Hr. 247. 28. Jahrgang. 2. Kniige ües Jon W Keilintt lolMntt Dienstag, 23. Oktober lM. Auf zur Stadtverordnetenwahn Die Stadtderordnetenwahl im 3. Wahlbezirk findet heute �--Dlenstag. 23. Oktober— statt. Wahlkandidat der S o z i a l- demockratie ist Bildhauer Paul Dupont, Solmsstraste 33. ü.\ Kommunalwahlbezirk gehört zum zweiten Reichstags- wahlirees, bildet einen Teil der Tempelhofer Vorstadt und nmfaH d�e Stadtbezirke 67—74. Er ist wegen seiner Größe in drei Teile lAbstimmungsbezirke) zerlegt worden, die jeder ihr besonderes Wahl- lokal haben. Der 1. Teil enthält die Stadtbezirke 67 und 70. nämlich: Gneisenaustraße 22— 34 und 81— 92, Mariendorscrstraße ganz, Mittenwalderstraße 13—22 und 41�49, Nostizstratze 12—25 und 37 MS 49, Solmsstratze 17—27 und 30—40, Zossenerstraße 7—15, 20 bt§ 21, 37— 45. Wahllokal des 1. Teils: Mittenwalder- st r a tz e 15 bei König. Der 2. Teil enthält die Stadtbezirke 68. 69. 71. nämlich: Barutherstraße 1—22, Fürbringerstratze 1—17 und 20—36, Gneisenaustraße 2—21 und 93—115, Mittenwalderstraße 1—12 und 50—62, Nostizstraße 1—11 und 50—63, Solmsstraße 1—16 und 41—52. Zossenerstraße 1—6 und 46—55. Wahllokal des 2. Teils: Solms st raße 48 bei Schubert. Der 3. Teil enthält die Stadtbezirke 72. 73. 74. nämlich: Alexandrinenstraße von Waterloobrücke bis Planufer, Blücher- platz 3. Blücherstraße 1—24 und 61—69, Bärwaldstraße 1—11 und 63—69, Geibelstraße ganz, Johannistisch ganz, Johanniterstraße 1 bis 20, Planufer 1— 74, Straße 14B, Tempelherrenstraße 1— 12 und 15— 24, Urbanhafen, Urbanstraße 185— 188, Waterlooufer ganz, Wilmsstraße ganz. Zossenerstraße 56—60. Wahllokaldes 3. Teils: Blücherstraße 61 bei Thiem. Wahlberechtigt ist jeder, der in der Wählerliste steht. Die Wählerliste ist aufge- stellt worden in der ersten Hälfte des Juli 1906. In der Wähler- liste steht jeder, der zu diesem Zeitpunkt mindestens 24 Jahre alt war, die Staatsangehörigkeit in Preußen hatte, seit mindestens einem Jahr in Berlin wohnte, eine eigene Wohnung hatte oder als Chambregarnist galt, im letzten Jahre nicht aus öffentlichen Mitteln unterstützt worden war. Wer nur zu einem Einkommen von 660 bis 900 Mark eingeschätzt und demgemäß zu 4 Mark Steuer veranlagt ist, ist wahlberechtigt, obwohl diese Steuer nicht von ihm bezahlt wird. An der Wahl nehmen diejenigen Wähler noch teil. die bis Juli 1906 im 8. Wahlbezirk gewohnt haben, aber dann aus ihm weggezogen sind. Auch diese Wähler dürfen es nicht unter- lassen, heute von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, und zwar ungemahnt. Es ist schwer, am Wahltage auch sie noch auszusuchen und sie an ihre Pflicht zu erinnern. Regelmäßig fügt es sich so, daß zwischen der Aufstellung der Wählerliste und dem vom Magistrat festgesetzten Wahltermin ein großer Umzug liegt. Da sind es dann besonders Wähler der Arbeiterklasse, die durch Wohnungswechsel ihrem Wahlbezirk entzogen werden. Auf die Säumigkeit der weggezogenen Wähler der Arbeiterklasse setzt der Freisinn bei allen Wahlen seine Hoffnung. Möge sie ihm diesmal gründlich vereitelt werden. Den Wählern hat der Magistrat die üblichen Legi- timationskarten übersandt. Gültig sind auch andere Legi- timationen, z. B. Steuerquittung, Militärpapiere, Mietskontrakt; doch wird durch Vorweisung der amtlichen Legitimation eine raschere Erledigung des Wahlaktes erreicht. Es ist möglich, daß nicht alle Wähler die amtliche Legitimation erhalten haben; namentlich solchen Wählern, die inzwischen aus dem Wahlbezirk weggezogen sind, wird sie nicht immer zugestellt worden sein. Da muß dann natürlich für eigene Legitimationspapiere, wie oben angeführt, Sorge getragen werden. Die Wahlzeit ist die übliche, von morgens 10 Uhr bis 8 Uhr abends Doch empfiehlt es sich, den Gang zum Wahllokal nicht bis zum letzten Augenblick hinauszuschieben. Jeder gehe so zeitig wie mög- lich. Unseren im Wahlbezirk tätigen Genossen wird es dadurch er- spart, in letzter Stunde noch hunderte säumiger Wähler heran- zuholen. Das Wahllokal wird übrigens Punkt 8 Uhr geschlossen Wählen darf dann nur noch, wer bereits im Lokal ist. Wie unsere Gegner arbeiten. Dem Wahlkandidaten der Sozialdemokratie, unserem Genossen Bildhauer Paul Dupont, hat der Freisinn den Herrn Emil Hufs entgegengestellt. Der Mann ist Fabrikant und Kaufmann, glück- licher Besitzer dreier Häuser, bewährtes Mitglied zweier Haus- besitzervereine. Die Hausbesitzer, die ja die Kerntruppe des Berliner Stadtfreisinns sind, haben für ihn still und unauffällig, aber mit Eifer agitiert. Sie glauben, in der Stadtverordnetenversammlung noch immer nicht genug ihrer Sorte zu haben. Das„liberale W a h l k o m i t e e" hat es erst am Vorabend der Wahl, am Montagabend, gewagt, den von einem ganz kleinen Konventikel aufgestellten Herrn Emil Hufs einer öffentlichen Versammlung vorzustellen. Was der Liberalis- mus den Wählern vorzuerzählen für gut hält, das hat das Wahl- komitee einem Flugblatt anvertraut. Da wird geredet— wir lasen's mit Staunen— von„sozialen Aufgaben", von„sozialer und liberaler Anschauung und Gesinnung". Wie wenn der Berliner Kommunalliberalismus je eine„soziale Anschauung" betätigt hätte, je„soziale Aufgaben" anerkannt hätte!„Großes und Herrliches ist," so prahlt das Flugblatt,„durch das Berliner Bürgertum ge- schaffen. Größeres und Herrlicheres soll geschaffen werden! Die Einrichtungen Berlins für die Armen-, Kranken- und Jrrenpflege stehen einzig da und erregen selbst die Aufmerksamkeit fremder Staaten. Gemeindeschulen, Fortbildungsschulen, Handwerker- schulen, technische Bildungsinstitute der vielfältigsten Art bczeugon die große Fürsorge des Bürgertums für die Jugend, die werdenden Arbeiter und Bürger." So bramarbasiert der Berliner Freisinn. „Einzig steht da" die Dreistigkeit, mit der hier der Liberalis- mus die Leistungen Be'rlins als mu st erhaft preist, wiewohl alle Welt weiß, daß unsere Kommune leider auf keinem Gebiete eine führende Stellung einnimmt. Das Flugblatt erzählt weiter, trotz„solcher Taten" verschließe das liberale Bürgertum Berlins sich doch nicht„den Forderungen der Zeit": Hebung und Besserung oer Arbeitsverhältnisse, der Löhne und Gehälter der städtischen Arbeiter, Beamten und Lehrer; Wer- besserung der Fürsorge in den Kranken- und Genesungsheimen, Schaffung eines städtischen Gesundheitsamtes; Uebersührung der Straßenbahnen und Elektrizitätswerke in die städtische Verwaltung; eine gerechte und gesunde städtische Steuerpolitik. Aber wie stimmt denn zu diesen faustdick aufgetragenen Versprechungen die Haltung, die der Liberalismus gegenüber all diesen„Forderungen der Zeit" im Stadrparlament eingenommen hat? Uebrigens lassen selbst im Flugblatt die viel versprechenden Liberalen sogleich den Pferdefuß herausgucken, indem sie zetern:„Die Sozialdemokraten haben es leicht, immer neue Forderungen an die Stadt zu erheben. Die Liberalen denken also auch an diejenigen, welche für alle jene ufer- losen Forderungen mit erhöhten Steuern in Anspruch genommen werden. Die Liberalen wollen Sparsamkeit in der Stadt und Schonung derjenigen, Sie Steuern bezahlen, im Gegensatz zu den- jenigen, die keine Steuern zahle n." Ei gewiß, die Sozial- demokraten„zahlen keine Steuern", darum erheben sie„uferlose Forderungen". Gegen sie muß der Liberalismus die G e l d s ä ck e der gutsituierten Bürger, vornehmlich der Hausbesitzer, schützen und beschirmen, indem er im Rathause die„Forderungen ist Seit"- ablehnt. Für den freisinnig-hausagrarischen Kandidaten Hufs hat, wie wir schon meldeten, auch der..Reichsverband gegen die Sozialdemokratie" kräftig gearbeitet. Die eine Zuschrift, Lfe wir am Sonntag veröffentlichten, hat dem„Reichsverband" noch nicht genügt. In einer zweiten Zuschrift ruft er aufs neue alle bürgerlichen Wähler zur einmütigen Unterstützung des liberalen Kandidaten aus. Er mahnt:„Gegenüber der stetig wachsenden sozialdemokratischen Gefahr müssen in der Stunde der Entscheidung alle trennenden Momente bei den Angehörigen der verschiedenen bürgerlichen Parteien zurücktreten; nur die Uneinigkeit des Bürger- tums hat es zuwege gebracht, daß die Sozialdemokratie eine der- artig bedrohliche Bedeutung gewinnen konnte. Ein Sieg des liberalen Kandidaten in unserem Wahlbezirk am 23. Oktober würde geeignet sein, das Bürgertum zu neuen Erfolgen im Kampfe gegen die Sozialdemokratie anzuspornen, nicht nur bei den Gemeinde- wählen, sondern auch bei den allgemeinen Wahlen zum Reichstag e". Die sozialdemokratischen Wähler deS 8. Wahl- bezirks sollten sich den letzten Satz genau überdenken; die Be- deutung dieser Ersatzwahl reicht in der Tat weit hinaus über die engen Grenzen des einen Bezirks. Uebrigens war diesem zweiten Schreiben des Reichsverbandes ein Flugblatt beigelegt, das in bekannter Manier warnt:„Wählt keinen Sozialdemokraten". Da wird erzählt, die Sozialdemokratie wolle das Eigentum rauben, Ehe und Famisie beseitigen, die Religion ausrotten, das Königtum abschaffen usw. usw. Alles Mögliche und Unmögliche steht in dem Wisch— und kein einziges Wort über Stadtverwaltung und Stadt- vcrordnetenwahl. Dem Freisinn, der aus eigener Kraft in den Wahlbezirken dritter Abteilung nichts mehr zu erreichen vermag, ist die anrüchige Bundesgenossenschaft des„Reichsverbandes" sehr willkommen. Auch diesem zweiten Schreiben war wieder ein Stimmzettel beigelegt, der vom liberalen Wahlkomitee si. A.: Matthe» und Perls) unter» zeichnet war. Vom„Reichsverband" will der Freisinn sich alle nichtsozialdemokratischen Wähler zuführen lassen, die Mittelstands- leute, die Beamtenschaft, die Reste der konservatw-antisemitischen Bürgerpartci, die ihm übrigens schon früher bei Stadtverordneten - wählen Handlangerdien st e geleistet hat. Wenn keine Wahlen in Aussicht sind, schimpfen die freisinnigen Maulhelden vom Schlage des Herrn Perls auf diese Bevölkerungsschicht. Wenn Wahlen kommen, ist sie immer noch gut genug dazu, ihnen den Karren aus dem Dreck ziehen zu helfen. Genossen! Seid heute auf der Hut! Die Wählerschaft aus der werktätigen Bevölkerung, die allein von der Sozialdemokratie eine Besserung der kommunalen Zustände Berlins erwartet, wird heute auf dem Posten sein müssen, wenn der Wahlbezirk im Besitz der Sozialdemokratie bleiben und Bildhauer Paul Dupont gewählt werden soll. Für den Wahlkandidaten der Sozialdemokratie, Bildhauer Paul Dupont, Solmsstrasie 33, muß.jeder Wähler stimmen, der Einspruch erheben will gegen die Diißwirtschaft des Berliner Kommunalsrei- s i n n s. »»* Alle Parteigenossen, die am heutigen Wahltage Hülfe leisten wollen, auch diejenigen, welche sich bereits gemeldet-haben, werden ersucht, sich um 9 Uhr in dem Zentralbureau einzufinden. Seidel, Mittenwalderstr. 16(Zentrale), Scholz, Zosscnerstr. 1, Hilgert, Urbanstr. 7. Das Wahlresultat wird in den heutigen Zahlabenden des 2. Wahlkreises bekannt gegeben. - Der Vorstand. partei- Hngelegenbeltem Zum heutigen Extra-Zahlabend sei darauf aufmerksani gemacht, daß vollzähliges Erscheinen der Wahlvereinsmitglieder dringendes Erfordernis ist, soll die auf- zunehmeilde Statistik über die gewerkschaftliche Zugehörigkeit der Mit- glieder und über andere wichtige Fragen Anspruch aus Zuverlässigkeit haben. Alle Mitglieder müssen zum guten Gelingen dieser mühe- vollen aber verdienstlichen Arbeit beitragen. Insbesondere wollen die Mitglieder, die beim letzten Umzug aus ihrem Bezirk verzogen sind, aber im neuen Bezirk noch keine Einladung zum Zahlabend erhalten haben, sich auch ohne Einladung im neuen Bezirkslokale heute abend einfinden. Wem dies neue Lokal nicht bekannt sein dürfte und wem es durchaus nicht gelingt, dies durch Erfragen im Bezirk zu erfahren, der tut gut, sich noch im alten Bezirk zur Aufnahme in die Statistik zu melden. Wiederholt sei darauf hingelvicsen, daß der Extrazahlabend auch in den Vororten abgehalten wird. Das Protokoll vom Parteitage zu Mannheim gelangt heute abend zum Preise von 10 Pf. zur Ausgabe. �_ Der Aktionsausschuß. Zur Lokalliste! Folgende Lokale stehen uns zu den bekannten Bedinguiigen zur Verfügung: In Zehlendorf , Kreis Teltow-Beeskow : Wilh. Miecks Gesellschastshaus, Karlstr. 12; in Neu-Zittau : Wald- schlößchen, Jnh. C. Schulz, Goscnerstraße. Bitte aus- zuschneiden und der Lokalliste beizufügen. Am Freitag, den 26. d. M. veranstaltet der Ausschuß zur Ver- anstaltung von Volksaufführungen in der Philharmonie ein Konzert. Da nian bei derartigen Veranstaltungen hauptsächlich mit dem Vertrieb der Billetts in Arbeiterkreisen rechnet, verweisen wir auf den Beschluß der Parteigenossen Grotz-Berlins , wonach die Philharmonie für die auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehende Arbeiterschaft auch für den persönlichen Verkehr ge- s p e r r l r st. Auf Ersuchen deS Arbciter-RaucherbundeS teilen wir mit, daß der in Nummer 220 genannte Rauchklub„Zur goldenen Sonne", welcher in dem gesperrten Lokal„Charlottenburger Kasino" am 22. September sein Stiftungsfest abgehalten hat, auf Grund dieser Tatsache aus deni Arbeiter-Raucherbund ausgeschlossen worden ist. Die L o k a l k o m m i s s i o n. 3. Landtagswahlkrcis bestehend aus dem 6. ReichstagSwahlkreis und der 5., 6. und 7. Ab- teilung des 5. Kreises. Am Donnerstag, den 25. d. M., geschlossene Mitgliederversammlung in den Germaniasälen, Chaussee- straße 103: Aufstellung eines Kandidaten zur bevor- stehenden Nachwahl zum preußischen Abgeordnetenhaus. Vorher: Vortrag des Genossen Ledebour . Eintritt nur gegen Vor- zeigung deS Mitgliedsbuches._ Die Vorstände. Treptow -Baumschulcnweg. Heute abend 8'/z Uhr findet eine Volksversammlung statt, in welcher Genosse F. Zubeil über „Deutschlands äußere und innere Politik und sein Panama " sprechen wird. Die Parteigenossen sind verpflichtet, in dieser Versammlung zu erscheinen und etwaige Bekannte und Nachbarn mitzubringen. Die Versammlung wird pünktlich eröffnet. Der Vorstand. Johannisthal . Den Genossen zur Kenntnis, daß am 23. Oktober im„Lindenhof" die Generalversammlung des Wahlvereins stattfindet. ES ist Pflicht der Genossen anwesend zu sein und die Mit- gliedsbücher der Gewerkschaft, ebenso die Quittungen des„Vorwärts" mitzubringen. Der Vorstand. Friedenau . Heute abend �9 Uhr: Mitgliederversammlung bei Grube. Kaiser-Allee85. Tagesordnung: 1. Kassenbericht. 2. Bericht vom Parteitag. 3. Aufnahme der Statistik. Die Partei- genossen werden ersuchi, pünktlich und zahlreich� zu erscheinen und die Mitgliedsbücher der politischen und gewerkschaftlichen Organi- sation, sowie die„Vorwärts"- resp. Zeitungsquittung mitzubringen. Die Versammlung wird pünktlich eröffnet. Der Borstand. Zchlcndorf. Heute findet der Extra-Zahlabend behufs Aufnahme der Statistik für den I., II. und III. Bezirk im Lokal von Benno Mickley, Potsdamerstr. 25. für den IV. Bezirk(Schlachtensee) im Lokal von Aug. Rüter, Schlachtensee, Eitel Fritzstr. 12, statt. Partei- genossen! Seid alle zur Stelle und helft durch vollzähliges Er- scheinen die so notwendige Arbeit der Ausnahme der Statistik glatt und lückenlos durchführen! Kein Genosse darf fehlen! Als Aus- weise sind mitzubringen Wahlvereinsbuch, Mitgliedsbuch der gewerk- schaftlichen Organisation, sowie die letzte Monatsquittung vom „Vorwärts". Der Vorstand. Tempelhof . Heute Dienstag, den 23. Oktober, abends S1� Uhr, findet die Generalversammlung des sozialdemokratischen Wahlvereins Tempelhof bei M. Müller, Berlinerstr. 41/42, statt. Tagesordnung: 1. Bericht vom Parteitag. Referent: Genosse Wollermann. 2. Dis- kussion. 3. Bericht des Vorstandes. 4. Aufnahme neuer Mitglieder. 5. Vereinsangelegenheiten. Nach der Versammlung findet die Aufnahme der Stasistik statt und haben hierzu die Mitglieder ihre Verbandsbücher mit- zubringen. In Anbetracht der Wichtigkeit dieser Aufnahme ist es Ehrenpflicht aller Mitglieder zu erscheinen. Der Vorstand. berliner jVacbrichtcn. Ueber die Elektrisierung der Stadtbahn hat sich der Minister der öffentlichen Arbeiten einem Mitarbeiter des„Verl . Tageblatt" gegenüber sehr ausweichend geäußert. Wohl bedürften die zetzigen Zustände auf der Stadtbahn dringend einer Nachhülfe und Aende- rung, ob diese Besserung aber durch die elektrische Umgestaltung der Berliner Stadtbahn in hohem Maße erreicht würde, sei sehr zu prüfen. Um die hohen Kosten— mehr als 100 Millionen Mark — außerdem die lange Zeit, die die Umwandlung bedürfe, wobei nicht zu vergessen sei, daß die elektrisch betriebene Stadtbahn von etwas Neuem überholt sein könne und endlich der Umstand, daß bei einer solchen Umwandlung der Verkehr uin nur höchstens 30 Pro- zent gesteigert werden könne, alles das gäbe doch sehr zu denken. Er gebe zu. daß Berlin als Dreimillionenstadt eine Ausnah-ne dar- stelle und als Ausnahme auch behandelt werden müsse. Gerade darum lasse er sich auch die Förderung seines Vorort- Verkehrs besonders angelegen sein. Ein Schritt auf diesem Wege ist der neue Winterfahrplan, der eine große Reihe neuer Vorortzüge aufweist. Er habe sich dabei bemüht, möglichst auf die Bedürfnisse des Verkehrs zu den verschiedensten Tagesstunden einzugehen. Dadurch sei den Bewohnern der Vor- orte mehr gedient, als durch Ermäßigung der Tarife.s!)" Ueber seine bekannte ablehnende Stellung gegenüber dem Be- streben einer großen Anzahl von preußischen Vorortgemeinden auf Einrichtung des Vorortverkehrs erklärte der Minister: „Ich bin deswegen viel angegriffen worden. Es ist aber der Weg, den ich allein gehen kann. Die kleinen Vorortgemeinden in den verschiedenen Teilen des Staates können nicht das ver- langen, was ich aus den vorhin geschilderten Gründen Berlin ge- währen mutz und will. Meine Antwort sollte nicht etwa als ein indirekter Wink an den Berliner Magistrat aufgefaßt werden. Ich bin lediglich der Ueberzeugung, daß die Aufgaben des Bor- ort- und Lokalverkehrs im allgemeinen von der Privat- initiative rascher und glücklicher gelöst werden können als von der Staats bahnverwaltung, die sich den Weg für die all- gemeineren Fragen des Verkehrs offen halten muß. Ich habe früher vier Jahre in der Nähe Berlins gewirkt und weiß, daß hier, wie schon erwähnt, besondere Umstände mitsprechen. Ich habe aber auch in preußischen mittleren Großstädten gelebt und durch die Praxis erfahren, daß gerade Straßenbahnen in städtischer Verwaltung dem Vorortverkehr sehr günstig dienen! Mehr kann ich leider nicht sagen. Ich versichere, daß ich nicht nur die Frage der Stadtbahnelektrisierung, sondern alle Berliner Verkehrsfragen mit größtem Interesse verfolge." Diese Auslassungen bestätigen von neuem, daß der Eisenbahn- minister ein Gegner der Tarifherabsetzungen im Berliner Vorort- verkehr ist, obwohl gerade diese Frage eine eminente Wichtigkeit beanspruchen darf. Die EntWickelung der Vororte hat dahin ge- geführt, daß sie, wenn auch kommunalpolitisch selbständig, mit Berlin doch eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dem muß auch der Staat Rechnung tragen. Schon allein im Hinblick auf die Wohnungsfrage, die in Berlin für die minder- und unbemittelre Bevölkerung immer ungünstiger wird, ist eine Tarifreform dringend erforderlich. Der Hinweis auf Privatinitiative auf diesem Ge- biete ist gänzlich verfehlt. Der Staat darf die Lösung dieser wich- tigen Verkehrsfragen nicht dem Privatkapital überlassen, sondern muß selbst tatkräftig eingreifen. Die Berliner Strasienreinigung. Aus Kreisen der Gemeinde- arbeiter wird uns geschrieben: Dieser Tage ist ein Verwaltung»- bericht des Magistrats zu Berlin für das Etatsjahr 1905 über das Straßenreinigungswesen erschienen. Da sich kürzlich die De- putation für das Stratzenreinigungswcsen mit der Reorganisation dieses großen kommunalen Betriebes beschäftigte und unter anderem auch die Lohnfrage in einer den städtischen Arbeitern recht wenig zusagenden Weise„regelte", so wollen wir uns diesen Verwaltungs- bericht etwas genauer ansehen. Im allgemeinen Teil wird gesagt, daß die Deputation für das Straßenreinigungswesen aus vier Stadträten und acht Stadtverordneten besteht; von diesen acht Stadtverordneten hat es am Dienstag nur einer verstanden, für eine Lohnerhöhung der betreffenden Arbeiter zu stimmen. Das freundliche Wohlwollen der anderen sieben, das sich hier und da dem Zuckerwasscrverein der Stratzenreiniger gegenüber kundgibt, reichte nicht ans, um für eine materielle Verbesserung der Straßenreiniger zu wirken. Dieser hurrapatriotische Lokalverein der Straßen- reiniger hat unseres Wissens, um den im Gemeindearbeitervcrband organisierten Kollegen um eine Nasenlänge zu schlagen, eine Ein- gäbe um Erhöhung des Anfangslyhnes auf 4 M. eingereicht, einer Antwort wurde dieser gehätschelte Klub der harmlosen Straßen- reiniger aber nicht gewürdigt. Wie aus dem Bericht des„Vorwärts" zu ersehen, wird die Deputation den Etat in einer später statt- findenden Sitzung endgültig feststellen, nachdem die Direktion der Straßenreinigung ihre Reformpläne ausreichend finanziert habe. Wir wollen sehen, ob die Mehrheit der Verwaltungsdeputation und späterhin der Magistrat wirklich den Mut haben, über die geradezu bescheidenen Forderungen— Herr Kirschner wird gütigst gestatten — zur Tagesordnung überzugehen. An dem Verwaltungsbericht ist ferner noch die Mitteilung interessant, daß an Löhnung für das Personal 1905 2 457 624 M. zur Verfügung standen, aber nur 2 402 585,10 M. ausgegeben, somit auf Kosten der Arbeiter 55 038,90 Mark gespart wurden. Wir sagen auf Kosten der Arbeiter. Diese Behauptung wird beweiskräftig dargetan, wenn wir weiter be- merken, daß sich die Zahl der Erkrankungen um 124 vermehrt haben, somit auf 1225 stiegen, und an Stelle der erkrankten Arbeiter erst nach einiger Zeit gesunde Kräfte zur Aushülfe eingestellt werden,. die arbeitenden Mannschaften also ein größeres Arbeitspensum be- wältigen müssen. Dann kommt noch hinzu, daß im Berichtsjahre sich das Arbeltsgebiet um rund 245 000 Quadratmeter vergrößert hat. Die erfolgten Neueinstellungen sind ungenügend; die aur-
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