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HJOixgJt tmb schließlich gar nicht mehr widmen, und seit borigem Herbst hat Fischer auch formal den Posten aufgegeben. ES ist daher nur selbstverständlich, wenn in der Buchhandlung deren tatsächlicher Leiter, Genosse Bruns, auch die Prokura erhielt. Die Rohrpost- und Depeschengebühren, die StöckersReich" und Ge- Nossen zur Weiterverbreitung dieses wichtigen Ereignisses ausgaben. find also we g g e w o r f e n e s G e l d! Und derReichsbote" und dj  » �Post" haben es doch so nötig! Die Hamburger   Polizei auf der Anklagebank. Die Polizeischlacht nach der großen Wahlrechts« demonstration unserer Hamburger Genossen vom 17. Januar dieses Jahres bildet den Hintergrund des Prozesses gegen die bürger- liche Frauenrechtlerin Frl. Dr. Anita A u g s p u r g. der am Montag vor der Strafkammer l des Landgerichts Haniburg begann. Wie unser Genosse W a b e r S k y vom HamburgerEch o". der vor längerer Zeit schon wegen der Kritik der Polizei in jener Straßen« Macht neben einer hohen Geldstrafe zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt wurde, soll auch Frl. Dr. Augspurg die brave Haniburger Polizei� beleidigt haben. Einmal durch eine Sprechsaalnotiz, die sie im HamburgerGcneral-Anzeiger" veröffentlichte. Außerdem soll sie aber auch, so behaupten Polizei und Anklage, als sie am Abend jenes«roten Mittwochs" dem Treiben der Schutzleute zusah, auf die braven Sicherheitswächtergeschimpft" haben, was sie indes entschieden bestreitet. In ihrer Vernehmung sagte die Angeklagte u. a., sie habe, auf der Treppe des LokalsSiechenbräu" stehend, genau gesehen, wie ein etwa Löjähriger Mann von fünf bis sechs Schutzleuten zu Boden gestoßen und von dem einen mit dem Säbel traktiert wurde. Dann sei der Verletzte hochgehoben und nach dem Alsterdamm geschoben worden. Kurz darauf kam derselbe Mann zurück und versuchte in eine andere Straße einzubiegen; er habe schrecklich ausgesehen und wies eine vom Hinterkopf bis zur Stirn reichende, mehrere Zentimeter breite Verletzung auf. aus der das Blut in Strömen hervorquoll. Ihre Begleiterin, Fräulein Lyda Heymann, sei von einem Beamten beim Arm gepackt und von der Treppe des Lokals geschleudert worden. Auf sie habe das Vorgehen der Polizeibeamten den Eindruck ge- macht, als wenn sie unter dem Einfluß von reichlichem Alkoholgenuß standen. Die Beamten sollen ja auch im Rathause, während der Biirgerschastsverhandlung, Getränke auf Staatskosten erhalten haben... Am Schlüsse der Vernehmung stellte der Staatsanwalt die Frage: Ich möchte fragen, ob Frl. Augspurg schon öfter Kopf- wunden gesehen hat? A n g e k I.: Nein. StaatSanw.: Sie sind doch Studentin gewesen, haben Sie vielleicht einer Ver- bindung angehört? Angekl.:Jch war bei keiner schlagenden Verbindung.(Heiterkeit.) Staatsanw.: Ich wollte dies nur anführen, um darauf hinzuweisen, daß auch geringfügige Ver- letzungen das Fleisch offenlegen können. Angekl.: Ich wollte nicht sagen, daß die Verletzungen des ManneS schwere waren; aber er war total blutüberströmt. In der Zeugenvernehmung erklärte Polizeihauptmann Nie- mann, daß die Beamten erst spät am Abend ein bis zwei Flaschen Bier und Butterbrot erhalten hätten, also nicht berauscht sein konnten. Von den 250 Beamten, die an dem Tage im Dienst waren, hätten 75 Mann Verwundungen gehabt, zum Teil schwere. Der Zeuge Polizeiwachtmeister Schmidt hatte das Kommando bei Siechen. Ein Schutzmann habe ihm gesagt, daß eine Dame auf der Treppe bei Siechen geschimpft habe; er wisse aber nicht, was. Zeuge selbst hat gehört, wie einige Herren riefen: Wir wollen keine Weiberwirtschaft, schmeißt die Weiber in die Alsterl(Heiterkeit.) Mehrere Herren aus dem Publikum er- boten sich, als die Damen init Beschwerde drohten, zu Zeugen. Seines Wissens sei auch der Polizeiknüppel an diesem Tage von den Schutzleuten nicht gezogen worden. Zeuge Schutzmann Säuberlich hat gegen einen Mann, der sich zur Wehr setzte, blank gezogen, aber von dem Säbel nicht Gebrauch gemacht. Der Mann sei dann zu Boden gefallen und eS sei möglich, daß er sich dabei blutig geschlagen habe. Zwei Herren wollten zu Siechen hinein, man habe sie durchgelassen, der eine Herr wollte dann aber anders wohin gehen und wurde zurück- gewiesen. Er verlangte meine Nummer, die ich ihm gab. Ich hörte, wie die Angeklagte sagte: Lassen Sie sich das nicht gefallen, ich bin Zeugini Ich hörte, wie eine Dame, Frl. Augspurg, sagte: Sehen Sie sich diese Gesellen anl Diese Frechheit! Schuftigkeit! Wie Wölfe   fallen sie über die Menschen her. Das rief sie den Herren zu. die für uns Partei genommen hatten. Vorsitzender: Wie weit waren Sie entfernt? Zeuge: Drei Schritte. Vors.: Ist es sicher, daß die Worte von der Angeklagten gefallen sind? Zeuge: Jawohl. Ich wußte nicht, wie die Dame heißt. Aber als die Damen weggegangen waren, sagte ein Herr: Wissen Sie, mit wem Sie zu tun hatten? Das waren die Augspurg   und Heymann. Vors.(zur Angeklagten): Wollen Sie vortreten. Herr Zeuge, sehen Sie sich die Angeklagte an. Können Sie be« stimmt sage», daß die Angeklagte die Worte gebraucht hat? Zeuge: Jawohl. Vors.: Können Sie das auf Ihren Eid nehmen? Zeuge: Jawohl. Vors.: Wissen Sie genau, daß Frl. Heymann ähnliche Schimpfworte gebraucht hat? Zeuge: Jawohl. Infolge des Skandalierens forderten wir die Dainen auf, von der Treppe wegzugehen, sie weigerten sich aber. Ich und ein anderer faßten jeder eine der Damen am Arm und führten sie die Treppe herunter. Vors.: Fräulein Augspurg sagt, daß sie von keinem Schutzmann fortgeführt sei, sie sei freiwillig hinuntergegangen. Z e u g e: Ich habe sie tatsächlich am Arm ge« faßt und zwei Stpfen heruntergezogen. Dasselbe bekunden noch mehrere Schutzleute. Alle wollen erst dann Gewalt angewendet haben, wenn einer die Schutzmannskette zu durchbrechen suchte. Schutzmann Brothorb bezeugt: Zwei Damen schimpften. Es sielen die Worte: Schufte. Halunken, dumme Gesellen usw. Ich stand zwei Schritte von der Treppe. Besonders das Fräulein mit den kurzgeschorenen Haaren schimpfte fortwährend. Das andere, größere Fräulein mit den laugen Haaren(Frl. Heymonn) schimpfte auch und rief: Schufte, Halunken I V o r f.: Nahmen Sie keine Veranlassung einzuschreiten? Z e u g e: Wir sollten möglichst wenig Sistierungen vornehmen. Die Damen suchten das Volk auf- zureizen. deshalb wurden sie aufgefordert, wegzugehen. Da dies aber nichts half, faßte sie Flach und noch ein Schutzmann am Ann und zogen sie herunter. Die Zeugen Kaufmann Meinert, Leutnant a. D. Graf Hahn- Basedow behaupten, daß sich die Schutzleute sehr höflich benommen hätten und daß sie deshalb sich freiwillig den Schutz- leuten bei Befchiverden als Zeugen angeboten haben. Kaufmann Andresen stand auf der Treppe neben den Damen. Beide waren furchtbar erregt, schimpften uild gestikulierten. Al» er der Augspurg  sagte, sie würden eingelocht werden, wenn sie weiter schimpften, antwortete diese:Das sollen sie nur machen, die Bande." Lors.t Sie soll auch gesagt haben, das sei ja schlimmer wie in Rußland.   Zeuge: Jawohl. Vors.: Wie erschien Ihnen das Vorgehen der Schutzleute? Zeuge: Die Schutzleute oingc» mit Lammesgeduld vor. Vors.: Was sagen Sie zu dieser Aussage? Angekl.: Ich habe nichts gesagt. Zeugin Frau Regina Rüben bekundet, daß sie gesehen habe, wie verschiedene Leute von den Schutzleuten gepackt und ge- stoßen wurden. Ein Mann, der von der Bergstraße kam, wurde geschlagen, daß er zu Boden fiel, später sah sie den Mann m i t Blut bespritzt. Verteidiger: Glauben Sie, daß die Schutzleute, wenn Frau Augspurg   geschimpft hätte, sich ihr gegen- über ruhig verhalten hätten. Zeugin: Wenn die Angeklagte laut gesprochen hätte, würde sie mindestens 10 Säbelhiebe bekommen haben.(Heiterkeit.) Vors.: Ich bitte, doch nicht allzusehr Ihrer Phantasie fteien Spielraum zu lassen. Zeugin: Das ist meine feste Ueberzeugung. Zeugin Frl. Gustava Heymann hat gesehen, wie 3 bis 4 Schutzleute über einen Mann herfielen, und ihn mit ihren Polizeiknüppeln bearbeiteten. Vors.: Wir haben aber hier gehört, daß die Knüttel garnicht gezogen woden sind. Zeugin: Ich habe es doch aber mit meinen eigenen Augen gesehen. Vor f.: Die Beamten haben aber alle gestritten. dcnKuPtel gezogen zu haben. Zeugin: Eine Täuschung meiner- seits ist ausgeschlossen. Nach weiteren belanglosen Zeugenaussagen wurden die Verhandlungen auf Dienstag vertagt. Gewerkschaftsführer und Scharsmacher. Bei der Stadtverordnetenwahl in Düsseldorf   sind in der zweiten Abteilung die Ultramontanen gegen die Liberalen mit 300 Stimmen weniger unterlegen. So ist Herr Mathias S ch i f f e r, der in der dritten Abteilung als Zentrums-Stadtverordncter gewählte Vorsitzende des Gesamtverbandes der christlichen Gewerkschaften, vor dem Schicksal bewahrt geblieben. Arm in Arm mit Herrn Schlossermeisier Kriegers, dem Führer der kleinen Scharsinacher von Rheinland-Westfalen  , in das Düsseldorfer Stadtparlament ein- zuziehen._ Die Protestbewegung gegen den LebenSmittelwucher. I n Baden ist jetzt eine umfassendere Bewegung gegen den Lebensmittelwncher, wie gegen die reichspolitischen Zustände über- Haupt, im Gange. Von der badischeu Landesorganisation sind ca. 130 bis 140 Versammlungen arrangiert worden, die sich auf das ganze Land verteilen; dabei ist der große Mannheimer   Kreis noch nicht einmal eingerechnet, der bei Gelegenheit des Parteitages eine große Zahl Versammlungen abhielt und auch jetzt selbständig an der Protestbewegung teilitimmt. Sotveit Versammlungen bereits stattgefunden haben(wir haben schon über einige berichtet. Die Red.), wird allgemein sehr starker Besuch und guter Verlauf gemeldet. Es ist selbswerständlick, daß der Protest in städtischen Kreisen einen lebhaften Widerhall findet haben doch auch in Baden die Oberbürgermeister vor kurzem' eine ziemlich entschiedene Eingabe an die Regierung um Abhülfe der Fleischnot gerichtet aber auch in rein ländlichen Kreisen verschließt man sich der Ein- ficht nicht, daß es so nicht weiter gehen kann. Die agrarische Agitation, die rn Baden wesentlich vom Zentrum mit allen Mitteln des gewissenlosesten Volksbetruges getrieben wurde, hat eine Zeit- lang selbst die Kleinbauern fortreißen können. Jetzt kommt die Ernüchterung, diese kleinen Parzellcnbauern, die weder Getreide noch im nennenswerten Umfange Vieh für den Markt produzieren, sehen ein. daß sie keinen Nutzen von der agrarischen Tarifpoluik haben und sie stimmten lebhaft zu, wenn unsere Rodner ihnen auseinandersetzen, daß es ganz andere, wirtschaftliche und politische Mittel gibt, den wirklich notleidenden Kleinbauern zu helfen, als den LebenSmittelwucher, unter dem Millionen Jnoustricarbeiter und sie selbst mitleiden. Die Erfolge der jetzigen Bewegung zeigen sich in der Gründung sozialoemokratischcr Vereine, einem schönen Mitgliederzuwachs bei den bestehenden Vereinen und zahl- reichen neuen Abonnenten auf unsere Parteiblättcr. Hueland. Oesterreich. Brünn  , 19. November. Landtagswahlen. Bei den gestrigen engeren Wahlen zum mährischen Landtag sind in neun tschechischen Wahlbezirken sechs Tschechen und drei Sozialdemokraten, darunter ein Tscheche in zwei Wahlbezirken, gewählt worden. In drei deutschen Wahlbezirken sind drei Deutsch  -Fortschrittliche gewählt worden. Frankreich  . Der Abschluß der kirchenpolitischen Debatte. Paris  , den 14. November.(Eig. Ber.) Die Regierung oder genauer: Briand   hat gestern für ihre Kirchenpolitik ein Vertrauensvotum von einer unzufriedenen Majorität erzwungen. Wenn wir es unlängst als das Wesen der gegenwärtigen bürgerlichen Politik bezeichnet haben, daß der klein- bürgerliche Radikalismus nicht mehr den Willen zur verantwort- lichen Herrschaft hat und sie in die Hände einer demokratischen Diktatur niederlegte, so brachte die gestrige Abstimmung den schlagenden Beweis dafür. Die Bourgcoisparteien segneten, was sie bisher und bis in die letzte Stunde verflucht hatten. Wäre das Ministerium ein Ausschuß der Mehrheitsparteien, so hätte Briand   seinen Plan, den Katholiken noch ein Jahr Frist zur Gründung von Kultusassoziationen mit Anspruch auf die Kirchen- guter zu gewähren, fallen lassen müssen. Aber Briand   blieb fest, und die Radikalen hatten nicht die Energie, ihre Meinung in der Abstimmung gegen das Ministerium zu betätigen. Damit soll nun keineswegs gesagt sein, daß das Resultat bedauerlich sei. Vielmehr repräsentiert Briand   gegenüber dem radikalen Wurst- kessel die politische Vernunft und in gewissem Sinne auch den sozialen Fortschritt. Sein Sachlichkeitssinn, der allerdings der Er- gänzung durch einen großen historischen Blick bedurft hätte, um ihn vor dem Wege zur persönlichen Erfolgspolitik zu bewahren, hält ihn von dem trivialen Pfaffenfressertum fern, das den ver- faulenden Rest des Jakobinismus darstellt. Daß das kirchenpolitische Problem im Sinne der Toleranz ge- löst werden muß, wenn die Bahn für die soziale Reform frei werden soll, hat auch I a u r e s in einer großen Rede ausgeführt. Unserem Genossen ist es jedenfalls zu danken, daß der Blick des Parlaments auf einen vom Kultusminister bisher seltsamer- weise verhüllten Punkt gelenkt wurde, von dem möglicherweise eine friedliche Lösung des Konflikts mit der Kirche ausgehen wird. Der Erzbischof von Bordeaux   hat nämlich eine Assoziation ge- gründet, die bei der Handhabung des Trennungsgesetzes von großer Bedeutung sein kann. Diese diözesanc Assoziation ist nicht mit den Pfarr-Assoziationen im Sinne des Gesetzes von 1905 zu verwechseln, sie hat sich jedoch in ihren Statuten den entscheidenden Bestim- mungen dieses Gesetzes angepaßt. Zwar hat auch sie die Aufgabe. wenn auch nicht direkt, für die Aufr.'chterbaltung des katholischen KultuS zu sorgen, aber sie kann in keinem Falle Anspruch auf die Kirchengebäude erheben. Doch würde sie tatsächlich eine vom Minister anerkannte kirchliche Aufsichtsbehörde bei der Organisation der neuen KultuSassoziationen darstellen, um diese an der Ver- letzung kanonischer Grundsätze zu hindern. Briand   hat gestern erklärt, daß er nichts dagegen einzuwenden habe, daß eine solche diözesane Assoziation nur aus Geistlichen bestehe. Du der Papst als Hauvt- einwand gegen das Trennungsgesetz die Gefährdung der geistlichen Autorität in der Kirche geltend gemacht hat, siele bei einer rechts. gültigen Wirksamkeit solcher vom Bischof geleiteter diözesancn Asso- ziationen ein wichtiges Argument der Klerikalen gegen die Kultus- assoziationen weg. So wäre eine Ausfolgerung der Kirchengüter an diese von der Anerkennung durch die bischöflichen Assoziationen abhängig, also vor allem die Beteiligung schismatischer Gründungen mit Gütern ausgeschlossen, die bisher zur Verfügung der katholischen Kirche   gestanden haben. Die sozialistische Partei hat sich auch bei der gestrigen Abstim- mung gespalten. 18 ihrer Mitglieder stimmten für daS Vertrauens- Votum, 27 darunter A l l e m a n e. A l I a r d, Guesde, Sembat, Baillant dagegen; 7 enthielten sich, darunter JauröS und P r e s s e n s t. Unter den Gegnern des Ver­trauensvotums waren solche, die einer bürgerlichen Regierung prinzipiell das Vertrauen verweigern, während manche wohl ihre besondere antireligiöse Tendenz zum Ausdruck bringen wollten. Ein neuer Antimilitarisieuprozes,. Paris  , 17. November.(Eig. Bericht.) Das Organ der Arbeits- konföderation, dieVoix du Peuple", hat anläßlich des Eiurückens der Rekruten in diesem Jahre eine illustrierte Sondernummer herausgegeben, die einige Beiträge aus der im vorigen Jahre ton- fiLzierten Nummer reproduzierte. Die noch unler dem Kriegs» minister Etienne eingeleitete Strafuntersuchung hat zur Erhebung einer Anklage geführt, die vor den Geschworenen des Seinedeparte- mentS zur Verhandlung kommen wird. Angeklagt sind der verant- wortliche Redakteur Vrigneaud und die Syndikalisten D e le» falle, Desplanques und Dv etot wegen Beleidigung der Armee und Aufreizung von Soldaten zum Ungehorsam. Der Zeichner Grandjouan, der das Blatt illustriert hat, wird nur wegen Armeebeleidigung angeklagt. Die Verteidigung haben die Anwälte Herbe und Lafont übernommen. Allerhand Srzialisten. DieUnabhängigen" und ihre Unterarten. Das Terzett htt Minister.   Ein renommierender Deserteur. Paris  , 17. November.(Eig. Ber.)' Gestern stellte sich Viviani den Senatoren vor. Seine An- trittsrede war die Antwort auf den Angriff des Generals Lamar» zelle, eines der gebildeteren Konservativen, der nicht ganz mit Un» recht auf den Widerspruch der marxistischen   Geschichtsauffassung und der humanitär-demokratischen Betrachtungsweise Vivianis hin- wies. Doch wollte er in Vivianis Ablehnung der Gewalt eine Zwei- deutigkeit finden. Am heftigsten aber griff er die atheistische Er- klärung Vivianis an. Die Antwort des Ministers war�in diesem Punkte ein wenig verlegen, da Briands neuliche Erklärung, die Republik sei nicht antireligiös, sondern nur areligiös(relegions- los), ihn recht deutlich desavouiert hatte. So mußte er sich mit der Gegenüberstellung dergöttlichen" und dermenschlichen" Reli- gion und mit der Unterscheidung zwischen Religion und Klerikalis- muS behelfen. Im übrigen wiederholte er seine Kammerrede und schloß mit einem Appell an die alten Republikaner, dieRepublik der Brüderlichkeit" zu errichten. Eine bemerkenswerte Episode ergab sich, als der Arbeits» minister sagte:Ich bin Sozialist und der Ministerpräsident nicht. Was liegt daran?" Clemenceau   rief nämlich dazwischen: Verzeihen Sie. Ich bilde mir ein, Sozialist zu sei«'." worauf der Redner sagte:Ich nehme diesen Beitritt zur Kenntnis." Bekanntlich hat sich Clemenceau   schon unlängst den Leuten deS Südens alsunabhängiger Sozialist" präsentiert. Man wird also jetzt zwischen den eigentlichenunabhängigen Sozialisten" wie Briand  . GeraUlt Richard usw. und den u n c i g e n t li ch e n wie Clemenceau unterscheiden müssen, DieEigentlichen" hielten gestern zu Ehren ihrer zwei Minister Briand   und Viviani ein Bankett ab, bei dem auch M i l l e r a n d das Wort ergriff und die beiden Gefeierten der Unterstützung der parlamentarischen Sozialisten" versicherte. Da Millerand, wie jedermann weiß, zu dieser Regierungspartei trotz seiner formellen Zugehörigkeit nur sehr lose Beziehungen hat, mit den Reaktionaren aber sehr oft zusammenarbeitet und Herrn Clämenceau selbst nicht grün ist. so kann man sich vorstellen, welche Bedeutung die gestrige Bratenrednerei hat. Die Bourgeoisblätter haben eine sensationelle Nachricht aus der sozialistischen   Partei empfangen: Der ehemalige Sekretär des Parti Socialiste Francais". Orry. hat der geeinigteil Parte» den Rücken gekehrt und fordert seine alten Parteigenossen auf, ihm zu folgen und die aufgelöste Organisation wiederyerzustelleu. Der komische Aufruf des offenbar sehr'selbstbewußten Mannes wird ebenso wie der Eifer, den die bürgerliche Presse daran setzt, um ihn zu verbreiten bei den Parteigenossen den verdienten Heiter- keitserfolg haben._ Paris  , 19. November. Die Inventarisierungen haben heute wie angekündigt in den verschiedenen Departements begonnen. Aus Niort   sind 150 Mann des 7. Husarcnregiments nach Breffuirt abgegangen, um dort die Inventarisierung vorzunehmen. In Per- pignan sind die Truppen zusammengezogen, um eventuell bei zwei Inventarisierungen in demselben Bezirk und bei drei in dem Be- zirke von Prades   mitzuwirken. In Villongue haben sich die Gläubigen in der Kirche eingeschlossen, nachdem sie alle Wertsachen entfernt haben. Man befürchtet hier ernste Unruhen. Mehrere Abteilungen Infanterie und Genietruppen sind aus Avignon   ab- gegangen, um die Inventarisierungen in Carpentrcs und Orange vorzunehmen. Es heißt, daß ber Kabincttschef Cemenceau be» schloffen habe, die Inventarisierungen unverzüglich in allen De- partements mit ernstem Nachdruck vornehmen zu lassen und die kircklichen Behörden von seinem Beschlüsse informiert und anderer» seits die Gemeindebehörden aufgefordert habe, die notwendigen Maßregeln zur Durchführung des Gesetzes zu treffen. England. London  , 17. November. Der junge jüdische Flüchtling, der vor wenigen Wochen aus Warschau   in Grimsby   eingetroffen und auf Antrag der russischen Behörden verhaftet worden war, wurde jetzt nach einer Wockie Haft außer Verfolgung gesetzt. Der Polizeirichter kam zu der Ueberzeugung, daß der Verhaftete nicht mit dem Bombenwerfer identisch sein kann. Schweden  . Ergänzungswahlen zur zweiten Kammer fanden am Freitag in Stockholm   im ersten und im vierten Wahlkreise statt. Im ersten Wahlkreise, der bisher liberal vertreten war, siegte der sozial- demokratische Kandidat Charles Lrndley mit 1971 Stimmen üben den liberalen, Dr. Elmquist, der 1198 Stimmen erhielt. Seit den allgemeinen Wahlen im vorigen Jahre ist die Zahl der sozial- demokratischen Stimmen hier um 860 gewachsen. Genoffe Lindlcy war früher Seemann   und hat abgesehen von seiner Tätigkeit für die politische Bewegung mit größtem Eiser für die Organ» sation der Seeleute und den Transportarbeiterverband gewirkt, dessen Vertrauensmann er ist. Am Wahltage wurde durch die Straßen am Hafen auf einem Wagen ein großes Boot gefahren, dessen Segel in riesigen Buchstaben die Aufforderung, für Lindley zu stimmen, aufwies. Dem Pferde vor dem Wagen hatten die Arbeiter den NamenKlassenkampf" gegeben. Im vierten Wahlkreise siegte der konservative Kandidat Karl Hildebrand mit 1898 Stimmen über den Liberalen Fürst, der 1531. und den Sozialdemokraten Bäckström, der 996 Stimmen erhielt. Es wäre den Liberalen möglich gewesen, diesen konservativen Wahl- sieg zu verhindern und sich eins der beiden Mandate zu sichern. Da ihre beiden Kandidaten als ziemlich radikale und sozial ge- sinnte Männer bekannt sind, waren unsere Parteigenossen bereit, im vierten Wahlkreise auf einen eigenen Kandidaten zu verzichten, aber die Liberalen lehnten ein solches Wahlbündnis ab. Am selben Tage fand Ergänzungswahl in Växiö statt. Hier siegte. wie bei der Hauptwahl, der konservative Kandidat über den libe-, ralen. Gcwerfcrcbaftlkhc**« Der BelrgschaftSwcchsel auf den Rnhrzcchen. Im zweiten Quartal 1906 war der Belegschaftswechsel ein recht starker gewesen; es gingen zu 86 910, es kehrten ab 36 öS4 Personen; der Gesamiwechsel betrug mithin 73 604, Da kamen die Zechen- berren her und verhängten die Sperre, Das Wort hat keinen guten Klang und ist verpönt in der Oeffentlichkeit, darum haben die Zech-nhcrren für ihre Maßregel nunmehr die Bezeichnung f r e u n d n a ch b a r l i ch e Abmachung" erfunden. Allerdings ist auch in der Sache ein Unterschied vorhanden. Zur Zeit der eigeüt- licheu Sperre komiie der abkehrende Bergmann auf keiner anderen Zeche mehr in Arbeit treten, er war geächtet und mußte semea