sind lediglich auf den Vorteil der großen deutschen Viehzüchter,auf die Steigerung ihres Profits berechnet. Einen anderenZweck haben sie nicht. Deshalb fort mit den die Lebenshaltung der ärmeren Bebölkerung schwer belastenden Einfuhr-verboten und Einfuhrbeschränkungen, fort mit den lediglichbeul Profttinteresse der Agrarier dienenden Einfuhrzöllen!Die Grenzen auf! Höher als das Profitinteresse der großenViehzüchter und Viehhaltcr steht die Ernährung der großenVollsmasse._poUtilchc Ckbcrlicht,Berlin, de» 23. Oktober.Tie Wahl in Döbeln-Noftwein.Ein sicheres Ergebnis über die Wahl im 10. sächsischenNeichstagSwahIkreise liegt bis zur Stunde noch nicht vor.Außer Zweifel steht nur der Sieg des sozialdemokratischenKandidaten Genossen Pinkau. Darüber, mit ivelcher Stimmen-Mehrheit dieser Sieg errungen wurde, gehen die Meldungenauseinander. Itach dem Wölfischen Depeschenbureau erhieltenProfessor Hasse sKartellparteien) 8320, Lehrer Beck(frs.Vp.) 3509, P i n k a u(Soz.) 1�059 Stimmen.Danach hätte Pinkau nur 1J50 Stimmen mehr erhalten,als die beiden Gegenkandidaten auf sich vereinigten. EinePrivatdepesche des„Vorwärts" schreibt Hasse 8300, Beck3312 und P i n k a u 12 274 Stimnien zu, so daß die sozial-demokratische Mehrheit<162 Stimmen betragen hätte. Mehrerekonservative Berliner Blätter endlich buchen für Hasse 8372,für B e ck 3612, fiir Pin kau 12 716 Stimmen, wonach dassozialdemokratische Mehr sich auf 702 Stimmen beziffert hatte.Da im Jahre 1903 der Nationalliberale 5-134, derReformparteiler 5369 und Genosse Grünberg13 162 Stimmen erhalten hatte, differiert also der Stimmen-rückgang der Sozialdemokratie zwischen 446 und 1103 Stimnien. Dagegen wuchs die Zahl der für die bürgerlichenGegenkandidaten abgegebenen Stimmen gegenüber 1903 um1809 respektive 2011 Stimmen.Betrachtet man den konservativ-anttsemitisch-nationallibe-ralen Mischmasch, der diesmal für Haffe stimmte, g e-sondert, so ergibt sich für diese reaktionären Parteien einRückgang von rund 2700 Stimmen.Mit dem Jubel über den sozialdemokratischen Stimmen-rückgang verbinden sich deshalb in der reaktionären Pressewütende Ausfälle gegen die Liberalen. Die„P o st" erhebtgegen den Freisinn zornige Anklage, weil er durch Auf-stellen der Sondcrkandidawr Beck angeblich den WahlsiegPinkauL verschuldet habe. Sei diese freisinnige Kandidatur unter-blieben, so wäre vermutlich der Sieg zu erringen gewesen.Diese Kalkulation ist äußerst univahrscheinlich. Wäre keinfreisinniger Kandidat aufgestellt worden, so wäre im Gegenteilganz sicher die Stimmenmehrheit für Pinkau noch eine be-deutend beträchtlichere gewesen. Das Organ Knuten-O e r t e l s hinwiederum rempelt die Nationalliberalen an,die sich als höchst unzuderlässige Bundesgenossen erwiesenhatten, sei doch zweifellos ein Teil der früheren national-liberalen Stimmen für den Freisinnigen abgegeben worden.Bei einer solchen Unzuverlässigkeit könnten die National-liberalen künftig für ähnliche Kompromisse überhaupt nichtmehr in Frage kommen.Do. die Sozialdemokratie nach allen dreiMeldungen einen Stimmenrückgang aufzuweisen hat,scheint so viel festzustehen, daß ein Teil der Wähler, die seit1898 für die Sozialdemokratie stimmten, aus Freisinnigenbestand, die, da seit dem genannten Jahre bis zur gestrigenWahl kein freisinniger Kandidat mehr aufgestellt war, dieSozialdemokratie als das„kleinere Uebel" ansahen, diesmalaber wiederum freisinnig stimmten. Hinzukani, daß der ver-storbene Genosse Grünberg im Wahlkreise ansässig und persön-lich auch in bürgerlichen Kreisen beliebt war, Momente, diefür Pinkau nicht ins Gewicht fielen.Die Lehre der Döbelner Wahl für uns kann nurwiederum die sein, die Organisationen ziw höchsten Leistungs-fähigkeit auszubauen und in der nachdrücklichsten Weise grund-sätzliche Aufklärung zu betreiben.Sehr schlecht hat bei der Wahl der Reichsverbandzur Bekämpfung der Sozialdemokratie ab-geschnitten. Trotz aller Wühlerei und schofelster Verleumdungs-künste hat er nicht verhindern können, daß die Stimmenzahldes famosen alldeutschen Wahlrechtsfeindes Hasse um zirka2000 Stimmen hinter der reaktionären Stimmenzahl auS demJahre 1903 zurückgeblieben ist!Die B e r l i n e r„ V o l k s- Z t g." bemerkt zum Wahlausgang:„Der sozialdemokratsche Kandidat hat mit 12 959 Stimmengegenüber den allgemeinen Wahlen im Jahre 1993 einenRückgang von 1193 Stimmen zu verzeichnen. Dieser Rück-gang will angesichts der Tatsache, daß im Jahre 1903lein freisinniger Kandidat aufgestellt worden war, nichtviel besagen. Sicher haben damals viele Freisinnige dem Sozial-demokraien ihre Stimme gegeben. Zum letzten Male war indiesem Kreise im Jahre 1893 ein freisinniger Kandidat aufgestelltworden. Dieser brachte es damals auf 1646 Stimmen. Jetzt hatder steisinnige Kandidat Lehrer Beck-Dresden 8509 Stimmen erhalten. Zählt man die oppositionellen freifinnigen Stimmen zuden oppositionellen sozialdemokratischen Stimmen hinzu, so hatdie Linke bei dieser Ersatzwahl gegenüber den allgemeinen Wahlenim Jahre 1903 ein Mehr von 2406 Stimmen erzielt, lvährend,wie wir vorhin erwähnt, die vereinigten Reaklioilstruppen nahezuan 3000 Stimmen eingebüßt haben."Ein Pyrrhussieg der einen reaktionären Masie.Die bürgerliche Presse verkündet mit dem nötigen Aplomb, daßdie vaterlandslose Rotte wieder einmal furchtbar aufs Haupt ge-schlagen worden. Mülhausen, das elsässische Manchester, hatfürderhin keine sozialdemokratische Gemeinderals-Mehrheit. AmSonntag hat die Ersatzwahl zum Gemeinderat den Bürgerlichen denSieg gebracht, die Sozialdeniolratie ist unterlegen. Mit 2609 StimmenMehrheit ging die bürgerliche Liste durch. Grund genug für dieOrgane des Bürgertums, sich eines so seltenen Falles zu freuen.Indes fühlen sich unsere Mülhauser Genossen durchaus nichtzerschmettert und das wird verständlich, wenn man die näherenUmstände dieser Wahlschlacht betrachtet. Zun, ersten Malestand die Sozialdemokratie Mülhausens einem Block der Bürgerlichengegenüber. Alle Parteiunterschiede im bürgerlichen Lager warenzerflosirn in der Hitze der sozialdemokratischen Rotglut; Zentrum,Liberale und Demokraten hatten sich zusanimengefunden auf einerListe. Und auf diese Liste fielen 7989-8949 Stimmen, während dieSozialdemokratie aus ihre Kandidaten 5495—5431 Stimmen ver-einigte. Im Jahre 1904 fielen auf die sozialdemokratische Liste3936—3980 Slimmen. die übrigen 7500 Stimmen verteilten sich aufdie damals getrennt marschierenden drei bürgerlichen Parteien, vondenen der Wahlverein der Katholiken 3109. der Allgemeine Wahl-verein(Liberale der verschiedenen Richtungen) 2399 und die Demokraten 2109 erhielten. Der Vergleich ergibt, daß dieSozialdemokratie fest 1991 um rund 1460 Stimmen ge-wachsen ist, während die bürgerlichen Parteien nur 513Stimmen gewannen. Ein solches Ergebnis kann die Sozialdemo-lratie, wie unser Mülhauser Parteiblatt schreibt, mit Stolz, Freudeund Zuversicht erfüllen.«Der Sieg der vereinigten Gegner am21. Oktober 1996 war ein Pyrrhussieg: noch ein solcher Sieg undsie sind endgültig verloren I Sie werden aber voraussichtlich garnicht dazu kommen, einen solchen.Sieg' wieder in zwei Jahren zuerringen, denn die Hauptwahlen von 1993 vollziehen sich notwendigunter ganz anderen Bedingungen.'Es sind aber noch andere Gründe für das Wahlresultat vor»handen. Darüber schreibt uns unser elsässischer Korrespondent:Bis zum Jahre 1992 bestand der Mülhauser Gemeinderat inseiner Mehrheit aus Bürgerlichen, die Neues und Notwendiges so gutwie gar nicht schufen und emsig darüber wachten, daß die Interessender Bourgeois nicht geschädigt und ihre Geldbeutel nicht allzu-sehr für soziale und gemeinnützige Zwecke in Anspruchgenommen wurden. Aufwendungen, die über die Einkünfteaus dem Oktroi hinausgingen, wurden möglichst vermieden. Einprogressives städtisches Steuersystem gibt es nicht. Die Landes-gcsetzgebung gestattet den Genieinden nur, Steuerzuschläge zu denLandessteuern für kommunale Zwecke zu erheben. Aber selbst dieseSteuerzuschläge, die beileibe nicht progressiv nach der Steuerkrastder Einwohner bemessen waren, suchte man zu vermeiden. Die un-gerechte, volksausbeutende Verzehrsteuer, das Oktroi, blieb dieHaupteinnahmequelle der Kommune. Den Bau von Arbeiter-Wohnungen, eine Notwendigkeit für Mülhausen, die Armen-fürsorge usw. überließ man der privaten Wohltätigkeit der schwer-reichen Unternehmer und Fabrikanten, die die Arbeiter so indrückender wirtschaftlicher Abhängigkeit hielten.Im Jahre 1992 gelang es der Sozialdemokratie, dieabsolute Majorität im Rathause zu erobern. Biel Arbeitfand sie in der Kommune vor, denn vieles war vernachlässigtworden. Mit Feuereifer gingen die sozialdemokratischen Bertreterdaran, Refonnen in der Stadtverwaltung vorzunehmen. DieArbeitsverhältnisse der städtischen Arbeiterwurden verbessert, so daß sie vorbildlich für manche andere Ge-meinde geworden sind. Neue, den modernen Ansprüchengenügende Schulhäuser wurden gebaut und sonstige Reformen imSchulwesen eingeführt. Für die Arbeitslosen wurde im Winter durchNotstandsarbeiten gesorgt. Arbeiterwohnhäuserwurden errichtet. Das Elektrizitätswerk wurde aus Privat-besitz in den Besitz der Stadt überführt, eine Wald-schule wurde gegründet, die Stadt selbst verschö.nert und mitpraktischen Neuerungen versehen. Selbst die Gegner müssendiese Verschönerung der Stadt und die Verbesserung der Einrich-tungen zugeben. Dagegen haben sie auch nichts einzuwenden. Aberdie gegen früher bedeutend erhöhten Zuschlagspfennigehaben es ihnen angetan. Es erbittert sie, daß.'auchsie zu den Kosten der Einrichtungen für die Allgemein-heit und die wirtschaftlich Schwächeren mit herangezogen werden.Ein Schimpfen hob an über sozialdemokratische Mißwirtschaft, sozial-demokratisches Klassenregiment, obgleich lediglich Einrichtungen ge-schaffen wurden, die im heutigen bürgerlichen Gemeinwesen schonnotwendig find, und um die auch eine vorgeschrittene bürgerlicheGemeindevertretung nicht herumgekommen wäre.Im Zentrum, bei Liberalen und Demokraten ertönte derRuf:.Die sozialdemokratische Klassenherrschaftauf dem Rathause muß gebrochen werden."Wie aber das anfangen. Sollte man noch zusehen bis 1998,wo die allgemeinen Wahlen stattfinden? Das dauerte den um ihreGeldsücke bangenden Bourgeois zu lange. Man fand einen anderenWeg. Die elsaß-lothringische Gemeindeordnung bestimmt, daß beiErledigung von einem Viertel der Gemeinderatssitze Ersatz-Wahlen stattzufinden haben. Auf diese Bestimmung wurde derAugriffsplan aufgebaut. Eiuige Sitze waren bereits durch Wegzugund Tod erledigt und um das Viertel vollzumachen(neun von36 Sitzen) legten die Demokraten die Gemeinderatsmandate nieder.Infolge weiterer Demissionen stiegen die erledigten Sitze auf 11,sodaß der Bezirkspräsident Neuwahlen ausschrieb.Jetzt galt es nur noch, die feindlichen bürgerlichen Parteien Areinigen, und es kennzeichnet die Situatton ungemein, daß sich dieantiklerikalen Demokraten mit dem auf allen Gebieten rückständigenZentrum ohne Schwierigkeiten zusammenfanden.Durch den Ausgang der Ersatzwahlen werden die Sozialdemo-kraten aus der absoluten Mehrheit in die relattve Mehrheit gedrängt.Der Gemeinderat wird in Zukunft bestehen auS 14 Sozialdemo-kraten, 8 Zeutrumsleuten, 7 Demokraten, 5 Liberalen und 2 Wilden,wovon einer klerikal ist. Die weitere Folge wird, wenn die bürger»liche Mehrheit ihren Versprechungen nachkommen will, eine so-genannte.sparsamere" Wirtschaft sein, d. h. ein Sttllstand in kom-munalen und sozialen Reformen. Allerdings werden unsere Ge-nossen alles aufbieten, um eine solche Kommunalpolitik so viel wiemöglich zu verhindern. Die dritte Folge, die ihre Schattenauf das ganze Land wirft, ist der Verlust des Mandatsdes Genossen Emme! im Landesauöschuß. Der GenosseEmmel ist als Vertreter der Stadt Mülhausen seinerzeit von derGemeindevertretung in den Landesausschuß gewählt worden. Da erdieses Jahr aus dem Landesparlament ausscheidet, ist seine Neu-wähl bei der neuen Majorität im Gemeinderat wohl nicht zu er-warten. Die arbeitende Klasse Elsaß-LothringenS verliert alsoihren einzigen Bertreter im LandesauSschusse, und anArbeiterinteressen wird in den nächsten Jahren im Landesparlamentwohl nicht gedacht werden, wenn es nicht gelingen sollte, im Straß-burger Gemeindeparlament einen unserer Genossen in den Landes-ausschuß zu wählen.Sicher ist das nicht.Die Folgen der Wahl sind also nicht zu unterschätzen. Daswußten die Gegner, und deshalb ließen sie alles Trennendebeiseite. ES handelte sich für sie nicht mehr um irgendwelche Partei-interessen bei dieser Wahl. Ihre Klasseninteressen, dieeinige Jahre nicht berücksichtigt worden waren, die vor den all-gemeinen Interessen zurückgestellt wurden, gewannen über die kleinentrenncilden Sonderwünsche und Sonderinteressen die Oberhand.K l a sse st a n d g e g e n K l a ss e. Und die Wahl zeigt uns wiedereinmal aufs deutlichste, daß im Besteiuugskampfe der Arbeiterschaftder Kampf nicht einer bürgerlichen Partei, sondern der bürger-lichen Klasse gilt. Der Kampf der Arbeiter ist eben der Klaff en-kämpf.—Oeutrched Reich.Vom Odium sozialer Anwandlung befreit!Wenn noch ein Zweifel darüber möglich war, daß dasScharfmachertum in Deutschland regiert,daß die Regierung den leisesten Winken derMontangewaltigen gehorcht, daß die Berufungdes Scharfmacher-Engel in das Handelsmimstmum vonprogrammatischer Bedeutung ist, daß Stummscher Geist dieletzte Spur sozialen Strebens ans der Regierung vertriebenbat, daß wir vor einer neuen Aera der S ch a r f m a ch e r e iund Ausnahmegesetzgebungsabsichten gegendie moderne Arbeiterbewegung stehen, so müssen jetzt dieletzten Restchcn solchen Zweifels schwinden. Wir berichtetengestern über die Auslassungen der„NorddeutschenA I l g e m. Z t g." über die Lohnbewegung unter der Berg-arbeiterschaft. Wir hoben schon hervor, daß die Stellung-nähme des offiziösen Blattes wahrscheinlich aus Rücksicht aufdie allgemeine Wirtschaftslage erfolgt sei: manbrauche dahinter noch keinerlei soziale Erwägungen zu wittern.Um so weniger, als ja die Regierung als Berg-Herrin genau auf demselben Standpunktstehe, den das offiziöse Blatt bei den Nuhrgrubenfeudalenverhöhnte.— Ja, der Vater Staat als Arbeitgeber zahlenoch schlechtere Löhne wie das Privatunternchmertum, undbei den staatlichen Gruben ständen die Lohnsteigerungen weithinter denen in den übrigen Bergbaubezirken zurück. Einigebürgerliche Organe glaubten trotzdem an das Wunder sozialerAnwandelungen in der Verengelten Regierung. Ja, manverniutete sogar, die Regierung habe durch die Auslassungden b ö s e n E i n d r u ck, den die Berufung des M i n i st e r-st ü r z e r Engel, des rücksichtslosesten Vertreters desFabrikabsolutismus in das Handelsministerium, selbst inliberalen Kreisen hervorgerufen hat, etwas verwischenwollen. Solchen Verdacht konnte man nicht auf sich sitzenlassen: die„Norddeutsche Allgem. Ztg." beeilte sich deshalb,mitzuteilen, daß die Regierung unschuldig an deinbei den Grubengewaltigen hervorgerufenen Aergernis sei.Sie schreibt:„In cipzclnen Blättern werden unsere in den letzten Rück-blicken enthaltenen Ausführungen über die Streikgefahr imRuhrrevier als Regierungskundgebung bezeichnet undbehandelt. Demgegenüber stellen wir fest, daß diese Auslassungrcdattionellen, nicht amtlichen Ursprungs ist."Das Wohlwollen der Grubenkönige wird die Regierungdurch das Dementi vielleicht zurückerobern, aber vor derganzen Welt hat sie sich doppelt lächerlichg e macht. Sachlich hat das offiziöse Organ sich nicht be-richtigt. Ter Regierung kam es also lediglich darauf an, sichvon dem Verdacht zu reinigen, daß sie ein s a ch l i ch e s Urteilgefällt habe und, was beinahe noch schlimmer, mit sozialenDuseleien behaftet sei. Nicht nur falsche Hauptleute undMinister, die sich nicht vor den Bauch stoßen lassen, auch einArtikel im offiziösen Organ kann in Preußen-TeutschlandStoff zu schneidenden Satiren liefern!***Aus Essen wird unterm 22. Oktober berichtet:„Zu den Forderungen der Siebencrkommission hat der Berg-bauverein in seiner heutigen Vollsitzung dahin Stellung ge-nommen, daß als Vertreter"der Belegschaften nicht die Verbände,sondern nur die durch das Gesetz geschaffenen Arbeiterausschüsseanzusehen sind und daß andererseits der Bergbauvcrein nicht zu-ständig ist, über die Lohnfcstsctzung Erklärungen abzugeben. Eswurde beschlossen, den Zechen zu empfehlen, in den Arbeiter-ausschüssen zu den einaercichten Forderungen Stellung zu nehmen,wobei darauf hingewiesen werden soll, daß seit Jahresfrist dieLöhne bereits in rapider, sprunghafter Weise um 19 bis 15 Proz.gestiegen sind und sich noch in fortwährender Steigerung befinden.Insbesondere hat in der letzten Zeit die Lohnsteigerung»och bc-sonders zugenommen, was daraus hervorgeht, daß die Durch-schnittSIöhnc im Monat September d. I. sich um mehr als 7 Proz.höher stellen als die Löhne im Durchschnitt des zweiten Quartalsdieses Jahres. Die Kohlrnpreisstcigerung, die im letzten Jahredurchschnittlich nur 4 Proz. betragen hat, wird damit von derSteigerung der Löhne bei weitem überholt."Das ist ein n e u c r H v h n für die Arbeiter! Der Berij-bauverein erklärt, nicht er oder die Verwaltungen hätten mitder Siebenerkommission zu verhandeln, sondern die Ver-waltungen lediglich mit den Arbciterausschüsscn.Gleichzeitig wird aber Anweisung gegeben, wie die Ver-waltungen sich zu verhalten haben! Und wir kommandierendoch, ist ihr Grundsatz!—_Zur KSpenicker Affäre.Die Sclbstverhöhnung des deutschen Militarismus durch denKöpenicker Rathaus-Ueberfall weckt überall in der Welt dasselbespöttische Gelächter, auch im Norden.„Göteborgs Handels-tidning" schreibt z. B.:„Je mehr man sich in die Einzelheiten dieser Geschichtehineinversetzt, um so höher steigt die Bewunderung für den uni-formierten Banditen, denn er hat ein unvergleichliches Meister.stück ausgeführt, und das gute Gelächter, das er der ganzen Weltgeschenkt hat, ist billig bezahlt mit den 4999 M., die er bei denguten Stadtvätern„in Beschlag genommen" hat. Außerdem hatder Hauptmann eine politische Erwcckungstat vollbracht, derenerzieherische Bedeutung nicht zu Unterschätzen ist, denn er hat zuvoller Evidenz bewiesen, daß in Preußen eine Offiziersuniformüber Gesetz und Recht stebt."Aehnlich urteilt unser Amsterdamer Bruderorgan„Het Volk".Es fügt aber hinzu, daß man in Holland nicht sicher sein könnedavor, daß unter denselben Umständen ein solches Ereignis ebensoverlaufen würde, weil der Charakter des Militarismus, der blindeGehorsam gegen die Borgesetztcn überall unter der Klassen»Herrschaft der gleiche sei...Wir gönnen Teutschland die ruhmreiche Uebcrrumpclungin Köpenick von Herzen," schreibt„Het Volk".„Aber wir machenunS selbst nicht weis, daß das Bürgertum nun fortan vielleichtmit ängstlichem Eifer seine Rechte gegenüber dem Militär geltendmachen werde. Das Bürgertum kann dem Heer nicht entschlossengegenübertreten, denn es hat kein Rückgrat, und das einzige,worauf es sich stützt, ist die Gewalt."Der Hauptmann von Köpenick ch, der schweizerischen Presse.Dem sensationellen Gaunerstreich widmet die schweizerischePresse ganze Seiten, die mit den reproduzierten Berichten und Mit-teilungen der deutschen Presse sowie mit eigenen Betrachtungenangefüllt sind. Unser Züricher Parteiorgan, das„V o l k s r e ch t", bespricht den Fall in einem Leitartikel, in demes vor allem dafür plädiert, oaß dem falschen Hauptmann einDenkmal dafür errichtet werde, daß er den überspanntenMilitarismus uns so glänzend und genial ack sbsuräum(seinenWidersinn dargetan) geführt hat.„Der ganze Plan zu dem Kassenraub, führt unser Bruder-blatt u. a. aus, stützte sich auf Deutschlands Militärshstem, aufdessen Kernpunkt und Stolz, auf die bedingungslose Disziplinund auf die Tatsache, daß jeder Bürger, sei er auch der höchsteZivilbeamte, vor der Uniform und dem aufgepflanzten Bajonettauf dem Bauch zu liegen hat. Diese Grundlage war so sicher,daß sie genügt hätte, um auch eine größere Gaunerei als nur denRaub von 4000 Mark mit vollem Erfolg zu Ende zu führen...Dazu gibt Preußen-Deutschland seine ungeheuren Summenaus, dazu verschwendet es so unendlich viele Kräfte, um denMenschen das. was sie sonst vielleicht noch hätten und was sie nachmenschlichen Begriffen vom Tier unterscheiden soll, zu nehmen,gewaltsam zu vernichten, die Vernunft, die eigene Ucbcrzeugung!das eigene Verantwortlichkeitsgefühl beim Handeln.Die Bourgeoisie will doch ein derartiges Heer; und nichtswäre ihr schrecklicher, als wenn der Soldat zu denkenbeginnen würde. Wie wäre es denn sonst noch möglich, daß derArbeiter sich als Soldat gegen den Arbeiter verwenden ließe? Siefordert überall den blinden Gehorsam als erste Soldatentugcndund deswegen hat ja der Gauner von Köpenick seine Lehre auchuns erteilt, sogar uns Schweizern, deren Heer mit jedemJahr mehr nach dem glorreichen preußischen Vorbild umgestaltetwerden soll, dam't es auch hier immer mehr Werkzeug des Ver,