Nr. 273.
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Vorwärts
9. Jahrg.
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Seenfpred- Ansching Amt I, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Ueber den
Sonntag, den 20. November 1892. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Entwurf des neuen prenßischen teiten, da alle diese Roften auf die Konsumenten, d. h. die Kommunalabgaben- Gesetzes
hindert das fezt übliche spekulative Zurückhalten von un
Ebenso zu tadeln ist die Zulassung der Gebühren für dem Eigenthümer zu tragen. Eine energische Rentensteuer Beaufsichtigung von Bauten, Messen, Märkten und Luftbar zwingt aber zur festen Ausnutzung des Grundstücks, sie breite Volksmasse, abgewälzt werden. oder schlechtbebauten Terrains; sie wirkt deshalb auf ErDagegen muß man sich mit dem Prinzip des§ 7 ein höhung der Bauthätigkeit und muß eine bessere und billigere bielt neulich Genosse Rechtsanwalt Landé im Elberfelder verstanden erklären, der die Kosten für Anstalten und Ein Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses zur Folge haben. Sozialdemokratischen Volksverein einen Vortrag, den wir richtungen, die z. B. den Grundeigenthümern, Gewerbe- Jede Gebäudesteuer wird die entgegengesetzte Wirkung Da sie alle Gebäude gleichmäßig trifft, wird sie nach dem Bericht unferes dortigen Bruderorgans hier wieder treibenden besonders von Vortheil find, auch durch besondere üben. einzuziehen gestattet. Ob aber auf die Miether abgewälzt werden; da sie das Baugeben, weil das Thema der Kommunalbesteuerung jedenfalls Steuern von diesen ernfte Beachtung seitens der Parteigenossen verdient. Ge- Grundeigenthümern zusammengesezten Stadtverwaltungen die Bauthätigkeit hemmen. Also nur die Rentensteuer kann ernste Beachtung seitens der Parteigenossen verdient. Ge- von dieser Bestimmung in unseren großentheils aus fapital gegenüber jedem anderen Kapital belästigt, wird sie aoffe Landé führte aus: der nöthige Gebrauch gemacht werden wird, erscheint aller von hier ans gebilligt, diese aber muß sogar aufs entschie Die sozialdemokratische Partei hat ein wesentliches dings mehr als zweifelhaft. denste empfohlen werden. Einer energischen Durchführung Interesse, sich lebhaft mit diesem Gesetzentwurf zu beschäftigen. Er wird zwar im Landtage berathen werden, wo die Ar- Schließlich ist hier die Bestimmung zu erwähnen(§ 8), einer solchen stehen aber die Bestimmungen des Entwurfes beiterklasse infolge des Wahlsystems nicht zu Worte kommen baß Schlachthausgebühren insoweit zugelassen werden sollen, über das Verhältniß der einzelnen Steuerarten zu einander fann; seinen praktischen Inhalt kann er aber erst durch die daß außer Deckung der Betriebskosten eine achtprozentige und das überwiegende Interesse der besitzenden Klassen Steuerordnungen der einzelnen Kommunen erhalten. Und Berzinsung des Anlagefapitals herauskommt. Das heißt im Wege. Was schließlich die noch übrig bleibende direkte Eingerade der Nachweis, wie sehr diese Steuerordnungen auf nichts anderes, als eine indirekte Besteuerung des Fleisches, kommensteuer betrifft, die nie 100 Prozent der Staats die Lebenshaltung der Arbeiterklasse und jedes einzelnen die nur eine weitere Einschränkung des so schon allzuArbeiters einzuwirken vermögen, wird der beste Sporn für geringen Fleischkonsums der Arbeiterklasse herbeiführen kann. Steuer übersteigen soll, so ist zu tadeln, daß die HeranSoweit die Einkünfte aus den erwähnten Gebühren und ziehung der Einkommen unter 900 Mart zugelassen wird. jeden Arbeiter sein, mit allen Kräften für die Eroberung Beiträgen nicht zureichen, werden zunächst indirekte Steuern Wenn die Steuerbeträge auch geringe find, bis 4. Mark, so der Kommunalverwaltungen einzutreten. Der vorliegende Gesetzentwurf ist von dem Bestreben zugelassen, sofern teine reichsgefeßlichen Bestimmungen im entbehren diese Kategorien doch jeden Groschen schwer, auch hat die Praxis bisher stets gezeigt, daß die Einnahmen aus getragen, den Fammer der bejizenden Klassen über die neue Wege stehen. Mehrbelastung durch das Einkommensteuer- Gesetz vom Ausgenommen von der indirekten Besteuerung sind diesen Steuern fast durch die Kosten der Einziehung aufAusgenommen von der indirekten Besteuerung sind gewogen werden. Wenn aber weiter gestattet ist, die Einvorigen Jahre und die gleichzeitig vorgeschlagene Ber - allein Fleisch, Getreide, Mehl, Backwerk, Kartoffeln und kommensteuer durch Aufwandstenern, Miethstener 2c. zu ersehen, mögenssteuer dadurch zu stillen, daß hier der Weg geöffnet Brennmaterial". Diese Ausnahmen sind sehr löblich nur so würde das eine wesentliche Benachtheiligung der Befizlosen wird, auf welchem die städtischen Lasten großentheils von hat sich vorhin(§ 8) gezeigt, daß auf einem Umwege die in zur Folge haben, die überall einen erheblich größeren Prozent den besitzenden Klassen auf die besitzlosen übergewälzt werden direkte Fleischsteuer doch zugelassen ist. Ueberhaupt müßten von faß ihres Einkommens für Miethe ausgeben müssen als die der indirekten Steuer im Interesse des Proletariats alle Besitzenden und deshalb durch eine solche Steuer verhältnißDer Entwurf bestimmt, daß die Ausgaben bestritten Massenkoufum- Artikel, z. B. Bier, Gemüse zc. ausgeschlossen werden sollen, soweit die Ueberweisungen und Einkünfte aus sein. Praktisch werden indirekte Steuern nur auf solche mäßig härter betroffen werden, wie durch eine Einkommendem städtischen Vermögen nicht zureichen, durch Gebühren gelegt und somit allein die Arbeiter belastet, während von und Beiträge, indirekte und direkte Steuern und Natural- unserem Standpunkte aus als einzige zulässige indirekte dienste. Steuern sollen nur subsidiär erhoben werden und Steuer die Besteuerung von wirklichen Luxusartikeln zu direkte mur, soweit die indirekten nicht zureichen. Gewerbliche Unternehmungen sollen rein kapitalistisch An letter Stelle treten schließlich die direkten Steuern Daß endlich bestehende Vorrechte der Beamten und verwaltet werden; sie sollen mindestens die Ausgaben eins ein und Realsteuern auf Grundbesitz und Realsteuern auf Grundbesiz und Gewerbe- Militärs und sogenannte erworbene Rechte, Grundsteuerschließlich der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals betrieb und Einkommensteuer. Die Realsteuern dürfen freiheiten aus besonderem Titel, nicht angetastet werden, tecken. Schon diese Bestimmung verdient von unserem ganz neu geregelt werden. Wenn bei dieser Regelung Standpunkt herben Tadel. Bei städtischen Unternehmungen die Interessen der besiglosen Klassen maßgebend wären, versteht sich bei diesem Gesetz von selbst. sollte mehr auf angemessene Entlohnung der Arbeiter, als auf müßte sie so erfolgen, daß einmal eine Abwälzung der
tönnen.
nennen wäre.
ftener.
Schließlich ist gegen die Einführung von Naturaldiensten insoweit energisch Front zu machen, als sie befonders für die etwa freigelassenen Einkommensstufen unter 900 W. zugelassen werden sollen.
Alles in Allem: Während wir von einem gerechten Verzinsung des Anlagekapitals gesehen werden; und Betriebe Steuer auf die breiten Massen ausgeschlossen und zweitens Steuersystem verlangen würden, daß es nur den Mehrwerth wie z. B. unser Wasserwerk und die Badeanstalt müßten die Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses nicht gehemmt, trifft und deshalb neben der progressiven Besteuerung der ihre Leistungen wenigstens den Besitlosen gratis zur Ber- sondern wenigstens angespornt würde. Dies ist aber nur Einkommen von etwa 1200 M. an nur noch die Grundfügung stellen. möglich, wenn von jeder Gebäudestener abgesehen und die rente und Lugusartikel besteuert, läßt der Entwurf an allen Grundsteuer nach Maßgabe der Rente, d. h. des Verkaufs- Ecken und Enden die direkte und noch mehr die indirekte werthes der Grundstücke bemessen wird. Die Höhe der Rente Heranziehung des Arbeitslohnes der breiten Arbeitermasse eines Grundstücks ist zu bestimmter Zeit eine feste, fie wird be- zur Tragung der Kommunallasten zu. Deshalb auf, überall stimmt durch die Differenz zwischen der Ertragsfähigkeit des zur Betheiligung an den Kommunalwahlen! betreffenden Grundstücks und der Ertragsfähigkeit eines gleichen Grundstücks an der Grenze des Anbaus. Eine Steuer auf die Rente kann deshalb nie abgewälzt werden, ist vielmehr von
Der Entwurf gestattet weiter für Benutzung von Anlagen, Anstalten und Einrichtungen im öffentlichen Interesse, fogar von Schulen, Krankenhäusern, Heil- und Pflegeanstalten Gebühren zu erheben, welche in den letterwähnten Fällen allerdings unter den Selbstkosten bleiben dürfen. Bon unserem Standpunkt aus müßte in diesen Fällen aber Unentgeltlichkeit gesetzlich vorgeschrieben werden.
Feuilleton.
Nachdrud verboten.]
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Roman von Guy de Maupassant . Vorschuß bei der Kasse zu nehmen, war ein sehr einfacher Vorgang, aber er hatte ihn sehr bald abgenugt. Er batte sein Gehalt auf vier Monate im voraus erhalten, außerdem noch sechshundert Franks auf seine Zeilenbeiträge. Forestier war er weiter hundert Franks, Jacques Rival, der eine offene Tasche hatte, dreihundert Franks schuldig; ferner quälte ihn noch ein Haufen kleiner, unmerklicher Schulden von hundert Sous bis zwanzig Franks.
Er fragte Saint- Botin, auf welche Methode er noch hundert Franks auftreiben könnte, aber selbst dieser erfindungsreiche Kopf wußte fein Mittel mehr. Duroy ergrimmte über seine Noth, die noch fühlbarer als früher war, weil er mehr Bedürfnisse hatte. Ein dumpfer Zorn gegen alle Welt stieg in ihm auf, eine wachsende Erbitterung, die in jedem Augen blick, bei jedem Anlaß, aus den nichtigsten Gründen aus
brach.
unmerklich unter derHaud fortglitten, und 30 Franks waren voll. Dreißig Frauts täglich ergab aber eine Monatsausgabe von neunhundert Franks. Die Ausgaben für Kleider, Schuhe, Kragen, Hemden, Wäsche hatte er dabei noch gar nicht einmal mitgezählt.
Am 14. Dezember hatte er keinen Pfennig mehr in der Tasche und konnte auch fein Mittel entdecken, sich irgend woher Geld zu verschaffen.
Er wachte es so, wie er es früher oft gemacht hatte;
er aß nicht zu Mittag und saß dann am Nachmittag in voller Wuth in der Redaktion, um die Zeit mit Arbeit
todt zu schlagen.
Um vier Uhr erhielt er ein Telegramm von seiner Geliebten; es lautete:" Wollen wir zusammen diniren und dann einen Ausflug machen?"
" Kann heute nicht diniren," erwiderte er sofort. Dann
aber überlegte er und fügte noch hinzu:„ Aber um neun Uhr
erwarte ich Dich in unserer Wohnung."
Er schickte einen Hedaktionsdiener mit dem Billet fort, um das Telegramm zu sparen, und saunn dann nach, wie er sich heute Abendbrot verschaffen könne.
Um fieben Uhr war er noch immer rathlos und fühlte dabei eine schwere Leere im Magent. Da entschloß er sich, zu einer verzweifelten Kriegslist Zuflucht zu nehmen. Er ließ alle seine Kollegen nach einander fortgehen, und als er allein war, klingelte er heftig. Der Diener des Direktors, der dablieb, um die Bureauräume zu hüten, stellte sich ein. Hören Sie Foucart," sagte Duroy mit eiliger Stimme
Nein, das genügt. Danke sehr."
Sobald er die Silberstücke in der Hand hatte, lief er rasch die Treppe hinunter und speiste in einer Kneipe, wo er in Tagen der Noth zu verkehren pflegte..
Um neun Uhr saß er vor dem Kamin, wärmte sich die Füße und wartete auf seine Geliebte.
Gie tam, die falte Straßenluft hatte sie erregt und in eine lebhafte, heitere Stimmung versetzt.
Wenn es Dir recht ist," sagte sie, machen wir jezt
gleich einen Ausflug. Das Wetter lockt ins Freie."
" Warum erst fortgehen," brummte er verdrießlich,„ hier sind wir ja auch gut aufgehoben."
Du kannst Dir garnicht vorstellen, was für pracht
voller Mondschein draußen ist", fuhr sie fort, ohne ihren
Hut abzulegen.
„ Schon möglich, aber ich mag heute nicht spazieren gehen."
Er sagte das mit wüthendem Gesicht. Sie war das von betroffen und fragte beleidigt: Was hast Du denn? Warum nimmst Du denn solches Benehmen au? Ich äußere den Wunsch einen Spaziergang zu machen, und da weiß ich wahrhaftig nicht, weshalb Du darüber böse wirft."
Ich bin nicht böse" erwiderte er aufgebracht und erhob sich. Es ist mir blos langweilig fpazieren zu gehen." Sie gehörte zu den Frauen, die Widerstand ärgert und Unhöflichkeit außer fich bringt.
Mit faltem Zorn erwiderte sie verächtlich: So redet man nicht mit mir, das bin ich nicht ges
Buweilen legte er sich die Frage vor, wie er es blos angefangen hätte, in jedem Monat tausend Franks durchschnittlich ohne jede besondere Verschwendung, ohne jeden und tramte dabei nervös in den Taschen, ich habe mein wöhnt. Ich geh' allein. Adieu!" besonderen Einfall zu verbrauchen. Zählte er dann acht Portemonnaie zu Haus gelassen und muß zu einem Diner Franks für ein Dejeuner und zwölf Franks für ein Diner, im Luxembourg Restaurant. Leihen Sie mir doch fünfzig das er in irgend einem Boulevard- Restaurant verzehrt hatte, Sous, damit ich die Droschke bezahlen kann." Der Mann zog drei Frants aus seiner Westentasche aufammen, so war sofort ein Louisdor; ausgegeben; dazu lamen dann noch zehn Franks Silbergeld, die ihm so täglich und fragte: Brauchen Sie nicht mehr, Herr Duroy?"
Er merkte, daß es ihr ernst damit war, eilte rasch auf sie zu, erfaßte ihre Hände, tüßte fie und stammelte: " Verzeih, mein Herz, verzeih. Ich bin heut Abend so reizbar, so nervös. Ich hatte Verdrießlichkeiten, Merger in der Redaktion, verstehst Du."