r!cht. die das„Berk. Tagebl/' brachte, daß ein sozialistischer Kongreß-abgeordneter gewählt worden sei, hat sich nicht bestätigt. InMilwaukee im Staate Wisconsin hat die Partei die besten Re-sultate erzielt. Dort wurden vier Mitglieder in das Staatsparlamentgewählt. Dabei verdient bemerkt zu werden, daß in Milwaukee dasDeutschtum sehr stu.i vertreten ist, und daß dort die Führer der ParteideutscheSozialdemokraten sind. Wer seine Erwartungen aufeinen Fortschritt unserer Partei in den Vereinigten Staaten hoch spannte,wurde durch das Resultat enttäuscht, aber es lag auch keine Be-rcchtigung vor. große Erwartungen zu hegen. Man konnte sich imGegenteil der Annahme nicht verschließen, daß die amerikanischeArbeiterschaft, soweit sie den alten Parteien die unbedingte Gefolg-schaft versagen würde, hier dem Demagogen Hearst, dort vielleichtdem Gewerkschaftsführer Gompers zu folgen bereit sei, sicherlich aberzuletzt für die Sozialisten eintreten werde, denen das amerikanischeProletariat zum größten Teil noch verständnislos gegenüber steht.Hearst hat selbst durch seine Niederlage nichts an Popularitätverloren, denn der Sieg seines Gegners Hughes wurde ungemeinschwer erkämpft. Das„Philadelphia Tageblatt", Organ der deutschenSozialisten von Philadelphia, schreibt über Hearst:„Als der wirkliche Held der letzten Wahlen erlveist sich, trotzseiner Niederlage, William Nandolph Hearst von New Bork. Bisauf ungefähr 6V 000 Stimmen ist er, bei einem wahrscheinlichenVotum von anderthalb Millionen, an den Sieg herangekommen.338 000 Stimmen hat er in der Stadt New Jork erhalten. Diedemokratische Partei hat er zersprengt, aber für die„konservativen"Demokraten, welche sich ins republikanische Lager schlugen, hat erstarken Ersatz erhalten durch die sonst republikanisch stimmendenArbeiter im Staate. In fast allen industriellen Städten desselbenhat er die Mehrheit. Die Kapitalisten und die Bauern zusammenhaben ihn überwältigt; aber die industriellen Massen folgten ihmin kolossalen Haufen.Darin liegt die Bedeutung— nicht des Mannes, sondern derSache. Hearst persönlich würde keinen Hund hinter dem Ofenhervorlocken. Und kaufen konnte er die vielen Hunderttausendevon Wählern auch nicht. Sie folgten ihm, weil er sich aufspieltals den Anwalt des armen Mannes. Darin liegt dieBedeutung der Sache. Das Votum der Arbeitermassen für Hearstist ein mächtiges Zeichen für die Emanzipation der Arbeiter vonden kapitalistischen Parteien. Daß sich diese Emanzipation—vorerst— vollzieht in dieser Weise, mag bedauerlich sein. AberEmanzipation ist es doch oder wenigstens der Wille dazu. Hearstrepräsentiert eine Phase in der Emanzipation der amerikanischenArbeiter s sie bildet die Vorstufe zu ihrer Belehrung zum Sozia-lismus."Samuel Gompers, der Präsident des amerikanischenArbeiterbundes, der mit der Macht der Gewerkschaften sich an demWahlkampf beteiligen wollte, hat eine große Niederlageerlitten. Seine neue Arbeitcrpolitik versagte. Die von ihm befeh-beten Kongreßmitglieder sind sämtlich wiedergewählt worden.Er mag sich trösten, weil zwei Beamte der Bergarbeiter-Vereinigungin den Kongreß und eine Anzahl Kohlengräber in ein Staats-Parlament gewählt wurden, aber diese Leute wurden als Demo-kraten gewählt, und der Einfluß von Gompers fällt dabei nurgering ins Gewicht. Nach der Wahl ließ sich Gompers bereitswieder vom Präsidenten Roosevelt empfangen, um ihn ergebenst zubitten, bei seiner Botschaft an den Kongreß auf ArbeiterforderungenRücksicht zu nehmen. Als Sieger hätte er fordern können, aberdie Unselbständigkeit und Haltlosigkeit der GompersschenArbeiterpolitik konnte der Niederlage kaum entgehen. Trotzdemerhielt er auf dem Jahreskongreß, der gegenwärtig von dem„Arbeiterbund" in Minneapolis abgehalten wird, ein Vertrauens-Votum. Die Gewerkschaften erklärten sich damit einverstanden, ihremPräsidenten weiter auf diesem Wege zu folgen, um Arbeiterpolitikzu treiben. Auf Anregung von Gompers wählte der Kongreß eineDelegation, die nach Australien gehen soll, um zu erforschen,wie die Arbeiterpartei dort zu ihrem Einfluß gelangt ist.— Daskönnte sehr nützlich sein, wenn die amerikanischen Arbeiter sich ihreaustralischen Brüder zum Vorbild nehmen, die ihre beste Stärkedadurch gewonnen haben, daß sie viele Forderungen der Sozia-l i st e n aufnahmen und mit den Sozialisten Hand in Handgehen.—•.•Dcutfcbco Reich.Der hinkende Bote.Der„Reichs-Anzeiger" verkündet heute endlich auch amtlichdie Berufung des Herrn Bernd v. Arnim-Kriewen zum LandwirtschaftS-minister.Gleich der„Deutschen Tageszeitung" rühmt auch die offiziöse„Köln. Ztg." die agrarische Sachverständigkeit des neuen Landwirt-schastsmmisters. Der ehemalige Marineleutnant habe seine Güterin musterhafter Weise bewirtschaftet und namentlich auch durch Be-Nutzung von Maschinen den Ertrag seiner beiden Güter außerordent-lich gesteigert.Bon anderer Seite wird erzählt, daß Arnim- Kriewen auchHohenzollernblut in seinen Adern habe. Kein Geringerer als PrinzAugust von Preußen sei sein Großvater gewesen. Die Mutter desLandwirtschaftLministers stamme nämlich aus einer Verbindung desHohenzollernprinzen mit einer früheren Marie Arndt,„einer BerlinerIsraelitin einfachen Standes".Diese genealogischen Entdeckungen sind herzlich gleichgültig.Um so wichtiger ist die Stellung des Nachfolger PodS zur Flcifchnot.Darüber ist bis jetzt noch nichts bekannt geworden!—Gegen den Gesetzentwurf über die Rechtsfähigkeit derBerufsvercinenahm am Mittwoch eine stark besuchte Berliner Gelverkvereins-Versammlung Stellung, die der Zentralrat der Hirsch-DunckerschcnGewerkvereine einberufen hatte. Der Referent Redakteur Gold-s ch m i d t besprach den Entwurf und kam zu dem Ergebnis, daßderselbe den Berufsvereinen mehr Nachteile wie Vor-teile bringe und daß die Gewerkvereine aus diesem Grundedie Ablehnung dieses Entwurfes verlangen müßten. besondersdeshalb, weil er das Koalitionsrecht aller Arbeiter bedrohe undden Landarbeitern sowie den Eisenbahn- und staatlichen Arbeiterndas Koalitionsrecht überhaupt abspreche.— In gleichem Sinnesprachen der zweite Referent G l e i ch a u f sowie mehrere Diskussions-redner. Einer der letzteren Ivandte sich an den anwesenden Ab-geordneten Bassermann mit dem Ersuchen, im Reichstag„geradezustehen" und dafür einzutreten, daß die Rechte derArbeiter gewahrt werden und dieser Entwurf nicht Gesetz werde.Auch den ebenfalls anwesenden Abg. M n g d a n forderte der Rednerauf, gegen den Entwurf einzutreten. Dies sei eine Gelegenheit, beider die Gewerkvereine sehen könnten, ob die Abgeordneten, auf diesie sich verlassen, falsches Spiel treiben.M n g d a n nahm hierauf das Wort und erklärte, er werde denEntwurf mit aller Entschiedenheit bekämpfen. Er könne auchannehmen, daß seine politischen Freunde bei dieser Gelegenheit hinterihm ständen.Herr Bassermann schwieg! Als Nationalliberaler kann ernatürlich nicht die Versicherung abgeben, daß er für die Rechte derArbeiter„geradestehen" wird.Nach Schluß der Diskussion wurde folgende Resolution an-genommen:„Die Versammlung richtet an den Reichstag dasdringende Ersuchen, dem Gesetzentwurf die Genehmigungzu versagen. Die Versammlung hat den dringenden Wunsch,daß den Berufsvereiuen die Rechtsfähigkeit verliehen wird. Dasmuß aber in einer Form geschehen, wie sie der Zentralrat imJahre 1335 in einer Petition an den Reichstag verlangt hat.Jedenfalls darf die rechtmäßige Ausübung des Koalitionsrechteskeinerlei Einschränkung erfahren. Insbesondere verlangt die Ver-sammlung das Koalitionsrecht auch für die Landarbeiter sowiefür die in Staats- und Eisenbahnbetriebswerkstätten beschäftigtenArbeiter."_Die Protestbewegung gegen den Lebensmittelwucher.In Chemnitz fanden am Sonnabend und Sonntag insieben der größten Säle der Stadt massenhaft besuchte Versamm-lungen statt.Im Wahlkreis Hanau- Gelnhauscn-Orb fandenam Sonntag, den 18. November elf Protest versamm-lungen statt. Am selben Tage hat auch eine Anzahl Protest-Versammlungen in dem Wahlkreise Höch st- Homburg-U singenstattgefunden. Alle Versammlungen waren'ehr stark besuchr.In vier durchweg sehr gut besuchten Versammlungen, diesämtlich einen ausgezeichneten Verlauf nahmen, demonstrierte amMontag das Proletariat von Kiel-Gaarden gegen die Wucher-Politik der Regierung._Herr Giesberts.Es war gegen Ende des Jahres 1898. Der Kaiser hattein Oeynhausen jene Rede gehalten, worin er das Gesetzankündigte, durch das„jeder, der einen deutschen Arbeiter.der willig wäre, seine Arbeit zu vollführen, daran zu hindernversucht oder gar zu einem Streik anreizt, mit Zuchthausbestraft werden soll".Die Rede rief die deutsche Arbeiterschaft auf dieSchanzen: eine machtvolle Protestbewegung gegen dasAttentat auf das Koalitionsrecht setzte ein. Selbstverständlichwar«s die klassenbewußte Arbeiterschaft, die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften, die die Führung dieser Protestbewegung übernahm.Um dieselbe Zeit wurde in Köln das Annahaus eiwgeweiht, ein katholisches Arbeitervereinshaus. Die weltlichenund geistlichen Spitzen der Stadt fanden sich zu der Feier einund auch Herrn Johann Giesberts, der damals nochin Diensten der Firma I. P. Bachem stand, hatte man miteiner Rede betraut.Herr Giesberts, der es damals schon eilig hatte, sich alsden Mann der„guten Gesinnung" zu empfehlen, meinte, daßdurch die Oeynhausener Kaiserrede eine„große Verstimmung"in Arbeiterkreisen entstanden sei, aber, so sagte er weiter:„Wir katholischen Arbeiter lehnen esab, diesen Vorfall auszuschlachten und durchHetz- und Protestversammlungen das monar-chische'Gefühl noch weiter herunterzu-drücken, als es leider schon geschehen ist."Indessen blieb die Protestbewegung nicht auf die sozial-demokratische Arbeiterschaft beschränkt: die Empörung überdie Zuchthausvorlage griff auch auf die christliche Arbeiterschaft über und Herr Giesberts selber sah sich, von derStrömung im eigenen Lager fortgerissen, gezwungen, in„Hetz- und Protestversammlungen" gegen die Vernichtung desKoalitionsrechtes zu reden!Unterdes sind acht Jahre ins Land gegangen. HerrGiesberts, der ehemalige Kesselwärter, ist zum Führer derchristlichen Arbeiterbewegung emporgestiegen, er gehört alseinziger Arbeiter der Zentrumsfraktion an und ist jüngst inEssen für würdig befunden worden, zusammen mit einemLandgerichtsrat und einem Freiherrn dem Katholikentage zupräsidieren.Und wiederum ist die deutsche Arbeiterschaft bedrohtvon einem Gesetz, das ihre Bewegungsfreiheit zuhindern bestimmt ist, und wiederum hat sich Herr Gies-berts vor einer auserlesenen Reihe von Würdenträgern zudiesem Gesetz geäußert, indem er in der Berliner Versamm-lung der christlichnationalen Arbeiter sagte:„Der Entwurf cnhält gewiß viele schlechte Bestimmungen�,aber dazu liegt kein Grund vor, ihn als Ausnahmegesetz gegen dieArbeiter zu stigmatisieren. Die christlich nationaleArbeiterschaft macht die Verketzerung des Ent-Wurfes nicht mit."Herr Giesberts bewährt sich hier, genau wie vor achtJahren gegenüber dem Zuchthausgesetz, wieder in der Rolledes„Gutgesinnten". Die klassenbewußte Arbeiterschaft wirdsich dadurch nicht abhalten lassen, das neue Gesetz zu kenn-zeichnen als das, was es ist: als e i n A u s n a h m e g e s e tzgegen die Arbeiter!Es wird sich zeigen, ob die christliche Arbeiter-schaft sich dem Protest, wie bei der Zuchthausvorlage, a n-schließt oder ob sie diesmal Herrn Giesbertsfolgt. Unser Schade wird es nicht sein, wenn das letztereder Fall istl—_Verspätete Einsicht.Das Zentrum hat infolge de» Mißbrtrnchs des§ 1666 des Bürgerlichen Gcietzbuchs folgende Interpellation eingebracht:„Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß in preußischenVolksschulen Kindern deutscher Reichsangehöriger die Erteilung deSReligionsunterrichts in ihrer Muttersprache vorenthalten und daßFürsorgeerziehung gegen Kinder angeordnet wird, welcheim Religionsunterrichte nicht in deutscher Sprache geantwortethaben? Was gedenkt der Herr Reichskanzler zutun, um diese mit reichsgesetzlichen Vorschriftenim Widerspruche stehenden Eingriffe in dasRecht der elterlichen Fürsorge für die PersondesKindeSzuverhindern?"Hätte das Zentrum bei der Beratung des Bürgerlichen Gesetz-buchS für den sozialdemokratischen Antrag gestimmt, sohätte es sich seine jetzige Interpellation erspart I—Der Fall Hanth.Zur Verhaftung des Genossen Hauth in Mannheimwegen angeblicher Fahnenflucht wird uns mitgeteilt, daßsich Genosse Hanth in der Kaserne des 3. Infanterieregiments zuMannheim befindet. Er wurde sogleich nach seiner Festnahme dorthingebracht und eingekleidet.Ueber die Rechtslage wird uns geschrieben:Wahrscheinlich erweist sich diese schneidige militärische Attacke alsein Schlag in die Luft, denn erstens kann jemand, der sich nicht unterder Fahne befindet, nicht wegen Fahnenflucht bestraft lverden undzweitens wird es nicht gut gehen, den schon einmal Gestraften nunnach der Rückkehr noch einmal zu strafen.Von anderer Seite wird aber darauf aufmerksamgemacht, daß, wenn auch keine Fahnenflucht und keine erneute Be-strafung in Frage kommen kann, doch vielleicht bei der Militär-bchörde die Absicht besteht, den Genossen Hauth zum Nachdienenzu zwingen. Die Verpflichtung hierzu bestreitet Genosse Hauthnatürlich._ArmeS Bernhardchen!„Unferm" Kanzler kann eigentlich nichts Schlimmeres passieren,als daß er in einem der Blätter seines Intimus, des Herrn AugustScherl, desavouiert wird. Das ist ihm jetzt passiert. Am Bußtagbrachte„Der Tag" einen kleinen Artikel von Karl Eugen Schmidt-Paris. Da erhält der große Zitatenkünstler eine kleine Lektion, dieer sich durch seine„geistreiche" Aeußerung über„Jaurös, dieSchwalbe" redlich verdient hat.— Schmidt schreibt:„Das Auftreten des französischen Sozialistenführers in derKammer ist doch ein wichtigeres Symploin als das Erscheineneiner Schwalbe im Februar, obgleich auch diese einzelne Schwalbeverkündet, daß es bald warm wird. Jaurös ist zwar dereinzige Politiker, der in öffentticher Kammersitzung für die Freund-schaft mit Deutschland eingetreten ist, aber rund hundertDeputierte bekannten sich bei der Abstimmung zu seinen An-schauungen."Und dann hält Schmidt dem Herrn von Bülow eine historischeVorlesung, deren Hauptteil also lautet:„Wenn vor dreißig Jahren ein französischer Deputierter sogesprochen hätte wie Jaures vor einem Jahre, was hätte manmir ihm getan? Ich glaube, man hätte ihn ohne weiteresin die Zwangsjacke gesteckt und in die Irrenanstalt von Charentongebracht. Vor zwanzig Jahren aber, als man die Sache schonnicht mehr für so ganz und gar absurd halten konnte, hätteman den Verwegenen als meineidigen Verräter in Stückegerissen. Und vor zehn Jahren hätte ein so allgemeinesHeulen, Pfeifen und Pulldeckelklappen seine Worte ersnckr, daßnichts davon an die Ohren der Oeffentlichkeit gelangt wäre. Voreinem Jahre aber hörte man Jaures an von Anfang bis zu Ende.Er wurde hier und da unterbrochen, aber stets in durchaus Höf-licher Weife. Kein Mensch dachte daran, ihn einen verkauften Ver-räter zu schelten. Ja, kein Mensch fand auch nur etwa» Unerhörtesund Undenkbares in seinen Ausführungen.Nicht die Rede selbst, sondern ihre Aufnahme in derKammer und im Lande zeigte aufs allerdeutlichste. daß sich inden Anschauungen des französischen Volkes ein gewaltiger Um-schwung vollzogen hat...."Nun ist„unser" beredter Kanzler um eine Erfahrung reicher undum ein Zitat ärmer.—__ES war einmal!Eiw alter Leser schreibt uns: Der Besuch des Tänenkänigserweckt die Erinnerung an die Zeit, als Schleswig und Holsteinnoch-unter der damals„angestammten" Herrschaft des Tänenkänigsstanden, der es für seine„Gottes Gnaden Pflicht" hielt, dendeutschen Kindern in„seinen" Provinzen das Deutfchreden genauso mit Prügeln auszutreiben, wie es jetzt mit den polnischsprechenden Mndern geschieht. So alt ich bin, erinnere ich michnoch lebhaft der mitfühlenden Begeisterung, mit der wir damalsdiese tapferen schleswig-holsteinschen deutschen Kinder betrachteten,und der flammenden Zornesausbrüche der preußischenZeitungen all er Schattierungen über diese„empörenden Gewalt-maßregeln gegen die Muttersprache".—Zentrum und Nationalliberale.Der Provinzialvorstand der rheinischen Zentrums-Partei hat jüngst in Köln eine Sitzung abgehalten. Wie bei dieserGelegenheit dre„Kölnische Zeitung" mitteilt, hat infolge neuerlicherAnfrage der Provinzialvorstand nochmals Veranlassung genommen, zuerklären, daß er von einer Vereinbarung, tnit demZentrum ein Wahlbündnis für die Han'ptwahleneinzugehen, unbedingt Abstand nehmen wird.„Für die Hauptwahlen" ist also keine Vereinbarung mit demZentrum in Aussicht genommen. Also wohl für die Stich«wählen!—_Disziplin und Leidenschaft. Wegen tätlichen VergreifenS aneinem Vorgesetzten hatte sich vor dem Kriegsgerichte München derReiter des zweiten schweren Reiterregiments Georg Felder zuverantworten. Auf einem Reisemarsch, den das zweite schwereReiterregiment am 5. Juni nach München unternahm, wurden17 Mann im DorfwirtShause in Kletthorn einquartiert. Umdie Gunst der einzigen im Wirtshause bediensteten Magd buhlteaußer dem Angeklagten auch der Unteroffizier Kaiser. Um nunfeinen Rivalen matt zu setzen, sagte der Angeklagt� Felder demMädchen, daß der Unteroffizier Kaiser ein ganz schlechter Kerl seiund schon wiederholt ans Oberhaus gesessen habe. Um aber seinerSache auf alle Fälle sicher zu sein, nahm Felder denSchlüssel zur Kammer der Dienstmagd an sich und als sichdie Dorfschöne des Abends zur Ruhe begab, schloß Felderdas Mädchen in die Kammer ein und nahm den Schlüssel an sich.Spät abends ging der Stellvertreter Gottes wirklich ans Kammer-sensterl, und als die Dorfschöne hoch und teuer versicherte, daß sieihm unmöglich öffnen könne, da sie der Angeklagte Felber ein-geschlossen und den SchlüW an sich genommen habe, begab sich derUnteroffizier gravitätisch nach dem Zimmer, in dem Felber lag undforderte einen Soldaten auf, die Taschen des Felber nach demSchlüssel zu durchsuchen. Der Angellagte Felber sprang ans, stießseinen Kameraden zur Seite und versetzte dem Unteroffizier einenderartigen Stoß vor die Brust, daß er zur Türe hinausflog undauf dem Gang zu Falle kam.— Da? Kriegsgericht verurteilteFelber wegen tätlichen Bergreifens an einem Vorgesetzten sowiewegen einfacher und verleumderischer Beleidigung zu insgesamt elfMonaten Gefängnis! Vier Monate der erlittenen Untersuchungshaftkommen in Abrechnung.—Preusiisches aus Baden. In den großen badischcn Städtenwerden im allgemeinen die Lehrer nicht schlecht bezahlt, denn dieStädte gehen, um gute Lehrer zu bekommen, weit über das imSchulgesetz festgelegte Gehaltöminimum hinaus. Das galt für dieVolksschullehrer, die statt des bisher landcsgcsctzlich festgesetztenMaximums von 2200 M. in den großen Städten bis 3600 W. an-steigen konnten, und jetzt sollten aus Anlaß der steigenden Teuerungdie Real- und Gewcrbcschullehrcr auch von den Städten eine be-sondere Gehaltszulage bekommen. Durch Ministerialerlaß ist nunden Lehrern die Annahme dieser Zulage verbotenworden. Diese unglaubliche Maßregel wird ihre Wirkung aufdie badischen Lehrer nicht verfehlen. Vorerst ist Baden doch nochnicht Preußen und die Lehrer werden sich derartigen StudtschcnPraktiken nicht stillschweigend unterwerfen. Wäre der Landtagbeisammen, so dürste die Zulagensperre bald rückgängig gemachtsein; so müssen die Lehrer es jetzt bei Eingaben bewenden lassen.aber im kommenden Landtag wird sicher Vorsorge gegen solcheUebergriffe der Regierung getroffen werden.—Unterschlagungen in Südwestafrika.Einem Briefe ans Windhuk entnimmt die„Germania" folgendeStelle:„An einem Tage wurden hier 24 Personen, Militärs undZivilisten, wegen Veruntreuung fiskalischer Gegen-Itände verhaftet. Einer von diesen, ein besonders schwererJunge, der als solcher aber schon längst bekannt war, soll nichtweniger als 250 000 M. zuungunsten der Militärverwaltung„ge-macht" haben. Der Kerl war früher in der Kapkolonie, wurdedort wegen eines gemeinen Verbrechens zu acht Jahren Kerkersmit Zwangsarbeit verurteilt, entwischte aber bei seiner lieber-sührmig nach Bermuda und kam 1904 nach Deutsch- Südwestaftika.Zuerst war er hier Assistent des Burengenerals Maritz, demier der Fuhrpark der Militärverwaltung übertragen war.Als der„General" weßen Unterschlagung verhaftet werdenollte, verabschiedete er sich französisch, und nun wurde seinemeitherigen.Assistenteii", Leutnant der ehemaligen BurenarmeeTeinert. das gesainte Fuhrwesen der Truppe gegen ein Jahresgehaltvon zirka 10 000 M. übertragen. Mit Hülfe einer anderen gleich-gesinnten Seele, die ihm als Strohmann diente, hat er dann die~rachtenbetrügereien zum Nachteil des Militärfiokus unternommen.r sitzt nun mit seinen Kumpanen hinter Schloß und Riegel, abereinen Raub hat er bei außerdeutschen Banken in Sicherheit ge-bracht. Die übrigen Verhafteten wurden zum größten Teil wegenUnterschlagung von Ausrüstungsgegenständen der Truppe dingfest ge-macht. Da? Interessanteste ist. daß die Zivilbehörden den Schwindel