Einzelbild herunterladen
 

Nr. 264. 23. Jahrgang.

-

Theater.

5. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 11. November 1906.

Königl. Schauspielhaus. Merlin." Tragödie in 5 Auf­zügen von Gustav Renner. Das Schauspielhaus betreibt die Pflege atademischer Stilübungen, wie sie von alter her bei streb jamen Primanern, Studenten, Oberlehrern im Schwange sind, als besondere Spezialität. Herr Barnay, der neue Direktor, hat wohl obendrein den Ehrgeiz, die Vorgänger noch zu übertrumpfen. Neben dem Mute, der dazu gehörte, Renners fünfattiges Un­getüm auf die Bretter zu bringen, erscheint die Aufführung von Drehers blondgeloctem Longobardenstüde Venus Amathusia", mit der Hülsen in der letzten Saison herausrüdte, nachträglich als ein verhältnismäßig noch harmloses Unterfangen. Die ausgeframte, literarische Jugendfünde wurde durch den Namen eines Autors, dem in seinem späteren Schaffen mancher Wurf gelungen, gedeckt, und in dem pathetischen Getöse gab es immerhin Szenen, in denen sich ein gewisser Sinn für das Theaterwirksame verriet. Lang­weiligkeit ist inneres Kennzeichen dieses ganzen akademischen Genres, das in der dramatischen Literatur dieselbe Stellung ein­nimmt, wie die übliche Goldſchnittpoesie im Reiche der Chrit. Hier wie da ein Arbeiten nach Reminiszenzen, nach leeren, bei einigem Talent des Nachempfindens leicht zu hanhabenden Schablonen. Aber wie überall bestehen auch hier Unterschiede des Grades; an die potenzierte Langeweile der Rennerschen Brittannier reichen selbst die Dreherschen Longobarden noch lange nicht heran. Ein Heiliger, der, aus seiner Waldeinsamkeit hervorgelodi, im Weltgetriebe schuldig wird so etwas scheint, nach den vielen Reden zu schließen, die Renner seinem Helden, dem sagenhaften Zauberer Merlin   in den Mund legt, die sogenannte tragische Idee des Dramas sein zu sollen. Indes zu irgend einem ernstlichen Versuch der Durchführung, der psychologische Vertiefung des Cha­rafters voraussehen würde, fehlt jeder Ansah. Wozu wären auch mittelalterliche Kostüme, härene Gewänder Rüstungen, wenn man mit den Leuten, die drinnen stecken, von deren wirklichen Art das Publikum so wenig wie der Autor weiß, viel Federlesens machen wollte? Für Handlung" läßt sich in einem Zeitalter, das so gesegnet war mit Mord und Totschlag, biel bequemer in anderer Weise sorgen, und die dee" kann schon zufrieden sein, wenn des Deforums wegen von Zeit zu Zeit von ihr gesprochen wird.

-

und blinkende

Der britannische König Vortiger, durch kriegerische Einfälle der Sachsen   hart bedrängt, entfendet Boten, Merlin, von dessen wudertätiger Kraft allein noch Hülfe zu erwarten, an den Hof zu führen. Der Zauberer, der seine unbefleckte Sittenreinheit dem Werben einer hübschen Waldfee gegenüber soeben vor den Zu­schauern noch glänzend erwiesen, folgt dem Rufe, weil ihn die Not des Volkes jammert, beginnt jedoch die neue Laufbahn damit, daß er sich von der schönen ränkesüchtigen Königin sofort verführen läßt. Dafür strafen ihn die Götter mit Fug und Recht durch Ent­ziehung der Zauberkünste. Im Handumdrehen stürzt er den König, erhält durch Wahl der Großen die Krone und beschäftigt sich sodann abwechselnd mit Uebeltaten und mit Reue. Gelegentlich stößt er der Königin fein Schwert in die Brust, gelegentlich erklärt er allem Volfe, daß er als Betrüger den Thron erstiegen, was ihm aber niemand zu berübeln scheint. Im Schlußatt führt er, während draußen die Heerscharen vor den Sachsen   die Flucht ergreifen, höchst gefährliche Reden, die sich von einfacher Gotteslästerung bis zu schwerer Majestätsbeleidigung versteigen. Höhnisch wirft er einem armen Jdioten den Königsmantel um die Schulter: Das jei das wahre Königtum! Er stirbt in einer sehr pompösen Feuers­brunst und Hengist, der siegreiche Sachsenfürst, drückt sich den goldenen Kronreifen aufs Haupt. An die Ausstattung dieser konfusen Nichtigkeit durch prächtige Dekorationen war ein Vermögen verschwendet. Der Theaterzettel zählte über dreißig Personen, aber keine einzige Rolle, die wirklich schauspielerischer Bemühung wert gewesen wäre. Sommerstorff, das frühere Mitglied des Brahmensembles, tat für die Hauptfigur,

was sich durch edle Sprache, würdige Haltung irgend für sie tun ließ. Und das Publikum Natschte wieder einmal, wenn auch ziemlich schläfrig, Beifall. dt.

-

alle Inszenierungskünfte haben nur den Zweck, die Illusion zu ers zeugen. Ob die Möbel wirklich echt sind, wer wird danach fragen, wenn er nur den Eindruck der Echtheit hat. Seele des aufgeführten Dramas wird uns immer die Darstellung bleiben, die mit Worten und Gesten Menschen gestaltet und Menschliches verkörpert.

-

werden wir davon reden können.

-

-

-r.

Die Kammerspiele des Deutschen Theaters  . Unseren großen, besonders den Berliner   Theatern, fehlt der intime Charakter, der es ermöglicht, Publikum und Bühne in engeren Kontakt zu bringen, Die intime Bühne hätte in manchem ein intimeres Spiel ge­dem Theater das Theatermäßige zu nehmen und die Reize der fordert. Herr Kayßler, der den Pastor Manders, das große Nuance zu pflegen. Bei Stücken, deren erste Bedeutung in der und egoistische Kind, glücklich vor der Karikatur bewahrte, war doch Stimmung, in zarten Abtönungen und verhuschenden Feinheiten zu laut in Geste und Ton. Und Fräulein Lucie Höflich   als liegt, macht sich der Mangel bemerkbar. Nicht dringend zwar und Regine trug viel zu derb auf. Ein interessantes und im ganzen ge­nicht wie ein unumgängliches Bedürfnis, das nach Reform schreit. lungenes Experiment bestand Herr Moissi  , der in Oswalds Aber doch so, daß ein erperimentierendes und unternehmendes Rolle teine pathologische Studie, sondern das allgemein Menschliche Talent, wie das Max Reinhardts, der zudem seine Anhänger an hervorkehrte. immer Neues gewöhnt hat, wohl mit einer gewissen künstlerischen Reinhardt selber charakterisierte den frommen Heuchler Berechtigung die Lücke auszufüllen versuchen konnte. Ihm schwebte und geriebenen Geschäftsmann Engstrand glaubhaft und wahr. vor, wie sein literarisch verantwortlich zeichnender Beirat Hermann Ganz Seele, ganz Mütterlichkeit war die Sorma. Diese Frau Bahr ausführt, durch eine besondere Gestaltung des Bühnenraumes Alwing war wirklich vollendetstes intimes Theater. Da war Nuance, erhöhte optische und akustische Möglichkeiten zu bieten und den da war wirklich regster Kontakt mit den erschauernden Zuhörern. engsten Kontakt zwischen Schauspieler und Publikum anzustreben, Wie das neue Ünternehmen den Aufgaben, die es sich selber um jo aus der leisesten Nuancierung Wirkungen zu gewinnen, viel stellt, gerecht werden wird, muß die Zukunft lehren. Eine gute leicht denen der Kammermusik vergleichbar. Solches Streben ist absenaufführung hat es geboten. Aber ist das Kammerspiel"? nicht so neu, wie mancher allzu eifrige Parteigänger Reinhardts und was nüßen Kammerspiele der Kunst? In einem halben Jahr glauben machen möchte. Aber immerhin des Versuches wert. Als Rahmen für die intimen Veranstaltungen, deren jede im Abonnement 20 Mark kostet und die, wie Herr Holzbock fachmännisch Lustspielhaus: Husarenfieber." Lustspiel von Gustav bemerkt, in erster Linie natürlich nur mit dem Besuch der vor- Kadelburg und Richard Skowronnet. Schade, daß der nehmsten Gesellschaftstreife rechnen" auch eine Hoftreppe fehlt Hauptmann von Köpenick   nicht dabei sein konnte! Das Publikum nicht ist Embergs Tanzsalon umgebaut worden. Der Architekt ich muß von ihm zuerst reden gebärdete sich wie toll bei . Möller, ein Schüler Messels, hat die Adaptierung geleitet. Diefer Premiere. Claqueurs und Freiberger", sorgsam verteilt, Schlicht, einfach und etwas falt und nüchtern ist das Ergebnis gaben sich immer kurz vor den Aktschlüssen die Parole:" Zicei ausgefallen. Daß auf angeklebten Schmuck und Aufdringlichkeiten rufen!" und machten mit ihren robusten Händen und Ausrufer­verzichtet wurde, versteht sich am Rande. Aber deswegen muß stimmen einen das Trommelfell gefährdenden Indianerlärm. So der lange Raum, der mit seinem Mahagonigetäfel an Schiffs- gab es für die im Theater vollzählig versammelte Boffenfirma kabinenausstattung das soll durchaus kein Vorwurf sein einen Radauerfolg, den das närrische Zuschauervolk verdiente. erinnert, noch lange nicht behaglich und vornehm" sein. Als do- Diese Schicht hat aus dem Fall von Köpenick   nichts gelernt. minierende Farbe wurde ein stumpfes Braunrot gewählt, das außer Die geheiligte Soldatenmontur ist der Göze, vor dem alles an in der Vertäfelung, in den breiten Polsterfibgelegenheiten und betend im Staube liegt, sobald er nur erscheint. Auf diese knechte Ein Glastronleuchter und elektrische Kerzen dem Vorhang wiederkehrt. Kahl und falt ist die weiße Dede. felige Dummheit spekuliert das neueste Lustspiel" von Kadelburg ein künstlerischer und Skowronnet. Bekanntlich hat Wilhelm II.   den Krefelderinnen Nonsens erstirbt. Die, Polsterstühle sind nach meinem Empfinden nicht ich hieran erinnere, habe ich auch schon den Inhalt" des Stückes sbenden Licht, das beim Beginn jedes Attes langsam bor einiger Zeit ein Regiment Tanzhusaren" präsentiert. Indem gerade bequem trop aller Weiträumigkeit und lassen nicht genug gekennzeichnet. Den Autoren konnte es nunmehr bloß noch daran Spielraum zum Passieren. Im Hintergrunde des Saales, der gelegen sein, eine Handlung" zu ersinnen, die durch ein Feuer­295 Barkettige enthält, sind in der Höhe einige Logen, annoch ver- werk von Wizen, Wortspielen und Kalauern illustriert wird schlossen, angebracht, die ganz Schiffsstil sind. Die Vorräume, und der Kassenerfolg war sicher. Lauter Husarenoffiziere vom worunter ein elliptischer Vorsaal, sind ohne allen Prunt und in Oberst bis zum bartlosen Fähnrich herab tummeln sich auf der gediegener rötlicher Täfelung gehalten. Im weißen Foyer wird Bühne. In dem Städtchen Kirchhain  , wohin das Regiment ver­eine Rototonote angeschlagen. Die Fassade klingt in ihren einfachen seht worden ist, steht alles auf dem Kopf. Nicht bloß die Backfische Linien biedermeierisch an. und Jungfrauen, nein, auch die ältesten Jahrgänge unter der Kirchhainer   Weiblichkeit sind vom" Husarenfieber" ergriffen. Man reißt sich förmlich um die Leutnants. Und so kommen denn auch schon nach wenigen Wochen verschiedene Verlobungen zustande. Am Donnerstag wurde im neuen Hause zum ersten Male ge- Bei einer bühnengemäßen Aufmachung von derartigen soldatischen spielt vor den Abonnenten, und am Freitag wurde dieselbe Bor- Spielereien ist weder Kunst noch Geist vonnöten. Und selbst das itellung vor geladenen Gästen wiederholt. Daß Ibsens   Ge- beste Bonmot aus dem Munde des Margarinefabrikanten Nippes: spenster", die zur Eröffnung gewählt waren, im besonderen Diese Offiziere seien sonderbare Kerls, bis gum hellen Morgen Maße des intimen Raumes bedürften, ist nicht ersichtlich. Insofern fneipen und tanzen sie und schon eine halbe Stunde später huppen" beweist die erste Darbietung wenig für die eigenartige Bestimmung fie draußen auf dem Grerzierplab herum und schreien Hurra, ist ja .. Der windigen Bosse der Kammerspiele. Aber es war eine hervorragend gut inszenierte, längst durch bekannte Tatsachen überboten Georg stimmungsvolle und gutbesetzte Aufführung, die dem grandiosen war eine treffliche Vorbereitung zuteil geworden. Paulmüller, Asta Siller, modernen Schicksalsdrama zuteil wurde. Die Meisterschaft des; Engels, Herbert Ibsenschen Dialoges, die erschütternde Predigt von der Väter Felicita Cerigioli, Tilly Waldegg ließen alle Minen Sünden, die unerbittliche Logik der Tendenz prägten sich tief ein. ihrer Laune springen! Den Offiziersburschen Kellermann aus Die Sarmonie zwischen Innen und Außen, zwischen der grauen Offizieren war mancher recht aufgewichst". Vom Beifall will ich Billfallen gab Hans Genius echt aftpreiß'sch". Auch unter den Eintönigkeit des regenumhüllten Fjords, der durch ein großes Fenster gespenstisch hereinblickte, und der düsteren, gequälten Stimmung nicht reden. Es war wie im Tollhaus. im Hause war eine vollkommene. Ein Künstler vom Range Edvard Munchs   hatte nicht umsonst die Dekoration entworfen. Freilich,

Die Büste Jbsens, von dem Bildhauer Kruse, sieht mit soube räner Ueberlegenheit im Vorsaale auf echte Kunstfreudigkeit und manirierten Snobismus herab..

"

"

e. k.

Weihnachts- Wäsche

als Geschenk geeignet für Familien- Angehörige, Angestellte, Wohltätigkeitszwecke.

Leinen- u. Baumwollstoffe Bettwäsche, Fertige Betten Haus- und Küchenwäsche Taschentücher Bade- Artikel

Tisch- Wäsche, Kaffee-, Tee- und Abend- Decken Handgestickte Prunk­Gedecke und Läufer Aufgezeichnete Artikel für Handarbeiten Waschkleiderstoffe

Verbürgt gute tadellose Ausführung.

Sehr billige Preise

Bestellungen für besondere Anfertigungen, auch für Namen- Stickereien, erbitte möglichst frühzeitig.

Versand in die Vororte erfolgt zweimal täglich kostenfrei. Bitte die Weihnachts- Preisliste No. 570, günstige Angebote enthaltend, zu verlangen.

Wäsche für Damen,

Herren und Kinder Trikotagen, Strümpfe Reform- Wäsche und Unterzeuge Damen  - Blusen Unterröcke, Schürzen Gardinen, Vorhänge Bettdecken, Steppdecken Schlafdecken

Eiserne Bettstellen Fertige Betten

F. V. GRÜNFELD

Landeshuter Leinen- und Gebild- Weberei, BERLIN   W. 8, Leipziger Straße   20-21.

Althewährt sind:

MAGGIS Würze

Benige Tropfen

mit dem Kreuzstern

verbessern augenblicklich

schwache Suppen, Saucey, Gemüse usw. in

hervorragender Weise. Zu haben in

Driginalfläschchen schon von 35 Pig. an, nachgefüllt für 25 Bil

Ramere Kapse

Were Raladies

MAGGI'S Bouillon- Kapseln

1 Tasse vorzüglicher 5 Pig. Fleischbrühe

5 Fig.

mit dem Kreuzstern geben josort

1 Taffe extra starter 72 Big.

Kraftbrühe

Je 2 Portionen in Stapfeln zu 10 bezio. 15 Big.

Man verlange ausdrücklich MAGGIS Würze und MAGGIS Bouillon- Kapseln Marke Kreuzftern". P

( Kreuzftern)