Gewehr vor der Front zu verantworten. Dem nach mMtSrischenBegriffen außerordentlich schweren Vergehen des Angeklagten lagfolgender Vorfall zugrunde: Am Morgen des t. November war dieBesatzung des kleinen Kreuzers„Pfeil" zum AuSmarsch an Deck an-getreten und wurde von den Vorgesetzten besichtigt. Dem Führerder zweiten Korporalschaft. Bootsmannsmaat Mahl, erschien dieStellung des Angeklagten nicht stramm genug, weshalb er ihm„zurErmunterung" befahl, zehn Schritte seitwärts und wieder zurück zulaufen. Da Kühn diesen Befehl nach Ansicht des Maaten nichtrasch genug ausführte, versetzte ihm der Maat einen Fußtrittins Gesäß, so daß der Matrose stolperte, in die Kniesank und hingestürzt wäre, wenn er sich nicht im letztenMoment an ein dort stehendes Waschfaß hätte anklammernkönnen. Leichenblaß und an allen Gliedern zitternd,raffte sich der Mißhandelte auf, drehte sein Gewehr um und schlugdreimal nach seinem Vorgesetzten. Der Maat wehrte die Schläge.die nur mit geringer Kraft geführt wurden, leicht ab und entrißseinem Opfer das Gewehr. Am ganzen Körper bebend ließ sich derAngeklagte darauf abführen, ohne den geringsten Widerstand zuleisten.In der Verhandlung wurde festgestellt, daß Kühn schon morgensbor dieser Szene und auch am Tage vorher durch vorschriftswidrigeBehandlung von dem Maat schwer gereizt worden war. Auch einenanderen Matrosen hatte der Bootsmannsmaat wiederholt durchFußtritte mißhandelt; seine Korporalschaft pflegte er mit den ärgstenSchimpfworten, tvie Lausejungen u. dergl., zu traktieren.Im Urteil wurde berücksichtigt, daß Kühn durch die Miß«Handlungen auf der Stelle zu seiner Tat hingerisien worden war,weshalb auf das Mindestmaß, zwei Jahre Gefängnis, erkanntwurde. Bootsmannsmaat Mahl erhielt wegen Mißhandlungund vorschriftswidriger Behandlung Untergebener vier WochenMittelarrest.Man sieht: wieder steht die Bestrafung des schwer ge-reizten Untergebenen und des eigentlichen Schilldigen, des Vor-gesetzten, in schreiendem Mißverhältnis. Wenn schon der unglücklicheMatrose wegen seiner Tat, die psychologisch kaum höher, denn als Reflex-Handlung zu bewerten war, so hart bestraft wurde, so hätte derVorgesetzte, der, auch nach Ansicht des Gerichtshofes, den Matrosenzu seiner Ausschreitung veranlaßt hatte, doch unbedingt als An-st i f t e r verurteilt werden müssen.—Ein neuer Fußtritt für Herrn Roeren.Die„Köln. V o l k s z t g.", neben der„Germania" daseinflußreichste Zentrumsblatt, appliziert dem unglücklichentcrrn Roeren einen neuen Fußtritt. Die„Nordd. Allg.t g." hatte bemerkt, daß sich der Kolonialdirektor ein Ver-dienst dadurch erworben habe, daß er durch seine BloßstellungRocrens einem System ein Ende gemacht habe, das seitlängerer Dauer„wie ein Alpdruck lähmend auf die ganzeVerwaltung hätte drücken müssen." Dazu sagt nun die„Köln. V o I k s z t g.":Wir haben nicht das mindeste dagegen zu erinnern, daß inZukunft Mitglieder der Zentrumsfraktion darauf verzichten.mit der Kolonialverwaltung Dinge wie die in Rede stehenden ge-wissermaßen unterder Hand zu erledigen. Selbst dann, wennsie dazu von der Kolonialverwaltung ersucht würden. Man hatgesehen, was dabei herauskommt. Dem Abg. Roeren kannder Vorwurf nicht erspart werden, daß er es bei seinen a u feigene Rechnung und Gefahr ohne Vorwissender Zentrumsfraktion mit der Kolonialverwaltung ge-führten Verhandlungen an Umsicht und Borsicht hat fehlen lassen,die auch im Verkehr mit Behörden stets am Platze ist, besonders fürMitglieder der Zcntrumsfraktion. Man darf sich da nie gehenlassen, auch nicht in Aeußerungen, die nicht zu Protokoll genoinmeiiwerden.Diese rücksichtslose Preisgabe und Abrüffelung des HerrnRoeren soll offenbar die Tatsache vertuschen, das; jetzt auchder Zentrumsabgeordnete Prinz Areuberg als Träger derultramontanen Nebenregierung entlarvt ist!Solch blamable Tatsachen lassen sich freilich auch durchderartige Akte der schimpflichsten Selbstentmannung nicht ausder Welt schaffen!—_Eine Drohung gegen das Zentrum.In den Blättern läuft das Gerücht um. daß die Regierungentschlossen sei. den Reichstag aufzulösen, wenn der Reichstag, diebeiden Nachtragsetats für Südwestafrika, also speziell den BahnbauKubub-Keetmanshoop, nicht bewilligen werde. Die„DeutscheTageSztg." erklärt, nicht recht an dies Gerücht glauben zukönnen, zumal die südlv est afrikanischen Forderungen geradekeine besonders günssige Wahlparole für die Regierung bilden würden.DaS weiß die Regierung natürlich selbst. BülowS Drohung hatwohl auch nur den Zweck, das Zentrum einzuschüchtern und zumllmfall zu bringen. Und diese Spekulation ist gar nicht so übelDenn wenn auch die Regierung bei einer Neuwahl nicht besondersgut abschneiden würde, so würde doch zweifellos das Zentrumnach seiner furchtbaren Kolonialblamage noch viel schlechterabschneiden!ES ist deshalb tausend gegen einS zu wetten, daß das Zentrumtrotz aller Winkelzüge schließlich doch noch zusammen-klappen wird! Die Abrechnung drayjzen im Lande wird freilichauch bei einem neuen Zentrumsverrat dieser Jesuitenpartei nicht er-spart werden!_Der Protest gegen die Lebcnsmitteltciicrmig.Am Sonnabend und Sonntag protestierten zwei stark besuchteVolksversammlungen in Haslach bei Freiburg und Waldkirch.— In Ettlingenweier und R i n g s h e r m sBaden) fanden-am Sonntag wertere Protestversammlnngen gegen die Fleischteuerungstatt. � Eine gut besuchte Versammlung tagte in Jauer(Schlesien).—_Weiteres Material gegen Arendt und Genossen.Die Enthüllungen über die Petersgetreuen Arendt und Kon-forte» werden jetzt auch von der„Köln. Ztg." bestätigt und inbemerkenswerter Weise ergänzt. Das offiziöse Blatt will es dahin-gestellt sein lassen, ob man den, Einfluß der PeterSsreundeden Abgang des Geheimrats Hellwig ausschließlich zuschiebensolle, aber man könne doch keinen Augenblick daran zweifeln, daßer bei der teilweisen Rehabilitation Peters' beteiligtgewesen sei.„Um diese Rehabilitation zu ermöglichen, muß für Peterstrotz des Disziplinarurteiles und der bei dieser Gelegenheit ge-führten Verhandlungen und trotz der sonstigen Alten der Kolonial-abteilung ein befürwortender Bericht gemacht sein, der nicht ohneZutun dieser Ncbenregierung bei der unter Stübel jedemDrucke nachgebenden Kolonialabteilung zustandegekommen sein wird. Es ist vielfach davon dieRede gewesen, daß die Reichsregierung der Anregung desReichstages, die Peters-Akten borzulegen, ebenwegen dieser teilweisen Rehabilitation vonPeterS nicht nachkommen»verde. Daran möchten wirzweifeln, denn, wenn diese Rehabilitation zuwege gebracht wordenist auf Grundlage eines nach den Vorgängen nicht zu recht-fertigenden Berichtes der Kolonialabteilung, so trifft diese dieSchuld hieran. Sie ist aber in ihrer damaligen Zusammensetzungseither ja doch schon gerichtet."Die„Köln. Ztg." deutet also an, daß sich bei den PeterS-Wenein von der Peters-Clique inspirierter gefälschter Bericht über denFall Peters befindet I Die„F r e i f. Z t g." wirft die Frage auf,warum sich denn Herr D e r n b u r g, der bei dieser Aktion zu-gunsten des Hänge-Peters ganz unbeteiligt sei, sträube, die ge-samten Akten über den Fall Peters dem Reichstag vorzulegen! Einelängere Weigerung könne doch nur den Anschein erwecken,„a l swenn er gegen die Nebenregierung des Ab-geordneten Arendt und seiner Freunde vor-zugehen sich aus irgend einem Grunde scheue".Ob Herr Dernburg mit Rückficht auf den Fürsten Bülowsolch auffällige Geheimniskrämerei treibt?—Protest gegen das Anti-Gewerkschaftsgesetz.Gegen das neue Knebelungsgesetz für die Arbeiterklasse protestierteam Sonntag vormittag die Arbeiterschaft Münchens in zweiimposant besuchten Versammlungen. Die zwei größten Säle Mün-chens, der Münchener Kindl- und der Hackerbräu- Kellersaal warenmit Inbegriff der Galerien bis in die äußersten Winkel besetzt. Diebeiden Referenten, die Genossen Adolf Müller und Dr. M. Albertyunterzogen unter frenetischem Beifall der Massen den neuesten Wechsel-balg einer scharfen Kritik. Die beiden Versammlungen votierteneinstimmig folgende Resolution:Die Arbeiterschaft Münchens erblickt in dem Gesetzentwurfüber die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine einen zielklaienreaktionären Borstoß gegen den proletarisch-sozialistische» Geistder modernen Arbeiterbewegnng überhaupt.Unter dem Vorwande, die Rechtsgrundlagen zu stärken, ver-sucht die Reichsregierung in dem vorliegenden Gesetzentwurf dieMachtgrundlagen der Gewerkschaften zu erschüttern.Der Gesetzentwurf greift in rücksichtsloser Weise nach demKoalitionsrecht großer Gruppen der deutschen Arbeiterschaft, strebteine Verewigung der rückständigen Ausilahmegesetzgebung gegendie Landarbeiter»iw. an, unterstellt die große freiheitliche Be-wegung der Arbeiterschaft einer kleinlichen Polizeikontrolle undsucht das sozialschöpserische Solidaritätsgefiihl der Gewerkschaftendurch Begünstigung eines kurzsichtigen Berussintereffentums zuunterstützen.Das Gewerkschaftskartell zu Frankfurt a. M. behandelte den Elitwurf in einer Sitzung, in der RechtsanwaltDr. Fromm als Referent und Genosse Dr. Ouarck in der Dis-knssion die Verwerfung forderten. Ebenso äußerten sich die Mit-glieder des Kartells, die das Wort nahmen. Zum Schluß teilte Ge-nosie Dorschu mit, daß in einigen Wochen ein außerordent-licher deutscher Gewerkschaftskongreß zusammentritt.der die einheitliche Aktion gegen den Entwurf einleiten soll.—Hamburg im Zeichen des„Verkehrs".In Hamburg ist bekanntlich am b. Dezember der neue Zentral-bahnhos dem Verkehr übergeben worden, obwohl noch eine ganzeRmhe Vorbedingungen für die ordnungs- und fahrplanmäßige Ab-Wickelung des Riesenverkehrs fehlten. Aber es war so beschlossenworden, und die offizielle Einweihungsfeier mit ihrem Festessenusw. konnte nicht abbestellt werden, ohne das Stirnrunzeln vonMagnifizenzen und Exzellenzen befürchten zu müssen. Die Feierselbst verlief programmäßig, dagegen herrschte die ganze Wochehindurch im Eisenbahnbetriebe ein wüstes Chaos. Alle Züge er-litten ganz bedeutende Verspätungen, bis zu vier Stunden unddarüber. Im Vertrauen daraus, schneller an die Arbeitsstättenbefördert zu werden, hatten viele Arbeiter sich Wochenkarten fürdie neue Vorortbahn gelöst, um schließlich mit ganz beträchtlichenVerspätungen am Ziele anzulangen, falls sie es nicht vorgezogenhatten, die mitten auf der Strecke haltenden Züge zu verlassen undan den Schienen entlang davon zu eilen. Neunzehn Vorortszügehat man ausfallen lassen müssen und bis heute stockt der Güter-verkehr gänzlich, wodurch ein eminenter Schaden für die Be-treffenden erwachsen ist. Wenn man bedenkt, daß auf dem Haupt-bahnhof täglich 767 Züge abzufertigen sind, kann man sich ein un-gcfähres Bild davon machen, wie stundenlange Stockungen auf denGesamtverkehr wirken. Die Kalamität liegt an der Unfertigkeitder neuen Bahnanlagen. Zur Untersuchung der Uebelstände hatteder preußische Eisenbahnminister einen vortragenden Rat nachHamburg entsandt.—_Die Landtagswahlen im Großherzogtum Sachscn-Wcimarhaben nun endlich am Sonnabend ihr Ende erreicht. In einemZeitraum von fünf Wochen sind nun glücklich alle 33 Abgeordnete„gewählt" worden. Erst kamen die aus den„allgemeinen" Wahlenl�crvorgehenden 23 Abgeordneten an die Reihe. Tann, nachdem diesämtlichen Wähler des Ländchcns ihre Schuldigkeit getan hatten,konnten etwas über 3500 Höchstbesteuerte fünf Abgeordnete direktwählen. Nachdem aueb dies erledigt war, traten am Sonnabendin Weimar die Großgrundbesitzer des ganzen Landes zusammenund„wählten" in einem Wahlgange ihre fünf Abgeordneten. Eswaren diesmal nicht einmal 10 Dutzend Großbauern er-schienen. 110 Mann hatten das Recht, fünf Abgeordnete zu wählen.— Nach dem endgültigen Resultat ergib: sich nun, daß von den33 Abgeordneten netto der dritte Teil, elf Abgeordnete neu inden Landtag einziehen. Ein so großer Wechsel hat bisher nochnicht stattgcsuirden. Der„Krcuzzeitnng" gefällt der Aus-gang der Wahlen gar nicht. Sie schreibt von„einem scharf ausge-prägten Zug nach links" und jammert, daß es einen Hund er-barmen könnte, darüber, daß die absolute Macht der Konservativenim Landtage gebrochen ist. Mit Bcoauern stellt sie fest, daß„eineSchwächung der rechten Seite".im Landtage eingetreten sei. Inliberalen Kreisen triumphiert man darüber, daß 5er neue Landtagwesentlich liberaler sein werde wie sein Vorgänger, und daß nunsicher eine Verbesserung des Wahlrechts zu erwarten sei. Dabeiübersieht man offenbar, daß ein Teil der Nationalliberalen, wirerinnern nur an den bekannten Jenaer Abgeordneten Lehmann,der den neuen Landtag als„oppositioneller" Nationallibcralerzieren soll, sich als allergetreucste Handlanger jeder Scharfmachereierweisen lverden. Wenn trotzdem die Konservativen darüberjammern, daß sie nicht mehr die absolute Mehrheit im Landtagehaben, so ist schon daran zu ersehen, was von oieser Seite demVolke alles beschert worden wäre. Zeichnet sich auch der„Ruck nachlinks" nicht dadurch aus, daß eine wesentliche Verschiebung zuGunsten der Opposition eingetreten ist, so liegt der Erfolg dochimmerhin darin, daß trotz der Verschlechterung des Wahlgesetzes,infolge der zum ersten Mal erprobten WafukreiSgeometrie inden industriellen Wahlkreisen, die Sozialdemokratie nicht zurück-gedrängt, sondern stär6»r denn zuvor in den Landtag einzieht. Auchdie wcimarische Regierung wird nach und nach zu der Einsichtkommen: Mit uiycrer Macht ist nichts getan!Ans dem Reichsetat für 1907.Nach dem Bericht der„Nordd. Allg. Ztg." schließtder Etat desReichskanzlers«nd der Reichskanzleiin Einnahme wie im Vorjahre mit 1313 M., in Ausgabe mit 302 730Mark(-!- 17 380 M.) ab. Er fordert ein Mehr von 5000 M. fürdie Umwandlung der Stelle des bisherigen vortragenden Rates indie eines Untcrstaatssckretärs. Außerdem soll in diesen Etat eineStelle für den seit 1901 vom Staatöminiftcrialbureau zugezogenenvortragenden Rat mit Höchstgehalt von 11000 M. in Ansatz ge-bracht werden.Beim Etat desAuswärtigen Amtesist eine Einnahme von 1 181730 M.(4- 33980 M.) angesetzt. Diefortdauernden Ausgaben betragen 16 874 482 M.(Z- 521540 M.),die einmaligen Ausgaben 590 350 M.(— 583 950 M.) Bei denfortdauernden Ausgaben ist zu erwähnen: Für die jetzt von einemvortragenden Rat als Dirigenten geleitete Abteilung l B wirddie Schaffung einer Direktor st ekle beantragt. Fürden Botschafter in Washington wird eine Erhöhung der Be.züge um 20 000 M. mit Rücksicht auf die dortigen Teuerungs-Verhältnisse beantragt, denen England und Frankreich für ihreBotschaften bereits Rechnung getragen haben. Aus demselbenGrunde soll das Einkommen des Generalkonsuls in Kapstadt um6000 M. erhöht werden.Im Etat desReichsamts des Innernsind vre ordentlichen Einnahmen auf 12 432 989 M.(4- 1493000Mark) veranschlagt. Im außerordentlichen Etat ist eine Einnahmevon 206 800 M. an Rückzahlungen und Tilgungsraten aus demFonds für Kleinwohnungen angesetzt, die beim ordentlichen Etaterscheinenden Zinsen und sonstigen laufenden Einnahmen aus derVerwendung dieses Fonds betragen 610 900 M.Die fortdauernden Ausgaben betragen 75 233 065 M.(— 364 516 M.). Bei den allgemeinen Fonds ist die Erhöhungdes Betrages für die Herausgabe der„Nachrichten für Handel undIndustrie" von 40 000 auf 50 000 M. zu erwähnen. 6000 M. er-scheinen neu zur Herausgabe von Berichten über Landwirtschaft.Der Reichszuschuß zu den nach dem Jnvalidenversicherungsgesetzezahlbaren Renten wird auf 49 820 000 M.(— 827 250 M.) geschätzt,die Unterstützungen von Familien der zu Friedensübungen ein»gezogenen Mannschaften auf 1 560 000 M.(— 70 000 M.). DerFonds zu Aufwendungen für Einrichtungen und Veranstaltungen.welche allgemeinen Interessen des deutschen Handels und Gewerbesdienen, wird von 50 000 auf 100 000 M. erhöht. In einem neuenTitel werden 60 000 M. fürZweckedesJnternationalenlandwirtschaftlichen Instituts in Rom gefordert.Beim jllufsichtsamte für Privatversicherung wird eine dritteDirektorstelle neu gefordert.Bei den einmaligen Ausgaben erscheinen u. a. folgende neueForderungen: 70 000 M. als Reichszuschuß für den im nächstenJahre in Berlin tagenden XIV. Internationalen Kongreß fürHygiene und Demographie; 25 000 M. als erste Rate einer Unfall-statistik für das Jahr 1907; der Beitrag für das Deutsche Museumin München wird von 65 000 M. auf 100 000 M. erhöht; für dieBerufs- und Betriebszählung 1907 werden als dritte Rate2 300 000 M. angefordert. Die Summe der einmaligen Ausgabendes ordentlichen Etats beträgt 4 795190 M.(4» 1755 050 M.). Imaußerordentlichen Etat werden 4 Millionen(— 1 Million Mark)für den Wohnungsfürsorgefonds gefordert.ttuslaud.Belgien.Der Kingo.Brüssel, 11. Dezember. Die Kammer nimmt die Beratung derKongovorlage wieder auf. Carton de Wiart bestreitet, daß dieBerliner Kongoakte und die Freiheit des Handels verletzt wordenseien. Er erklärt, die öffentliche Schuld im Kongostaatc betrage2,85 Frank auf den Kopf der Bevölkerung, sei also geringer alsin den französischen und englischen Kolonien. Er stimme fürAnnektierung des Staates.—* ♦♦Am Montag brachte Senator Lodge im amerikanischen Senateine Resolution ein, in welcher erklärt wird, der Senat würde alleSchritte wärmstens unterstützen, die Präsident Roosevelt unterMitwirkung oder mit Hülfe von Signatärmächten des BerlinerVertrages zu tun für angebracht hielte zur Besserung der Ver-Hältnisse im Kongostaat und zur Beseitigung der jetzt dort be-stehenden'Mißstände.Spanien.Das neue Kabinett hat sich am 6. dieses Monats dem Parla-ment vorgestellt. Nach der Erklärung des Ministerpräsidenten be-trachtet sich das Kabinett als die Fortsetzung deS MinisteriumsLopez Dominguez. Es will die Diskussion über den Gesetzentwurfbezüglich der religiösen Gesellschaften im Parlamente weiterführenund ferner einen Gesetzentwurf einbringen, durch den die Oktroisabgeschafft werden sollen. Die Rechte und das Zentrum gabenihrem Mißfallen über dieses Regierungsprogramm unverhohlenAusdruck.Salmeron, der Führer der Republikaner, kritisierte die Ein-Mischung des Königs in die Politik mit solcher Schärfe, daß ereinige Male zur Ordnung gerufen wurde.Im Lande nimmt die Agitation für und Wider die Pfaffen-Herrschaft große Dimensionen an. Die„Damen Madrids" ver-sammelten sich bei der Herzogin von Bailen und unterzeichneteneine Adresse an den König mit der Bitte,„die Kirche gegen dieAngriffe der Ungläubigen zu verteidigen".— Klerikale bezw. antiklerikale Kundgebungen fanden in vielen Städten statt. Hervor-zuheben sind die Demonstrationen in Ferrol, Pamplona, Valencia,Bilbao, Barcelona. In letzterer Stadt entspann sich ein Zusammen-stoß zwischen Antiklerikalen und der Polizei, die Mühe hatte, dieManifestanten, die eine Kirche in Brand stecken wollten, von ihremVorhaben abzubringen.Am Tage der Parlamentseröffnung protestierten die Republi-kaner und die Sozialisten in der Stadtverordnetenversammlungvon Madrid gegen das Verhalten des Bürgermeisters, der das un-konstitutionelle Treiben des Königs und Morets gebilligt hatte.Unser Genosse Jglesias hielt eine Rede, die von den Zuhörer« aufder Tribüne mit demonstrativem Beifall aufgenommen wurde. Dasempörte die Monarchisten. Die Tribüne sollte geräumt werden,worüber ein derartiger Tumult losbrach, daß der Vorsitzende dieTagung aufhob.—EnglandLondon. 11. Dezember. Das Oberhaus lehnte mit 143 gegen43 Stimmen den Gesetzentwurf ab, wonach den Wählern verbotenwird, in mehreren Bezirken das Wahlrecht auszuüben. Der Vor-schlag war vom Unterhause mit 333 gegen 104 Stimmen an»genommen worden.Also die Herren von der erblichen Kammer wünschen einPluralwahlrecht!— Auch bei der Beratung der Schulvorlagehaben die Obcrhäusler dermaßen darauf hingearbeitet, die Ver-besserungspläne der Regierung und des Unterhauses zu hinter.treiben, daß ein Konflikt großen Stils zwischen den beidenKammern nicht ganz ausgeschlossen ist.—GeWerkfcbaMicbes.Berlin und Umgegend*Wohltötigkeits-Humbug.Nicht wenig tun sich manche deutsckien Kapitalisten daraufzu gute, daß sie„ihren" Arbeitern neben dem meist freilichgeringen Lohn noch besondere Wohltaten gewähren. Aberauch nicht wenig lassen sie es sich kosten, daß dieser Wohl-läsigkeitsstzw der staunenden Mtwelt bekannt wird, damit die„Wohltaten� sich umsetzen in einen verliehenen Kommerzien-ratstitcl oder wenigstens das leere Knopfloch geschmückt wirdmit einem Qrdcnsstern, sei er auch nur fünfter Güte. Aberdie Palme der Wohltätigkcitsreklame müssen wir doch einemNichtdeutschen zuerkennen, einer Firma aus dem Lande desBarnum-Humbug, der National C a s h R e g i st c r Co.(N. C. R.) Wie ein Riese überragt diese amerikanische Kon-trollkassenfirina die deutschen Wohltätigkeitszwerge in puneto— Reklame für ihre Wohlfahrtseinrichtungen. Sorgtdoch eine in einer Anzahl Sprachen herausgegebene regel-mäßig erscheinende Zeitschrift— der unzähligen sonstigenDruckschriften gar nicht zu denken— dafür, den Ruhm Mstr.P a t t e r s o n s, des Chefs der Fabrik, und die wunderbare,unübertreffliche Wohlfahrtsorganisation der Gesellschaft zukünden. So lesen wir denn auch in einem Neujahrs-Hirten-brief des erhabenen Chefs:„Unsere Gesellschaft gab derdenkenden Welt ein anregendes Beispiel dahin, was sich aufpraktischem Wege' tun läßt, um das große Problem