Nr. 258.
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Vorwärts
Berliner Volksblatt.
23. Jahrg.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.
Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1983.
Sonntag, den 4. November 1906.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1984.
befizes refrutieren; die der Handelskammern, deren Wähler 10 000 bis 30 000 Einwohnern jede einen eigenen Abdie Mitglieder der Handels- und Gewerbekammern sind; die geordneten, Innsbruck deren zwei, Linz drei! Eine Beder Städte und städtischen Orte; die der Landgemeinden( in günstigung, die sich aus der geringen Städtebildung Desterwelchen beiden die Wahlberechtigung an eine direkte Steuer- reichs leicht erklärt. leistung von 8 Kronen geknüpft ist) und die der im Jahre
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5 431 Wähler 85 Mandate 536 493 404 1 585 466 5 004 466
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Großgrundbesiz. Handelstammern Städtekurie Landgemeindekurie Allgemeine Kurie Demnach entfällt jetzt durchschnittlich im Großgrundbesitz ein Abgeordneter auf 64 Wähler( in Niederösterreich einer auf 25, in Böhmen auf 19, in Mähren auf 20, in Schlesien auf 16 Wähler), in der Handelskammer einer auf 26, in den Städten einer auf 4193, in den Landgemeinden einer auf 12 290, in der allgemeinen Wählerklasse einer auf 67 503 Wähler.
struktion durch Dringlichkeitsanträge nicht mehr behelligt werden. Trotzdem wird es aller Energie bedürfen, um mit der Verhandlung bis zum 15. November, an welchem Tage die Delegationssession beginnt, fertig zu werden. Sind doch nicht weniger als 67 Minoritätsanträge( Anträge von Ausschußmitglieder) eingebracht, durch die alle kritischen und heiflen Fragen, die die Ausschußverhandlung so schwierig gestaltet haben, auch ins Plenum gebracht werden. Aber trob aller Widersprüche und Gehässigkeiten wird das Werk, in welchem der Wille aller Nationen Desterreichs verkörpert ist, und in dem die Entschlossenheit der Millionen Rechtlosen lebt, fein Ziel sicher und rechtzeitig erreichen.
Die Ausschußberatung der Wahlreform ist beendigt, und 1896 geschaffenen neuen, sogenannten fünften Kurie, in der Die zweite Lesung beginnt im Plenum am nächsten am fünften November wird im Plenum die zweite Lesung be- das Wahlrecht allgemein ist, in der also alle Wahlberechtigten Montag und wird dann ununterbrochen fortgeführt werden. ginnen. Schon äußerlich steht diese Ausschußverhandlung -die Wähler der anderen Kurien eingeschlossen wählen Da die Vorlage in der Form eines Dringlichkeitsantrages imponierend da. Eingebracht wurden die Wahlreform- können. Das Verhältnis von Wählern und Abgeordneten auf die Tagesordnung gelangt, so tann fie von der Obvorlagen von der Regierung Gautsch am 23. Februar; die ist bei dem gegenwärtigen Kurienwahlsystem folgendes: erste Lesung begann im Plenum am 7. März und endete, nachdem sie elf Sigungstage beansprucht hatte, am 23. März, an welchem Tage die Zuweisung an den aus neununddreißig Mitgliedern bestehenden Wahlreformausschuß erfolgte. Der Ausschuß hielt seine erste Sigung am 28. März, feine legte, der eigentlichen Wahlreformborlage gewidmete, am 29. Oktober: er hat also, die Vertagungen eingerechnet, sieben Monate gearbeitet! Sieben Monate voll Aufregung und nervenzerstörender Anspannung, die man wahr lich kein zweites Mal mitmachen möchte. Zwei Regierungen find über die Reform gestürzt und erst der dritten, dem parlamentarischen Kabinett Beck, war es vergönnt, das Schiff durch die Brandungen in den Hafen zu tragen. Wohl darf man sagen, in den Hafen, obwohl vor dem ersehnten Biele noch die Plenarverhandlung steht, und es ebenso aller Energie wie Geistesgegenwart bedürfen wird, der tückischen Anschläge der nimmer rastenden Wahlreformfeinde Herr zu werden. Die Ausschußverhandlung hat, indem sie alle Hindernisse überwand und alle Fragen löste, die Sieghaftigkeit des Reformgedankens so eklatant bezeugt und die Gewißheit der Reform so im Bewußtsein aller verankert, daß nun niemand mehr an ihr Scheitern denkt und jeder mit ihrer Gesetzwerdung rechnet. Das wird ihr in der Plenarverhandlung helfen und sie durch das Gestrüpp der Geschäftsordnungshindernisse zur letzten Abstimmung tragen.
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Das neue Haus wird nun aus allgemeinem und gleichem Stimmrecht hervorgehen, und zwar, mit einer einzigen Ausnahme( den Landge meinden Galiziens ), in Einwahl. Ein Wahlbezirk- ein Abgeordneter. Es werden also auch Stadtbezirke, die mehr als einen Abgeordneten wählen( das sind z. B. von den Wiener 21 Bezirken nicht weniger als 10), in Wahlbezirke geteilt. Das neue Haus wird nicht weniger In nahezu zweiwöchiger Verhandlung befaßte sich unter geals 516 Abgeordnete zählen, wird also zum dritten Male be- waltigem Budrang des Publikums das Schöffengericht Köln mit trächtlich vergrößert. Obwohl das die Arbeitsfähigkeit des der Privatbeleidigungsklage des Kölner Zentrumsführers neuen Parlaments sicherlich nicht steigern wird, konnte die Franz Biltens gegen die Verfasser und Verbreiter einer BroBermehrung doch nicht umgangen werden; war sie doch der schüre, die vor einigen Monaten erſchien und reißenden Absatz einzige Weg, die Schwierigkeiten bei der Wahlkreiseinteilung er unter mit der Maste!" Auf die Länder verteilt sich die Zahl folgendermaßen:
zu überwinden.
Mandate
früher: jetzt:
118
130
88
106
55
64
49
30
21
25
20
22
13
15
11
14
11
12
6
7
Istrien
5
6
Görz und Gradiska
5
6
Dalmatien
11
11
10
10
5
4
5 5
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4
Kärnten Triest Vorarlberg Mit Ausnahme der vier letzten sind die Mandate aller Länder vermehrt worden.
Nach der Nationalität verteilen sich die Mandate
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, Herr gilfens! Der Verfasser ist ein Kaufschüre lediglich deshalb herausgegeben hat, weil, wie er darlegt, mann J. He wel, ein politisch indifferenter Mann, der die BroBilfens ihn um ein mehr als 700 000 Mark betragendes Vermögen gebracht hat. Herr Biltens war ursprünglich ein bettelarmes Schreiberlein. Ju mehrere Jahrzehnte dauerndem unablässigem, zähem und strupellosem Streben hat er es zum mehrfachen Millionär, größten Grundbesitzer von Köln- Ehrenfeld und zum Gutsbesizer gebracht. In der Zeit des Kulturkampfes halfen die Klerikalen dem jungen Mann in den Sattel und er entwickelte mit der Zeit ein solches Talent in Geldgeschäften und Grundstücksspekulationen, daß man bestimmt noch großes von ihm erwarten konnte. Heute ist der Mann Ritter eines päpstlichen Ordens, Stadtberordneter und mit dem Abgeordneten Eduard Fuchs gemeinsam Oberbefehls= haber der Kölner Zentrumswahltruppen. Im Sankt Leobau in Köln- Ehrenfeld , dem Heerlager der dortigen Ultramontanen, hängt sein lebensgroßes Bild in Del gemalt.
Die österreichische Wahlreform ist eine gesetzgeberische Leistung, der sich in der Geschichte sämtlicher Barlamente ein Beispiel schwerlich an die Seite stellen kann. Daß ein großer Staat in die Lage kommt, sein Wahlsystem von Grund aus umzugestalten, also nicht etwa bloße Reformen bezüglich der Wahlberechtigung vollzieht, bei der Wahlkreiseinteilung sich nicht auf Ausgleichung von Unstimmigkeiten" beschränkt, sondern daß er vom Grund bis zum Giebel ein ganz neues Haus aufbauen, also ein neues Wahlrecht und eine neue Wahlkreiseinteilung schaffen muß, das war, da Verfassungen überall auch technisch ein Produkt der Entwickelung find, noch nirgends notwendig. Der Unterschied zwischen der österreichischen Wahlreform und Wahlreformen in allen anderen Ländern liegt aber nicht bloß im Umfange der Reform, sondern vornehmlich in der Zeit; es ist etwas anderes, Wahlkreise einzuteilen, wenn die modernen Klassengegensäge gleichsam erst in Reimen vorhanden sind, und etwas anderes, wenn sie schon ihre volle Schärfe und Ausprägung erhalten haben; etwas anderes, wenn die politischen Parteien ihr Ringen erst anheben, als wenn der politische Kampf bereits die Anfangsstadien überschritten hat. Vor vierzig Jahren fam man mit einem Prinzip aus: so und so viel folgendermaßen: Einwohner bilden einen Wahlfreis, und man konstruierte also Wahlkreise gemäß diesem Prinzip, ohne dabei von politischen und sozialen Gegensäßen und ihren Ansprüchen berfolgt zu werden. Aber heute wäre die Aufgabe auch in einem national einheitlichen Lande, etwa in Preußen, so einfach nicht; heute würde der Gegensatz von Stadt und Land, der Egoismus der mit den Wahlkreisen verknüpften Parteien, sich seinen politischen Besitz zu erhalten, heute würde die gesamte politische und soziale Entwickelung die tanenschaft, das vollendete 24. Lebensjahr und an eine einDie Wahlberechtigung ist an die österreichische UnterAnwendung des Prinzips stören und seine Realisierung jährige Seßhaftigkeit in der Gemeinde geknüpft. Das WahlSchon im Jahre 1870 Hat Biltens feine geldbringende Tätigkeit trüben. Nun ist aber aber Desterreich bekanntlich ein Nationalitäten staat, wird von acht in ihrer recht ist gleich( jeder Wähler hat also eine Stimme) und wird begonnen. Damals waren die Geschäfte noch recht kleinlicher Art; Größe, Entwickelung und Bedeutung sehr ungleichen direkt und geheim mittelst amtlichen Stimmzettels ausgeübt. aber trotzdem hieß Zillens schon in eingeweihten Streifen der Völkern bewohnt. Die Mandatsverteilung und Wahlfreis. Wahlort ist jede Gemeinde, nur in Galizien fönnen Ge- Pferdedieb" und Erbschleicher ". Er war PrivatVölkern bewohnt. Die Mandatsverteilung und Wahlkreis- meinden einteilung der Wahlreform war also auch das schwerste und meinden bis zu 1500 Einwohnern zu Wahlorten zusammen- fchreiber des Ehrenfelder Bürgermeisters. Eine Zeugin bekundet, sie umfassendste nationale Problem, das dieser Staat jemals gelegt werden gelegt werden was natürlich nur eine Stonzession zu- babe damals viel Scherereien mit dem Bürgermeisteramt gehabt, zu bewältigen hatte, und das er jetzt bewältigen mußte, wo gunsten der Schlachtschigen gegenüber den Ruthenen ist. Die als sie etwas bauen wollte.( Die Zeugin war damals eine„ gaalle Nationen ungleich fortgeschritterner und selbstbewußter Wahl findet in allen Wahlbezirken an einem Tage statt; auch lante" Dame!) Sie habe sich an Zilkens gewandt, der damals find, als es der Fall war, da man im sonstigen Europa Wahl- die Stichwahlen find an einem Tage vorzunehmen, welcher ein armer Schlucker war, und innerhalb 24 Stunden habe reformen machte. Vor vierzig Jahren, als Schmerling mit Tag schon bei der Wahlausschreibung festzusetzen ist. Die fie die Bauerlaubnis gehabt; dafür habe sie Biltens 60 M. Die Verteidigung stellt fest, daß Bilkens die dem Kuriensystem die deutsche Vorherrschaft etablierte, die Einführung der Wahlpflicht wird in das Belieben der gegeben.
Deutsche Tschechen Polen
Ruthenen
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Slovenen
Serbokraten
Italiener Rumänen
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Lassen wir die Gerichtsverhandlung sprechen. Der Beklagte He wel erklärte, er habe durch Zilkens und die mit diesem sozusagen identische Bank für Landwirtschaft und Gewerbe" Hab und Gut verloren; seine sämtlichen Häuser feien subhaftiert worden, und die meisten und besten habe die gilfensbank an sich gebracht: er habe dreiviertel Millionen Mark verloren. Es liegen in der Tat ( Siehe Nr. 128 des Vorwärts", dritte Seite„ Eine Zentrumsgröße".) zwei Urteile des Landgerichts Köln vor, worin der Geschäftsverkehr der Zilkensschen Bank mit Hewel als eine fortgesette Bewucherung" des letteren bezeichnet wird; ganze Verhalten des Direttors 8ilkens laffe erkennen, daß die Bank von vornherein die Absicht hatte, Hewel zu machen" und sich in den Besitz der rentabelsten Besizstücke des Hewel auf billigste und Salsabschneidereil eise zu bringen." Also gerichtlich festgestellter Wucher
233
108
81
33
24
das
13
19
5
Die der ist
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von den wirkenden Kräften so rasch in Trümmer geschlagen natürlich sehr verschieden, was zum Teil unvermeidlich war, burg aufgesucht hat. Infolge dieser 60 Mart- Affäre ging einteilung gebildet war, da waren die nichtdeutschen Völker zum großen Teile aber eine bewußte Ungleichheit bedeutet: damals die Rede: Das Käthchen von Ehrenfeld", jene galante Desterreichs alle noch schwach, unentwickelt, wenn das Wort das Wahlrecht begünstigt in erster Linie Nationen, in Dame, die von einem Weinhändler ausgehalten wurde, habe Bilfens Nationen gegenüber zulässig ist: bescheiden. Auch ist die weiter Linie die städtische und industrielle Bevölkerung. In den Heiratsanzug geschenkt. Damals stand Billens schon im Vordertreffen der ultramontanen Bewegung. Verfassung damals gegeben" worden. Daß troß dieser un- reform von dem Wablipitem im Deutschen Reiche ganz außer- Das hinderte ihn nicht, das folgende Geschäft zu machen: In dieser Hinsicht unterscheidet sich die österreichische Wahlgeheuren, durch die eigentümliche Natur Desterreichs bedingten Schwierigkeiten die Arbeit möglich war, daß die ordentlich, ist darin das strifte Gegenteil von ihm. Es wird Ehrenfeld war eine Holländerin, ebenfalls eine Halbweltpolitischen, die sozialen, die nationalen Gegensätze über- wählen: wunden wurden, und zwar überwunden wurden durch den Willen der Nationen selbst, das ist es, was die österreichische Wahlreform zu einer erstaunlichen Leistung macht.
mit 1527 000 Einwohnern 38 Abgeordnete
Brag( m. Borort.)
402 000 156 000
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7
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80 000 141 000 110 000 151 000
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3
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dame(!!) gestorben. Es hieß, Erben seien nicht vorhanden, und das Haus wurde versiegelt. Der Fiskus schien die Hinterlassenschaft zu bekommen. Herrn Ziltens aber gelang" es die Erben zu finden; er reiste nach Holland und kaufte ihnen die Hinterlassenschaft für 700 Gulden ab. Die Sache wurde ruchbar und kam in die liberale Presse. Die Erben sandten einen Anwalt nach Ehrenfeld und Herr Billens fah sich gezwungen, das merkwürdige Geschäft fahren zu lassen und sich mit dem Anwalt zu verständigen. Als die Siegel
Das neue Wahlrecht wird das Aussehen des österreichischen Abgeordnetenhauses von Grund auf ändern. Bekanntlich beruht das gegenwärtige Wahlsystem auf den Kurien, von denen jede einen Teil der Abgeordneten er- Ebenso begünstigt werden auch die kleinen, ja kleinsten abnahme erfolgte, ergab sich, daß 4760 Taler vorhanden wählt. Es sind deren fünf: die des Großgrundbesites, die Städte. So wählen Karlsbad , Teplitz , Reichenberg, Aussig , waren, wovon Herr Bilfens, wie er angibt, 1226 Taler sich aus den Besitzern des ehemals landständischen Grund- Leibach, Klagenfurt , Wiener- Neustadt , lauter Städte mit erhielt; 1000 Zaler babe der Anwalt als Entschädigung