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Auf Ihre Eingabe vom 23. November 1900 teilen ivir Ihnen mit, daß das Gericht jedenfalls keine Schuld trifft und daher vom Strafrichter nichts veranlaßt werden kann. Berlin , den 27. November 1SOO. NW. 52, Werftstraße 7. Kgl. Amtsgericht Berlin-Mitte, Abt. 144. gez. Wagler. Ei» trefflicher, ein salomonischer Bescheid. Der zu unrecht Ver- haftete, zu unrecht zweimal Bestrafte, zu unrecht mit sechs Tagen Freiheitsentziehung Bedachte wendet sich an die Behörde. Diese weiß dem Manne keinen weiteren Rat als: das G e r i ch t t r i f f t jedenfalls keine Schuld. Nunmehr wird der Kutscher gegen Sankwm Bureaukratium im Wege der Zivil» und Strafklage vorgehen. Trifft die Beamten wirklich keine Schuld? Uns dünkt, er hat ein vollgerüttelt Maß Slnspruch auf volle Entschädigung und, wenn nicht auf Entschuldigung wegen des groben Versehens das um so grober ist, je häufiger die Möglichkeit solcher Doppelstrafe dem BureaukratiSmuS vorkommen kann auf Prüfung des Falles nach Maßgabe der strafgesetzlichcn Vorschriften. Wie sagte doch Graf PosadowSky: wir leben in einem Lande dervollendetsten Rechtsgarantien". Stadtverordneter Rentier Albert Daber ist gestern g e- starben. Er gehörte der Stadtvcrordneten-Versammlung seit dem Jahre 1901 an und vertrat den neunten Bezirk der zweiten Abteilung. AuS den städtischen Betrieben. Zu unserem in Nr. 289 ent- haltenen Artikel wird uns berichtigend mitgeteilt, daß der ohnmächtig gewordene Arbeiter der Anstalt" Danzigerstraße im Platzarbeiter- unterkunftSraum eine Stunde gelegen habe, ehe er mit der Droschke nach Haus« geschafft werden konnte. Für die Handwerker des Schlacht- und Viehhofes ist der Tage- lohn nicht auf 5 bezw. 0,50 M. festgesetzt, wie im gestrigen Bericht des Kuratoriums zu lesen war, sondern 4,50 M. Anfangslohn und 0,50 M. Höchstlohn. Berlin im neuen Reichsetat. Im neuen P o st e t a t werden für Berlin und Umgegend folgende Neuforderungcn verlangt: 1. 120 000 M. zu einem Um- und Erweiterungsbau auf dem Post- grundstücke Königgrätzerstraße 20, 1. Rate. Das Telegraphen- versuchsamt soll hierher von der Oranienburgerstraße verlegt werden. 2. 255 000 M. für Vergrößerung des Postbauplatzcs Ecke Magazin- und Alexänderstraße und zur Herstellung eines neuen Dienstgcbäudes daselbst. Dieses neue Postamt soll die Aemter 25 (KönigSgraben) und 27 sBIumenstraße) entlasten und eigenen Bestelldienst erhalten. 3. 220 000 M. zur Herstellung eines neuen Dienstgebäudes für das Postamt 9 am Potsdamer Platz . Dieses Postamt, dessen Verkehr immer mehr zunimmt, hat jetzt Dienst- räume in vier getrennten Häusern. Geeignete Änfahrtsplätze für den starken Postwagenverkehr fehlen ganz. Es soll ein neues Dienstgebäude unter Benutzung der reichsfiskalischcn Häuser Link- strahe 4/5 gebaut werden und Anfahrtsplätze geschaffen werden. 4. 120 000 M. zu einem Erweiterungsbau auf dem Postgrundstücke in Grotz-Lichterfelde , 1. Rate. Das Postamt, das auch Teile von Dahlem und ganz Lankwitz bestellt, reicht nicht mehr aus. 5. 280 000 M. zur Herstellung eines neuen DienstgebäudeS in Steglitz , 1. Rate.(Grunderwerbskosten im Vorjahre be- willigt.) 6. 389 481 M. zur Erwerbung eines Bauplatzes und zur Herstellung eines neuen Dienstgebäudes in Wilmersdorf - Berlin . Die bisherigen Mietsräume(Berliiierstrahe 34) sollen durch rcichscigene ersetzt werden, da sie unzulänglich sind. Ter Bauplatz soll unweit des jetzigen Postanitcs gewählt werden. Man beabsichtigt, das unbebaute Grundstück Uhlandstraße 85 und Pfalz - burgerstrahe 41 anzukaufen. 7. 091 009 M. zur Erwerbung eines Grundstücks in der Französischenstratze. Die Aemter 8, 49 und 04 müssen 1910 ihre bisherigen Räuzne aufgeben, sie sollen alsdann in einem Postamt vereinigt werden, da die jetzigen Zustände un- haltbar sind. 3. 50 000 M. für Erwerbung eines Grundstücks zu neuen Postbetriebsanlagen für den Anhalter und Potsdamer Bahn- Hof, I. Rate, analog den Postlade-Einrichtungen auf dem Schlesischen Bahnhofe. Die Einrichtung kann wegen des großen Paketverkehrö nicht mehr hinausgeschoben werden. 9. 332 216 M. zur Ver- grötzerung des Postpaketamtes in der Oranienburgerstraße durch Ankauf benachbarter Häuser. 10. 128 328 M. zur Vergrößerung des Postgrundstückes in der Berlinerstraße in Charlotten- bürg, 1. Rate. . Ferner werden an Ratenzahlungen gefordert: 665 000 M. als letzte(6.) Rate für die neuen Postbetriebsanlagen auf dem Schlesischen Bahnhofe, 14 000 M. für Vergrößerung des Haupt- Postamtes in der Spandauerstraße, 5. Rate, 500 000 M. zur Her- stellung von Dienstgebäudcn auf der Postverladestelle am Schlesischen Bahnhof , 4. Rate, 118 000 M. zur Herstellung eines neuen Dienst- gebäudes für das Postamt 7(Dorotheenstratze), letzte Rate. Der Militäretat fordert für Berlin : 1. 15 000 M. als Schlußrate für die Kaserne des 3. Telegraphenbataillons, 2. 175000 Mark zur Erweiterung der Geschäftsräume des Kriegsministeriums, voller Bedarf, 3. 52 000 M. zur Erweiterung der Geschäftsräume des Generalstabes, 4. 1800 M. für den Neubau eines Dienstgebäudes für den katholischen Feldpropst der Armee in Berlin , l. Rate(für Entwurf), 5. 1 Million Mark für den Neubau der Kaiser Wilhelms- akademie im Jnvalidenpark. Ter Durchstich des Teltow -Kanals bei Groß-Lichterfelde wird voraussichtlich Mitte nächster Woche, jedenfalls aber noch vor Weih- nachte», stattfinden und somit die Wasserflächen des Kanals der» einigt werden. Anscheinend ist es jetzt endlich gelungen, die Morast- niassen des Bäketales zu verdrängen und einen festen Untergrund für das Kanalbett und die Böschungen zu schaffen. Sobald der Durchstich beendet ist, werden die überschüssigen, zur Festlegung des Kanalbetres versenkten Erdmassen ausgehoben, so daß noch im Januar der Teltow -Kanal in seiner ganzen Ausdehnung befahrbar wird. Wenn auch nach Eintritt der Winterruhe die Schiffahrt auf dem Teltowkanal zunächst keinen bedeutenden Umfang annehmen wird, dürfte nach Wiederaufnahme des Fernverkehrs bei der Schiffahrt im Frühjahr der Verkehr auf dem Kanal einen beträcht- lichen Umfang erfahren. Darauf deutet schon der lokale Verkehr in der verflossenen Saison, der eine fast von Tag zu Tag steigende trequenz aufzuweisen hatte. Die Baukosten des Kanals, welche ei der Inangriffnahme auf 25 Millionen veranschlagt waren, haben sich um rund 15 Millionen Mark erhöht, die Gesamtausgaben für die Anlage betragen 40 Millionen Mark. Diese gewaltige Differenz ist lediglich durch die ungeheuren Schwierigkeiten, welche die Bodenbeschasfenheit den Arbeiten entgegensetzte, verursacht worden. Der Ausgabe stehen jedoch noch zu erwartende Einnahmen aus Terrainverkäufen gegenüber, da die Kanalbauvcrwaltung bc- trächtliche an den Kanal angrenzende Ländereien an der Kanallinie miterwerben mußte. Mit Rücksicht auf die durch den Kanalbau herbeigeführte Steigerung des Bodenwertes dürften die Kosten des 5!analbaues bei Verkauf der Grundstücke nicht unbeträchtlich herab- gesetzt werden können. Große Trauer herrscht unter den Berliner Schulkindern. Das norwegische Königspaar wird nämlich den Kaiser in Potsdam und nicht in Berlin besuchen. Dadurch kommen unsere Schul- kinder um ihre Einzugsferien uyd um daSVergnügen", Unter den Linden Spalier bilden zu müssen. Der Schuhmacher Voigt, der zu vier Jahren Gefängnis ver- urteilte falsche Hauptmann von Köpenick, ist nunmehr nach dem Strafgefängnis Tegel übergeführt worden. Was die Art der ihm zuzuweisenden Beschäftigung betrifft, so wird er wahrscheinlich in seinem gelernten Handwerk beschäftigt werden. Ueber einen Bauunfall, der sich am Montagabend bei den AuS- schachtungsarbeiten der Untergrundbahn am Leipziger Platz er- eignet haben sollte, wurde in einer der letzten Nummern berichtet. Wie uns heute von anderer Seite mitgeteilt wird, hat sich der Unglücksfall nicht bei dem Bau der Untergrundbahn, sondern auf einem Abrißgrundstück in der Kraufsnstraßc zugetragen. Der dort schwer zu Schaden gekommene Arbeiter Hübner aus der Kaiser Friedrichstraße 13 befindet sich noch im Krankenhaus« Moabit. Ein schwerer Zusammenstoß eines Straßenbahnzugcs mit einem Postwagen fand Mittwoch abend gegen �7 Uhr in der Dorotheen- strahe statt. Als der Straßenbahnwagen Nr. 2392 der Linie 18 die Kreuzung an der Universirätsstraße befuhr, bog aus der letzteren der Postpaketwagcn Nr. 604 unmittelbar vor dem Motorwagen in die Torothcenstraßc ein. Der Führer des Straßenbahnwagens gab sofort Gegcnstrom, doch wurde bei dem schlüpfrigen Pflalter der Postwagen gegen die Vorderplattform des Kraftwagens ge° schleudert. Infolge des Anpralles wurde der Postillion von seinem Sitz herabgestoßen, stürzte auf das Stratzenpflaster und blieb be- sinnungslos liegen. Er hatte, wie in der königlichen Klinik in der Ziegelstraße festgestellt wurde, schwere innere Verletzungen er- litten. Bei dem Zusammenstoß wurde an dem Postwagen die Hinterachse zertrümmert, bei dem Straßenbahnwagen die Luft- bremse beschädigt. AuSnahmetage während der Weihnachtszeit. Die AuSnahmetagc vom Neunuhrladenschluß, die in diesem Jahre während der Weih- nachtszeit für offene Ladengeschäfte zugelassen werden, sind folgende: Bis 10 Uhr abends dürfen die Läden geöffnet sein vom 13. blS 15., vom 17. bis 22. und am 29. Dezember. Im Auftrage der Firma Vereinigte Gerüst-Bau- und Leih- Anstalten L. Altmann zu Echaru/imburg, Spandauerstraße 20, er­sucht uns Herr Rechtsanwalt Hahr nachstehende Berichtigung der imVorwärts" am 8. d. M. über die Firma gebrachten Notiz zu veröffentlichen: 1. Es ist unwahr, daß. wenn über Gerüst-Einstürze berichtet werden muß, in vielen Fällen die Gcrüstfirma Altmann genannt wird, wahr ist vielmehr nur, daß in 16 Jahren 4 Gerüstcinstürzc bei der Firma Altmann erfolgt sind, bei denen sämtlich festgestellt worden ist, daß sie entweder aus höhere Gewalt oder auf Ver- schulden fremder Handwerker, die auf dem Gerüst gearbeitet hatten, zurückzuführen sind. Es ist also auch unwahr, daß die Schuld an dem Einstürzen Altmannscher Gerüste auf die in diesem Geschäft herrschenden Arbeitsmethoden zurückzuführen ist. 2. Es ist unwahr, daß die Firma Altmann bei Vergebung von Arbeiten die übrigen Firmen unterbietet. 3. Es ist unwahr, daß die Firma Altmann bestrebt ist, möglichst billige Arbeitskräfte zu bekommen; wahr ist vielmehr, daß sie die höchsten Löhne im Lcitcrgerüstgewerbe zahlt. 4. Es ist unwahr, daß organisierte Arbeiter Herrn Altmann ein Gräuel sind, und er ihnen kurz und bündig erklärt, sie mühten sich vom Engelufer Arbeit holen; wahr ist vielmehr, daß Herr Altmann unterschiedslos organisierte und nicht.organisierte Arbeiter beschäftigt. Auf diese höchst originelle Berichtigung haben wir unfern Ge- währsmann um Aeuherung ersucht. Das Berliner Adreßbuch für 1907 ist erschienen und gelangt von heute ab in der Haupt-Erpcditkm desBerliner Lokal- Anzeigers". Zimmcrstraße 37 41, von 9- Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags zur Ausgabe. Von den Vorbestellern kann das Adreß- buch gegen Aushändigung der ihnen zugegangenen LegitimationS- karte in Empfang genommen werden: in einem Bande gegen Zahlung von 10 M., in. zwei Bänden zum Preise von 12 M. Von Montag, den 17. d. Mts., ab erfolgt gegen eine Zustcllunosgcbühr von 20 Ps. die Zusendung der nicht abgeholten Exemplare in die Wohnungen der Besteller. Der Verkauf nicht vorbestellter Bücher zum Ladenpreise, der um 2 M. höher ist als der Vorbestellpreis, findet nur in der vorgenannten Haupt-Expedition für die Ausgabe in zwei Bänden statt. Der�vorliegende Jahrgon bat eine Stärke von 320 Druckbogen zu 16 Seiten, zusammen also: 5120 Seiten. Das Namensverzeichnis enthält allein 2770 Seiten und hat damit nahezu den Gesamtuwfang der ersten Ausgabe, die in dem der- ze,.igcn Verlag hergestellt wurde(Jahrgang 1896), mit 280L Seiten erreicht. Das Bemühen der Ober-Postdircktion, durch Erzielung zuverlässiger und vollständiger Adressen die Schnelligkeit der Brief- bestellung zu fördern, ist vom Verlag durch Hinzufügung der zu- ständigen Postbezirke und Postämter bei jeder Adresse sowie durch einheitliche Schreibung der Straßennamen in wirksamster Weise unterstützt worden. Eine anerkennenswerte Neuerung bringt das neue Adreßbuch in Gestalt der nunmehr bei jedem Vorort dem Text vorangestellten Situationspläne, die den großen Verkehrsplan ergänzen und die Orientierung in den einzelnen Orten wesentlich erleichtern. Feuerwchrbericht. In der letzten Nacht gegen 2 Uhr kam in der Landsbergerstr. Ig. in einem Lagerraum ein gefährlicher Brand aus, der den ersten Zua längere Zeit beschäftigte. Dort brannten außer Pappen und anoerein Kisten, Fußböden, Schaldecken. Balken usw. Durch kräftiges Wassergeben gelang es. eine weitere Ausdehnung zu verhüten. Gestern früh um 7 Uhr entstand in einer Tischlerei in der Lippehnerstr. 23 ein Brand, der an Holz reiche Nahrung fand. In der Kronenstr. 66 mußte ein Feuer gelöscht werden, das nachts aus einem Kloset ausgekommen war. Kleider u. a. brannten in einer Werkstatt in der Wilhelnistr. 63/64 und ein Badezimmer in der Gueisenaustr. 64. Wegen eines KellerbrandcS wurde der 13. Zug nach der Artilleriestr. 22 gerufen, wo Papier u. a. in Brand geraten war. Aus der Luisenstr. 45 wurde ein Ladcnbrand gemeldet und aus der Hausburgstr. 10 ein Küchenbrand. Der 11. Zug hatte in der Nostizstr. 46 mit einem Schornsteinbrand zu tun. Zur Rettung einrS dreijährigen kranken Kindes wurde auf Veranlassung eines ArzteS ein Samariter der Wehr nachts nach der Stallschreiberstr. 10 ent­sandt, der dem Kinde längere Zeit Sauerstoff einatmen ließ. Das Berliner Aquarium hat einerseits durch seine Tochter- anstatt Rovigno und andererseits durch die königliche Biologische Anstalt auf Helgoland eine ganze Reihe kaltblütiger und Wirbel- loser Seetiere aus den süd- und mitteleuropäischen Meeresgebieten zugesandt erhalten. Unter den von Helgoland eingelieferten Fischen sind besonders hervorzuheben der lebend so schwer zu erhaltende. dem Namen nach aber wolhl jeder Hausfrau bekannte Steinbutt, dessen Fleisch zu den feinsten Tafelgenüssen, die das Meer dem Menschen zu bieten vermag, gehört, und der zierlichste aller Flossen- träger der deutschen Meere, der zu den beachtenswertesten Selten- heiten eines Aquariums zählende Seestichling, der schöner und an- mutiger als seine das Süßwasser bewohnenden Verwandten, aber leider infolge seiner Empfindlichkeit auf dem Transport schwer durchzubringen ist. Aus den der Adria entstammenden sechs Arten muß in erster Linie eine zu den Schell- oder Weichfischcn ge- hörende Seequappe vermerkt werden, die in der Aalquappe unserer Gewässer eine Verwandte hat und sich durch fünf Bartfäden aus- zeichnet. Die Station Rovigno sandte sieben Haieier ein. die hier nun ihre Weiterentwickelung durchmachen. Der Zoologische Garten, dessen Papageiensammlung jetzt über 110 Arten umfaßt, hat kürzlich vier zum Teil hier zum erstenmal gezeigte Formen erworben. Sie gehören sämtlich zu der Gruppe der in Australien lebenden Plattfchtvcifsittiche und sind auf der Papageienseite des neuen Vogelhauses untergebracht. Ein felscn- Bewohnender Klippensittich hat in einem Glaskäfig Unterkunft ge- funden, ebenso ein Pärchen der stattlichen Kappensittiche, während ein Paar Scharlachsittiche, nahe Verwandte der bekannten Rosen- sitttche und ein zierlicher Glanzsittich zwischen ihre Landsleute in der obersten Reihe der Papageien-Einzelabteilungen eingereiht sind.__ Vorort-[Vaebriebten. Schöneberg . Wie ein Pädagoge über die Frequenz der Schulklassen denkt, beleuchtet der stenographische Bericht einer der letzten Schöneberger Stadwerordnetensitzungeu. In dieser Sitzung äußerte sich der Stadtverordnete Vrofessor Hagen. Vorsteher dieser Versammlung, darüber folgendermaßen:Vom pädagogischen Standpunkte au? halte ich es in der Tat auch gar nicht für so gefährlich, wenn die Zahl der Schüler etwas größer ist. Für den Lehrer ist eS ein bißchen anstrengend, unzweifelhaft, aber der Schüler ist eigentlich hygienisch besser versorgt, denn er ist nicht immer derjenige, auf den sich die Attacke in jedem Augenblick richtet. Wenn statt 30 50 Schüler da sind, kommt die spezielle Frage an diesen etwas seltener, und man weiß pädagogisch sehr gut. es ist ein Glück, daß der Schüler nicht bei jeder Frage mir der scharfen Ausinerksamkeit beteiligt ist. daß er sich sagt, dir bist derjenige, der gefragt wird und mußt Antwort geben. Wenn das der Fall wäre, würden die Schüler es nicht aushalten, daß sie mit so vielen Srunden in Anspruch genommen werden, wie es jetzt der Fall ist. Das ist schon eine alte Praxis und eS ist damit nicht so schlimm." Der Mann, der diese Worte gesprochen hat. ist Professor und Lehrer am Falk-Realgynmasium in Berlin . DaS Bürgertum könnte. wenn das. ivas hier gesogt ist. zuträfe, in diesem Herrn einen glänzenden Verteidiger unserer heutigen Volksschulzustände erblicken. Rur schade, daß der von dem Herrn Professor aufgestellte Grundsatz nur für die Volksschulen und nicht auch für die höheren Lehranstalten Anwendung findet. Daß ein Pädagoge allen Ernstes solche An- sichten äußern kann, wird in der Arbeiterschaft sicherlich großes Kopf- schütteln erregen. Eine Erleichterung des Stcuerzahlcns soll auf Beschluß der städtischen Körperschaften im nächsten Jahre zur Einführung ge- langen. Mit den in Schöneberg befindlichen Bankinsliluten und Bankfilialen wird gegenwärtig ein Abkommen gettoffen, wonach sich dieselben verpflichten, Steuern auf Rechnung der Stadt und des Staates entgegenzunehmen und zwar in der Zeit vom 1. bis ein- schließlich den 18. des zweiten Monats eines jeden Viertel- jahreS. Eine besondere Bcrgütigung erhalten die Banken von der Stadtgemeinde hierfür nicht. Mit dieser Einrichtung ist den Steuerpffickittgen die Gelegenheit gegeben, auch außerhalb der Bureaustunden der städtischen Steuerkaiie ihre Steuern entrichten zu können. Die bisherige Einholuna der Steuern durch die städtischen Steuererhebcr wird jedoch bis auf weiteres noch' beibehalten werden. Charlottenburg . Verein Freier Kindergarten. Wie bereits mitgeteilt, findet Sonnabend, den 15. Dezember, im.Volkshause", Rosinenstr. 3. ein Winterfest zur Belustigung der Kinder mit Spielen, Kasperle- theater und Bescherung statt. Anfang 4 Uhr. Eintritt für Er- wachsen« 20 Pf., für Kinder 10 Pf. Lichtenberg . DieBolkSzeitung" für Lichtenberg , Friedrichsberg und Wilhelms- berg hat abermals ihren Redakteur gewechselt. In der Mittwoch« nummer gibt das Blättcheu den Lesern bekannt, daß ein Herr M ü l l e r- S u n d die Redaktion übernommen hat. Auch der neue Herr bittet um die gütige Unterstützung der Mitbürger. Hat der Vorgänger diese? Herrn vielleicht wider den Stachel der Grund- besitzerinteressen gelökt, daß er in Ungnade versallen? Schildow-Blankenfelde (Bezirk Nieder-Schönhausen). Weihnachtsbetrachtungen lautete das Thema eines Vortrags, den Genosse H. W e b e r in der am Sonntag in Mönchsmühle bei Knappe tagenden Wahlvereinsversammlung hielt. Eine Diskussion über daß mit lebhaftem Beifall aufgenominene Referat fand nicht statt. Der Vorsitzende crmahnte die Anwesenden zu fleißiger Agi- tation für die Organisation und sozialistische Presse. Vor Eintritt in die Tagesordnung ehrte die Versammlung die verstorbenen Ge- nassen August Dreesbach und Wilhelm Iben in der üblichen Form. Nowawes . In einer am Dienstag imVolksgarien" abgehaltenen, von 260 Personen besuchten Volksversammlung referierte Genosse Paul Wagencr-Berliu über dieSchäden der Heimarbeit und den Gesetz- entivurf betreffend die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine". Seine Ausführungen fanden lebhafte Zustimmung. Eine Resolution, in welcher der gesetzliche Hcimarbeiierschutz gefordert wird und die sich gegen den Gesetzentwurf über die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine ausspricht, fand einstimmige Annahme. Gerichts-�eitung. Verurteilung wegen SerienloSschwindel. Eine Anzahl Scrienlosschwiudler. vor deren Unternehmen wir so oft eindringlich gewarnt haben, ist gestern von der Trierer Straf. kammer verurteilt. Wegen Serienlosschwindels wurden verurteilt der Kaufmann Seck aus Luxemburg zu 2% Jahren und U Tagen Gefängnis, der Kaufmann Uhlig aus Frankfurt a. M. zu vier Monaten Gefängnis und der Kaufmann Roeder aus Luxemburg zu zwei Monaten Gefängnis. Der LosHändler Passarge aus Lübeck wurde freigesprochen. Nochmals: Hand weg von Serienlosen! Aufzug oder Spaziergang. Streikende Bergleute mit ihren Familien waren im April auf der Landstraße über Streckau nach Zeitz gewandert. Hundert bis zweihundert sollen eS gewesen sein. Dann und wann musizierten einzelne. Tischenidörf und Genossen, die sich beteiligten, wurden vom Landgericht Naumburg von der Anklage der Uebcrtretung der 88 10 und 17 des Vereinsgesctzes freigesprochen, weil kein genehmigungspflichtiger öffentlicher Aufzug vorliege. Das Kammcrgcricht hob das Ustteil auf und verwies die Sache zur nochmaligen Verhandlung an das Landgericht zurück: Das Landgericht verkenne den Begriff des öffentlichen Aufzugs im Sinne des Vereinsgesctzes, wenn es meine, es müßte damit der Zweck einer Störung der öfscntlichcn Ordnung und des Verkehrs verbunden sein, tvas hier nickst der Fall wäre. Aber auch der zweite Gruna des Landgerichts rechtfertig« n i ch t die Freisprechung. DaS Landgericht sage nämlich an zweiter Stelle, die Leute hätten nur einen Ausflug, einen Spaziergang nach Zeitz gemacht. Dem widerspreche eS, wenn das Landgericht vorher feststellte, daß 100 bis 200 Personen sichim Hausen" auf der Landstraße fortbewegt hätten, wobei auch musiziert worden sei. Wer so gehe, der wolle eben nicht bloß spazieren gehen, sondern vielleicht(!) damit demon-, striercn. Die Vorinstanz nnisss somit noch weitere Nachprüfungen vornehmen. Mögen die Arbeiter aus dieser Art Rechtsprechung Anlaß nehmen, zu gegebener Zeit in hellen Haufen zur Wahlurne zu gehen. Dieser Spaziergang ist erlaubt. Die weiße und die-rote Schleife. Wie der Kampf der herrschenden Klassen und ihrer Institutionen gegen die Hfl- Sozialdemokratie doch manchmal auch einen starken Stich ins Komische erhalten kann, davon hier ein Beispiel. Vor dem Schöffengerichte in Ruchrort sollte kürzlich der Berg« mann W. in der üblichen Weise verknaxt werden, weil er bei der Beerdigung seines Kameraden Lindcnschmidt einen Kranz mit roter Schleife getragen hatte, d. h. so behauptete es die Anklage. Zur allgemeinen Verblüffung ergab nun aber die Beweisaufnahme, daß W. keine rote,, sondern eine weiße Schleife am Kranze gehabt hatte! Allgemeines Erstaunen. Doch so leicht sollte der Sünder nicht davonkommen. Hatte er nun auch keine rote Schleife getragen, 'o war doch in dem Leichenzuge irgend jemand auch mit einer roten Schleife gewesen. Und dadurch, so deduzierte der Herr Amtsanwalt, werde das Leichenbegängnis an sich zu einemaußer- gewöhnlichen" ergo könne W. wegen Teilnahme an einem außergewöhnlichen Lcichenbegängniffc, zu dem die Genehmigung nicht eingeholt sei, bestrast werden. Sckirumml Zudem hatte W. bei' der Niederlegung seines Kranzes gesagt:Im Namen Deiner Kameraden vorn Bcrgarbeitervcrbande" also war auch dieRede am Grabe" fertig.-, Das Schöffengericht konnte sich nun doch zu dieser Höhe amts- anwaltlicher Logik nicht aufschwingen, es sprach den Angeklagten