Umständen zurückgenommen! wer bei uns bleibenwill, darf nicht in dem Süddeutschen Verbandsein und wer sich unserer Anordnung nichtfügt.der wird zwar nicht be st rast, wir st rasen nicht,aber so wie der Arbeiter das Recht hat zukündigen, so hat es d e r Ar b eitg e b er auch."Doch Herr Wackerzapp begnügte sich mit dem bloßen Verbotder Mitgliedschaft im Süddeutschen Eisenbahnerverband nicht. Erteilte dem Gauleiter Schwall uud dem Arbeitersekretär Willi zugleichmit. daß er auch nicht dulden werde, daß die Ar-Leiter der Bischheimer Hauptwerk st ätte eine aufSonnabendabend einberufene Versammlung be-suchen, in welcher Willi über die Arbeiterver-sicherung s g esetz e. Schwall über die heutigeGewerkschaftsbewegung referieren sollten. Auchdiese beiden Referate schienen Herrn Wackerzapp ordnungsfeindlich,weil sie, wie er sagte, dazu dienen würden, für den Verband zuwerben. Auf den Einwand, daß ihm ein solches Recht doch wohlnicht zustehe, wußte Herr Wackerzapp nur zu erwidern:»DieArbeiter, die trotz des Verbotes in die Versammlung gehen, werdenes bitter zu fühlen haben." Daß es ihm mit seiner Drohung ernstwar, beweist folgender Ukas Nr. 2, der am Sonnabend in den Werk-statten angeschlagen wurde:„Alle beteiligten Arbeiter mache ich in ihrem Interesse darausaufmerksam, daß die Teilnahme an der heutigen VersammlungbeS Süddeutschen Eisenbahnerverbandes in der„Grünen Tanne"zu Bischheim nach der Bekanntmachung kaiserl. Gcneraldirektionvom 4. d. Vits, unzulässig ist und Zuwiderhandelnde die Dienst-kündigung zu gewärtigen haben.Der Vorstand.Wolff.Zugleich wurde den Arbeitern noch folgender Revers zur Unter-schrift vorgelegt:„Die Unterzeichneten erklären hiermit, daß sie dem Süd-deutschen Verband nicht angehören, eventuell aus demselben aus-getteten sind und die Zeitung des Verbandes nichtmehr halten wollen."Schlimmer als Herr Breitenbach und seine HelfershelferWackerzapp und Wolff haben selbst die Stumm und Krupp„seligenAngedenkens" die Entrechtung der Arbeiter nicht betrieben. Es istselbstverständlich, daß die Unterdrückung der jungen Organisation,der Revers und das Versammlungsverbot in ihrer Zusammen-Wirkung eine ungeheuere Aufregung unter den Arbeitern hervor«riefen, aber was wollten sie tun, zähneknirschend mußten siemit ihrer Unterschrist das Todesurteil der Organisation unter-schreiben.Selbstverständlich ist mit den Wackerzappschen Ukasen die Sachenoch nicht am Ende. Herr Wackerzapp konnte unter Androhung derHungerpeitsche eine Versam-ilung vereiteln, er konnte auch die Unter-schrift eines Reverses erzwingen, er konnte die Arbeiter zur Heucheleizwingen, Herr Wackerzapp kann aber aus den Arbeitern nieund nimmer das Bewußtsein herausreißen, daß sie vergewaltigtworden sind.Der Reichstag wird sich noch mit dieser Angelegenheit zu be-schästigen haben._Kolonialrcklame in der Volksschule.Die Anregung des Kultusministers S t u d t. die verpfafftcVolksschule zu Rellaniezwecken für unsere verkrachte Kolonialpolitikzu mißbrauchen, sind auf fruchtbaren Boden gefallen. In einerKreis-Lehrerkonferenz in Schlesien wurde in Gegenwart des Landratsein Vortrag über das Thema gehalten:„Welche Bedeutung habendie deutschen Kolonialbestrebungen für das Vaterland, und in welcherWeife sind ihre Bestrebungen auch in der Volksschule zu fördern."Dem Vortrage lagen folgende Leitsätze zugrunde:I. Die durch die deutschen Kolonialbestrebungen erworbenenGebiete sind in verschiedener Hinsicht bedeutungsvoll fürdas Vaterland. 1. Sie bieten der deutschen Flotte Stütz-punkte dar. 2. Sie sind geeignet, einen Teil des deutschenAuswanderer st romeS aufzunehmen. 3. Der Reichs-regierung wird Gelegenheit geboten, die Missionare, welcheals Verkünder des Evangeliums und Pioniere der Kultur segens-reich wirken, kräfttg zu unterstützen. 4. Die Hauptbedeutungunserer Kolonien liegt auf wirtschaftlichem Gebiete, indem durchsie a) dem deutschen Volke billige Nahrungs« undG e n u ß m i t t e l, b) der deutschen Industrie wertvolle Roh-st o f f e verschafft und neue Absatzgebiete eröffnet werden. 5. Injenen Gebieten kann sich deutscher Forschungs drang betätigen.II. Damit die Kenntnis von dem Werte unserer KolonienGemeingut des Volkes werde, müffen schon in der deutschenJugend Interesse und Verständnis für jene Be-itrebungen erweckt werden. 1. Die» geschieht Haupt«Schlich im geographischen Unterricht. e> Die Behandlung deutscherKolonien wird der des betreffenden Erdteils eingereiht. b> Währendauf der Mittelstufe charatteristische Einzelbilder geboten werden.tritt auf der Oberstufe eine Erweiterung des Stoffes, besondersnach der kulturellen Seite, ein. c) Die anschauliche Behandlungdes Stoffes erfolgt nach solchen Gesichtspunkten, auS denen dieBedeutung der Kolonien erkenntlich ist. 2. Im n a t u r k u n d-lichen Unterricht werden die Kolonialprodukte eingehend be-schrieben und in ihrer Bedeutung für das Baterland gewürdigte3. Auch in anderen Fächern wird bei geeigneten An-knüpfungspunkten die Bedeutung der Kolonien betont. 4. ZurBelebung und Ergänzung des Gelernten müssen Jugend-schriften herangezogen werden. S. Der Lehrer suche durchQuellenstudium den Unterricht intereffant zu gestalten.Den Unsinn dieser Leitsätze brauchen wir nicht erst nachzuweisen.Solche dreiste Unwahrheiten können ohne Widerspruch eben nurSchulkindern vorgetragen werden. Das Skandalöse ist eS eben, daßdie Volksschule unter bereitwilliger Mitwirlung der Lehrerschaftdazu mißbraucht werden sollen, den TippelSkirch, Woerniann undKonsorten Dumme ins Garn zu treiben!—Kaisertagr— Hafttage.Die Breslauer. Volksmacht" meldet:„Aus der Jagd nach Anarchisten konnte man die BreSlauerPolizei vor den und während der sogenannten.Kaisertage" be-obachten. Traurige Kerle, die sich nicht entblöden, sich unterdie Arbeiter zu mischen und unvorsichtige, gewöhnlich im Scherzgefallene Worte der Polizei zu übermitteln. Spitzel aller Art habenauch in diesen Tagen ihr erbärmliches Handwerk getrieben. Undzum Teil haben sie Erfolg gehabt. Es wurden Leute— Ausländer—verhaftet, denen gegenüber es einfach unmöglich sein wird, ihnenirgend eine Schuld oder auch nur böse Absicht nachzuweisen.So wohnte auf der Posenerstr. 51 ein Italiener Mataczi,der in den neun Monaten seiner Anwesenheit in Breslau in keinerWeise an die Oeffentlichkeit getteten ist und dem, wie seine Be-kannten bestätigen, jede anarchistische Anwandlung ganz fernliegt.Am Sonntag früh um 5 Uhr erschienen trotzdem in seinerWohnung vier Schutzleute und verhafteten Mataczi. Auchnahmen sie eine Haussuchung vor, fanden aber nichts alseine Postkarte, die sie trotz des völlig unverfänglichen Inhaltes ansich nahmen.Auch andere Ausländer wurden, wie uns gemeldet wird, gesternin aller Hergottsfrühe verhaftet...Von anderer Seite wird noch berichtet, daß in der Weiß-gerbergaffe 5 der Tscheche Flieg» er und der GalizierLandenberger durch sechs Kriminalbeamte und drei Schutzleuteverhaftet wurden.. Nqch dem Aufgebot gn bewaffneter Macht zu urteilen, müssendie Verhafteten furchtbarer Taten verdächtig sein. Warten wir ab I—Kronenorden oder roter Adlerorden?Bekanntlich ging vor einiger Zeit ein Erlaß des Justiznnnistersdurch die Presse, nach dem die Vertreter der Justiz aufgefordertwurden, mit Personen, über die sie zu Gericht sitzen, möglichst Höf-lich und nett zu verkehren. Wie mancher Vertreter der Justizdiesen„höflichen Verkehr" auffaßt, dafür lieferte eine Schöffengerichts-sitzung in Halle einen recht drastischen Beweis.Von einem Nachbardorfe der Stadt Halle a. S. erschienen vorGericht die Landarbeiter Gustav und Otto M ä d i ck e, die vondem Amtsvorsteher wegen angeblich unberechtigten Verlassensdes Dienstes je ein Strafmandat über 15 Mark er-halten und diesbezüglich gerichtliche Enischeidung beantragthatten. Amtsrichter im barschen Tone:„Ihr wollt wahr-scheinlich nur noch höhere Strafe haben? Gebts nur ruhigzu. daß Ihr fortgelaufen seid, mitten in der Ernte undnehmt Eueren Einspruch zurück, damit Ihr nicht ja noch höher ge-»oiumc» werdet! Oder denkt Ihr vielleicht, Ihr sollt für Euer Fort-laufen sogar noch de» Kroneiiorden kriege»?" Der Angeklagte GustavMädicke stottert so sehr, daß er kaum einige Worte herausbringenkann. Es erzählt deshalb Otto Mädicke, daß die Angeklagten3 Uhr morgens aufgestanden und dann zum Kaffeetrinken ge-rufen wären. Da habe aber der Aufseher gesagt:„Ach was, denKaffee müssen wir heute fahre» lassen". Als Angeklagter trotz-dem Kaffee trinken wollte, habe man ihn zur Küche hinausgeschoben.Auf die Redensart:„Wenn ich keinen Kaffee trinken kann, kann ichauch nicht arbeiten!" habe man sie fortgeschickt; sie wärennicht aus dem Dienst fortgelaufen. Amtsrichter iviederumin erregtem Ton:„Ach was. Euer Herr hat Euch mitten in derErnte sicher nicht fortgeschickt. Und wenn Ihr i» der Erntearbcitauch einmal keinen Kaffee zu trinken bekommt, so werdet Ihr des-halb nicht gleich verhungern! Nehmt Euren Einspruch ja lieberzurück."— Beide Angeklagte, die bei der Justiz ihr Recht suchten.erklärten dann mit trauriger, wenig zufriedener Miene,sie wollten die 15 Mark dann lieber bezahlen. Der Amtsrichterüber seine Leistung anschcinlich sichtlich befriedigt, erklärte dann, alsdie beide» Landproletarier betrübt de» Gerichtssaal verließen, nachden Schöffen gewendet:„Ja, die �Angeklagten) wollen sogar nochden rote» Adlerorde» vierter Klasse haben."ES ist lebhast zu bedauern, daß die Angeklagten dem völligfalschen Rat des Amtsrichters gefolgt sind. Freilich, was sollten diearmen Landarbeiter tun, wenn ihnen von der Stelle aus. wo sieRecht zu finden hofften, wie in diesem Falle Spott und Hohn ge-boten wird. Es ist eine Verhöhnung des Elends, wenn man die armenLandproletarier frägt, ob sie den sironen- oder den roten Adlerordenhaben wollen. Der Amtsrichter wußte oder hätte wissen müssen,daß die Leute nicht annehmen tonnten, daß der Amtsrichter einenVogel zu vergeben habe sondern zu der Annahme berechtigt waren,daß an Gerichtsstelle Recht gesprochen, nicht aber, daß sie durchSpott und Hohn zum Verzicht auf einen Richterspruch veranlaßtwerden würden. Diese Art der in Halle geübten Rechtspflege zeigtaufs neue die Ueberflüssigkeit, wenn nicht Gememschädlichkeit derJnstitutton des gelehrten Richtertums.Hustand.Frankreich.Die Sonntagsruhe durchgeführt.Paris, 10. September.(Eig. Ber.)Am gestrigen Sonntag wurden die Wirkungen des Ge-setzes über die wöchentliche Arbeitsnche zum erstenmal ficht-bar. Mit Ausnahme der Lebensmittelgeschäfte waren fastalle Läden geschlossen. Im Zentrum der Stadt hatten auchdie Friseure zumeist geschlossen.Ein Erlaß des Handelsministcrs, der gestern im„JournalOfftciel" erschien, gibt den Arbeitsinfpektoren detaillierte An-Weisungen für die Durchführung des Gesetzes. Die Inspektorenübten schon gestern Kontrolle, wobei sie von den Angestellten— besonders der Warenhäuser— eifrig unterstützt wurden.Man kann annehmen, daß in ein paar Wochen das Gesetzvollständig durchgeführt werden wird; denn auch die Geschäfts-leute beginnen schon die Sonntagsruhe vernünftiger zubeurteilen,als sie es im ersten Augenblick und unter dem Eindruck derblödsinnigen Artikel der Bourgeoispresje getan hatten. Nochgestern hat sich der literarisch schon stark abgetakelte Halb-jungfrauenschrifksteller Marcel P r s v o st den Ausspruch ge-leistet: die gesetzlich erzwungene Sonntagsruhe sei eine„Sklaveret". Andere Tages-„PhilosoPhen" des Ausbeutertumsfinden, daß die Arbeit dem Pariser Volke seine Anmut verleihe und daß infolgedessen die Sonntagsruhe die PariserAesthetik schädige.... Aber dieses Geschwätz wird ebenso raschaufhören, als sich das von allen arbeitenden Franzosen nntUngeduld erwartete Gesetz einleben wird.Natürlich haben auch die Gastwirte und Hoteliers ihrelächerliche Drohung, am Sonntag zu schließen, nicht durch-geführt. Der Handelsminister hat einer Deputation dieserHerren recht energisch gesagt, daß er auf die Durchführungdes Gesetzes bestehe, und so haben sie sich denn entschlossen,es doch mit dem Ablösungssystenr zu versuchen. DenGehülfen ist allerdings die Aufgabe gestellt, darüber zu wachen.daß das Gesetz nicht durch einen Kniff umgangen werde.Einige schlaue Wirte haben nämlich vorgeschlagen, daß dieAngestellten an ihrem Ruhetage nicht durch Ersatzkräfte,sondern durch die ruhenden Angestellten anderer Unter-nehmungen vertreten werden, so daß die Unternehmer— stattihren Angestellten wirklich einen freien Tag in der Woche zusichern— sie nur austauschen würden I Da ein solchesVorgehen gesetzwidrig wäre, ist bloß eine scharfe Kontrollenötig, um es zu verhindern.Die Frage der Kirchensprrrung.Paris, g. September.(Eig. Ber.)Wenn trotz der Enzyklika und der Einigkeitserklärungen desEpiskopats der fortdauernde MeimingSgegensatz innerhalb der französischen Kirche unverkennbar ist, so wird andererseits auch dieUnentschlossenheit und Uneinigkeit der radikalen Bourgeoisregierungimmer deutlicher. Briand will den Kulturkampf vermeiden, aber erglaubt doch das Prinzip des Gesetzes nicht preisgeben zu dürfen.und er will die Autorität der republikanischen Regierungvon den Klerikalen nicht verletzen lasten. Clömenceau da-gegen. der sich immer klarer zum Minister der kapitalistischenBourgeoisie entwickelt, will in keinem Falle den katholischenKult, der in den Massen den Geist deS Gehorsams und dermateriellen Genügsamkeit erhält, eine Störung erleiden lassen, undmöchte selbst ein Stück StaatSautorität darüber zugrunde gehe».Er hat einem Redakteur des monarchistischen„Gaulois" erklärt uudes seither noch offiziell bestätigen lassen, daß so lange erMinister sei, keine Kirche in Frankreich gesperrt werden würde!!Die Absicht, den Klerikalen keine Gelegenheit zu geben, die katholi-schen Massen mit einem populären Schlachtruf aufzuregen,ist durchaus zu billigen, aber es ist denn doch etwasweit gegangen, wenn der Chef der französischen Staatsverwaltungden gegen daS Trennungsgesetz rebellierenden Katholiken dieGewißheit gibt, daß er bereit sei, das Gesetz selbst zu ihren Gunstenzu verletzen. Darauf läuft nämlich seine Erklärung hinaus. Wenndie Katholiken keine Kullusassoziationen bilden, so fällt die Dis-positon über die ineisten Kirchcngebäude den Gemeinden zu. ES istnun sehr wahrscheinlich, daß eine Anzahl radikaler Gemeindcräte— wenn wohl auch nicht sehr viele— beschließen werden, dieKirchen zu sperren. Man mag das zweckmäßig finden, aber es istihr gutes Recht. Wird also Herr Clsmenceau dieses Recht verletzen?Das wäre eine Bankrotterklärung der antiklerikalen RegicrungS«Politik, wie sie schmählicher nicht gedacht werden kann.Es geht übrigens auch aus dieser Erklärung deutlich hervor,daß Clsmenceau bewußt Briands Politik durchkreuzt. Briand hatwar ausgesprochen, daß er die Kirchen nicht sperren wolle, abereine Erklärung hat doch einen ganz anderen Sinn. Briand sagt:Ich Werde nicht so töricht sein, den Ulttamontanen Agitationsstoff zuliefern. Die Kirchen mögen nur offen bleiben, auch wenn keineKultusassoziationen gegriindet werden. Die Gottesdienstemögen immerhin stattfinden. mir werden die Ber-a n st a l t e r, weil sie sich gegen das Gesetz vergehen, b e st r a f t iverden I Man sieht, das ist etwas anderes.Briand sagt ausdrücklich: Die Sperrung der Kirchen ist nicht not«wendig, um dem Gesetze Achtung zu verschaffen. Clsmenceau abersagt: Ich werde nicht erlauben, daß die Kirchen gesperrtwerden, auch wenn das Gesetz dazu berechtigt.Dieser zwar nicht offene, aber in Interviewen auSgefochteneKonflikt zwischen den beiden Ministern ist aber noch besonders lehr-reich, weil er die ganze Prinzipienlosigkeit Clömenceaus zeigt, derder Welt jahrzehntelang vorgeschwindelt hat. er sei ei»„Doktrinär".Während der Verhandlung über das Trennungsgesetz hat Clsmenceaueine langwierige Polemik gegen Briand und Jaurss geführt, denen ervorwarf, ihre Haltung begünstige die katholische Kirche zu sehr. Be»sonders griff er den Artikel IV des Gesetzes an, der der Kirche imFalle der Annahme des Gesetzes den Genuß der Kirchengebäudesichert. Er erklärte damals wörtlich:„Die schismatischenFranzosen haben dasselbe Recht aus die Kirchen»gebäude wie die römischen." Und heute erklärtderselbe Clömenceau, die Kirchen müßten in jedem Falleden Katholiken erhalten bleiben, auch lvenn diese demGesetze Trotz bieten. Man braucht diese Wandlung nichtallein daraus zu erklären, daß Herr Clömenceau damalsMinister werden wollte und heute Minister i st. Dieser voneiner internationalen Reklame hiuausgelobte Politiker war eben nieetwas anderes als ein sehr geistreicher und belesener, aber imGrunde ideenloser Praktiker. Das schließt freilich nicht auS. sonderneher ein, daß er ein sehr brauchbarer— weil skrupelloser—Minister der Kapitalistenklasse ist, die sich ja auch bei der großenAufgabe, Profit zu machen, nicht mit Kleinigkeiten, wie es Prinzipiensind, abgeben kann.—_Republikanische Soldaten.Paris, 11. September. sB. H.) Wie deni„Eclair" ans Brioudegemeldet wird, durchzogen gestern abend 400 Reservisten des 38. Infanterieregiments die Straßen unter Wsingung der Internationale,weil man ihnen angclnndigt hatte, daß das Regiment in Etappenj-Märschen nach St. Etienne in die Garnison zurückkehren werde.Die Reservisten verlangen mit der Eisenbahn dorthin befördertzu werden, widrigenfalls sie bei der ersten Etappe sich säintlich krankmelden würden.—Neu-Seeland.Ein sozialistischer Brief.London,>4. Septeniber.(Eig. Ber.) Die„Times" vom 1. d. M.veröffentlichte eine Korrespondenz ans Neuseeland, die sich mitSozialpolitik und Arbeiterbewegung beschäftigt. Die Korrespondenzenthält zwei bemerkeiiswerte Punkte: Erstens berichtet sie über diewachsende Unzufriedenheit der Arbeiter mit den obligatorischenEinigungs- und Schiedsgerichten; zweitens gibt sie Teile einesBriefes wieder, den Genosse Tregear, der Sekretär desneuseeländischen Arbeitsamtes, an einen amerikanischen Freund, denGenossen Benson, geschrieben hat. Der Brief, der offenbar durchIndiskretion veröffentlicht wurde, hat in den UntcrnehmerkreisenNeuseelands großes Aufsehen erregt und sie veranlaßt, den Premier-minister zu ersuchen, den Beamten zu entlassen. Aber Seddon, derunlängst verstorbene Premierminister, wollte von einer MaßregelungTregcars nichts wissen, da jeder Brite das unveräußerliche Rechthabe, seiner Unzufriedenheit Ausdruck zu geben,—Genosse Tregear ist ein durch und durch praktischer Mann, daer sich berufsmäßig mit der praktischen Anwendung der Arbeiter-schutzgesetze zu beschäftigen hat; aber er ist auch em sozialistischerDenker und spekulativer Kopf. In seinem Briefe an Benson sagteer, daß ihni die Sozialisten als die einzigen geisteSgesundcn Menschenin einer Welt von Irrsinnigen vorkommen; aber die Gesundungnehme zu. während der Irrsinn abnehme.„Hier in Neu-sceland arbeiten wir unermüdlich und untergraben die Grundlageneines monströsen Vorrechts nach dem anderen. Wir haben dasSchiedsgerichtswesen ans die Beine gebracht, und jetzt kämpfen wirgegen die Grundherrcii der Städte und Vorstädte, da alle Lohn-vorteile, die sich die Arbeiter durch die Schiedsgerichte erringen.durch die räuberischen Wohnungsmieten zunichte gemacht werden.Der Staat erwirbt nun Grund und Boden und ermöglicht denArbeitern, sich Häuser in der Nähe der Städte zu bauen. DasResultat unserer Sozialpolitil ist. daß Neuseeland sich inblühenderem Zustande befindet als irgend ein anderesLand. Man soll indes nicht denken, daß unsere wirtschaftliche Blüteuns keine Gelegenheit gebe, Uebel zu bekämpfen. Wir haben kaumden Saum des schmutzigen ökonomischen Kleides berührt. Solange das Lohnshstem andauert, so lange daS Kapital die Produktionsmittel beherrscht, besteht die Masse unserer Bevölkerung nurauS gut genährten und gut gekleideten Sklaven.„Die wirlliche Frage für uns ist folgende: Sollen wir in dieservon Raubtiergesetzen beherrschten kapitalistischen Welt auf zeitweiligeVerbesserungen verzichten und das Uebel so schlimm als möglichwerden lassen, oder sollen wir durch Reformen— wie Verstaatlichungder Eisenbahnen, Telegraphen, Lebens- und Feuerversicherung. Schutzder Arbeiterorganisationen, Fabrikgesetze usw., wie wir sie in Neu-seeland fordern und erlangen— die Andersdenkenden für unsere lieber-zeugung gewinnen? Wir in Neuseeland gehen den letzteren Weg. Erheißt: Evolution. Aber auch dieser Weg hat seine Schwierigkeiten:Wir haben die Fabriken in reinliche, angenehme Arbeitsräumeverwandelt, Ivir sorgen für gute Löhne, gute Arbeitszeit, für dieGesundheit der Kinder und. Franc». Und was ist das Resultat?Abstumpfung gegenüber den wirklichen Problemen, verblendete, zu-friedeneBernhigung mit den bestehende» Verhältnissen; der Arbeiter wirdmit seiner Lage zu frieden und ist geneigt, Tregear zu tadeln, weilsich dieser angeblich über ökonomische Dinge von geringerBedeutung aufrege.— Nur wenn ich den Leuten zeige, wie sie be-raubt werden, verlieren sie das„angenehme Feierabendgefühl" undgehen zur Wahlurne, um für die Arbeiterpolitik zu stimmen. Wann,wann, wann wird das Volk lernen, daß der Republikanernichts ist, daß der Demokrat nichts ist, mid daß eS wirklich nur eineneinzigen Streitpunkt gibt: zwischen dem Räuber und seinemO p s e r! Und daß der Wahlzettel die beste Waffe ist l"—GcwcrhrchaftUcbeö*Die Geistlichkeit und der Streik.In der Passauer„Theologisch-praktischen Monatsschrift".Zentralorgan der katholischen Geistlichkeit in Bayern, vcr-öffentlicht der August iner Pater Jordan(Freising)einen Artikel über katholische Arbeitervereine und christlicheGewerkschaften. Der Verfasser verlangt darin, daß derGeistliche die Berechtigung der christlichen Gewerkschaften nichtbloß theoretisch anerkennen, sondern sie auch'aktisch fördern und unterstiitze» soll:„Wenn wir es dem Geistlichen nicht verargen, sobald er zurGründung christlicher Baueruvereine nicht bloß die Hand bietet,sondern geradezu oft selber die Anregung gibt, oder wenn er denverschiedenen bürgerlichen Genossenschaften seine Kräfte zur Ber-fügung stellt, dann kann man es nicht als„guten Rat" bezeichnen,wenn man einem Konfrater zumutet, er solle sich nicht umdiese„schwarzen Sozialdemokraten" kümmern. ES ist darum totalverfehlt, wenn ein Prediger ans der Kanzel vor sehr vielen Ar-beitern den Ausspruch tut, sie könnten mit ihrem Lohnzufrieden sein, sie sollten mit ihrem Gelds sparsamer um-