Kr. 209. 23. Iahrgaug. 3. KW des Joraätlf KnliM JolWlntt. Sonttabend, 8. September 1906. Partei-?Zngelegenbeiten. Königs- Wusterhausen . Am MittwoS, den 12. September, abends 8 Uhr, findet bei Wedhorn die Mitgliederversanimlung des Wahloereins statt. Erscheinen eines jeden Genossen ist Pflicht. Gleichzeitig sei darauf aufmerlsam gemacht, daß der Hirsch- Dunckersche Gewertverein am Sonntag, den 9. September, in dem gesperrten Lokal von Koschel ein Sommerfest abhält. Das kenn- zeichnet diese Leute zur Genüge. Daß lein Parteigenosse dahin geht, ist selbstverständlich. Neuenhagen an der Ostbahn. Am Sonntag, den 9. September, nachmittags 3'/« Uhr. findet im Saale des GasttoirtS Alfred Schulz in Radebrück eine öffentliche Versammlung statt. Tagesordnung: 1. Vortrag:„Wofür kämpfen wir'? Referent: Genosse M i e t h k e- Berlin. 2. Diskussion. Um recht zahlreiche Beteiligung ersucht Der Vorstand. Schönwalde in der Mark(Bezirk Pankow ). Am morgigen Sonntag nachmittags 4V2 Uhr findet im Restaurant von Schulz, Schönwalde, die Verlammlung des Wahlvereins statt. Tagesordnung: 1. Vortrag des Genossen Wermuth-Berlin über: Kapital und Arbeit. 2. Vereinsangelegenheiten und Verschiedenes. Gäste haben Zutritt. Regen Besuch erwartet Der Vorstand. BerUmr JVadmcbten. „Anatomieleichen". In den alljährlichen Verwaltungsberichten des städtischen Kuratoriums für das Bestattungswesen wird regelmäßig auch mitgeteilt, wieviel Arbeit der Leichenverbrennungsofen zu leisten gehabt hat, der bei der Leichensammelstelle in der Diestelmeyerstraße besteht. Verbrannt werden dort nicht gan�e Leichen, sondern nur Reste, die von den in der Ana- tomie zerschnittenen Leichen übrig blieben, und Körperteile, die Kranken amputiert wurden. Auch zerschnittene Leichen, deren Individualität noch erkennbar ist, werden nicht ver- brannt, sie werden vielmehr gleich anderen Leichen in der Erde bestattet. Die zur Verbrennung bestimmten Körper- teile und Leichenrcste werden teils in fristen, teils in Särgen in den Verbrennungsofen eingeführt. Der neueste Bericht des 5wratoriums erzählt uns, daß im Etatsjahr 1905 dort 381 Kisten von je 2 Zentner Gewicht und außerdem 30 Särge eingeäschert worden sind. Von wie vielen Verstorbenen die Leichenreste herrührten, wird in dem Bericht nicht gesagt. Die Annahme, daß nur in den 30 Särgen sich Reste zer- schnittener Leichen befunden hätten, die 381 Kisten aber nur mit amputierten Körperteilen gefüllt gewesen seien, wäre lwie aus dem Bericht ersichtlich ist) falsch. Es werden ja auch nicht in den Berliner Krankenhäusern soviel Glieder ampu- ticrt, daß man in einem Jahre hieraus 762 Zentner zu- sammenbekäme. Die Frage, wie viele Leichen alljährlich in der Anatomie so gründlich zerstückelt werden, daß ihre Individualität völlig verloren geht, ist nicht ganz nebensächlich. Doch wichtiger noch ist freilich die andere Frage, wo die Anatomie all' die Leichen herkriegt, die dort zerstückelt werden.� Wir hätten nichts dagegen einzuwenden, daß sämt- liche Leichen, von derjenigen eines heimatlos auf der Land- straße umgekonunenen Bettlers bis hinauf zu den erlauchten Leichen der in seidenen Kissen verstorbenen Throninhaber, zu Studienzwecken hergegeben werden müßten. Aber solange eS so etwas nicht gibt, wird man sich nicht wundern dürfen, daß niemand gern die Leichen seiner An- gehörigen in der Anatomie zerfetzen un'd die einzelnen Teile wer weiß wohin ver- schleppen lassen mag. Wir haben einmal nach- gewiesen, daß die Anatomie mitunter auch eine Leiche kriegen kann, die eigentlich nicht dazu bestimmt war, zerstückelt zu werden. Wenn Dir ein Angehöriger in einem Krankenhause unerwartet stirbt und ein Krankenhausschreiber bei der Ab- sendung der Todesnachricht zufällig seine Gedanken nicht zu- sammennimmt, so daß die Nachricht als unbestellbar zurück- geht, so kann Dir's passieren, daß Du bei Deinem nächsten Besuch erfährst, der Kranke sei inzwischen gestorben, die Leiche sei an die Anatomie abgeliefert worden, man habe sie dort zerstückelt, ihre Reste seien zusammen mit den Resten anderer Leichen verbrannt worden, die Asche habe man auf dem Friedhof zu Friedrichsfelde vergraben, eine besondere Grabstelle tonne man Dir dort nicht zeigen. Diese Schilde- rung klingt wie ein Phantasicstück, fast wie ein Stück aus dem Tollhaus, aber sie ist leider nüchterne Wirklichkeit. Wohl infolge der Mitteilungen, die hierüber im„Vor wärts" veröffentlicht worden sind, wird in dem neuesten Be- richt des Bestattungskuratoriums den Angaben über ein zwischen der Anatomie und der Stadtgemeinde bezüglich der Bestattung von Anatomieleichen getroffenes Abkommen der Satz angefügt:„Die Verantwortung und Eni- s ch e i d u n g darüber, ob Jndividualleichen oder nicht mehr individualisierbare Leichenteile zu bestatten sind und hiernach die Erd- oder die Feuerbestattung vorzunehmen ist, hat die königliche Anatomieverwaltung auf Grund ihrer sachver ständigen Kenntnis und Erfahrung sowohl der Staatsauf- sichtsbehörde als auch der Stadtgemeinde Berlin und dem Publikum gegenüber übernommen." Nun. das versteht sich ja von selber, und das Kuratorium hätte wirklich nicht erst nötig gehabt, in dem Beriefst hierauf hinzuweisen. Das Be- stattungskuratorium sollte lieber mal mitteilen, unter welchen Umständen eine Leicbe überhaupt an die Anatomie abaeliefert werden darf b e z w. muß, und wer hierüber zu entscheiden bat und hier- für die Verantwortung übernimmt. Oder vielleicht könnte über diesen Punkt sich besser die Krankenhausdevutation äußern. Möge sie einmal in ihrem Verwaftungsbericht die bierfür geltenden Bestimmungen veröffentlichen, damit die Bevölkerung genau erfährt, was man für seine in Kronken- Häusern verstorbenen Angehörigen eventuell zu gewärtigen hat._ Der Winterfahrplan Groß. Berlins liegt jetzt in feiner end- gültigen Gestalt vor. Ueber die in Aussicht stehenden Zug- Vermehrungen wird unS in Ergänzung unserer frühereu Mitteilungen nock folgendes berichtet: Auf der Stadtbahn werden vom 1. Oktober dieses Jahres ab drei neue Züge Verkehren, und zwar: Warschauer- straße ab 12.49 nacht«(nach Lichtenberg -FriedrichSfelde ). Lichtenberg - ZfriedrichSselde ab 11.26 vorm. nud 3.36 nachm.(nach Charlottenburg ). Auf dem Nordringe sind für den Werktags-, iuSbesondere den Arbeiter-Verkehr die folgenden a ch t neuen Züge vorgesehen: Ge< sundbrunnen ab 8.19. S.28. 6.60 vorm. und 6.29 nachm.(nach Weißensee), Weißensee ab 5.61, 6.08, 6.21 vorm. und 7.08 abends (nach Gesundbrunnen ). Auf dem Südringe wird ein neuer Nachtzug eingelegt, der von Herniannstraße 1.97 abfährt und 1.26 nachts auf dem Schlesischen Bahnhofe endet. Die Züge zwischen Grunewald (Stadtbahn) und Grünau werden um vier ver- mehrt: Charlottenburg ab 12.33 und 1.38 nachm.(nach Nieder- Schöneweide-Johanuisthal), Nieder-Schöneweide ab 1.53 und 2.58 nachm.(nach Warschauerstraße bezw. Chnrlottenburg). Aus den Strecken Berlin-Tegel und Berlin - Werneuchen werden, wie schon kurz gemeldet, ebenfalls mehrere neue Züge verkehren; sie gehen ab Stettiner Vorortbahnhof 1.69 nachts, Tegel an 1.32, ab Tegel 1,59, an Berlin 2,22 nachts; Schlesischer Bahnhof ab 19.69, Werneuchen an 11.45 vorm., Werneuchen ab 12.19, Schlesischer Bahn hof an 1.95 nachm. Der Zug 682(bisher 689) wird 1 Stunde 53 Minuten später gelegt: Werneuchen ab 6.45, Berlin an 7.49 vorm. Ter gestrigen Magistratssitzung lagen mehrere Eingaben wegen Aufhebung der Berliner Jahrmärkte bezw. Beibehaltung dieser vor. Tie«ine Eingabe war vom Bunde der Handel- und Gewerbe- treibenden an ben Polizeipräsidenten wegen gänzlicher Aufhebung der Märkte gerichtet und von diesem an den Magistrat weiter ge- geben worden. Die Händler u. a. hatten eine entgegengesetzte Ein- gäbe an den Magistrat gerichtet. Der Magistrat hat die Aufhebung der Märkte abgelehnt.— Die Taxen für den Abbruch der alten Waisenkirche an der Ecke der Neuen Friedrichstraße und Waisen- brücke sind vom Magistrat genehmigt und soll nunmehr mit dem Abbruch ber alten Kirche und dem Neubau des Verwaltungs- gebäudes für die städtischen Werke begonnen werden. Ferner wurden die Pläne für eine direkte Zufahrt zur Pumpstation in der Scharn- Horststraße durch das dortige Schulgrundstück genehmigt. Die Aus- führung wird von der Schulverwaltung selbst übernommen.— Am 17. d. M. findet die feierliche Einweihung des neuer- bauten Rudolf-Virchow-Krankenhauses statt, zu der vom Magistrat an die Stadtverordneten sowie Behörden Ein- ladungen ergehen werden. Bon der Universität sind den Studenten Martin V 0 e I k e l (Ürsol.), Ludwig L e w i s 0 h n(med.) und Arnold E u cken(pllil.) je ein städtischer Preis für die von ihnen gelieferten Preisaufgaben zuerkannt worden. Die Einweihung des Virchow-Krankenhauses. Das neue vierte Krankenhaus der Stadt Berlin , das Rudolf Virchow -Krankenhaus. ist jetzt seiner Vollendung so nahe gerückt, daß es am 1. Oktober in Benutzung genommen werden kann. Die Eröffnung selbst findet ohne jede Feierlichkeit dadurch statt, daß«ine größere Anzahj Betten belegt wird. Dagegen soll, wie gemeldet wird, beschlossen worden sein, das Rudolf Virchow -Krankenhaus durch eine größere Feier am Mittwoch, den 17. Oktober einzuweihen. Ein- ladungen, die vom Oberbürgermeister ausgehen, sollen nicht nur an Mitglieder der städtischen Behörden, sondern auch an die Spitzen der in Betracht kommenden Staatsbehörden ergehen, an das Kultus- Ministerium, die Universität und Vertreter der medizinischen Wisien- schaft. Die Festteilnehmer werden Gelegenheit haben, einen er- heblichen Teil der riesigen Krankenstadt bereits im Betriebe zu sehen und so einen vollen Eindruck von der Zweckmäßigkeit und künstlerischen Ausgestaltung der gesamten Anlage getvinnen können. Bürgerliche Zeitungsschreiber haben glücklich herausgeschnüffelt, daß auch in der Familie des zweiten KaisersohneS, des Prinzen Eitel, der Storch bald einkehren wird und beeilen sich nun, dieses bevorstehende Familienereignis in die Welt hinauszuposaunen. Sie wissen sogar, daß das Ereignis im Dezember eintritt. WaS das andere Leute angeht!_ Zur Birrfrage. Die Antwort der Ringbrauereien(Bayerisch-Bier) auf daS Ulti- matum der Gastwirteversammlung bei Keller ist jetzt erfolgt. Sie enthält eine glatte Ablehnung des Angebots neuer Verhandlungen. Das Schreiben des Vereins der Brauereien, das an den Haupt- vorstand des Verbandes der freien Gast- und Schankwirte gerichtet ist, hat folgenden Wortlaut: „Auf Ihr gefl. Schreiben vom 29. v. M., das erst am 1. d. M. in die Hände des unterzeichneten stellvertretenden Vorsitzenden ge- langte, teilen wir Ihnen ergebcnst mit, daß der Vorstand des Vereins der Brauereien in einer inzwischen zusammenberufencn Sitzung von der übermittelten Resolution Kenntnis genommen hat. Das Er- gcbnis unserer Beratung geht dahin, daß— so wenig wir auch die Schwierigkeiten verkennen, unter denen gegenwärtig Brauer und Gastwirte infolge der ungünstigen Gesetzgebung zu kämpfen haben. und so gern wir auch bereit wären, mit Ihnen über gemeinsame Maßnahmen zur Erleichterung dieser Schwierigkeiten zu beraten— wir uns doch einen Erfolg von diesen Verhandlungen nicht ver- sprechen können. Wie sich aus der Resolution ergibt, wünschen Sie durch diese Verhandlungen auf eine Abänderung der von den Brauereien getroffenen Vereinbarungen hinzuwirken. Die Brauereien aber, die sich, nachdem alle Bemühungen, die Erhöhung der Zölle und der Brausteuer zu verhindern, leider gescheitert sind, nur ungern der zwingenden Notwendigkeit folgend zu einer Erhöhung der Bierpreise entschlossen haben, sind auS rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen zu einer Abänderung ihrer Vereinbarungen nicht in der Lage. Die äußerste Grenze, zu der sie auf dem Wege der Konzessionen gehen könnten, haben wir mit ausführlicher Begründung bereits in dem Schreiben an das Aktionskomitee vom 14. Juli gekennzeichnet. Nachdem daS Aktionskomitee diese Vorschläge abgelehnl hat, mußten wir befürchten, durch Wiederauftmhme von Verhandlungen uns dem Vorwurs der Verschleppung, der— allerdings unbegründet— uns bei früheren Gelegenheiten seitens der Herren Gastwirte gemacht worden ist, wieder auszusetzen. Indem wir uns der Hoffnung hin- geben, daß die angenehmen Beziehungen der Gastwirte und Braue- reien die Schwierigkeiten der gegenwärtigen Situatton überdauern werden, zeichnen wir usw. Die Folgen dieser Ablehnung erneuter Verhandlungen werden für die Ringbrauercien recht fühlbare werden können. Eine städtische Bcamtenversammlung hat sich mit der Frage be- schästigt, in welcher Weise die Berliner Beamtenschaft ihren Emfluß geltend machen kann, um Berücksichtigung ihrer Wünsche durch Magistrat und Stadtverordnetenversammlung zu erreichen. Man ist da auf einen sonderbaren Weg verfallen. Man will Beamten- Vertreter ins Rathaus schicken und zur Unterstützung der Wahl solcher Beamtenvertreler die mittleren und unteren Staatsbeamten heran- ziehen. Im Nordosten. Südwesten. Osten und Nordwesten Berlins besäßen in einigen Bezirken die Beamten die gegebene Majorität, tanze Straßenzüge seien fast ausschließlich von Beamten bewohnt. )iese Massen werde man jetzt mobil machen, was bei der straffen Organisation der Beamten ein Leichtes sei. Die Borarbeiten seien schon im besten Gange. Es wurden sofort Vertreter für daS Wahl- koinitee gewählt. Die Versammlung beschloß einstimmig, sich an der Bewegung zu beteiligen und die Kosten im Umlageverfahren aufzubringen. Die städtischen Beamten scheinen unserer Ansicht nach einen sehr verkehrten Weg einzuschlagen. Bisher waren eS immer die Sozial- demokraten, die es sich angelegen sein ließen, neben der Wahr- nehmung der Interessen der städtischen Arbeiter auch die Wünsche der unteren und miitleren Beamten zu vertreten, obwohl die Be- amten bei der Wahl dem Freisinnigen ihre Stimme gaben und somit gegen ihr eigenes Interesse handelten. Daß sie auf dein jetzt be- absichtigten Wege wirksamer ihr Ziel erreichen, als durch die Wahl von Sozialdemokraten, bestreiten wir aufs bestimmteste. Tödlich verbrannt. Eine folgenschwere SpirituS-Explosion, die allgemein zur Warnung dienen sollte, ereignete sich in der Wieland- straße 7. DaS bei einem dorttgen Mieter angestellte Dienstmädchen Maria K. hatte in der Küche Wäsche gebügelt und dabei das stark angeheizte Plätteisen emer Spiriwsflajche zu nahe gebracht. Durch das Ausströmen der großen Hitze wurde die Flasche derartig er- wärint, daß ihr Inhalt plötzlich zur Explosion kam. Die Stich- flammen trafen die Kleidung des jungen Mädchens und im nächsten Augenblick stand die K. in hellen Flammen. Die Bedauernswerte erlitt am ganzen Körper so schwere Brandwunden, daß sie jetzt hoffnungslos daniederliegt. Durch einen brennenden Güterwagen wurde auf der Vorort- station Hangelsberg eine mehrstündige Verkehrsstörung hervor- gerufen. Der um 4 Uhr dort eintreffende Güterzug führte einen lichterloh brennenden, mit Prcßstroh beladenen Wagen mit sich. Der Waggon mußte ausgeschaltet werden und verbrannte voll- ständig. Die Ursache des Feuers konnte noch nicht ermittelt werden. Opfer des Verkehrs. Von einem Geschäftswagen überfahren und schwer verletzt wurde gestern nachmittag daS 4jährige Söhnchen des Musikers Lehmann aus der Münchenerstraße 48. An der Kreuzung der Isar - und Münchenerstraße wurde der Knabe von einem Fuhrwerk der Firma Karl Meißner umgerissen und das rechte Vorderrad ging ihm über den Kopf hinweg. Schwerverletzt wurde das verunglückte Kind nach der Unfallstation in der Stein- mctzstratze gebracht.— Zum Krüppel gefahren wurde der 42 Jahre alte Kutscher Hermann Kicnbaum aus der Uhlandstraße in Char- lottenburg. K. war in dem Augenblick, als er sein. Fuhrwerk besteigen wollte, an einen Straßenbahnwagen hcrangcraten, zu Boden gestürzt und zwar so unglücklich, daß ihm die Räder über die rechte Hand hinweggingen und diese vollständig zermalmten.— Von einem Pferde geschlagen wurde gestern abend der Kutscher Albert Krüger. Unter den Linden 72 wohnhaft. K. hatte einen Geschäftswagen der Firma Jordan gefahren, und als er in der Turmstratze am Geschirr etwas in Ordnung bringen wollte, schlug das Pferd plötzlich aus und traf K. mit solcher Gewalt, daß er einen komplizierten Unterschenkelbruch erlitt. Der Schwerverletzte fand im Krankcnhause Moabit Aufnahme. Lotterieschwindler überschwemmen wieder die Stadt, namentlich den Westen. Eine Firma Münschmejer u. Co. in Arnheim in Holland vertreibt durch einen jungen Mann Anteilscheine einer Spielgesell- schaft für preußische Klassenlose. Die Prospekte sind sehr verlockend und sichern den Unternehmern bei unkundigen Leuten einen guten Absatz. Kleine Gewinne werden auch ausgezahlt, weil das noch mehr wirkt. Die Auszahlung größerer Gewinne aber scheitert schon daran, daß die Gesellschaft selbst unter Umständen gar nicht im Besitze der Gewinnlose ist. Die Kriminalpolizei hat neuerlich fest- gestellt, daß eine Anzahl Nummern, die die Gesellschaft anzeigt, nicht von dieser, sondern von Privatleuten gespielt wird. ES kann daher vor den Losen der Firma Münschmejer u. Co. und ihren Vertretern nur gewarnt werden. Das gilt auch von den Leuten, die namentlich im Westen der Stadt die Hintertreppen aufsuchen, um an Dienstmädchen Türkenlos-Anteilscheine zu verkaufen. Diese Lose werden bis 1974 gezogen. Die Mädchen glauben nun, daß sie für 4 M., die man ihnen abnimmt, ein- für allemal Aussicht auf die versprochenen Gewinne haben, während sie im ganzen 59 mal 4 M. zu zahlen haben. Ob sie dann aber das Ende der Ziehungen erleben, ist eine andere Frage. Die Scheine werden angeblich für die Danmarkbank in Kopenhagen verkauft. Die Rückzahlung»- klausel, die sie enthalten, ist wertlos, der Tageskurs ist immer so niedrig, daß die Käufer zwei Drittel ihres Geldes verlieren. Ob die Verkäufer der Anteilscheine die Lose besitzen, ist auch sehr zweifelhaft, läßt sich aber nicht feststellen, weil es sich um. aus- ländische Lose handelt. Am hellen Tage„gefleddert". Ein dreistes Diebesstückchen ist einem Langfinger auf dem Reuterplatz in Rixdorf gelungen. Dort war der Arbeiter Wilhelm G., Reichenbergerstraße 85 wohnhaft, auf einer Bank eingeschlafen. Als er wieder erwachte, machte er. die überraschende Entdeckung, daß ihm während des Schlafes von einem Fledderer das Jakett ausgezogen und samt Portemonnaie und Brieftasche gestohlen worden war. G. hatte einen so tiefen Schlaf gehabt, daß er von seiner Beraubung nichts merkte. Aus der Selbstmordchronik. In der vergangenen Nacht hat sich ein unbekannter, etwa 25jähriger junger Mann auf einer Droschken- fahrt das Leben genommen. Der Selbstmörder bestieg am Pols- damer Platz einen Taxameter und forderte den Kutscher auf, nach der Pankstraße 3 zu fahren. Beim Einbiegen in die Badstraße hörte der Wagenlenker plötzlich einen Schuß hinter sich fallen; sein Fahrgast hatte sich aus einem sechsläufigen Revolver eine Kugel in die rechte Schläfe gejagt. Der Kutscher fuhr nach dem nächsten Polizeiburcau, und als er dort ankam, war der junge Mann tot. " n seiner Rocktasche fand man eine Sammlung von Photographien übscher junger Mädchen. An Barmitteln hatte der Lebensmüde, der elegant gekleidet war, noch 5 Pf. auszuwerfen. Eine Uhr besaß er nicht mehr.— Auf offener Straße erschossen hat sich gestern ein unbekannter Mann. Der Lebensmüde, der in den mittleren Jahren stand, hatte sich in der Blücherstraße an der Kirche„Zum heiligen Kreuz" auf einer Bank niedergelassen, zog plötzlich einen Revolver aus der Tasche und jagte sich eine Kugel in den Kopf. Noch bevor ein Arzt hinzugerufcn werden konnte, war der Unbekannte eine Leiche. Im Besitze deS Toten, der nach dem Schauhause gebracht wurde, fand man eine größere Geldsumme.— Wegen Geldverlusten erschossen hat sich gestern der 28jährige Handlungsgehülfe Emil G. aus der Goltzstraße 39. Der junge Mann hatte vor längerer Zeit ein Geschäft gegründet, Geldverluste gehabt und schließlich sein kleines Kapital in das Geschäft hineingesteckt. Anscheinend in bester Laune erschien er gestern in seinem Stammlokal in der Berliner- straße 161/62 in Wilmersdorf und begab sich, nachdem er ein GlaS Bier getrunken, nach der Toilette. Plötzlich fiel ein Schutz und als einige Gäste hinzueilten, fanden sie den Lebensmüden entseelt vor. G. hatte sich eine Kugel in die Schläfe gejagt und war sofort tot. In der Tasche des Selbstmörders fand man einen Abschiedsbrief, an die Braut.; Als Kautionsschwindler treibt schon längere Zeit ein Franz Hoppe, der in der Bergstr. 57 wohnte, sein Unwesen. Dieser Mann, erläßt in den Zeitungen Inserate, in denen er Kassierer oder Kassen - boten mit 599—899 M. Kaution oder mit Bareinlage sucht. Hflt er glücklich das Geld von den Bewerbern erhalten, so können sie sehen, wie sie eö wiederbekommen. Auf diese Weise hat dieser Mann schon zahlreiche Opfer gefunden. Schon Ende Mai haben eine ganze An- zahl Geschädigte Anzeige erstattet und Anfang Juni erfolgten noch weitere Meldungen von Betrogenen an die Polizei. Gehört hat man bis heute noch nichts, was aus der Sache geworden ist. Längere Zeit war der Herr Hoppe von der Bildfläche verschwunden, jetzt ist er wieder aufgetaucht und hat von neuem sein skandalöses Treiben aufgenommen. Im„Lokal-Anzeiger" sucht der saubere Patron wiederum gegen Kaution Kassierer mit 599— 899 M., natürlich unter entsprechender Chiffre. Geivöhnlich läßt er sich diese Offerten nach Postamt 54 oder 24 schicken. Es sei daher dringend vor dem Schwindler gewarnt. Vom Tuellunfug. Ein Pistolenduell ist gestern früh im Grüne- wald in der Nähe von Zehlendorf auSgefochten worden. Als Duellanten standen sich ein 48 Jahre alter Gutsbesitzer auS der nächsten Nähe Berlins und ein Berliner Dr. med. im Alter von 49 Jahren gegenüber. Beide Herren waren früher die besten Freunde, wegen geringer Meinungsverschiedenheiten gerieten sie in Konflikt. Zu dem Streite der Freunde, die beide unverheiratet sind, gab ein« Frau die Ursache. Die Spannung zwischen den beiden nahm vor einigen Tagen derart scharfe Formen an. daß der Mediziner seinen ehemaligen Freund kontrahierte. Der Guts- besitzer ist R e s e r v e 0 f f i z, e r; am selben Tage unterbreitete er Ehrenhandel und Forderung dem Ehrenrat. in der kurzen Frist von einem Tage machte sich dieser über den Fall schlüssig und stimmte dem Pistolenduell zu. Für den Zweikampf I wurden sehr scharfe Bedingungen sestgesetzt: KugelMchjel biß. zuz
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