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ßon nicht genügendem Nachwuchs sprechen. Wenn man aber be- hauptet. die Forderungen der Arbeiter seien unerfüllbar, so ist das einfach dadurch widerlegt, daß die maßgebenden Firmen tatsächlich schon höhere Löhne vor Beginn des Streiks zahlten und dabei sehr gut konkurrenzfähig waren, ja. wenn gerade diese Firmen sich ständig erweitern und vergrößern, während umgekehrt die mit den niederen Löhnen sich nur dadurch über Wasser halten können, daß sie zu den schmutzigsten Mitteln im Konkurrenzkampf greifen müssen, so ist hiermit zur Evidenz erwiesen, daß die Forderungen nur gerecht sind. Die Mitglieder der Vereinigung der Berliner Werkzeug- und Maschinenfabrikanten geben an. daß. da sie. selbst wenn nicht gestreikt wird, so wenig verdienen, daß ihnen ein Dauerstreik recht wenig Ueberwindung kostet, sie auch, da die zurück- gewiesenen Aufträge inzwischen nach dem Erzgebirge weitergegeben wurden, kein Interesse an einer Einigung haben. Demgegenüber haben die streikenden Arbeiter sich in einer am Donnerstag, den 8. November, abgehaltenen Versammlung auf den Standpunkt ge- stellt, daß ste eS sich vorher erst noch einmal reiflich überlegen, ob sie überhaupt noch einmal in ein Spezialgeschäft gehen werden. Da es den Arbeitern gleichgültig sein kann, wo sie beschäftigt werden, so sehen sie dem Ausgang des Kampfes mit guter Ruhe netgegen. Ortsverwaltung Berlin des Metallarbeiterverbandes. Ttreikbrechrr-Agcnturen. Erfahrene Dreher werden gesucht." Maschinenbau- und Reparaturanstalt von Knarr, Klosterstraße. _ Borstehende Annonce, welche vor einigen Tagen in Spandauer Blättern zu finden war, veranlasste mehrere Dreher, sich nach der Maschinenbauanstalt von Knarr in Spandau zu begeben und um Arbeit anzufragen. Daselbst angekommen, wurde ihnen von dem jungen Herrn Knarr der Bescheid, sie sollten zu Siemens u. HalSke fahren. Da die Betreffenden nicht Lust hatten, als Streikbrecher zu arbeiten, so kamen sie dem Verlangen des Herrn Knarr selbswerständlich nicht nach. Aber auch sonst noch bemüht sich Herr Knarr der in Bedrängnis geratenen Firma Siemens u. Halske arbeitswillige Kräfte zuzuführen. Ist da bei der Firma Knarr ein junger 18jähriger Volontär, welcher vom 1. Januar 1996 bis 1. Januar 1997, also ein Jahr lang, sich die Dreherei aneignen soll. Diesen jungen Mann fragte nun Herr Knarr, ob er gedenke, irgendwo schon als Dreher arbeiten zu können; er Würde ihm eine sehr schöne Stelle verschaffen, wo er in diesem Monat wenigstens noch seine 199 M. verdienen könne. Es wurde ihm gesagt, daß er bei Siemens anfangen könne. Der junge Mann gab an, er wolle erst seinen Vater fragen. Am anderen Morgen erklärte er Herrn Knarr auf die Frage, ob er sich die Sache überlegt habe, sein Vater habe gesagt, er solle erst ordcnt- lich auslernen und wenn es geht sich in seiner Lehrstelle ver- bessern. Einen anderen kürzlich ausgelernten jungen Mann. welcher bei ihm gelernt hatte und in Spandau wohnhaft ist, ließ Herr Knarr zu sich kommen und gab ihm ein Schreiben mit, worin er den jungen Mann einem Ingenieur von Siemens empfiehlt. Da die Fabrik des Herrn Knarr bei der Spandauer Arbeiterschaft keineswegs alsJdealbude" bekannt ist, er be- schäftigt zurzeit bei zirka 19 Gesellen 22 Lehrlinge, jedenfalls kein gesundes Verhältnis. so können nur Arbeiterder Wissenschaft halber" oder solche, welche die Verhältnisse bei der Firma nicht kennen, sich durch derartige Annoncen veranlaßt fühlen, Herrn Knarr zu beehren. Die Arbeiterschaft aber kann aus diesen Vor- kommnissen lernen, wie das kleine und große Kapital sich einig ist, und wie notwendig deswegen der Arbeiterschaft die Einigkeit ist. Achtung, Klempner und Lötherinnen! Die Hamburger Kol- legen und Kolleginnen dieses Berufes sind in eine Lohnbewegung getreten. Die Unternehmer versuchen, von auswärts Arbeitskräfte heranzuziehen. Zuzug ist strengstens fernzuhalten. Deutscher Metallarbeiterverband. Deutfcbes Reich. Achtung, Buchbinder! Bei der Firma F. A. Seiler in Dessau sind Differenzen ausgebrochen. Jeglicher Zuzug ist strengstens fernzuhalten.__ Der Streik der Binnenschiffer ist nicht beendet, wie wir nach dem Wolffschen Telcgraphenbureau meldeten, da die Schiffer mit einer Lohnerhöhung von S M. pro Monat nicht zufrieden sind, sondern vor allem eine Regelung der A r b e l t s z e i t und die Bezahlung der Uebcr stunden ver- langen. Leider hat uns die Organisationsleitung über diese Sachlage nicht unterrichtet. Streik im Hamburger Hafen . Die ausständigen Getreidcakkordarbeiter sind der Aufsorderung, auf allen Schiffen, wo sie zu arbeiten begonnen hatten, die Arbeit wieder auszunehmen, nicht nachgekommen. Für gestern abend lvar eine Versammlung aller Schauerleute(sowohl Tagelohn- wie Akkordarbeiter) anberaumt, in der darüber beschlossen werden sollte, ob morgen früh die Arbeit wieder aufzunehmen sei oder ob alle Schauerleute in den Ausstand eintreten sollen. Aussperrung der Elcktronwuteure in Kiel . Bei der Kieler Jnstallationsfirma Wichmann waren vorige Woche die Elektromonteure in Slreik getreten, weil die Firma bei Ein- fiihrung der gstiindigen Arbeitszeit an Stelle der 9>/z stündigen den bisherigen Lohn nicht weiterzahlen wollte. Daranshm sind in samt- lichen elektrotechnischen Betrieben Kiels die Elektromonteure, zirka 89 Arbeiter, enttassen worden. Dem in der Aera de« Scharfmacher- tums an sich alltäglichen Vorgang liegt ein wahrhast grotesker Such- verhalt zugrunde. Die Kieler Elektromonteure hatten kürzlich in sämtlichen Firmen. mit Ausnahme der Firnra Wichmann, den Neunstundentag durch- gesetzt, bei Fortbezahlung des bisher für 9'/, Stunden gezahlten Lohnes. Bei der Firma Wichmann sollte, mit Einwilligung der Monteure, die Verkürzung der Arbeitszeit erst am 1. Januar eintreten, da der Betrieb ein gemischter und die dort beschäftigten Klempner und Installateure ohnehin tarif . mäßig zu diesen, Termin die llstündige Arbeitszeit erhallen. Daraufhin zwang derVerband der elektrotechnischen Jnstallationsbetriebe in der Provinz Schleswig-Holstein " die Firma, den Neunstundentag gleichfalls schon jetzt einzuführen. Die Firma mußte dem Druck ihrer Organisation»achgeben, ließ sich aber im Gegensatz zu samt- lichen übrigen Geschäften der Branche aus eine Beibehaltung des Lohnes nicht ein. Die Elektromonteure legten die Arbeit nieder, und nun sperrt derselbe Verband der elektrotechnischen Jnstallations- betriebe, der die Firma über die Köpfe ihrer Arbeiter weg zur Ver- kurzung der Arbeitszeit gezwungen, seine Arbeiter aus, weil ihre Kollegen bei der vom Unternehmerverband vergewaltigten Firma dieselben Forderungen stellten, die der Unternehmerverband seinen Arbeitern ohne Anstand beivilligt hatte! Man sieht, den Scharf- machern geht im Klassenkampf nicht nur das primitivste Gerechtigkeits- gefühl, sondern auch alle Logik flöten. Der Streik in Brauerei und Brennerei Toornkaat in Norden (Ostfriesland ) dauert noch immer an und damit der Boykott der Doornkaatschen Getränke. Die Firma Doornkaat hat jetzt die Streikbrecher, nachdem sie schon mit Knüppeln ausgerüstet waren, mit Revolvern versehen. Jeder Streikbrecher erhält dazu fünfzig Patronen. Bei dem starken Genüsse des Doornkaatschnapses, dem diese Leute zu frönen pflegen, kann leicht ein großes Unglück mit den Revolvern angerichtet werden. ES lag um so weniger Grund vor, einen Streikbrecher zu bewaffnen, als sich die streikenden Ar- beiter außerordentlich ruhig verhalten und allen Aufreizungs- versuchen Doornkaats ihr friesisches Phlegma entgegensetzen. Die Gewerbegerichtswahl in Memmingen (Schwaben ) brachte für die Christlichen eine Niederlage, trotzdem sie gegen die freien Gewerkschaften mit Jauchekübelnarbeiteten". Das neugegründete Gewerbegericht wird von Vertretern der freien Gewerkschaften besetzt._ Uttternehmerlügen. Bei der sattsam bekannten Stellungnahme der Kohlemnagnaten den Arbeiterfordcrungen gegenüber war es weiter nicht verwunderlich, daß auch die mitteldeutschen Braiinkohlenindustriellen auf die Ein- gaben der Arbeiter ablehnend antworten würden. Was allgemein interessieren dürste, ist die eigenartige und lächerlicheBegründung" des ablehnenden Bescheides. Zunächst stellen die Unternehmerfest", daß die Löhne höher gestiegen seien, als die Verteuerung der Lebens- mittel ausmacht, und daß dieselbensich in weiter aufsteigender Tendenz" bewegen. Dann sollen die Preise für Produkte der Braunkohle, wie Briketts, Naßpreßsteine usw. in den Abschlüssen bis 1. April nächsten Jahresfestgelegt" sein, so daß die Industrie eine weitere Belastung durch höhere Arbeitslöhne bei gleichen Ver- kaufspreise» nicht verträgt". Demgegenüber ist daran zu erinnern, daß bei Beendigung des Streiks der Braunkohlengräber die unterirdisch beschäftigten cigent- lichen Bergleute nichts weiter erreicht hatten, als die neunstündige Schicht ein Wechsel auf die Zukunft. Die Uebertagsarbeiter, Handwerker usw. erreichten Lohnaufbesserungen von 1939 Pf. pro Schicht. Durchschnittlich etwa 5 Proz. Die letzten Bilanzen und Jahres- berichte der Gesellschaften weisen im ganzen ein glänzendes Bild der ausgezeichneten Prosperitätsperiode, wenig beeinflußt durch den Streik, auf. Wie aber auch die Statistik für das dritte Quartal 1996 lehrt, sind die Löhne nur um wenige Pfennige gestiegen. Greifen wir aus der Masse der Berichte nur einen heraus. Den der Riebeckschen Montanwerke, der größten Gesell- schaft der in Betracht kommenden Reviere. Nach dem Bericht dieser Gesellschaft ist die Zahl der Beschäftigten um elf M a n n g e- funken, die Lohn summe aber um 69 999 Mark! Auf den Kopf der Belegschaften berechnet, betrug der Gewinn im Geschäftsjahr 1993/1996 835,99 Mark gegen 789,99 Mark in der gleichen Zeit des Vorjahres. Das ist ein Mehr von pro Arbeiter 53 Mark! Die Durchschnittslöhne bei derselben Gesellschaft haben betragen 1994/95 1199 M.. 1995/96 nur noch 1989 M.! Also direkte Bereicherung der Gesellschaft auf Kosten der Arbeitslöhne. Nach einer Berechnung derArbeitsmarktkorrespondenz" betrug das Verbrauchsminimum einer vicrköpfigen Familie 1999 1962 M., 1995 1142 M. Durch den Zolltarif vom 1. März d. I. mit seiner weiteren Verteuerung der Lebensmittel ist dieses Minimum noch beträchtlich in die Höhe gegangen. Trotzdem ist bei den Riebeckschen Montanwerken der Lohn im laufenden Jahre um 11 M. gefallen. Aehnlich verhält sich» mit den übrigen Gesellschaften. Erstaunt wird der Kundige gewesen sein, als er erfahren hat von den langfristigen Abschlüssen zu den altenniedrigen" Preisen. Da kommt gerade rechtzeitig eine Stimme aus Fachkreisen, der Wochenschancr der Leipz. Neuesten Nachr." nämlich, der schreibt:... in den großen Montanrevieren dagegen, dort, wo die Verbände die Absatzpolitik aus weiteren Gesichtspunkten als bloß von heute auf morgen dirigieren, sind eben diese Verbände vielleicht nicht gerade üderwohlwollend, aber klug genug gewesen, riskante lang sichtige Engagements abzuweise n". Ergo ist die Redensart von denbindenden" Abschlüssen zuniedrigen, alten Preisen" eine Finte, bestimmt, den Arbeitern leere Versprechungen aufbessere, spätere" Zeiten schmack- hast zu machen. Wer in der Tat beobachtet hat, wie sich die Unter- nehmer in der Braunkohlenindustrie, die ihre Produktton an Bri- kettS usw. hauptsächlich einzeln im Landdebit an die Konsumenten abgegeben haben, die herrschende Kohlenknappheit in der un- verschämtesten Weise zunutze gemacht haben. ist erstaunt. ivie man da noch vonniedrigen, alten Preisen" reden kann. In geradezu unerhörter, noch Nie dagewesener Weise sind die Preise für den Bedarf an Hausbrandkohlen in die Höhe geschnellt. Vor kaum fünf Monaten kosteten Briketts ab Werk noch 45 Pfennige der Zentner. Dann 48. 59, 52, 55, 53 und jetzt 69 Pfennige. Bei eintretender strenger Kälte werden sie loeiterklettern". Dann ist in der Untcrnehmerantwortnach berühmten Mustern" gesagt, daß eine Sperre nicht bestehe, daß man sich aber das Recht vorbehalten müsse,mißliebige Elemente" von den Betrieben fern- zuhalten. Danach wird der Anschein erweckt, als handele es sich nur um ein Schwarze Listen-Sysicm, das zwar ebenso ungesetzlich als brutal und niederttächtig ist, das aber fast allgemein in Unter- nehmcrkreisen in Gebrauch ist. D a S ist aber nicht to a h r. ES handelt sich in den Braunkohlenrevieren um eine Beschränkung der Freizügigkeit, um eineSperre", wie sie chlimmer nicht gedacht werden kann. Die Gesellschaften haben nägrlich unter sich ein Abkommen getroffen, wonach ein Arbeiter. der von einem Werke der Nachbargesellichasl abgekehrt ist. unter vier Wochen nicht angenommen werden darf I Der Arbeiter riskiert also bei jedesmaligem Arbeitswechsel eine mindestens vicrwöchenlliche Feierzeir, wenn er nicht als Handlanger oder Tagelöhner eine'Zeitlang arbeiten will. Dadurch ist er gezwungen, auch uMer ungünstigen Arbeits- bediitgnngen seinem Unternehmertreu" zu bleiben. Bei Arbeits- Wechsel schnellt sofort der Brotkorb in die Höhe.Mißliebige" Arbeiter im Sinne der Unternehmer bekommen in den Revieren überhaupt keine Arbeit wieder, sie müssen auswandern, den Beruf wechseln oder Kolporteur werden. So stellen sich die ablehnendenBegründungen" der Bergarbeiter- forderungcn bei Lichte besehen als ganz ordinäre Unternehmerlügen heraus. Daß sie damit nicht durchkommen, dafür wird die organisierte Arbeiterschaft sorgen._ Die Arbeit dermchlichru Elemente" stürzt ein! In Lechhausen bei Augsburg zeigte ein von Streik- blechern aufgesührtes neues Haus bedenkliche Risse, die immer größer wurden und zuletzt drohte die Giebeltvand einzustürzen. Sosort rückte die Polizei aus die nämliche, die vorher die Streik- brecher beschützte, um nun das Publikum vor der zusammen- stürzenden Arbeit der Streikbrecher zu schützen; mächtige Balken müssen die herüberhängenden Mauern vor dem Zusammensturz be­wahren. Tüchtigen Maurern aber hatte man einige Pfennige mehr Lohn verweigert._ Vergifteter Köder. Aus Baden schreibt man uns: Die Vertreter des süd- deutschen Textilarbeitgcberverbandes tagten in voriger Woche zu Stuttgart , um neue Kriegslist im Kampfe gegen die Lohnforderungen ihrer hungernden Weber zu ersinnen. Wie alt- klug und weise die Herren im Schwabcnlande geworden sind, lehrt folgender Ukas: Wir teilen unseren Arbeitern mit, daß laut Beschluß des Verbandes süddeutscher Textilarbeitgeber, diejenigen Arbeiter, die die Arbeit überhaupt nicht niedergelegt haben, keinen Verbänden beigetreten sind und zurzeit noch bei uns arbeiten, eine Prämie erhalten. Diejenigen Arbeiter, die sich nachträglich entschließen, aus ihren Verbänden auszutreten, können bei uns sofort Arbeit finden und erhalten, im Falle es uns möglich ist mit denselben unseren Betrieb auch nur im be- schränktem Maße aufnehmen zu können, diese Prämie ebenfalls. Sollten sich nicht soviel Arbeitswillige finden, daß wir unseren Betrieb wieder ausnehmen können, so erhalten sämtliche Arbeits- willige vomVerband süddeutscher Textilarbeitgeber" mindestens dieselbe Unterstützung, wie sie sie aus ihrem Verbände erhalten. Wer von unseren Arbeitern gesonnen ist, sich unter diesen Be- dingungen uns anzuschließen, kann sich sofort bei uns melden. Diesen Köder werfen die Textilindustriellen der badischcn ! Stadt Lahr ihren Arbeitern hin, welche, 169 an der Zahl, ein- i mütig in eine Lohnbewegung eingetreten sind. Die Arbeiter halten fest an ihrem Verband, mit dessen Hülfe sie statt der Gnaden- Prämie für Verrat sich ihr Recht auf einen vor dem Verhungern schützenden Lohn erkämpfen werden. Die Gcwerkschnftsbewcgnilg im Reichslande. Lange Jahre war da? Reichsland das Sorgenkind der Gewerk- schaften. Nationalitätenzwiespalt verbunden mit territorialem Partt- kularismns, wirtschaftliche Abhängigkeit von oft patriarchalischen Unternehmertuin, geistige Knechtschaft eines fanatischen, reaktionären KleruS und nicht zuletzr die Polizeimaßregeln unter dem Diktatur- zustand hinderten die Entlvickelung der Gewerkschaften. Nachdem dieser Diktaturzustand gefallen lvar, bekam die Arbeiter- bewegung und damit die Gewerkschaften ivenigstenS auf dem politischen Boden freie Bahn. Die gesetzlichen Beschränkungen waren in etwas aufgehoben. mit den anderen widrigen Umständen fertig zu iverden, war nicht mehr so schwer. Und seit Aushebung des Diktatnrparagraphen 1992 machte die Organisation der Arbeiier erst langsame, dann aber mächtige Fortschritte. Dies zeigte recht deutlich die fünfte elsaß - lothringische Gewerkschaftskonferenz, die am Sonntag, 11. November, in Colmar tagte. Die Konferenz war besucht von 37 Delegierten aus den industriellen Teilen des Landes. Weiter waren vertreten die Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands durch den Genossen K u b e- Berlin und die politische Partei Elsaß -Lothringens . Die Zentralagitationskommission der Gewerkschaften Elsaß-LothringenS mit Ausnahme des nördlichen Bezirks von Lothringen , der dem Agitations- bezirk Saarbrücken angeschlossen ist, hat in einer ganzen Anzahl von Ortschaften Agitation entfaltet, die nicht ohne Erfolg geblieben ist. In Gegenden, wo man von moderner Arbeiterbewegung bisher nichts gekannt hat, ist der Organisationsgedanke hineingetragen worden. Und wenn nicht alle Wünsche und Hoffnungen erfüllt worden sind. so lag das in dem Mangel an agitatorischen und organisatorisch fähigen Kräften, ein Mangel, der überall zutage tritt, wo die Organi- sationen sprunghaft wachsen. Die Mitglicderzahlen der Gewerkschaften im Reichslande betrug im Jahre 1993: 5399, 1994: 5638, 1995: 8696 und 1996: 17584. Der gewalttge Ausschwung im letzten Jahre ist zweifellos den» Unistande mit zu verdanken, daß eine Reihe Gewerk« schaften ständige Orts- und Gaubeamte im Reichslande angestellt haben, die sich ausschließlich der Verbandsarbeit und Organisation widmen können. Die größeren Städte weisen folgende Mitglieder- zahlen auf: Straßbilrg 6975, Colmar 2592, Mülhausen rund 6999, G e b w e i l e r 228, Markirch 435 usw. Die Einnahme der Zentralkommission betrug 2726,19 M., die Ausgabe 2449,33 M. Der wichtigste Punkt, niit dem sich die Konferenz zu beschästigen hatte, war die Anstellung eines Gewerkschaftsbeamten für Elsaß-Lothrin gen, mir Ausnahme des nördlichen Teiles. Nach längerer Debatte wurde die Anstellung eines solchen Beamten beschlossen. Die Geiieralkommission der Gewerkschaften Deutsch - lands befürwortete ebenfalls die Anstellung. Der Beamte soll möglichst der französischen Sprache mit mächtig sein, und erhält seinen Sitz in Straßburg . Mit der nunmehr erforderlichen Abänderung des Regulativs der Agitationskomniission für Elsaß- Lothringen und Erledtgung einiger weniger wichtigen Anträge fand die Konferenz nach neunstündiger Dauer ihr Ende. Die Stadtverordnetenwahlen in Rixdorf, die für die dritte Abteilung gestern stattfanden, brachten in sämtlichen Bezirken den Sieg der sozial- demokratischen Kandidaten. Im einzelnen ge- staltete sich das Ergebnis folgendermaßen: 1. Bezirk: Metall- arbeiter P a g e l s 237 Stimmen, zersplittert 2 Stimmen. 4. Bezirk: Gewerkschaftssekretär Wutzky 351, der gegnerische Kandidat Steinhofs 42 Stimmen. 7. Bezirk: Eigentümer Sasse 483, der gegnerische Kandidat Riedel 21 Stimmen. 10. Bezirk: Restaurateur W i l k e 331, der gegnerische Kandidat Stolzenburg 80 Stimmen. 11. Bezirk: Böttcher- meister T u s ch l i n g 411 Stimmen. 13. Bezirk: Eigentümer Müller 453, der gegnerische Kandidat Riedel 11, zer- splittert 3 Stimmen. 16. Bezirk: Arzt Tr. Silber ste in 658, zersplittert 3 Stimmen. 17. Bezirk: Maurermeister Michalowsky 544, der gegnerische Kandidat Prietzel 31 Stimmen. 19. Bezirk: Kassepbtzamter Conrad 520, zersplittert 1 Stimme. 20. Bxzirk: Malermeister Füll- gras 475, der gegnerische Kandidat Prietzel 9, zersplittert 1 StlUime. Möge es bei der heutigen Wahl in der zweiten?lb- teilung den Rixdorfer Genossen gelingen, diesen schönen Sieg zu einem vollen Erfolge zu machen. Darum nochmals: Aus zur Wahl in der zweiten Abteilung? Letzte JVacbncbten und Depelcbea Tie Christlichen werden rebellisch. Essen a. d. Ruhr, 14. November. In einer außerordentlichen Generalversammlung protestierte der evangelische Arbeiterverein des Kreises Essen gegen die Flcischteuerung. In einer Resolution wurde eine weitere Oesfnung der Grenzen und die eventuelle Außerkraftsetzung der Zölle auf Vieh und Fleisch verlangt. Bon der Zentrumsfraktion des Reichstages erwartet die Versammlung, daß sie in diesem Sinne wirken werde. Sieg bei der Gewerbegerichtswahl. Hildesheim , 14. November. (Privatdcpesche desVorwärts".) Bei den heutigen Wahlen zum Gcwerbegericht erzielten die Ge- werkschaften einen glänzenden Sieg. Die Kandidaten derselbe» erhielten 1499 Stimmen, während der Mischmasch es nur auf 451 Stimmen brachte. Hungerstreik. Petersburg, 14. November. (B. H. ) Hundert politische Ge- fangene des Gefängnisses von Jtohakow verweigern seit einiger Zeit die Annahme von Nahrung. Einige Gefangene sind bereits 1 an Schwäche gestorben._ Zum Tode verurteilt. Moskau , 14. November. (W. T. B.) Das KriegSfcldgericht ver- urteilte den unbekannten Verbrecher, welcher daS Attentat auf das Leben des Stadthauptmanns Generalmajors Rheinbot verübt hat, zur Todesstrafe durch den Strang. Verhaftungen. Kiew , 14. November. (SB. T. 23.) Hier wurde das Bestehen einer revolutionären Kampforganisation unter dem Militär auf- gedeckt. 19 Personen wurden verhaftet. . Bomben-Anschlap Rom , 14. November. (W. T. B.) Am Eingang des Cafe Aragno legte heute abend ein bisher unermittelter Mann eine Bombe nieder. Diese explodierte einige Minuten später, wodurch 2 Personen leicht verletzt wurden. Verschwundene Unterstützungsgelder. San Francisco , 14. November. (W. T. B.)San Francisco Daily Chronicle" behauptet, daß Beiträge für die Unterstützung der durch das Erdbeben Geschädigten verschwunden feie«: eS soll eine Million Dollar fehlen. Präsident Roosevelt interessiere sich für die llntersuchung, und der Fall werde vor da» Bundcsgericht . kommen, da die Beförderung durch die Post dabei in Frage komme. Lerantv. Redakteur: Hau » Weder, Berlin . Inseratenteil verant».; U>.vl»cke. Berlin . Druck u. Verlag: Torwärt» Buchdr. u. Verlagsanstalt WaulS>naer8cCo..BerlmS1V. Hierzu 3 Beilagen«. UntertzaltungSdlatt