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Nr. 270.

Erfchet täglich außer Montags, Breis pränumerando: Viertel­führlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pig frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pig. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags: Beilage Neue Belt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Streuz­band: Deutschland   u. Defterreich­Ungarn a Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Beitungs- Breistifte für 1892 unter Nr. 6652.

Vorwärts

9. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pig., für Bereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfa Inferate für die nächste Mummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor: mittags geöffnet.

fern spredy 3nschlug Amt I, Nr. 4186.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Donnerstag, den 17. November 1892. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Aus England.

London  , 14. November 1892.

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bis 60 000 Menschen gewesen sein, die den Platz und seine treffenden Wahlkreise der Tory durch. Ob mit Recht Umgebung ausfüllten, und meist so dicht aneinander oder Unrecht gilt seitdem Ellis vielen Arbeitern als be­gedrängt, daß bei den Abstimmungen viele nicht währter Helfer der Tories, und als er gestern vortrat, um Das Meeting zur Erinnerung an den blutigen Sonn- im stande waren, ihre waren, ihre Hände zu erheben. Aber die Menge anzureden, empfing ihn das berühmte Grunzen tag" hat stattgefunden und in jeder Beziehung die an dieses wenn es der Platz erlaubt hätte, so wäre ohne jeden und Hui- Rufen, und nach einigen vergeblichen Versuchen, geknüpften Erwartungen gerechtfertigt. Der Besuch war so Zweifel das Meeting mindestens viermal stärker besucht ge- sich Gehör zu verschaffen, mußte er den fortgesetzten Unter­zahlreich als der zur Verfügung stehende Raum nur gewesen. brechungen gegenüber zurücktreten. Es war der einzige stattete, die Ordnung eine musterhafte und die Stimmung Im Grunde kam es freilich gestern weniger auf die Mißton, der auf dem Meeting zu Tage trat. durchgängig eine vortreffliche. In der That war es schwer, Zahl der Demonstrirenden an, als daß und wie demonstrirt Beiläufig hat ihre Verbindung mit Champion der an diesem Tage sich nicht ermuthigenden Betrachtungen hin- wurde. Es ist nicht nöthig, die gegenwärtige Regierung Workman's Times" so viele Abnehmer gekostet, daß sie ihr zugeben. Alles in der Welt ist relativ, und wenn das stärker zu kritisiren, als sie es verdient, und man kann Format hat verkleinern und, nach der Erklärung der Re­Organ der Sozialdemokratischen Föderation" in einem fogar soweit gehen, zuzugeben, daß der würdige Verlauf des daktion, trotzdem zu Neujahr wird eingehen müssen, wenn illustrirten Beiblatt zu seiner gestrigen Nummer die Frei- gestrigen Meetings eine Art Erfolg auch für sie bekundet ihr Abonnentenstand sich nicht bis dahin um 5000 hebt. heit, wie sie ist," als ein an Händen und Füßen mit Stricken eine moralische Niederlage der Tories, welche die legteren Um nun zum Meeting von gestern zurückzukehren, so eingeschnürtes Weib darstellt, dem der Mund zugebunden ist, ihrer eigenen staatsretterlichen Dummheit zuzuschreiben sind natürlich beide Resolutionen, welche ihm vorgelegt so hat das insofern seine gute Berechtigung, als die haben. wurden eine die Stellung der Polizei und öffentlichen vorerst bedingungsweise erfolgte Freigabe von Trafalgar Eine kläglichere Rolle als die Tories und ihre Organe Pläge Londons unter den Grafschaftsrath, und die zweite Square" den Ansprüchen der Arbeiter Londons   durchaus in dieser Angelegenheit gespielt haben, ist gar nicht denkbar, Beschaffung von Arbeitsgelegenheit für die Arbeitslosen ver­noch nicht genügt. Jedes Volt hat nach Maßgabe des von und auf dem obenerwähnten Bilde figurirt benn auch langend, soweit überhaupt gestimmt werden konnte, ein­ihm erreichten Niveaus seinen eigenen Maßstab für die höchst zutreffend die Torypresse als feifendes Hökerweib, daß stimmig angenommen worden. Was die Arbeitslosenfrage Beurtheilung politischer 2c. Zugeständnisse, und was vielleicht in ohnmächtiger Wuth mit seinem Regenschirm in der Luft aubetrifft, so sind zum Glück infolge des milden Wetters in irgend einem Lande, wo eine fürsorgliche Regierung das herumfuchtelt. Es fielen gestern scharfe Worte gegen die die Baugewerbe und was damit zusammenhängt ziemlich gut Bolt in bezug auf Versammlungsfreiheit an homöopathische liberale Regierung wegen ihrer Halbheit, und die Masse beschäftigt, und verschiedene Lokalverwaltungen haben Extra­Dosen gewöhnt hat also beispielsweise irgendwo in zollte ihnen Beifall, doch wehe dem Redner, der es gewagt Arbeiten angeordnet, um so viel Arbeitslose als nur Asien  als eine weitherzige Neuerung erscheinen würde, hätte, diese Kritik der Liberalen zu einer Anpreisung der möglich unterzubringen, auch haben in mehreren der Re­wird hier in England als eine Halbheit empfunden, als Tories zu fruftifiziren. Welches Schicksal seiner gewartet gierung unterstehenden Verwaltungskörpeen die Leiter ver­eine schwächliche Abschlagszahlung auf eine ganz bedeutend hätte, zeigt ein Vorfall auf Plattform Nr. 2, dem der sprochen, wo es irgend angeht, statt let erzeit arbeiten zu größere Schuld. Indeß, wie viel noch immer zurück- Schreiber dieses als Zeuge beiwohnte und der werth ist, lassen, Hilfskräfte einzustellen. Aber alles das reicht der zuzahlen bleibt, eine Anzahlung war gemacht, Tra- hier mitgetheilt zu werden. Masse der Arbeitslosen gegenüber nicht aus, und wenn,

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falgar Square, vor fünf Jahren der Schauplatz Auf der genannten Plattform war als einer der Redner wie gesagt, das Wetter nicht verhältnißmäßig milde wäre, der brutalen Mißhandlung einer friedlichen Versammlung der Bürstenmacher Ben Ellis vorgemerkt, Mitglied eines würde die Frage fich in noch viel heftigerer Weise präſen­durch vorher dazu eingedrillte Polizisten, sah Zehntausende Südlondoner Klubs und bisher auch ziemlich beliebter tiren. Die Thatsachen, die man erfährt, sind ohnehin schlimm bon Arbeitern mit ihren Bannern unter denen die rothe Versammlungsredner. Dieser Ben Ellis hat bei der genug. Fahne teine geringe Rolle spielte versammelt, und die jüngsten Parlamentswahl in einem der Londoner   Wahl- Es ist eine charakteristische Erscheinung. 1887 erfolgte Polizei, statt dreinzuhauen, that das Ihrige, dem Meeting freise als" Arbeiterkandidat" figurirt, ohne daß vorher in das Verbot der Versammlungen auf Trafalgar Square  , um feinen ungestörten Verlauf zu sichern. regelrechter Weise die dortigen Arbeitervereine um ihre den bedrohlichen Ansammlungen von Arbeitslosen auf jenem

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Es war ein Kontrast, wie er größer kaum denkbar Meinung befragt worden wären und ein sie vertretendes Blaze ein Ende zu machen war die Arbeitslosen Frage war. Derselbe Polizist, der vor fünf Jahren, dem Befehl Wahlfomitee bestanden hätte. Es waren nur einige wenige afut. Heute, nach fünf Jahren, ist sie es wieder. seines Vorgesetzten blind gehorchend, seinen Knüttel auf das Vereine, welche seine Kandidatur unterstützten, und bald stellte Ghedem waren zehn und elf Jahre die Epoche des in­Saupt irgend eines Agitators" hatte niedersausen lassen, sich heraus, daß dieselbe absolut aussichtslos war und nur dustriellen Kreislaufes, heute sind es, scheint es, fünf Jahre, half jezt vielleicht diensteifrig demselben Agitator, den den einen Zweckt haben konnte, den Wahlkreis eventuell den ohne daß man eigentlich in der Zwischenzeit von einer Sockel der Nelsonsäule zu erklimmen, der auf der Tories in die Hände zu spielen. Trotzdem hielt Ben Ellis Periode wirklicher allgemeiner Geschäftsblüthe hätte reden West, Ost- und Nordseite als Plattform benutzt seine Kandidatur aufrecht und gehörte denn auch zu den tönnen. Der Wechsel geht fast nur zwischen schlecht, mittel­wurde. Drei weitere. Plattforms waren an der den vier Arbeiterkandidaten, deren Komitees durch Vermittelung mäßig und leidlich, Jahre flotten Geschäftsganges giebt es Platz einfaffenden Balustrade eingerichtet, und wo vor fünf der Workmann's Times" je 100 Pfund Sterling erhielten, gar nicht mehr, höchstens Monate. Jahren berittene Polizisten und Gardesoldaten postiri die" von dem bekannten H. H. Champion herrührten. Aber das Bild hat seine andere Seite. Was war der waren, um auf das gegebene Zeichen mit der flachen Klinge Oder vielmehr von den Hintermännern Champions, denn Sozialismus vor fünf Jahren in England? Eine un­die Menge auseinander zu treiben, da drängte sich jetzt dieser, der sich seit Jahren bemüht, den englischen Arbeitern bedeutende, von den Politikern des Tages kaum beachtete, Kopf an Kopf eine Menge friedlicher Zuschauer, die auf die Grundsähe der amerikanischen   Beutepolitiker beizubringen, auf die wirkliche Arbeiterbewegung Englands fast einfluß dem eigentlichen Square feinen Platz finden konnten. In ist selbst mittellos, hat aber so wohlhabende Gönner", daß lose Bewegung. Was ist er heute? Ich will nicht über­der That, in einer Hinsicht hat die Torypresse Recht, wenn er sich vor einiger Zeit brüsten konnte, eventuell 100 Arbeiter treiben, die Dinge nicht glänzender darstellen, als sie sind. fie Trafalgar Square   als ungeeignet zur Abhaltung von fandidaten die Wahlkosten zur Verfügung stellen zu können. Aber so viel steht fest: der Sozialismus hat festen Fuß Versammlungen bezeichnet: für so große Versammlungen, it Hilfe des Champion'schen Geldes ging Ben Ellis auf gefaßt im Lande, er findet seine Vertreter in allen Arbeiter wie das Aufgebot der Londoner Arbeiterbewegung sie zu die Wahl und erhielt- tnapp 100 Stimmen. Mit etwa vereinigungen, beeinflußt die Beschlüsse aller Arbeiterkongresse sammenbringt, ist er viel zu klei Es mögen gestern 50 ebensoviel Mehrheit über den Liberalen drang in dem be- und ist ein Faktor, mit dem alle Politiker zu rechnen ge­

Feuillefont.

Nadbrud verboten.)

Bel- Ami  .

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den Husten in seiner Serviette zu ersticken. Als die Krisis vorüber war, brummte er wild: Solche Vergnügungen taugen nichts für mich! Ich bin dumm, daß ich sie über­haupt mitmache." All seine gute Laune war in dem Schrecken vor dem Uebel, der seinen Geist bedrückte, ver­schwunden.

,, Gehen wir heim", sagte er.

Frau von Marelle klingelte den Kellner herbei und forderte die Rechnung. Sie wurde ihr fast augenblicklich gebracht. Sie versuchte sie zu lesen, aber die Ziffern tanzten vor ihren Augen, und sie reichte Duroy das Blatt:

Warten Sie mal, zahlen Sie mal für mich, ich kann nicht mehr sehen, ich bir fertig."

Roman von Guy de Maupassant  . Forestier wälzte sich vor Lachen in den Polstern, trauk und dabei unaufhörlich und warf zuweilen ein so starkes, so gewagtes Wort dazwischen, daß die Tamen an der Form und um der Form willen ein wenig Anstoß nahmen und zibei oder drei Sekunden lang ein bischen genirt thaten. Gleichzeitig warf sie ihm ihre Börse in die Hand. Wenn er etwas gar zu Arges gesagt hatte, fügte er hinzu: Die Gesammitsumme betrug hundertdreißig Frants. Na, nu laßt es aber genug sein, Kinder. Soust machen Duroy prüfte die einzelnen Posten, rechnete nach, reichte wir schließlich noch Dummheiten. zwei Banknoten hin, erhielt Geld wieder und fragte halb laut: Wie viel soll ich dem Kellner geben?" Wie Sie denken, ich weiß nicht."

Das Dessert erschien, dann der Kaffee. Und die Liköre gossen eine noch schwerere, noch heißere Verwirrung in die aufgeregten Köpfe.

Frau von Marelle war jetzt, wie sie von vornherein angekündigt hatte, betrunken. Und sie bestritt es auch nicht, sondern machte es nach Frauenart eher noch schlimmer, als es wirklich war. Dabei blieb sie iminer noch graziös.

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Er legte fünf Franks auf den Teller, gab der jungen Frau die Börse zurück und sagte dabei: Darf ich Sie nach Hause bringen?"

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sprächs vorhin ermuthigte ihn, zugleich aber hielt ihn die Furcht vor einem Skandal zurück.

Sie sagte noch weniger etwas. Unbeweglich lehnte sie in ihrer Ecke. Er hätte sie schlafen geglaubt, wenn er nicht jedesmal, wenn ein Lichtstrahl in den Wagen fiel, thre Augen hätte glänzen sehen.

Woran mochte sie denken? Er hatte die Empfindung, daß er nicht mit einer Silbe das Schweigen brechen dürfe, daß ein Wort, ein einziges Wort seine Aussichten vernichten würde. Aber es fehlte ihm an Kühnheit.

Plötzlich fühlte er etwas an seinen Fuß stoßen. Sie hatte eine Bewegung gemacht, eine furze, harte, nervöse, ungeduldige Bewegung. Oder lag eine Aufforderung darin? Die fast unmerkliche Berührung fagte ihm einen heftigen Schauer über den Leib und plöglich wandte er sich ihr zu, umarmte sie und suchte seine Lippen auf ihren Mund zu pressen.

Sie stieß einen Schrei, einen leisen Schrei aus, wollte sich wehren, ihn zurückstoßen, dann aber gab sie seinen Rüffen nach, als wenn ihr die Kraft gefehlt hätte, ihm zu widerstehen.

Aber bald hielt der Wagen vor ihrem Hause. Nur Gewiß; ich finde ja meine Hausnummer sonst nicht." wenige leidenschaftliche Worte vermochte Duron ihr zuzu­Man nahm von Herrn und Frau Forestier Abschied, flüstern, die feine Liebe betheuerten. Sie erhob sich nicht, Frau Forestier schwieg jest, vielleicht aus Klugheit; und bald befand sich Duroy mit Frau von Marelle allein sie rührte sich nicht vom Platz, sie war wie gelähmit von auch Duroy, der sich gleichfalls nicht mehr ganz nüchtern in einer rollenden Droschke. Er fühlte sie an seiner Seite, dem, was eben geschehen. So stieg er denn zuerst aus und bot der jungen Frau die Hand. fühlte, hielt sich geschickt zurück, uni sich nicht zu kompro- war ihr so nahe, war mit ihr in den dunklen Kaften ge schlossen, den plötzlich sekundenlang das Licht der Straßen- Zitternd und wortlos verließ sie endlich die Droschke. laternen erhellte. Und doch wußte er nicht, was er sagen Er zog die Glode, und als ihre Hausthür sich öffnete, fragte er zitternd: Wann sehe ich Sie wieder?" Was würde sie anfangen, wenn ich sie füßte?" vachte So leise, daß er es kaum verstehen konnte, flüsterte sie: Die Erinnerung an all die Zweideutigkeiten ihres Ge- Speisen Sie morgen bei mir." Sie verschwand im Dunker

mittiren. Zigaretten wurden angezündet. Da begann Forestier plöglich zu husten.

sollte.

Ein schrecklicher Anfall war es, der ihn die Kehle zer­riß; mit rothem Gesicht, Schweißtropfen auf der Stirn suchte er er.

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