stimmen!— Diese Abstimmung bestätigte die Machenschaftenzwischen dem konservativ- klerikal-nationalliberalen Wahl-prüftingskartell. Und jene Machenschaften sind nur die Folgeder fortschreitenden Befestigung des Zentrums als einerRegierungspartei, die gemäß ihrem reaktionären Charakterimmer festeren Anschluß nach rechts, an die Junkerparteisucht. Die Nationalliberalen geben sich schon damit zu-frieden, den Schwanz dieses reaktionären Kartells bildenzu dürfen.Nach den beiden Abstimmungen beschloß der Reichstagzunächst, Beweiserhebungen über die Wahl in Sachsen-Alten-bürg anzustellen. Fast die ganze weitere Sitzung wurde dannausgefüllt mit der Beratung über die Wahl des Zentrums-abgeordneten W i l t b e r g e r, der unter unerhörten, im Wahl-Protest behaupteten geistlichen Beeinflussungen üvcr seinenGegenkandidaten, den Prinzen Alexander v. Hohenlohe, gesiegthat. Die Debatte war eine sehr lebhafte und sie spitzte sichzu einer prinzipiellen Erörterung darüber zu, ob die geistlicheWahlbceinflussung, wie sie in dem vorliegenden Wahlprotestbehauptet wird, eine unzulässige ist oder nicht. GenosseFischer- Berlin präzisierte unseren Standpunkt, der die geist-liche Wahlbeeinflussung bei Amtshandlungen zurücktveist undsie als ein Moment für die Ungültigkeitserklärung erklärt.Die Freisinnigen beantragten, die Gültigkeitserklärung derWahl Wiltbergers auszusetzen und Beweiserhebungen übereine Anzahl der im Protest behaupteten unzulässigen Wahl-becinflussungen anstellen zu lassen.— Die AbgeordnetenMüller- Meiningen und Blumenthal beleuchteten— gleich Fischer— die mehr und mehr parteiisch sich ent-faltende Tätigkeit der Wahlprüfungskommission an den Vor-kommnissen im 10. Elsaß-Lothringer Wahlkreise Hagenau-Weißenburg.Der Zentrumsabgeordnete Gröber unternahm es, diegeistlichen Wahlbeeinflussungen als— harmlos hinzustellen;er tadelte einzelne gar zu plumpe Fälle des Mißbrauchsgeistlicher Gewalt in der Kirche zugunsten bestimmterKandidaten, weil ihm eben die Plumpheit solcher Fällenicht behagt.-Aber das hindert die Zentrumsabgeordneten inder Wahlprüfungskommission nicht, die anfechtbarsten Wahlenfür gültig zu erklären.Der nationalliberale Abgeordnete B o l tz gab eine prin-zipielle Erklärung gegen die amtliche geistliche Wahlbeeinflussungab, trotzdem er und seine Fraktionskollegen in der Wahl-Prüfungskommission für die Gültigkeit der Wahl Wiltbergersgestimmt haben! Danach ist der Wert der bezeichneten Er-klärung zu bemessen.In namentlicher Abstimmung wurde der Antrag der Frei-sinnigen mit 157 gegen 142 Stimmen abgelehnt und dieWahl mit schwacher Mehrheit für gültig erklärt. Zuletzt wardnoch beschlossen, Beweiserhebungen über die Wahl v. MassowlKönigsberg 2) anzustellen.—Zur Psychologie des persönlichen Regiments.Die.Germania" druckt aus der Schrift eines offenbar Ein-geweihten,«Unser Kaiser und sein Boll! Von einem Schwarzseher"folgende für die politische VerlehrSformen Wilhelms II. nicht uninteressanten Stellen nach:„Wilhelm II. ist durchaus kein guter Zuhörer.Wohl mag er die ehrliche Absicht haben, zuzulernen, aber derDrang zu erobern, zu bezwingen, die eigene Persönlichkeit aufandere wirken zu lassen, ist in ihm von jeher so stark gewesen, daßseine Räte sehr selten zur Absolvierung einesBortrages, seine Gäste fast nie zu einer ergiebigen Diskussionmit dem kaiserlichen Herrn kommen. Oft ist der Vor-tragende noch nicht beim dritten Satze an-gelangt, da nimmt der Kaiser selbst das Wort, entwickelt seineeigenen Ansichten über die Materie, die er stets völlig zu be-herrschen glaubt, fragt nur, um fast im gleichen Moment selbst zuantworten, kommt, rasch überspringend, leicht vomHundertsten ins Tausendste, und hat nach Ablauf derfestgesetzten Zeit meist dem Bortragenden eine höchst anregendeStunde bereitet, ihm aber gleichzeitig die Möglich-keit benommen, feiner Jnformationspflichtzu genügen, eine eigene Meinung zu ent-wickeln,Wer dem Gedankengange des Kaisers nicht folgt, wer, wieeiner unserer tüchtigsten Staatssekretäre, hartnäckig bei derStange bleibt und mit einer gewissen Pedanterie immer wiederauf sein Thema zurückzukommen versucht, der gerät beim Kaiserleicht in den Ruf eines„ l a n g w eili g en K ump a n s", eines„ledernen Bureaukraten". Er kann es erleben,daß er monatelang nicht mehr zum Bortrage be-fehlen wird, daß ihn der Kaiser dann schließlich einmal zwarresigniert zum Worte kommen läßt, ohne aber viel hin-zuhören. Wilhelm IL gibt sich in solchen Fällen übrigenskeineswegs viel Mühe, seine Teilnahmlosigkeitzu verbergen. Er Pflegt, an die Wand gelehnt, mit seinenTeckeln zuspielen, jagt sie gelegentlich inr Zimmer herumund kommt erst wieder in Laune, wenn die Köter dem„Pedanten" so lange zwischen den Beine ndurch-gelausen sind, bis er schließlich, nervös undverwirrt, selbst den Faden verloren hat, lvoraufer dann allerdings meist ein joviales„Trostwort" des Monarchenmit auf den Heimweg nehmen darf.Ucber de» Verkehr des Kaisers mit dem Fürsten Bülowerzählt der„Schwarzseher":„Mit bewunderungswürdiger Ge-wandtheit versteht es Bernhard Bülow, die Flut der Anregungeneinzudämmen, welche sein hoher Gast mitzubringen pflegt undschließlich das herauszuschälen, was sich einigermaßen in denRahmen der inneren und der äußeren Politik einfügen läßt. In' stets unterhaltendem Plaudertone gibt der Kanzler dem Monarcheneinen Extrakt der eingelaufeneu Meldungen und Berichte, dieknapp kommenliert werden, um, wo es not tut, einekaiserliche Entscheidung zu provozieren. Fürst Bülow weiß.daß er die Geduld seines hohen Gastesauf keine zu harte Probe stellen darf. Esmuß daher eine sehr sorgfältige Auswahl aus dem täglich in demKanzlerpalais sich häufenden Material getroffen iverden, und wennWilhelm II. sich gelegentlich auch einmal in die letzten De-t a i l s einer Frage vertieft, so ist man doch gemeinhin, wie dieDinge nun einmal liegen, in der Wilhelm st raße garnicht in der Lage, den Kaiser eingehender undumfassender zu orientieren, als die„Fällig-leiten der Stunde" es gebieterisch heischen. Nichtals ob Wilhelm II. mit der Zeit, die er für seinen Kanzler übrig hat,allzusehr geizte. Er ist dem Fürsten Bülow in ritterlicher Freund-schast zugetan. Er freut sich der Unterhaltung mit dem vielerfahrenen, feinsinnigen und sympathischen Weltinanne. Aber imallgemeinen vermögen die recht nüchternen Einzelbeiten der Re-gierungstättgkeit den Kaiser nicht lange zu fesseln. Er ist stets be-reit, in das weite Feld allgemeiner Erörterungen auszubrechen, woer dann rasch die Erdenschwere des Konkreten abstrerst und auf denElügeln der Phantasie dahinstürmt, froh, vor aller mformatorijchenleinarbeit geborgen zu sein..,„„Wenn er mich nur einmal zu sich ausS Schrffeinladen wollte!" hat der selige M'guel voll Wehmutgeklagt. Aber diese Gelegenheit zu einer intimen Aus-spräche mit dem Kaiser ist ihm nie geworden.Auf diesen Fahrten will der Kaiser sich an ftoher Tafelrundeals Mensch im Freundeskreise fühlen. Hier ist schon mancher Keimins Herz des Kaisers gepflanzt worden, der ihn dann zu über-raschenden Entschlüssen drängte. Hier ist allzu oft schon der Grundzu einer Ministerherrlichkeit gelegt, über manche auch der Stab ge-brachen worden. Hier entstanden Vertrauensverhältnisse, die späterden verantwortlichen Ratgebern schwer zu schaffen machten; hierwar der„Punkt außerhalb der Regierung", von dem aus Hoch-strebende gelegentlich sogar versuchten, den ganzen Regierungs-apparat aus den Angeln zu heben."Graf Rede ntlow berichtet, daß fast alle Persönlichkeitenin der Umgebimg des Kaisers sich durch große gesellschaftliche Ge-wandtheit und vor allem durch schmiegsame UnterhaltungSgabeauszeichnen. Der„Schwarzseher" erzählt: Da bekannt ist, daß derKaiser für einen guten Witz stet? sein frohes herzliches Lachen hatund gelegentlich auch einer kräftigen Anekdote sein Ohr nicht ver-schließt, so liegt die Versuchung nahe, ihn durch allerhand derbeSpäße oder durch geistvolle Apercus, durch witzigen Klatsch zu ge-Winnen. Das erstere hat ein viel genannter Ressortnnnister ver-standen, dessen kräftige Nerven auch der schärfften Angriffe auf seineamtliche wie außeramtliche Tätigkeit lange Zeit spotten konnten,als amüsanter Plauderer aber— und als sehr geschickter Zuhörer— hat sich Bernhard Bülow in das Herz seines kaiserlichen Herrngeschmeichelt. Der Weise im Reichsamt des Innern dagegen hates mit all der gediegenen Arbeit beim Kaiser nur zum Rufe eines„ledernen Pedanten" bringen können."Die„Germania", das führende Organ der gut monarchischenund durch die Gunst Wilhelms II. und seiner Intimen aus-gezeichneten Zentrumspartei, dürfte diese Charakteristik des Trägersder Krone kaum abgedruckt haben, wenn sie nicht Anlaß zu habenglaubte, sie für wohlgetroffen zu halten.--*•*Deutfchcs Reich.Ein kolonialer Nachtragsetat.Dem Reichstag ist heute ein Nachtrag zum HauShaltsetat fürSüdwestafrika zugegangen, der die Summe von 29 220 000 M.fordert. In den Erläuterungen zuni Etat wird ausgeführt, daßim Etatsentwurf für 1006 die gesamten Jahresausgaben für Wüst.West auf 02 388 000 M. veranschlagt worden seien. Hiervon seienbewilligt worden 77 000 000 M. Durch die Nachtragsforderungenerreiche der Gesamtetat die Höhe von 106820 000 M., er über-schreite somit die Summe des Etatsentwurfs um 13 932 000 M.Von dem bewilligten Gelde hätten Mitte Oktober noch rund714 Millionen Mark zur Verfügung gestanden, dieser Betrag reichenoch bis Mitte November; um die Ausgaben bis Ende März1007, also bis zum Ablauf des Etatsjahrcs zu decken, sei die Nach-forderung notwendig gewesen.Des weiteren wird in den Erläuterungen ausgeführt, daß amI. Oktober 1006 die Stärke der Schutztruppe 12 281 Köpfe betragenhabe. Bis Ende März 1907 würden voraussichtlich weitere 4003Mann heimgesandt werden, so daß dann die Stärke der ge-samten Schutztruppe 8268 Köpfe betragen werde.Diese letzteren Angaben über die Reduktion der Schutztruppcdecken sich keineswegs mit dem weiter unten wicdergegebenen In-halt der neuen Denkschrift über Südwcstafrika. Dortrechnet man nur mit Ersparnissen durch Verminderung derEtappentruppen der Linie Lüderitzbucht— Keetmanshoop. Es wirdsich noch herausstellen müssen, welche der beiden Lesarten dierichtige ist und ob tatsächlich bis zum April des nächsten Jahresauf eine Verminderung der Schuhtruppe auf 8200 Mann gerechnetwerden darf.—Keine Truppenverminderung in Südwest?In der dem Reichstage zugegangenen neuen Denkschriftüber Südwestafrika ist mit keinem Worte die Rede von jenenerbeblichen Truppenverminderungen, die vor einigen Wochen halb-offiziös angekündigt waren. Danach sollte die Truppenzahl auf6000—7000 Mann reduziert werden und an Stelle der bisherigenKampfesmethode gegen die Reste der Hereros und Hottentotten dieSchaffung geschützter Zonen treten.Die neue Denkschrift betont demgegenüber, daß man nichtdaran denken dürfe, den eigentlichen Krieg für beendet zu erklärenund zur Stationsbesetzung überzugehen, da dadurch nur ein neuesAuflodern des AufftandeS provoziert werde l Der für dieFührung des Krieges allein verantwortliche, am Feindestehende Truppenbefehlshaber— also Herr Deimling!— seider Ansicht, daß der Krieg nach der bisherigen Methode zuEnde geführt werden müsse und könne.Röttg sei es vor allen Dingen, die Unterkunft und Ver-pflegung der Truppen besser zu organisieren. Dazu sei un-bedingtes Erfordernis die Fortführung der Bahn von K u b u bbiö Keetmanshoop. Sie werde es dann ermöglichen, vondem zahlreichen Personal, das jetzt diesen Etappenweg decke<61 Offiziere und 1360 Manns, den größten Teil zu ersparen unddadurch eine Herabsetzung der Schutztruppe herbeizuführen.Herrn Lindequists Pläne sollen also für absehbare Zettnicht realisiert, dagegen soll in der bisherigen Weise und mit derbisherigen Truppcnzahl der Krieg bis ins Endlos« fortgeführtwerden. Die in Südwest stehenden 12 000 Mann wird man allen-falls auf 11000 Mann reduzieren. Dafür soll dann aber dieBahnlinie Kubub-Keetinanshoop bewilligt werden. Man sieht: HerrDeimling besteht auf seinen Bedingungen, die er seinerzeit so„schneidig" im Reichstag vertrat. Zentrum und Freisinn aber werdendiesmal aller Voraussicht nach umfallen und alles Geforderte be-willigen I_Pods Dank.Pod publiziert in der Brot- und Fleischwucherpresse folgendenDankeS-Erlaß:In Verfolg meines Ausscheidens auS dem Staatsdienste sindmir von vielen Hunderten von Landwirten Telegramme lind Briefezugegangen.Diese Kundgebungen sind vom Herzen gekommen und zumHerzen gegangen, und ich kann nur meinen'ausrichtigsten, tief-bewegtesten Dank aussprechen.Leider fesselt meine Krankheit mich an das Bett, und ich binverhindert, jedem einzelneu persönlich meinen Dank auszudrücken.Hoffentlich ist meine Genesung nicht zu fem, damit ich baldemcut die Arbeit im Kreise meiner Berufsgenosien zur Förderungder heimischen Landwirtschaft wieder oufnehmcu kann.Frohen Mutes wollen wir der Zukunft enigegenfehen. alledurchdrungen von dem einen Gefühl, daß die Landwirt»fchaft den felsenfesten Eckpfeiler des preußi-fchen Staates bildet.Dallmin, den 15. November 1006.gez. von PodbielSki,Staatsminister.Unter dem„felsenfesten Eckpfeiler" versteht Pod selbstverständlichnicht die Millionen Landproletarier, auch nicht die mehr als dreiMillionen Kleinbauern, die nur bis zu zwei Hektar Land besitzenund von der agrarischen Wucherpolittk nicht den mindesten Vorteilhaben, sondern in erster Linie die Landjunker, deren 38 vornehmsteRepräsentanten zusammen 252000 Hettar Land ihr Eigen nennen.also soviel wie eine Birrtelmillion Kleinbauern.Pod selbst freilich begnügte sich nicht mit den Erträgnissen seinerGroßschweinezucht und Milchpantschcrei. für ihn bUdeten die Ein-nahmen aus der Kolonialwucher-Firma Tippelskirch den stärkerenEckpfeiler seiner Finanzen ITrotzdem verbindet Pod auS altem Sippengefühl mit seinemDank an die trauemden Jtzenplitze den geharnischten Protest gegenjede Maßnahme zur Linderung der agrarischen VolkZauShuugcrung.Einstweilen braucht er übrigens nicht einmal darum besorgt zu sein, daßin dies sein glorreiches Werk Bresche gelegt werde. Denn von irgendwelchenernstlichen und wirksamen Maßnahmen gegen die Fleischnot lasse, dieRegierung noch nicht daS geringste verlauten. Dafür scheint sieauf der Suche zu sein, um an Stelle des getippelten Pod einenReaktionär und Agrarier des gleichen Kalibers zubekommen. So soll nach der Meldung der„Rheim-Westf. Ztg." derkonservative Reichs- ulid Landtags-Abgeordncte v. Heydebrandund der Losa als Nachfolger Pods in Aussicht genonunen gewesensein. Heydebrand habe jedoch das Angebot abgelehnt.Der Protest gegen den Lebensmittelwucher.Die gestern gemeldete Eingabe der Bergarbeitcrorganisationenan den Reichstag hat folgenden Wortlaut:Bochum, den 10. November 1006.Hochgeehrter Herr Abgeordneter!Schon seit mehr als Jahresfrist herrscht in allen GebietenDeutschlands nicht nur eine kolossale Teuerung des Fleisches undder Fleischwaren, sondern auch die anderen Lebensmittel sind so imPreise gestiegen, daß mit den jetzigen Löhnen nicht mehr aus-zukommen ist und viele notwendige Bedürfnisse in der Arbeiterfamilie keine Berücksichtigung finden können.' Namentlich in denmeist ganz dicht bevölkerten Bergbaurevieren, wo fast durchgängigund stets die Lebensmittel etwas höher im Preise stehen als selbstin großen Städten, ist die Erhöhung der Lebensmittelpreise imletzten Jahre so drückend, daß bei normaler Arbeitszeit und Schichten-zahl die Familie eines im Bergbau tätigen Arbeiters nicht mehrauskommen kann.Die Herren Werksbesitzer erklären durchgängig auf die Lohn-forderungen der Arbeiter, daß sie die Löhne nickt so steigern könntenals die Lebensmittel im Preise gestiegen sind. Auch die„Bergwerks-zeitung" schrieb in ihrer Nummer vom 9. September d. I.,«daßdie Preise für die notwendigsten Lebensmittel eine solche Höhe er-reicht haben, die man für die weitesten Schichten des Volkesals unerschwinglich bezeichnen darf. Das ist leider keine Redensart,sondern ein ganz ttauriges Faktum, und die Judusttie, die heuteeigentlich die Nährmutter des Volkes ist, kann trotz allen An-strengungen und bei den größten Opfern nicht so ergiebig gemachtwerden, daß sie die Löhne und Gehälter auf eine Stufe brächte, dieeinen Ausgleich gegen die Preise der Lebensmittel bedeutete.Die ergebenft Unterzeichneten wurden von einer am 9. Novemberin Essen tagenden Konferenz der Vorstände der fünf Bergarbeiter-Verbände Deutschlands, welche 220 000 organisierte Bergarbeitervertteten, mit denen aber auch die Nichtorganisierten fast aus-nahmSlos sympathisieren, an den hohen Reichstag und die Reich»-regierung eine Eingabe zu richten und selbige zu ersuchen, daßschleunigst durch Beschlüsse Mittel und Wege beschritten werden, umeine Verbilligung der Lebensmittel, ganz besonders aber der Fleisch«preise herbeizuführen.Indem wir uns hiernsit dieses Auftrages erledigen, bitten wirEw. Hochwohlgeboren, diesein Ersuchen entsprechen und im Reichs-tage tunlichst bald im Sinne der Gesuchsteller wirken und stimmenzu wollen.Es zeichnen ehrerbietigst:Der Borstand des Verbandes der Bergarbeiter DeutschlandsH. Sachse, Vorsitzender.Der Vorstand des Gewerkvereins christlicher BergarbeiterDeutschlands. H. Köster. Vorsitzender.Der Vorstand der polnischen Berufsvereinigung.A. Sosinski, Vorsitzender.Berein zur gegenseitigen Hülfe, Bcuthen O.-Schl.Krolik, Vorsitzender.Der Vorstand des Gcwerkvereins der Bergarbeiter Deutsch! H.-Duncker.B. Hammachcr, Vorsitzender.Prot« st Versammlungen fanden statt in den schleSwig-holsteinischen Orten Langenfelde bei Hainburg, in Itzehoe,in Lägerdors und Heide, femer in Duisburg,Solingen, Gera und Kasse!Aus Köln wird uns vom 16. November telegraphiert:Vier Protestversanimlungen in Köln und Vororten, sämtlichmassenhaft besucht, nahmen die Resolution einstimmig an.Die„eine Schwalbe". Genosse I a u r ö S verwahrt sich in einerBesprechung der B ü l o w- R e d e in der„Humanitö" dagegen, die„eine Schwalbe" zu sein, die in Frankreich für eine Annäherung anDeutschland eingetreten fei. Er stehe mit seinem Streben in Frank-reich keineswegs allein. � Gegen eine Politik des„Ein-brechens Deutschlands" durch ein AuSlandSbündniS, an dem Frankreich beteiligt sei, eine Politik, die Bülow als eine ernste Ge-fährdung der intemationalen Beziehungen bezeichnet habe, werdeauch er mit aller Entschiedenheit eintreten.—Die lahme Ausrede von der Schwalbe, die'noch keinen Sommermache, könnte ein französischer Minister ebenso gut auf Deutsch-land anwenden. Ist es doch auch hier nur„eine"Schwalbe des sozialdemokratischen Deutschland, dienicht nur die Friedensliebe durch schöne Worte be-teuert— diese wohlfeile Art der Friedensbetättgung übt jajeder Diplomat und jeder Spießer in ganz Europal— sondem»auch durch Bekämpfung der unheilvollen Rüstungen Beweise ihrerFriedensliebe erbringt.—_Das Zentrum macht alles!In Bochum hat das Zentrum bei den Stadtverordneten»wählen der dritten Abteilung mit den„Liberalen" eine Listegebildet, aus der ein christlicher Gelverkschaftssekretär an derSeite von Vertretern des scharfmacherischen Zechen- und Hütten»kapitals prangte. In Düsseldorf haben die Schwarzenes noch feiner angefangen. Unter den Zcntrumskandidatcnder dritten Klasse befand sich auch der christliche Gewcrk-s ch a s t s f ü h r e r S ch i ff e r s, der für die Dienste, die erbeim� Kampfe um den Zolltarif dem brotwuchernden Zentrumgeleistet, besonderen Lohnes wert war. In der zweiten Klasse,Ivo das Zenttum auf das Krämer- und Krautertum an-gewiesen ist, setzte es auf seine Liste den Schlosser-m ei st er Kriegers, Generalsekretär der Mittelstands»Vereinigung und Führer der kleinen Scharfmacher in Rhein-land und Westfalen. Kriegers hat bisher bei jeder sichbietenden Gelegenheit gegem die chpistlichenGewcrk-s ch a f t e n gewettert, hat noch vor vier Jahren ver-kündet, daß die Christlichen schlimmer als dieSozialdemokraten seien, und noch vor zwei fahrenerklärte er achtzig Prozent der Streiks für frivol!Und den Mann sendet das Zentrum in das DüsseldorferRathaus! Schiffer, der christliche Gewerkschaftsführer undKriegers, der geschworene Feind der christlichen Gewerkschaften— Arm in Arm als Vertreter deS Zentrums imStadtparlament! Wer zweifelt nun noch, daß die aus-gleichende Gerechtigkeit ihre Erfüllung gefunden, hat und dasZentrum bestrebt ist. die Interesse» aller Klassen. Stände undBerufe zu vertreten?—_Worte, Worte, Worte...!Abermals findet die. K ö l n i s ch e Z e i t u n g" den Mut z»einem Artikel voll entschiedener Worte. Die ReichstagSredcn vomMittwoch, so meint das Blatt, verdienten im Volke nicht nur ge-lesen, sondern auch im Gedächtnis behalten zu werden. Bülow«Worte feien zwar gut und schön, aber den Worten entsprächen nichtinnner die Taten, denn es seien in der deutschen Polittt Einflüsseam Werke, die den Eindruck solcher Worte abschwächten. Auch imAuslände fetze fich die Meinung fest, dcff unsere Worte