mmml ja Mcht wunder; trotzdem ist nach diesen Vorgängen charakteristisch, daß die Regierung den Ministerstiirzer und scharfen rücksichtslosen Opponenten gegen die Regierung, die es vorüber- gehend wagte, gegen den Stachel der Grubengewaltigen zu locken— in das Handelsministerium beruft! Offiziös wird nämlich folgendes mitgeteilt: AlsHülfsarbeiter in dasHandelsministerium berufen worden ist Bergmeister Engel, der bekannte frühere Geschäftsführer des Bergbaulichen Vereins. Der Engel des Scharfmachertums Vertrauensmann der Re- gierung, das wirft ein Schlaglicht auf den Geist, der jetzt in� Regierungskreisen herrscht! Ein ausgesprochener Stümmling ist der Ratgeber der Regierung. Die nächsten Reform- Gesetzesvorschläge werden vom Engelschen Geiste getränkt sein. Und dieser Mann wurde würdig befunden, in das Handels- Ministerium einzuziehen I Das ist eine Kampfesansage, die sich gegen die G ewer k s ch a ftsb ew eg ung richtet!— Der Wert der Versammlungsnotizen der Polizeibeamten, der erst jüngst im Majestätsbeleidigungsprozesse des Genossen Eisner als unter Null festgestellt worden ist. erfuhr in einer Gerichtsverhandlung zu Königsberg eine nicht minder scharfe Charakterisierung. Ein B ä ck e r- meister halte an einer Gesellenversammlung teilgenommen und dabei die Polizei gegen den Vorwurf, daß sich die Polizei- beamten von den Bäckermeistern bestechen ließen und daß die Be- amten oft keine Anzeige erstatteten, trotzdem sie bei der Revision Uebelstände vorfinden, in Schutz genommen. Trotzdem wurde er gerade wegen Beleidigung der Polizei auf Grund der Notizen des überwachenden Beamten angeklagt und auch vom Schöffengericht zu 30 Mark Geldstrafe verurteilt. Gegen das Urteil legte der Bäckermeister Berufung ein und die Strafkammer sprach ihn frei, weil sie den Notizen des Beamten fast gar keinen Wert beilegte. Der Polizeibeamte erklärte als Zeuge, daß er den Bäcker- meister in der Versammlung als Gesellen angesehen und geglaubt habe, er vertrete die Interessen der Gesellen. Steno- graphische Notizen habe er nicht gemacht. Der Polizeibeamte hat also noch nicht einmal heraushören können, ob der Bäckermeister für die Gesellen oder sür die Meister eingetreten ist. Und auf Grund solcher Berichte schleppt man Leute auf die Anklagebank.— „Unentwegt kulturkämpferisch" nennt die„Kölnische Volkszeitung" die„Magde- burgische Zeitung", die einen antiultramontanen„Deutschen Weckruf" veröffentlicht. Das Zentrumsblatt bemerkt dazu: „Wir haben ähnliche„Weckrufe" packweise in der— Kulturkampfszeit gelesen. Heute, in der Zeit der Blockpolitik und beim Herannahen der Reichstagswahlen sind sie wieder recht in die Mode gekommen. Man arbeitet zunächst zu Wahlzwecken, Arm in Arm mit dem Evangelischen Buyd, auf einen neuen Kultur- kämpf hin und sucht katholische Gimpel, die ihn mitmachen." Diese Anklage des klerikalen Blattes gegen das nationalliberale Organ schließt aber nicht aus, daß Herr Robert Bachem, Verleger der„Kölnischen Volkszeitung" zusammen mit Herrn Robert Faber , Verleger der.Magdeburgischen Zeitung" im Vorstand des Vereins deutscher Zeitungsverleger sitzt und beide dort einmütig an der Wahrung ihrer Unternehmerinteressen tätig sind. Kommen aber die Arbeiter in Betracht, dann heißt es: das Seelenheil ist in Gefahr, wenn ein christlicher Arbeiter sich mit seinem sozialdemokratischen Klassengenossen zusammenschließt. Die klerikalen Volksverführer wissen, weshalb sie christliche Unternehmerorganisationen für Unsinn, aber christliche Arbeiter- organisationen sür eine Notwendigkeit erklären. Leider sehen die katholischen Arbeiter den Schwindel, der hier zu ihrem Schaden mit ihnen getrieben wird, noch nicht ein.— Zur Psychologie des Antisemitismus. Der Dreschgraf Pückler hatte sich am Donnerstag wieder einmal wegen Aufreizung zu Gewalttätigkeiten vor der Straf- tammer des Berliner Landgerichts I zu verantworten. Zur An- klage standen 17 Reden, die der Dreschgras zum Teil in anti- semitischen Versammlungen gehalten, zum Teil in Form von Flug- blättern auf der Straße hatte verteilen lassen. Sie enthielten wiederum in Fülle die anmutigen Redeblüten des meschuggenen Dreschgrafen: die„krummbeinigen und dreckigen Juden zu ver- dreschen",„bei der dreckigen Räuberbande einzubrechen,"„die Sarahleben zum Fenster hinauszuschmeißen,"„den fremden Hallunken mit Knüppeln das Leder zu verdreichen,"„die Orientalen mit Steinen zu beschmcißen,"„die Judenbengels auf der Straße zu backpfeifen,"„zum Büchsenmacher zu gehen, Doppelbüchsen zu kaufen und auf die krummbeinige Gesellschaft loszuknallen" usw. Statt sich nun mit dem Gutachten eines Psychiaters auszustatten, verlegte sich der Dreschgraf auf die Taktik, seine blödsinnigen Phrasen damit zu rechtfertigen, daß es bei derantiscmiti- schen Agitation ohne solche starken Ausdrücke nun einmal nicht gehe. Die Massen verlangten einen solchen Ton, sonst dürfte man in Volksversammlungen überhaupt nicht auftreten. Wenn er nicht so rede, dann würde die Bewegung zurückgehen. Diesen wüsten Ton habe er nicht eingeführt. Stöcker und insbesondere Ahlwardt hätten in ganz ähnlichem Tone gesprochen. Man müsse eben Radau machen. Das ganze Milieu erfordere das; solche antisemitische Bewegung sei nicht mit Glace- Handschuhen zu fördern. Als der Vorsitzende meinte, es müsse doch extremen Parteien möglich sein, Volksversammlungen abzuhalten, ohne in solcher Weise zu Gewalttätigkeiten aufzu- fordern, meinte der Dreschgraf, die Sozialdemokraten machten es doch auch so, sie sagten einfach,„wir wollen die Revolution". Auf den Einwand des Vorsitzenden, daß die Sozialdemokratie doch nur theoretisch ihre Ziele ausstelle, aber doch nicht praktisch unmittelbar zu revolutionären Gewalttaten auffordere, behauptete der gräsliche „Agitator", daß auch die Sozialdemokraten von der Revolution redeten,„bei der alles kurz und klein geschlagen würde". Wenn man ihn nicht in seiner Weise agitieren lasse, dann komme in zehn bis zwanzig Jahren ein entsetzlicher Zusammenstoß. Auf die Einwendung des Präsidenten, daß die Gesetze, die bestunden, doch von jedermann, also auch von ihm, dem Dreschgrafen, gehalten werden müßten, antwortete nach dem Gerichtsbericht der Dresch- gras gnädig: Ich gebe zu, daß für die Behörden die Sache schwierig ist, aber man muß doch der ganzen Sache Rechnung tragen, und vielleicht würde eine kleine Geldstrafe genügen. Die Verhandlung wurde schließlich vertagt. Wir hätten gar nichts dagegen einzuwenden, wenn Graf Pückler freigesprochen würde, ja wir hielten es für daS Ansehen der deutschen Justiz entschieden für das beste wenn man diesen harmlosen Narren künftig überhaupt von An- klagen verschonte. Man dokumentierte damit, daß man ihn für unzurechnungsfähig hält und seinetwegen nicht die Gerichte bemüht. Hält man ihw freilich für verantwortlich für seine blöd- sinnige Hetze, so bedeutet seine Verurteilung zu ein paar Wochen oder Monaten Festung oder auch Gefängnis nichts als eine Prämierung der ekelhaftesten Erscheinung unserer Zeit, des Radau- antiscmitismus. Auf die Aeußerungen des Dreschgrafen über die sozialdemo- kratische Aguationsweise reagieren wir aus begreiflichen Gründen nicht. Daß die Aeußerungen Pücklers über die in a n t i s e m i t i- schen Versammlungen gewünschte und notwendige Toni- art aber den Tatsachen entspricht, beweisen die Kassen- erfolge der Pückler-Versammlungcn!— Ein liberaler Federheld. In Halle a. S. erscheint eine so- genannte liberale allgemeine Zeitung, die vorgestern unter der Spitz- marke:„Von hochgeschätzter militärischer Seite vird vnS geschrieben" einen Artikel gegen die Berjudung im Offizierskorps veröffentlichte. In dem Artikel wird mit„semitischen Schützlingen",„israelitischem Volksstamme" und dergleichen Worten umhergeworfen. Dann heißt es schließlich: Wollen Zentrums- anhänger die Epauletten tragen, so mögen sie sichdieAn- sichten von Ehre und Wahrung derselben an- eignen, die Gott sei dank noch in den Offiziers- korps des Beurlaubten st andes zu Hause ist.— Gestern befand sich nun am Kopfe des Blattes folgendes liberales Gewinsel, das so recht charakteristisch ist sür den unentwegten und mannhaften Geist, der in den liberalen Schreibstuben herrscht. In unserer vorigen Nummer ist unter der Ueberschrist: Die Wahl der Reserveoffiziere ein Artikel enthalten, dessen Aufnahme wir nur tief bedauern können. Der Artikel ver- tritt Anschauungen, welche die„Hallesche Allgemeine Zeitung" als ein liberales Blatt niemals geteilt hat und niemals vertreten wird, die wir vielmehr als in jeder Hinsicht verwerflich er- achten. Nur durch einen bedauerlichen Unfall ist dieser Ar- tikel in unsere Spalten gelangt. Indem wir dies hiermit offen erklären und wiederholt unser aufrichttges Bedauern darüber aus- sprechen, bitten wir unsere Leser um Entschuldigung des uns passierten beklagenswerten Versehens. Redaktton der„Halleschen Allgemeinen Zeitung". Paulus , Chefredakteur. Dieser gute Paulus war früher Chefredakteur der ebenfalls libe- ralen„Saale-Zeitung". Muß der liberale Mannesheld gestern einen guten Tag gehabt haben. Seine beiden Verleger sind nämlich— auch Juden!— Es muß aber auch solche„Journalisten" geben.—_ Zentrnmsmann und„Arbeitervertreter". In der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung in Dortmund gab's eine Fleischnotdebatte. Es lag ein Antrag vor, der den Magisttat ersucht, Schritte bei der Regierung zu unter- nehmen, die eine teilweise Grenzöffnung unter Wahrung aller not- wendigen gesundheitlichen Vorsichtsmaßregeln fordert. Der Anttag ivurde angenommen. In der Diskussion en, pfähl der Stadtverordnete Gronowski die Annahme mit folgender Begründung:„Die Arbeiterschaft ist heute nicht mehr in der Lage, bei den enormen Fleischpreisen Fleisch zu ge- n i e ß e n. Wenn ein Arbeiter, der einen Durchschnittsverdienst von 4 M. bezieht und dabei noch eine Familie zu ernähren hat, täglich soviel Fleisch genießen wollte, ivie es zu einer ausreichenden Ernährung notwendig wäre, so würde er mindestens 20 bis 2ö Proz. seines täglichen Verdienstes allein für Fleisch aufzuwenden haben. Dabei betragen dann die Ausgaben für Miete noch durchschnittlich 20 bis 25 Prozent des Arbeitsverdienstes, so daß er für Fleisch und Miete allein nicht weniger wie 40 bis 45 Prozent des Gesamtverdienstes aufwenden müßte. Daher beschränkt er sich heilte auf den zwei- oder dreimaligen Genuß von Fleisch in der Woche. Demgegenüber muß aber berücksichtigt werden, daß für den Arbeiter eine ausreichende Ernährung mit Fleisch unbedingt nötig ist. weil er sonst den Anforderungen, die die tägliche harte Arbeit an ihn stellt, nicht gewachsen ist. Daher muß die Oeffnung der Grenze unbedingt von der Regierung gefordert werden." Stadtverordneter Gronowski ist Zentrumsmann und katholischer Arbeitersekretär. Als solcher wird er bei den letzten Wahlen mit Eifer für seine Partei agittert und den Arbeitern eingeredet haben. daß nur beim Zentrum ihr Wohl und ihre Rechte gut aufgehoben seien. Und in demselben Sinne wird er bei den nächsten Reichstags« Wahlen verfahren. Diese„Arbeitervertteter" von ZenttumS Gnaden verfallen dabei dem Fluche, durch ihr Eintteten für die klerikale Brotwucherpartei selber jene Zustände herbeizuführen, über die sie nachher so bewegliche Klagen anzustimmen wissen. Niemand kann zween Herren, am allerwenigsten aber dem Zentrum und den Arbeitern dienen.— Opfer des Bergbaues. Der deutsche Bergbau fordert von Jahr zu Jahr größere Menschenopfer. DaS Vordringen zu größeren Tiefen, die rücksichtslosere Ausbeutung der ArbeilSkraft kommen in rasch steigenden Unglücksfällen zum Ausdruck. Nach einem soeben von der Knappschaftsberufsgenossenschaft erstatteten Bericht passierten im deutschen Bergbau 1905 nicht weniger als 1235 tödliche Unglücks- fälle. Seit dem Jahre 1385, dem Bestehen des Unfallversicherungs- gesetzes, hat der deutsche Bergbau 20 731 Tote gefordert. Die Zahl steigt von Jahr zu Jahr; 1885/86 waren es 873 Tote, 1905 1235 Tote. Im Jahre 1886 waren 343 709 Personen gegen Unfall versichert, im Jahre 1905 dagegen 647 458 Personen, das bedeutet eine Steigerung von 88,37 Proz. Die Zahl der Unfälle stieg dagegen im gleichen Zeitraum um 93,20 Proz. Auch darüber gibt der Bericht Auskunft. Die Unfälle wurden ver- anlaßt durch: die Gefährlichkeit des Betriebes an sich 1895 in 57,78 Proz., 1905 68,51 Proz., besondere Mängel des Betriebes 1895 in 0,96 Proz., 1905 0,90 Proz., Schuld der Mitarbeiter 18V5 in 4,02 Proz., 1905 3,73 Proz., Schuld der Verletzten 1395 in 37,24 Proz., 1905 26,86 Proz. Der Bundesrat hat in seiner heutigen Plenarsitzung die Vor- läge betreffend den Entwurf eines Gesetzes über die Vornahme einer Berufs- und Betriebszählung im Jahre 1907 dem zuständigen Ausschusse überwiesen.— Landtagsersaywahl in Neust. Bei der heute stattgehabten Landtagsersatzwahl im Wahlkreis 12, Düsseldorf (Neuß , Greven- broich, Krescld-Land), erhielt der Kandidar des Zentrums Ober- landesgerichtsrat Wilhelm Marx -Köln , 439 Stimmen und Landrat Brüning-Grevenbroich(natl.) 18 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.— Husland. Frankreich . Ministerium Clemenceau ? Schon seit längerer Zeit gingen Gerüchte, daß der Minister - Präsident Sarrien aus Gesundheits- und anderen Rücksichten sein Amt niederzulegen beabsichtige. In den letzten Tagen haben sich diese Gerüchte verdichtet, und es scheint in der Tat, als ob Sarrien jetzt Ernst machen und sein Portefeuille in andere Hände legen will. Am Mittwoch erklärte er Fallieres, dem Präsidenten der Republik,„er glaube nicht mehr die zur Fortführung seines Amtes genügende physische Kraft zu haben." Heute(Freitag) findet eine Sitzung des Ministerrats statt, und in dieser wird es sich ent- scheiden, ob Sarrien wirklich geht, oder ob er seinen Freunden den Gefallen tut, noch ein wenig im Amte zu bleiben. Kaum wurden Sarriens Rücktrittspläne bekannt, da ver- breiteten sich in Paris sofort Gerüchte, dem ganzen Kabinett drohe Sturz. Davon aber kann— wie es im Augenblick wenig- stens noch scheint— wohl doch nicht die Rede sein.— Natürlich tauchte sofort auch die Frage auf, wer die besten Chancen habe, Sarriens Nachfolger zu werden. Und da sind die Politiker nahezu einstimmig der Ansicht, daß in erster Linie Clemenceau , der jetzige Minister des Innern, in Betracht komme. Wer sich erinnert, mit welchen Gedankengängen Clemenceau unserem Genossen entgegentrat, als dieser vor einigen Wochen im französischen Parlament die Grundideen des Sozialismus ent- wickelte, der weiß, daß Frankreich unter Fallieres-Clemenceau ge- nau so kapitalistisch wcitcrregiert werden wird, als es unter Falliercs-Sarrien der Fall war.— Australien . Für den Sozialismus trat Ramsay Macdonald , der als Ver- treter englischer Gewerkschaften nach Australien kam, in einer großen Versammlung in Sydney ein, wie der Londoner „Tribüne" gekabelt wird. Macdonald sprach besonders über die große Zahl der Arbeitslosen, die unter dem kapitalistischen Regime immer mehr anschwillt. Watson, der Führer der Arbeiterpartei, ant- wartete ihm und trug ihm die Grüße und Glückwünsche der austra- tischen Arbeiter an die englischen Kameraden auf. Soziales� Zum Kapitel Bauarbeitcrschutz. Schon des öfteren mußten die mangelhaften Schutz- und Arbeitsrüstungen auf staatlichen oder städti- schen Bauten öffentlich in der Arbeiterpresse besprochen und gerügt werden. So können wir auch gegenwärtig wieder mehrere Fälle anführen, wo auf solchen Bauten in der Umgebung Berlins die Schutzvorrichtungen außerordentlich viel zu wünschen übrig lassen und dadurch möglicherweise Menschenleben in Gefahr gebracht werden können. An dem Gymnasialgebäude zu Pankow , Kissingenstraße, sind z. B. die Dachdecker- und Klempnerarbeiten bis zum Tage der Besichtigung durch einen Organisationsvertteter ohne Schutzrüstuna ausgeführt worden. Die zuständige Behörde wurde hiervon zwar in Kenntnis gesetzt, bisher haben die Beschwerdeführer jedoch noch keinen Bescheid erhalten. Aehnlich steht es auf den Anstaltsbauten in Buch. Dort arbeiten die Klempner auf einenr sehr primitiven Arbeitsgeriist, ein Schutzgerüst aber haben weder die Klempner noch die Dachdecker. Die auf dem Dach arbeitenden Personen sind deshalb ständig der Gefahr des Ab- sturzes ausgesetzt, und die vorübergehenden Passanten können leicht durch herabfallendes Material verletzt werden. Merk- würdigerweise wurde auf eine Beschwerde hin diese„Rüstung" von einem Vertreter der Berufsgenossenschaft für gut befunden. Fachmännisch bettachtet, kann hier aber von ausreichendem Schutz der betreffenden Bauarbeiter gar keine Rede sein. So liegt auf den Auslegern nur ein Brett von zirka 35 Zentimeter Breite. Die Aus- leger sind jedoch 1 Meter von der Grundmauer breit. �Es bleibt auf derselben also ein über 60 Zentimeter breiter Raum übrig, der unbedeckt ist, mithin seine mannigfachen Gefahren bietet. Bei einer solchen Sachlage haben die Arbeiter nun immer zwei gleich un- angenehme Aussichten vor Augen: inmal setzen sie ständig ihr eigenes Leben und Gesundheit aufs Spiel, dann aber haben sie auch noch obendrein Sttafe zu gewärttgen, falls ein Vorübergehender durch herabfallendes Material oder Werkzeug verletzt wird. Trotzdem aber erhielt die Rüstung von dem Beamten der Berufs- genossenschaft das Prädikat„gut"!— Ein weiterer Fall bettifft die Bauten der Landesversicherungsanstalt in Beelitz . Dort sind die Rüstungen für diejenigen Arbeiten, die von dem Hofklempnermeister P u p p e l ausgeführt werden, derartig Mangel- Haft, daß es als ein förmliches Wunder zu bettachten ist, wenn bisher noch niemand abgestürzt ist. Die Rüstung ist folgendermaßen hergestellt: Man hat die Riegel 1,20 bis 1,50 Nieter durch- gesteckt. Das Dach springt 60 Zentimeter vor. In der Mitte der Niegel liegen zwei Bretter von zusammen etwa 50 Zentimeter Breite. Vorn und hinten sind die Riegel aber unbedeckt. Natürlich können hier nur zu leicht dieselben Ge- fahren eintreten wie in den vorher geschilderten Fällen. Gerade bei dem letztgenannten Bau aber müssen dem fachmännischen Beurteiler sonderbare Gedanken überkommen. Rechts vom Bauzaun gibt man sich Mühe, die Folgen der sozialen Schäden an den dort unter» gebrachten Pattenten zu kurieren, und links davon läßt man alles fünf gerade gehen und schafft dadurch womöglich neue Patienten. Aller- Vings läßt sich auch nicht leugnen, daß die Arbeiter s e l b st nicht immer die genügende Sorgfalt auf den Schutz ihrer Gesundheit legen. Bei der doch verhältnismäßig guten Organisation der Arbeiter aller Bauberufe hätten sie es meistens sehr wohl in der Hand, ihre Arbeitgeber zur Herstellung genügender Schutz- und Arbeitsrüstungen zu zwingen. Erlaubnis zur Beschäftigung ausländischer Arbeiter erforderlich? Für rechtsungültig erklärte das Kammergericht den§ 2 der vom Regierungspräsidenten zu Lüneburg im Jahre 1899 erlassenen Polizeiverordnung, welche im ß 1 die Beschäftigung a u s l ä n d i- scher polnischer Arbeiter von einer landrätttchen Erlaubnis abhängig macht und deren§ 2 die Arbeitgeber solcher aus- ländischen Arbeiter verpflichtet, sie binnen drei Tagen polizeilich zu melden. Der Angeklagte Tröster, der den§ 2 ubertreten haben sollte, wurde mit folgender Begründung am 15. Oktober freigesprochen: Nach dem Gesetz von 1842 über die Auf- nähme Neuanziehender und dem K 6 des PolizeiverwaltungsgesetzeS fei anzunebmen, daß eine solche Meldeverpflichtung nur auferlegt werden dürfe den Anziehenden oder Fremden selbst oder denjenigen, die ihnen Wohnung oder Unterkommen(Quartier) gewähren, nicht aber den Arbeitgebern als solchen. Den§ 1 der Verordnung hat daS Kammergericht schon früher für ungültig erklärt, Iveil die Annahme ausländischer Arbeiter nicht von einer polizeilichen Erlaubnis abhängig gemacht werden könne. Gründung einer eigenen Molkerei. Eine Generalversammlung des Konsumvereins Sendling- München hat den Beschluß gefaßt, eine eigene Molkerei zu errichten. Die hierfür geforderten Mittel wurden genehmigt und soll mit den Arbeiten sofort begonnen werden. Der Gesamtumfatz im Konsumverein Sendling-München bettug vom 1. Januar bis 30. Juni 1 250 416,77 M. Die im vorigen Jahre aus dem eigenen Grundstück auf dem Sendlinger Oberfeld gegründete Dampfbäckerei, in der ein Backmeister und 18 Bäcker beschäftigt sind, erreichte einen Umsatz in Backwaren von 185 575,44 M. In den sechs Monaten erzielte die Bäckerei einen Reingewinn von 32 145,99 M. Ausnahmegesetz gegen die ländlichen Arbeiter. Der sächsische Landwirtschaftliche Kreisverein der Oberlausitz hat, wie die„Leipz. Volksztg." berichtet, dem sächsischen Landes- Knlturrate einen Antrag zur Frage des Kontraktbruches der ausländischen Saisonarbeiter unterbreitet. Ein Sonder- ansschuß hat nun dem Landeskulturrate folgende Anträge unter- breitet: „Die Staatsregierung zu ersuchen, bei der Reichs- regierung die baldigste Ausarbeitung gesetzlicher Bestimmungen anregen zu wollen, welche die Möglichkeit des Kontrakt- braches landwirtschaftlicher Arbeiter, insbesondere auch ausländischer landwirffchastlicher Saisonarbeiter, beseitigen resp. verhindern. Ferner: beim Deutschen Landwirtschafts- rate die weitere und schleunigste Verfolgung der Angelegenheit zu beantragen. Professor Dr. Stieda glaubte es nicht empfehlen zu können, die Regierung zu einer Bestrafung des Kontraktbruches auf- zufordern. Vor allem könne er nicht zugeben, daß der Kontrakt- brach als strafbar behandelt werden solle. Er beantragte, die Resolution folgendermaßen zu fassen: Die Staatsregierung zu ersuchen, bei der Reichsregierung dahin vorstellig zu werden, möglich st bald Maßregeln gegen den Kontraktbruch ausländischer Saisonarbeiter zu ergreisen. Dagegen wendeten sich Rittergutsbesitzer Schade und Oekonomie- rat Andrä. Der Oberagrarier M e h n e r t meinte, es könnten durch den Konttaktbruch in der Industrie große Verluste entstehen, durch den Koinraktbruch ländlicher Arbeiter, bei anstehender Ernte entständen aber ganz unvergleichlich höhere Verluste, die nicht allein den Landwirt schädigten, sondern auch die. gesamte Volksernährung.(1!) Da es sich bei einem solchen Ausfalle nicht allein um die Verhinderung der Lieferung handle, könne sich ja auch der Landwirt durch keine Stteikklausel schützen. Die vorliegende Frage sei die wichttgste der Zeit, er stelle den Antrag, die Regierung zu ersuchen, aus der Renning-Sttftung einen Bettag von 3000 M. für eine Preisarbeit zur Verfügung zu stellen über das Thema:„Deckung des Arbeiterbedarfs, speziell von Saisonarbeitern, in ländlichen Betrieben". Der Stiedasche Antrag wurde schließlich abgelehnt, der Ausschußantrag dagegen und der Antrag Mehnert wurden angenommen. Das Ziel der Verminderung oder Beseitigung des angeblichen Verttagsbruches ländlicher Arbeiter läßt sich iiichr durch Schaffung neuer Ausnahmegesetze, wohl aber durch Annahme der von sozialdemo- kratischer Seite im Reichstage gestellten Anträge auf Beseitigung der bestehenden Ausnahmegesetze und auf Schaffung reichsgesetzlicher
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