiangelegenheit A. E.-G. Brunnenstraße eingesetzt wird." Die Versammlung wählte noch eine Kommission mit dem Auf- trage, die Beschwerde auszuarbeiten und dem Verbandsvorstand zu unterbreiten. Letzte JVacbricbterc und Dcpelcbeir Schiffbrüchig. Memel  , 5. September.  (W. T. B.) Tie am 27. August mit einer Holzladung von Memel   abgegangene GaleoteAnna Rebekka" aus Breiholz   bei Rendsburg   ist am 23. August im Nord- weststurm etwa 40 Seemeilen von Memel   gekentert. Die aus dem Kapitän, einem Matrosen und einem Schiffsjungen bestehende Be- satzung rettete sich auf dem Kiel   der Galiote, wo sie acht Tage lang ohne Essen und Trinken umhertrieben. Eine See spülte einen Mann über Bord, doch gelang es dem Kapitän, ihn zu retten. Am Sonntag verfiel der Schiffsjunge in Raserei und starb am anderen Morgen. Inzwischen war das Wrack in der Gegend von Schwarzort   getrieben, wo ein Rettungsboot die Ueberlebenden und die Leiche an Bord nahmen._ Fabrik-Einsturz. Kiel  , 5. September.  (W. T. B.) Heute nachmittag stürzte in der Kaiserstraße ein im Bau befindliches zweistöckiges Fabrikgebäude in sich zusammen. Zehn bis zwölf Arbeiter wurden verschüttet, von denen einer um 7 Uhr in schwerverletztem, hoffnungslosem Zustande geborgen wurde. Die Feuerwehr ist eifrig au den Rettungsarbeiten beschäftigt. Kiel  , 5. September.  (W. T. B.) Zu dem Einsturz des Fabrik- gebäudes in der Kaiserstraße wird noch gemeldet, daß nach drei- stündigen unausgesetzten Rettungsarbeiten zwei Tote und ein Schwerverletzter aus den Trümmern geborgen worden sind. Außer- dem ist ein Mann leichter verletzt. Vermißt wird noch ein Maurer- polier._ Bauarbeiterstrcik beendigt. Zittau  , 5. September.  (W. T. B.) Der hier und in der Um- gebung seit 10 Wochen andauernde Streik der Maurer, Zimmerer und Bauarbeiter ist heute beendigt worden. Am Montag wird die Arbeit wieder aufgenommen. Die beiderseitigen Bedingungen sind auf 2Vi Jahre genau festgelegt worden. Jeder Russe ist verdächtig! Lemberg  , 5. September.  (B. H.  ) Aus Warschau   wird gemeldet, daß dort die Haussuchungen eine unglaubliche Ausdehnung angenommen haben. In den Straßen wird am Tage und des abends eine förm- liche Razzia veranstaltet. Ganze Stadtteile werde» von Militär besetzt, worauf Masscnverhaftungeu vorgenomuie» werden. Selbst Kinder werden nicht verschont._ Ein Riesenbtand.' Algier  , 5. September.  (W. T. B.) Eine heftige Feuers- brunst ist im Gebiet der Stadt Collo, Departement Constantine. ausgebrochen: 40000 Hektar korkcichen Waldungen stehen in Flammen, mehrere Ortschaften sind bedroht, da der Brand schnell um sich greift._ Korruption. Philadelphia  , 5. September..(W. T. B.) Auf den Antrag des Bezirksstaatsanwalts wurde der Kassierer der Real Estate Trust Company North, sein Gehülfe Collingwood, sowie Scgnl, der Gründer vieler Untcruehinungen, verhaftet; sie sind beschuldigt. in Gemeinschaft mit dem verstorbenen Präsidenten Hippie die Tepositengläubigcr um mehrere Millionen Dollar geschadigt zu haben. Man schätzt den Fehlbetrag bei der Real Estate Trust Com» pany auf mehr als 10 Millionen Dollar. >., Berlin   LW. Hierzu 3 Beilagen«.NnterhaltiingSblatt