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S GeAösse P lechanSK stellt sich in einßmOssetten Briefe" Suf den Standpunkt derMinorität" und verurteilt scharf die Agi- tation Kugunsten der Einberufung eine» außerordentlichen Partei- tageS. Er schreibt unter anderem:Wir verwenden also zu unseren Parteitagen im Verhältnis zu anderen sozialdemokratischen Parteien absolut(zwei- bis dreimal) mehr Zeit und Verhältnis- mäßig mehr Mittel. Es derbleiben für uns infolgedessen weniger Zeit und weniger Mittel zur Propaganda, Organisation und Auf. klärung der Massen als bei den westlichen Parteien.... Indessen haben wir einen ganzen Berg ernster und unaufschiebbarer schöpfe- rischer Arbeit vor uns, der wir unsere ganze Aufmerksamkeit widmen müssen. Wir müssen immer entschiedener eine breite Massen- bewegung im Auge haben. In ihrem Interesse dürfen wir an keine Kongresse denken, auf denen der Streit um denTaktstock" wieder entbrennen wird. Wir müssen Kongresse haben, die der proletarischen Bewegung einen neuen Aufschwung verleihen können. Vorerst müßten wir diS möglichst schnelle Einberufung jenes von P. Axelrod geplanten allgemeinen Arbeiterkongresses er- streben. Das ist eine der wichtigsten praktischen Aufgaben für alle klassenbewußten Arbeiter und diejenigen Intellektuellen, die in Wirk- lichkeit auf dem Standpunkt der Arbeiterbewegung stehen." Das Zentralkomitee der Partei sah sich zur Stellungnahme in diesen beiden Fragen genötigt und erklärt sich in einem Rundschreiben gegen die Einberufung eines außerordentlichen Parteitages, setzt aber hinzu, daß eS diese Frage durch Urabstimmung der Mitglieder werde beantworten lassen. Auch das Zentralkomitee des jüngst in die Partei eingetretenen Jüdischen Arbeiterbundes steht dieser Ein- berufung ablehnend gegenüber. Ueber den geplanten allgemeinen Arbeiterkongrcß haben sich die beiden Parteiinstanzen bisher nicht geäußert. Eine Resolution der Sozialdemokratie Lettlands gegen die Anarchisten. Die bürgerliche baltische und die reichsdeutsche Presse hat jede Gelegenheit, die sich ihnen bot, dazu benutzt, unsere lettischen Ge- nossen als Mordbuben und Brandstifter zu bezeichnen. Die balti- schen Junker gehen in ihrem soeben in den baltischen deutschen Blättern veröffentlichtenAufruf an die deutsche Jugend unseres Landes" noch einen Schritt weiter: sie sprechen vonRäuberbanden, die von der internationalen Sozialdemokratie dirigiert werden I" Um die ganze Gemeinheit der baltischen Henkerbande zu kennzeich- nen, sei nur darauf hingewiesen, daß im Dezemberaufstande nur dank der Vermittlung der Sozialdemokratie eine ganze Reihe Barone ihr Leben und ihr Eigentum retten konnten. Außerdem sei an die Resolution der Sozialdemokratie Lettlands gegen die Anarchisten-Kommunisten erinnert. Sie lautet wörtlich: Da die Rigasche Gruppe der sogenannten Anarchisten-Kom- munisten weder den politischen Kampf noch die politische Revo- lution anerkennt und jegliche organisierte Gesellschaftsform be- kämpft, sowie in ihrem anarchistischen Kampfe die Bedeutung des Sturzes der absoluten Regierungsgewalt ableugnet und in erster Linie die Expropriierung des Privateigentums zu persönlichen Zwecken erstrebt, in ihrem Kampfe keine Organisationsbeschlüsse anerkennt, an Stelle des Klassenkampfes zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie den höchst unbestimmten Begriff des Kampfes zwischen Einzelpersonen gesetzt hat und hierbei auf freiwillige Ent- sagung der Kapitalisten von der Ausbeutung hofft oder denselben die Produktionsmittel mit Gewalt rauben will; da sie ferner diese Produktionsmittel nicht in Gemeineigentum der Gesellschaft ver- wandeln will, sondern Anarchie auch in der Produktion predigt, damit die Ideale der Kleinbourgeoisie verteidigend, und schließlich, da sie das Privateigentum nicht bekämpft, sondern es zu befestjgen sucht, indem sie hervorhebt, daß einem jeden das gehört, was er mit Gewalt sich aneignet, so erklärt die Sozialdemokratie Lettlands , daß sie nichts mit dieser Gruppe gemein hat und fordert ihre Mit- glieder auf, in keinerlei organisatorische Verbindung mit den so- genannten Anarchisten-Kommunisten zu treten t" poUtifcbe CUbcrftcht Berlin , den 6. Oktober. Der Kampf um das a. D. Oberst a. D. GÄdke hat vor dem IL Senat des Kammer­gerichts tvieder einmal einen erbitterten Kampf um das a. D. geführt. Er hat bis jetzt für sich das Recht in Anspruch ge- nommen, sich Oberst a. D. zu nennen, trotzdem ihni seinerzeit durch eine Kabinettsorder sein militärischer Titel aberkannt worden war, und zwar wegen seiner bekannten publizistischen Bebötigung in einem freisinnigen Blatte. Gädke glaubte, daß ihm Wohl das Tragen der Uniform, nicht aber das Recht ab- gesprochen werden könne, den Titel Oberst a. D. zu führen. Das Kammergericht kam wegen der angeblich unberechtigten Führung dieses Titels zwar zu einem F r e i s p r u ch, aber nur deshalb, weil Gädke die Kabinettsorder, durch die ihm der Titel aberkannt worden, nicht vorschrifts- Mäßigzuge st ellt worden war. Es taucht also die interessante Frage auf, ob eine der- artige Zustellung jetzt noch nach 2'/s Jahren erfolgen kann und ob dann, sofern er nicht selbst aus seinen Titel verzichtet und sich statt Oberst a. D. etwafrüherer Oberst" nennt, wegen unberechtigter Führung dieses Titels bestraft werden kann. Vielleicht provoziert Gädke einen neuen Prozeß, in dem dann diese knifflichen juristischen Fragen zum endgültigen Austrag gebracht werden. Beachtenswerter als dies ganze Drum und Dran des Prozesses waren die Ausführungen des Generalstaatsanwalts Wachler. Der Offizier, führte er aus, sei kein Beamter; das Verhältnis des Königs zu den Beamten sei nicht so intim, wie das zu seinen Offizieren. Der Offizier st ehe in einem rein persönlichen Verhältnis zum König. der allein über sein ganzes Schicksal zu entscheiden habe. Wer das nicht»volle. dürfe eben nicht Offizier werden. Das Heer umfasse zweifellos auch Personen, die nur im losen Zusammenhange mit dem aktiven Heere ständen, also auch die mit Titel und Uniform verabschiedeten Offiziere. Das Ent- ziehungsrecht des Königs sei ganz unab- hängig vom ehrengerichtlichen Spruch. Es sei, wie auch die meisten hervorragenden Rechtslehrer an- nähmen, durch die preußische Verfassung keineswegs aufgehoben. Der König könne einen ehrengerichtlichen Spruch wohl ein- fordern, doch lege ihm dieser keinerlei Be- schränkungen auf. DasVerl . Tagebl." führt bittere Beschwerde darüber', daß sich der Reichstag im Frühjahr 1874 durch die Erklärung des Vertreters der Militärbehörde, daß die Genehmigung zum Tragen der Uniform und zum Führen des Diensttitels nicht die allergeringste Beziehung zu politischen Dingen trage, habe täuschen lassen. Der Fall Gädke habe inzwischen bewiesen, daß dieam Ruder befindlichen Leute sich durch solche Zusicherungen in keiner Weise gebunden fühlten, sobald sie ihre selbstherrliche Willkür einzuschränken geeignet sei." Der Reichstag müsse künftig allen solchen Zusicherungen der Regierung grundsätzliches Mißtrauen entgegenbringen. Dieser Stoßseufzer des Mosseblattes, dem es ja sehr nahe gehen mag, daß einer feiner Renommier-Mitarbeiter des Titels Oberst a. D. verlustig gehen soll, wird den Machthaber» sehr wenig imponieren. Das liberale Bürgertum trägt selbst schuld daran, baß das stehende Heer, in erster Linie aber das Offizierkorps, ein Werkzeug in den Händen des Absolutismus geworden ist. Erst das siegreich vorwärtsdringende Prole- tariat wird auch in diesem Punkte mit dem Absolutismus fertig werden!-_ Warum dieHumanitv" nicht leben konnte. Paris , ö. Oktober. (Eig. Ber.) Der heutige Artikel Jaurös, der die Einstellung derHumanito" in nahe Aussicht stellt, bringt keine Ueberraschung. Es war seit langem bekannt, daß das sozialistische Blatt verzweifelt gegen die finanziellen Schwierigkeiten kämpfte, die seine Existenz bedrohten. Eine erhebliche Verkleinerung des Redaktionsetats vor einem Jahr, die Aufopferung der übriggebliebenen Redakteure, vor allem die persönliche Entsagung Jaures selbst brachten leine Hülfe und die Hoffnungen, die man auf die Wahlbewegung gesetzt hatte, erfüllten sich nur in geringem Maße. Die Tatsache, daß eine Partei, die bei den Wahlen SlX) 000 Stimmen aufgebracht hat, nicht imstande ist, einem alles in allem gutgeleiteten Blatt das Leben zu sichern, verdient wohl eine nähere Erklärung. Jaurös gibt selbst einige aufklärende Daten. DieHumanitä" verkauft täglich 30 000 Exemplare. Damit könnte ein Blatt in Deutschland gut leben, aber nicht in Frankreich , wo das Abonnements- system, einige wenige große, teure Blätter, wie denTemps", den Figaro" abgerechnet, ganz ungebräuchlich ist. DieHumanitö" hat 3600 Abonnenten und das gilt hier als gar nicht wenig. Aber den 10 000 Nummern, die sie in Paris , und den 27 000, die sie in der Umgebung und in der Provinz verkauft, entspricht eine weitaus größere Auflage. In jedem der unzähligen Zeitungs- kioske und Zeitungsgeschäfte in Paris und bei den Ver- schleißern der Provinz müssen Nummern des Blattes aufliegen und ein großer Teil wandert unverkauft wieder zurück. Infolge des Rabatts an die Verkäufer und der Versendungskosten wird bei der Provinzauflage direkt draufgezahlt. Dies gilt besonders in der toten Saison der Politik wie jetzt, weniger während der Parlaments- tagung, wo es wohl vorgekonimen ist, daß besonders nach einer sozialistischen Intervention die Auflage so ziemlich verkauft wurde. Nun aber konimen noch andere Momente hinzu: vor allem die Geringfügigkeit der Jnserateneinnahmen. In Paris gibt es nur wenig eigentliche Jnseratenblätter. Die besondere Art des ZeitungS- Verkaufs stellt die Annoncen ziemlich teuer. Bei den bürgerlichen Blättern aber spielt eine besondere Abart des Inserats, die Reklame unter redaktioneller Flagge eine bedeutende Rolle. Man zahlt Inserate um so teurer, je weiter vorn sie stehen, ganz be- sonders teuer aber, wenn sie als Artikel oder Notizen mitten unter den redaktionellen Auslassungen stehen. Der kundige Leser findet wohl bald heraus, woher etwa die überschwäng- liche Begeisterung für eine neue Varietegröße oder der wissenschaftliche Eifer stammt, womit irgend eine Pille als eine die Menschheit errettende Entdeckung gepriesen wird, aber naive Leute besonders auf dem Lande fallen doch herein. Es gibt große Blätter, denen daS Jnseratenwesen geradezu als Handhabe zur Er- Pressung dient. Zweifelhafte Beziehungen zu Geschäftsunternehmungen haben so ziemlich alle Pariser Zeitungen. Man erinnert sich, daß der Bruch Jaurss' mit derPetite Republique" und die Gründung derHumanits" gerade deshalb erfolgte, weil der Herausgeber deS genannten Blattes eine Kontrolle seiner Administration nicht zu- lassen wollte. Auf derlei Einnahmen hat sich dieHumanitö" nicht stützen wollen. In der Geschichte der Pariser Presse war dieses Blatt, das nur von redlichen Einnahmen leben wollte, ein von den abgebrühten Routiniers der Korruption belächeltes Novum. Es ist bezeichnend für die hiesigen Anschauungen, daß auch polittsch und persönlich anständige bürgerliche Journalisten in diesem Verhalten ein übertriebenes Puritanertum sahen. DieHumanitü" war tatsächlich das einzige Tageblatt von Paris , das es abgelehnt hat, aus dem anläßlich der letzten Anleihe geöffneten russischen KorrupttonSfonds zu schöpfen. Auch jetzt noch hat, wie Jaurös erzählt, die Opposttton des sozialistischen Blattes gegen den Finanzschwindel deS Zarismus den Agenten der russischen Regierung eines Kaufpreises von 200 000 Frank wert geschienen. Ebenso haben die Finanzleute für gewisse Einwirkunzen auf die Regierung Geld angeboten. Aber Jaurös will das Blatt lieber in Ehren untergehen lassen, als sein Fortleben mit der Preisgabe des Prinzips zu verkaufen, auf das es gegründet war. Ist dieHumanito" noch in letzter Stunde zu retten? Jaurös selbst gibt noch nicht alles verloren. Für den 16. Ottober ist die Versammlung der Aktionäre einberufen. Es müßte also noch Hülfe bis dahin geschafft werden. Mit einer Erhöhung des Tagesverkaufs um 10 000 und der Abonnentenzahl um weitere 3000 wäre das Gleichgewicht im Budget hergestellt, das 13 000 Frank monatlich betragende Defizit beseittgt. Allerdings, die Frist ist so kurz, daß augenblickliche Hülfe von anderer Seite kommen muß. Wenigstens bis zum 10. November möchte JaursS das Blatt halten, um dem Parteitag in Limoges Rechenschaft über das Unter- nehmen abzulegen, das der sozialistischen Partei zu dienen sich redlich bestrebt hat, zu einer Zeit, da diese selbst noch zu jung und zu schwach war, um ein Tageblatt auf die eigenen Schultern zu nehmen. Leider scheint die Zeit dazu auch heute noch nicht gekommen und dies ist es, was das drohende Schicksal derHumanits" so besonders bedauerlich macht. Eine Partei, wie die sozialistische, kann ein Tageblatt nicht ohne schweren Schaden entbehren. Trägt es zur Auf- klärung der Massen schon wenig bei, daß sie noch heute Deputterte der geeinigten Partei als Leitartikler von Blättern wie derPetite Republique" und derLanterne" sehen, so müßte das Verschwinden des einzigen Blattes, daS für die spezifisch sozialistischen Diskussionen Raum bot, dem Fortschritt deS proletarischen Klassen­bewußtseins empfindlich Eintrag tun. Wo würde sich z. B. ferner eine Zeitung finden, die die FragePartei und Gewerkschaft" mit solcher Gründlichkeit öffentlich diskutieren lassen wollte? Gewiß, dieHumanitü" hat, journalistisch genommen, schwere Fehler gehabt. Aber eS sind weniger diese, als ihre Vorzüge, die ihr geschadet haben. Der französische Arbeiter ist durch die Jnformationspresse vielfach verdorben. Er liebt schwere Kost, den Zwang, nachzudenken, in der Zeitung nicht. Für schwindelhafte Reportage, skandallüsternen Tratsch und verblödende Kriminalromanttk hat dieHumanitö" keinen Platz gehabt. Sie hat aber der Sache des stanzösischen Sozialismus unvergeßliche Dienste erwiesen. Den Anteil, den sie an der Einigung der Partei gehabt hat, verdient un- eingeschränkte Anerkennung. Sie hat den Parteigenossen eine freie Tribüne geschaffen. zuletzt auch noch die anttparlamentarischen Gewerkschaftler als die Vertreter eines großen Teils des ftanzösischen Proletariats zu Worte kommen lassen. Wenn Jaurös mit Genugwung von seiner und seiner Mitarbeiter Leistung spricht, so ist er vollauf im Recht. Im Hundstagsfieber der Marokko - affäre hat dieHumanitü" allein den Kopf oben behalten, als einziges Blatt eine Lösung in friedlicher loyaler Nachgiebigkeit von beiden Seiten befürwortet. Sie hat in der Frage der Kirchen- ttennung eine fteiheitliche Politik verfochten und in den sozialpolitischen Kämpfen eine entschiedene prinzipielle Haltung bewahrt. Vielleicht hoffentlich wird dem Blatt nach Rettung werden. Sicher, der ftan« zösische Sozialismus ist heut« stark genug, daß er auch diesen Ver- tust überwinden könnte, aber gleichwohl wäre er ein harter Schlag und ein Triumph für die Gegner. " Oeutkckes Reich. Ein offiziöses Urteil über den Mannheimer Parteitag. DieN o r d d. A l l g e m. Z t g." widmet dem MannheimeS Parteitag noch einen spaltenlangen Rückblick. Sie kommt zu dem Resultat, daß der letzte Parteitag für die Sozialdemokratiezweifel- los einen Fortschritt durch(vorläufige?) Aufhebung des Gegensatzes von Gewerkschafts- und Parteibewcgung" bedeute. Von einer aus- einanderstrebenden Tendenz beider Organisationen könne nach Mannheim nicht mehr die Rede sein. Es sei eine vollständige Einigung erfolgt, bei der es in gewissem Sinne weder Sieger noch Besiegte gegeben habe. Die Folge davon werde eine innerliche Stärkung der Sozialdemokratie sein, über die sich die bürgerlichen Parteien durchaus keinen schädlichen Illusionen hingeben sollten. Zwar sei der umbildende korrigierende Einfluß der Gewerkschaften auf die Partei nicht zu verkennen, aber auf der anderen Seite habe auch der Geist der Partei stärker als je, ja in einem fast über- raschenden Grade seine Kraft auf die Gewerkschaften ausgeübt. So könne heute von einer rein unpolitischen, nur auf wirtschaftliche Ziele gerichteten Arbeiterbewegung weniger die Rede sein als je. Alle auf eine Spaltung oder Mauserung der Sozialdemokratie zu einer rein sozialen Reformpartei gerichteten Spekulationen müßten daher nach wie vor in das Gebiet der frommen Wünsche verwiesen werden. Die Sozialdemokratie bleibe einig, sie wandle vielleicht allmählich ihren Charakter in Ansehung der Kampfmittel, unter denen neben Maßnahmen widerrechtlicher Gewalt, die stets eine Rolle behielten, der gesetzlich friedliche Gewerkschaftskampf be- herrschender hervortrete; sie bleibe aber nach wie vor in ihrer Ge- samtheit revolutionär in ihren letzten Zielen, die sich nicht be- schränkten auf Hebung, der Lage der Arbeiterklasse innerhalb der gegenwärtigen Ordnung der Dinge, sondern die sich weiter er- streckten auf Erringung des maßgebenden Einflusses auf die gesamte wirtschaftliche Produktion, wie auf die politische Leitung durch die organisierte Arbeiterschaft. Die Folge davon sei, daß auch die Folgerungen hinfällig seien, die man aus einer erhofften Schwächung der sozialdemo­kratischen Partei gezogen habe._ Zwar dürfe der Staat den Gewerk- schaften nicht etwa, soweit sie auf legalem Wege um Verbesserung der Arbeiter anstrebten, hemmend in den Weg treten; allein eine Stärkung dieser Arbeiterbewegung dürfte indirekt gleichkommen einer Stärkung der Sozialdemokratie, die im staatlichen und natio- nalen Interesse auf jede Weise vermieden werden müsse. Die Erstarkung der Gewerkschaften sei jetzt mehr als je gleich- bedeutend mit Ausbreitung des sozialistischen Geistes, der sich inner- halb der Gewerkschaften selbstdurch den vielfach über- spannten und rücksichtslosen wirtschaftlichen Kampfeifer, dem Streikterrorismus und die Sehnsucht nach dem Koalitionszwang" betätige. Diesen freien Gewerkschaften gegenüber müßten die chriftlich-sozialcn Gewerkschaftsorganisationen nach Möglichkeit gestärkt werden. Die Gewerkschaften werden sich über diese Anttpathie des offiziösen Organs, die sie ja nicht erst neuerdings zu verspüren bekommen, zu trösten wissen. Sie sind im Kampfe er- stärkt und werden gerade durch den Kamps auch künftig di e gewaltigste Förderung erfahren. Und die Hoffnung auf die christliche Minier- und Zersplitterungsarbeit wird gerade dadurch zuschanden werden, daß Partei und Gewerk» schaften sich noch mehr als bisher gegenseitig unterstützen, um da- durch den unter dem Mantel der Arbeiterfreundlichkeit auftretenden reaktionären Bestrebungen energisch entgegenzutreten. In dem Matze, wie die Arbeitermassen immer mehr der sozialistischen Armee eingegliedert werden, werden sich auch die Kaders der christlichen Konkurrenzorganisationen leeren. Gerade durch dieEinheitder Weltanschauung, die dem deutschen Proletariat nur der Sozialismus bringen kann, werden erst die Vorbedingungen für eine endgültige Einheitlichkeit der wirtschaftlichen Organisation der deutschen Arbeiterklasse gegeben sein!. Schweinepreis«. Während die Agrarier fich einerseits mit aller Energie gegen die Oeffnung der Grenzen für die Vieheinfuhr stemmen und sogar, wie die dieser Tage von derAllgemeinen Fleischerzeitung" ver- öffentlichten Briefe der Viehzenttale beweisen, bedeutende Mittel aufwenden, um das Publikum über den Austrieb der Schlachtvieh- märkte zu täuschen, behaupten sie andererseits, die Viehpreise seien in den Nachbarländern ebenfalls derart gestiegen, baß selbst wenn die Grenzen geöffnet würden, aus dem Auslande kein Vieh auf die deutschen Märtte kommen würde. Daß dann, wenn letztere Be- Häuptling zutrifft, ihr ängstliches Sträuben gegen, die Aufhebung der Grenzsperre zwecklos ist, scheint ihrem Verstände nicht einzuleuchten. Wie sich tatsächlich die Auslands- zu den Inlandspreisen ver- halten, zeigt die Viehpreisstatistik des jüngst erschienenen dritten VierteljahreshesteS des laufenden Jahrganges derStattstik des Deutschen Reiches ". Danach kosteten im Durchschnitt des zweiten Quartals 1906 Schweine pro 100 Kilogramm Schlachtgewicht: I. Sorte IL Sorte in Berlin ...... 129,3 M. 126,2 M. Magdeburg .... 133,1. 128,3 Köln ...... 139,7. 133,9. , Frankfurt a. M... 141,4 141,1 , Dresden ......140,8 135,2 München ..... 143,7 137,9 Dagegen kosteten im Auslande(in den Fällen, wo nach Lebend- gewicht notiert wird, ist der Preis um 20 Proz. erhöht): Wien ...114 bezw. 108,4 bezw. 103,4 M. Budapest .. 108 bezw. 103, Rotterdam. 106,2 bezw. 100,4 bezw. 91,2, Kopenhagen . 105,3 bezw. 100,8 bezw. 98.6 Es ist demnach zwar richtig, daß auch im Auslande die Preise gestiegen sind; doch stehen sie immerhin noch beträchtlich niedriger, als auf den einheimischen Märkten. Junkerliche Bescheidenheit. In der letzten Nummer derDeutschen Tageszeitung", dem Leiborgan der deutschen Junker, wird ein geradezu kläglicher Versuch gemacht, dem baltischen Junkertum Liebesdienste zu erweisen. Das Blatt berichtet nämlich aus derDüna-Zeitung", dem Sprachorgan deS baltischen Junkertums, daß gegen unseren Kollegen Weber ein Prozeß schwebe, den 24 estländische Gutsbesitzer gegen ihn angestrengt hätten. Und zwar will diese erlauchte Gesellschaft die Kleinigkeit von 144 000 M. dafür, daß wir das Wirken eines Teiles des estländischen Junkertums ins rechte Licht nickten. Die Verlogenheit derHintermänner derDüna-Zeiwng" resp. derDeutschen Tageszeitung" wird jedoch offenbar, wenn wir lesen, in welcher echt junkerlichen Weise der Inhalt unseres Arttkels gefälscht wird, um eine Anklage konsttuicren zu können. DieDeutsche TageS- zeitung" zitiert auS der Anklage folgendermaßen: Inkriminiert wird der ArtikelDie Revolution in Rußland " in der Rümmer 40 desVorwärts" vom 17.»ebtuar 1906. In