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Telegramm«, durch feinen Berliner Regierungsstipendiaten über allerlei liberalisiereude Absichten der Regierung und der reak­tionären Parteien inspirieren. Dieser Berliner Korrespondent, dessen Beziehungen zu Geheimräten und anderen offiziösen Ver- schleißern der hohen Regierungsabsichten unrühmlich bekannt sind, sehr den Lesern derFrankfurter Zeitung " auseinander, daß es kindlich fei, zu glauiben, daß die ganze Reichstagsauflösung nur der südwestafrikanischen Frage gegolten habe. Das Gefühl, dem die sofort entstandene volkstümliche FassungLos von Rom " ent- sprungen sei, sei lediglich dielogische Konsequenz der aus den Mehrheitsverhältnissen des Parlaments sich ergebenden Folgerung, daß gleichzeitig als Ziel eine Stärkung der liberalen Partei und ihres Einflusses auf die Gesetzgebung beabsichtigt" sei. Man sieht, der Nachrichtenschnüffler derFrankfurter Zeitung " macht ganz im Stile des Dernburg offiziösen Mosseblattes Stimmung! DieserDemokrat" bringt es sogar fertig, von einer liberalen Partei" zu sprechen, er koppelt also die bürgerliche D e m o k r a t i e" mit dem Nationalliberalismus ohne Weiteres zu einer Partei zusammen i Besonders bezeichnend für diese von Herrn Sonnemann ver- zapftedemokratische Politik" aber ist es. daß dieser Korrespondent aufbeachtenswerte" Aeußerungen derPost" hinweist! Auf Aeußerungen, wonach im preußischen Abgeordneten- haus eine Revision des Lehrerbesoldungsgesetzeö, Dezentralisation und Mitwirkung von Organen der Selb st Verwaltung und eine wirksame Rechtskontrolle innerhalb der Schul Verwaltung gemeinsam von Konservativen Und Freisinnigen geschaffen werden solle! Offenbar haben wir es hier mit, dem Köder zu tun. den die Regierung dem Freisinn hinzuwerfen gedenkt! Durch angebliche Milderung des Schulverpfaffungsgesetzes soll diegroße liberale Aera" eingeleitet werden, für die sich die journalistischen Schmocks der Herren Masse und Sonnemann gleich fanatisch begeistern! Es ändert daran auch gar nichts, daß das Slbendblatt der Frankfurter Zeitung " vom 29. Dezember folgende Stelle enthält: Es scheint, als solle nur das kolonialfeindliche, nicht aber das kulturfeindliche Zentrum getroffen werden, und daraus könnte man folgern, daß bald wieder eine Versöhnung mit dieser Partei eintreten werde, sobald sie mit ihren Machtanspvüchen im Reich etwas zurückhaltender würde. Wie ist es sonst erklärlich, daß bis jetzt auf geistigem Gebiet eineKulturpolitik" getrieben werden konnte, die ganz im Sinne des Zentrums gehalten und durchaus illiberal war. eine Politik. welche die guuze Zukunft unserer Schule in Frage stellt, und bei der die Rücksichtnahme auf das Zentrum unverkennbar war? Und ist dieser Geist in Preußen nicht nach wie vor herrschend? Hier liegen klaffende Wrderfprüche vor, über die man nicht einfach stillschweigend hinweggehen kann. Für den ent- schiedenen Liberalismus ist es selbstverständlich, daß er auf die Erreichung seiner Ziele in erster Reihe hinstroben muß. Alles andere muß dahinter zurücktreten, nur unter dem Zeichen seiner freiheitlichen Forderungen hat er den Wahl- kämpf zu führen." Man könnte glauben, daß innerhalb weniger Stunden der Re- baktion derFrankfurter Zeitung " die Selbstbesinnung wiedergekommen sei. In Wirklichkeit soll aber dieser Vorstoß gegen das- Zentrum und Regierung nur den Jubelsturm vorbereiten, den der Liberalismus der äußersten Rechten bis zur äußersten Linke» anstimmen wird, wenn ihm die Regiemmg wirklich einige armselige Hungerbrocken hinwerfen sollte. Die Regierung braucht dem Libe- ralismus nur ein paar armselige Schaübrote zu bieten und er wird jubelnd die Büloiv, Dernburg . Tschirsky, Arnim-Criowen um- tanzen! Zentrumstaktik. Die Zentrumspresse gesteht mehr und mehr offen zu, daß es sich für ihre Partei bei der nächsten Reichstagswahl vor allem darum handelt, eine konservativ-liberale Mehrheitskombination zu verhindern und die Regierung zu zwingen, den alten Flirt mit dem Zentrum wieder zu erneuern. DieKöln . Volksztg." schreibt ganz offenherzig in ihrer Sonntagsnummer: Mit Recht ist in derKöln . Volksztg." ausgeführt worden, daß ebenso wie die Sozialdemokraten auch die Nationalliberalen keine Zentrumsstimme erhalten dürfen. Eine Verstärkung der nationalliberalen Partei im Reichstage zu verhindern, ist auch aus dem Grunde notwendig, weil es außer den, Zentrum nur noch eine andere, nämlich die nationalliberale, Partei gibt, die unter Umständen. bei entsprechender Ver- mehrung ihrer Mandate, imstande wäre, im Reichs- tage mehrheitsbildend nach rechts und links zu wirken; nach links würde sich ihr zunächst die Freisinnige Vereinigung , nach rechts die Reichspartei ohne Schwierigkeit an- gliedern. Dieses Antizentrum muß daher vor allem bekämpft werden. Das gleiche gilt aber auch von liberalen Einignngskandidaturen, mögen sie nun demokratische, freisinnige oder nationalliberale Etikette tragen; denn der liberale Einigungsgedanke ist vorwiegend gegen das Zentrum gerichtet, er soll'wenigstens für den Gesamtliberalismus das erstreben, was die Nationalliberalen freilich am liebsten für sich allein erreichen möchten, aber nur sehr schwer erreichen können: eine ausschlaggebende Stellung im Reichstage an Stelle des Zentrums. Jedenfalls haben alle anderen Parteien dringenden Anlaß, die Hoffnungen, die der Liberalismus auf solche Einigung?- kandidaturen setzt, möglichst abzukühlen. Besonderes Gewicht ist auch, wie schon bemerkt, in den Kreisen, in denen die Ent- scheidung sehr wahrscheinlich erst in der Stichwahl fällt, darauf zu legen, daß nicht durch Zersplitterung der nichtliberalen Stimmen ein liberaler Einigungskandidat oder ein Nationalliberaler in aussichtsvolle Stichwahl, namentlich mit den Sozialdemokraten, gelangt." Freisinnige Drehkrankheit. Ein Leitartikel der freisinnigenBreslauer Zeitung" philosophiert über denZweck der Wahl". Dieser Zweck der Wahlen soll darin bestehen, aus den Wahlurnen einen Reichstag erstehen zu lassen, in dem die Regierung die Möglichkeit habe, eine positive Mehrheit ohne das Zentrum zu gewinnen. Zu- gleich müsse die bürgerliche Linke in der Lage sein, auf die Regierungsgeschäfte einen Einfluß zu gewinnen, den sie bisher in keiner Weise gehabt habe. Damit wäre noch nicht die Welt erobert,aber die dunklen Wolken, die jetzt den politischen Horizont umhüllen, würden sich doch zu zerstreuen beginnen". Vielleicht wäre dann noch ein Wahlkampf, vielleicht auch noch ein weiterer nötig,aber der Liberalismus hätte einen festen Boden gewonnen, von dem ernichtmehrzuverdrängen wäre." Und wie denkt sich nun dieBreslauer Ztg." diese Schaffung einer starken bürgerlichen Linken? Sie will dem Zentrum und der Sozialdemokratie 25 Mandate abnehmen! Das ist, wie sie selbst gesteht, nicht gerade ein bescheidener Wunsch. Aber da sie nun ein- mal beim Wünschen ist, treibt sie gleich ihre Unbescheidenheit auf die Spitze. Sie meint, daß auch de» 51 Nationalliberalen noch min- bestens 25 Mandate abgenommen werden müßten, denn zwischen Konservativen und Nationalliberalen sei ja Derantw. Redakteur: Hans Weber, Berlin . Lnseratenteil verantw-l eigentlich kein allzu radikaler Unterschied. Gewinne der Freisinn diese 59 Mandate, so sei damit der Anfang einer frei- sinnigen Aera gegeben. Plan sieht, dieBreslauer Ztg." leidet entschieden an der Dreh- krankheit. Sie Ivill gegen das Zentrum und die Sozialdemokratie losschlagen. Aber sie will sogleich einen Beutezug gegen die Ratio- nalliberalen unternehmen! Gegen dieselben Nationalliberalen, mit deren Unterstützung dasBerliner Tageblatt" allen Fähr- nissen die Stirne zu bieten hofft! Und diese Nationalliberalen will sie bekämpfen, weil sie den Konservativen allzu wesensverwandt seien! Weshalb sie dann nicht auch gegen di� Konservativen ins Feld ziehen will, bleibt ihr Geheimnis! Die ganze Berechnung ist der vollendetste Aberwitz. Aber in dieser Zeit der ungeheuerlichen Konfusion innerhalb des Liberalismus ist keine Kalkulation zu kindisch, um nicht in der Strategie des Freisinns ihre Rolle zu spielen! Lakaien. Vor 48 Stunden donnerte dasB e r l. T a g e b l a t t" der Re- gierung zu, daß sie nun endlich eine unzweideutige Kampfparol« gegen das Zentrum ausgeben müsse.Mundspitzen helfe nicht, es müsse endlich gepfiffen werden." Wenn diese Zumutung irgend einen Sinn haben sollte, so doch nur den, daß die Regierung eine neue Kampfparole gegen das Zentrum ausgeben müsse. Denn in der Zoll- und Agrarpolitik hat ja das Zentrum durchaus keine eigene Politik betrieben, sondern nur der konservativen Re- gierungspolitik die gewünschten HelferSdiensie geleistet! Hat nun die Regierung demVerl . Tageblatt" den Gefallen getan und eine Kulturkampfparole ausgegeben? Im Gegenteil. In ihrer Sonntagsnummer wendet sich die offiziöseNord d. A l l g e m. Z t g." mit aller Schärfe dagegen, daß in den Wahl- kämpf Kundgebungen im Geiste des Kulturkampfes hineingetragen würden! Derartige Erklärungen habe ja die Regierung zu wieder- holten Malen abgegeben. Es gehe deshalb nicht an, aus einer Zahl von zumeist wenig bedeutungslosen Kundgebungen(!) in kultur- kämpferischem Sinneder Regierung und den zu ihr stehenden großen Parteien ähnliche Gelüste oder auch nur st i l l- schweigende Billigung solcher Erscheinungen unter- zuschieben." Das ist eine runde und nette Desavouierung jener Kultur- kampspaukereien und Kulturkampfanreizungen, wie sie von den kleinen" Parteien des Freisinns seit Auflösung des Reichstages ununterbrochen verübt worden sind! Trotzdem faselt dasBerl. Tageblatt" noch immer davon, daß die Frage des Nachtragsetats für Südwestafrika nicht die eigent- liche Ursache der Reichstagsauflösung sei, sondern daß es darauf ankomme, ob das deutsche Volk die Kraft habe, das Zentrumöjoch abzuschütteln! Gefügigere und anspruchslosere L a k a i e n s e e l e n als die wackeren Kulturstreiter des Freisinns kann sich eine Regierung gar nicht wünschen! Nationalliberaler Katzenjammer. Den Nationalliberalen, die nach der Reichstagsauflösung ver- rückte Kampfgesänge gegen Rom und die Schwarzen anstimmten, wird, je näher der Wahlterinin heranrückt, immer ängstlicher um das Schicksal des nationalen Blocks. DieKölnische Zeitung " meint in schwerer Besorgnis, nachdem sie nicht für ausgeschlossen erklärt hat, daß die Sozialdemokratie das Zentrum bei der Wahl an Fraktionsstärke überflügelt: So ist es nicht ausgeschlossen, daß die Sozialdemokratie das Zentrum in der Fraktionsstärke überflügelt. Es wäre töricht, die Augen vor dieser Möglichkeit zu verschließen. Das kon- servative und liberale Bürgertum tut nun angesichts der ultra- montanen und sozialdemokratischen Gefahr seine Schuldigkeit nicht. Streitigkeiten und Fraktionszwang erfüllen viele Wahl- kreise und hemmen den Erfolg gegen rot und schwarz. Und doch ist die Lage ernst genug. Versagt der Reichstag noch e in mal, dann ist die innere Krisis permanent, wir stehen vor der zweiten Auflösung. Das ist für unser Wirtschaftsleben und für das Ausland nicht gleich- gültig. Sozialdemokratische Arbeiter, die aus den Wahlver- sammlungen nicht mehr herauskommen, werden schwierig und immer schwieriger werden, und das Ausland wird mit hämischer Freude von dem inneren Verfall Deutschlands reden. Eine zweite Möglichkeit ist, daß das Zentrum den Herrn Erzberger , der seine glänzende Stellung als Regierungspartei zerstört hat, beiseite schiebt und seinen Frieden macht mit einem neuen Reichs- tanzler und einem neuen Kolonialdirektor. dann wird der Einfluß des Zentrums größer sein als zuvor, denn bei stärker gewordener Sozialdemokratie wird es sich nun- mehr erst recht als Staats- und Gesellschaftsstütze präsentieren und seine Wechsel zur Einlösung vorzeigen. Dann war der Kampf pro nibilo:" Zur Kolonialfrage äußert sich in der zentrumsagrarischenRheinischen Volks- stimm e" ein Leser, der sich alseinfachen Mann aus dem Volke" bezeichnet. Er meint, so lange der Bürger die Ausgaben des Reiches mit bestreiten helfe, habe er auch das Recht, in der Verwendung der öffentlicken Gelder seine Meinung zu sagen und danach seine Stimmabgabe bei den Wahlen einzurichten. Dann heißt es: Die Beiträge der einfachen Leute zu den Aus- gaben des Reiches sind viel bedeutender, als die Kolonialschwärmer zu wissen scheinen. Wenn auch die direkten Reichssteuern der kleinen Leute nicht so hoch sind, so machen doch die vielen Steuern und Zölle, womit sehr viele Verbrauchsgegenstände, welche täglich in jedem ein- fachen Haushalt unentbehrlich sind, zugunsten des Reiches belegt sind, loährend eines Jahres eine ganz nette Summe aus." Das ist das erste Mal, daß wir in dem Blatt der rheinischen Zentrumsbauern ein vernünftiges Wort über die Zoll- und Steuer- Politik hören. Auch sonst hat dereinfache Mann aus dem Volke" ganz gesunde Ansichten. Er meint, es werdeder gesunde Menschen- verstand und der sparsame Haushalter die ganze Kolonialfrage und mit ihr die Eisenbahnsrage so lösen, daß er zunächst und a m liebsten die ganze Geschichte zum Fenster hinauswerfen möchte." Da das aber nicht so ohne weiteres gehe, so solle man für die Zukunftdoch recht vorsichtig zu Werke gehen und sich ernstlich fragen, ob es denn nicht klüger und besser wäre für das deutsche Reich: 1. die vielen Menschenleben zu sparen und 2. mit einem kleinen Teile der Millionen im Heimatlande viele, noch vom Ver- kehr abgeschlossene Gegenden mit Eisenbahnen zu beglücken, welche für das Reich sichere Vorteile versprechen, anstatt dieses alles in anderen Weltteilen nutzlos zu begraben." Wenn der Leser derRheinischen Volksstimme" mit dem Schwindel der Kolonial- und Weltpolitik gründlich aufgeräumt wissen will, dann darf er jedenfalls nicht den Rat seines Leibblattes befolgen, das in derselben Nummer zur Wahl von Zentrums- männern auffordert._ Agrarische Zensurlcistungen. In arger Verlegenheit um Material gegen die Sozialdemokratie scheinet! die Bündler zu sein, denn dieDeutsche Tageszeitung" ver- öffentlicht einen anderthalb Spalten langen Artikel, in dem angeblich sozialdemokratische Rechenfehler nachgewiesen werden. Tatsächlich werden jedoch allerhand Notizen und Zahlen durcheinandergewürselt, deren Bedeutung der Verfasser zweifellos gar nicht kapiert hat. Welchen kompletten Blödsinn das Junkerblatt seinen Lesern vor- zusetzen wagt, davon eine Probe. Um uns Rechenfehler nach- zuweisen, schreibt es:____ ktz.Glicke, Berlin . Druck».Verlag: BorwärtSVuchdr.».VerlagZanMt' Weiter jfibt Kautsky das Vermögen des Holzarbeiter- Verbandes auf 1 452 215 Mark an. Der Zentralverband der Maurer berechnete aber(I) in der Generalversammlung am 6. September den Gesamtbestand im Zweigverein auf 265 247,91 M. Also weil das Vermögen des Holzarbeiter-VerbaudeS sich nicht deckt mit dem Vermögen des Zweigvereins der Maurer, darum muß ein sozialdemokratischer Rechenfehler vor- liegen. In einem anderen Falle benutzt der Rechenkünstler" einen von uns längst berichtigten Druckfehlern. Wir hatten eine dem Board of Trade" entnommene Statistik über Welthandel veröffent- licht, und der Druckfehlerteufel hatte in der Notiz an einer Stelle aus einer 7 eine 4 gemacht. Wir haben den Fehler bereits(im Juni) wie folgt richtig gestellt: Diese Summen ergeben für Deutschland und Großbritannien zusammen 7 Milliarden Dollar. Diese Angabe hat der Druck- fehlerteufel sinnentstellend geändert, indem ermit fast 4 Milliarden Dollar" hineinbrachte, anstattzusammen mit fast 7 Milliarden Dollar". Und dieser berichtigte Druckfehler wird nach fast einem halben Jahre zu einer Schwindelei benutzt I Schöne Seelen finden sich! ' Acht Tage kaum sind es her, da predigtenReichsbote" und S taa ts rgier Zeitung", die vereinigten Stöcker- Reptile, den heiligen Krvuzzug wider das Zentrum. Heute ist es bereits ganz anders gawovden. Man lese nur folgende Parole dieser edlen Zeitungszwillinge: Der wunde Punkt der diesmaligen Wahlbewegung rst. dag evangelische und katholische Wähler von gewissen Blättern, die dasnational" breit an der Stirn tragen, in einer Weise gegeneinander gehetzt werden, daß die Sozialdemokratie als der lachende Dritte den Sieg erhofft. Wir können die jetzige Hetze nicht gutheißen. Die Sozialdemokratie sie ist der Feind." Mögen sie geschoren oder gescheitelt sein! Der Feind, den sie am tiefften hassen, ist das organisierte Proletariat, ist die Sozialdemokratie! In diesem Zeichen findet sich die Pfaffheit beider Konfessionen sogar brüderlich mit den Beschnittenen des Geldsacks zusammen!_ Verkleistert. Die rebellischen christlichen Arbeiter in Bayern haben sich noch einmal beschwichtigen lassen. Der Ritz ist verkleistert. Wie die ultramontane Presse meldet, wurde in einer Beratung zwischen der Parteileitung und einer größeren Anzahl christlich- nationaler Arbeiterführer über die Aufftellung von Arbeiter- kandidaturen verhandelt. Nach längerer Nus,prache über die grundsätzliche und praktische Seite der Frage ist ein ge- meinsamer Aktionsplan festgesetzt worden, wonach Arbeiterführer mit Unterstützung einzelner Herren der Parteileitung vorgehen werden. Ueber die gefaßten Beschlüsse schweigt man vorsichtig. Bon einer Bewilligung der Forderung der christlichen Arbeiter auf eine be- stimmte Anzahl Mandate kann keine Rede sein, denn die festen Sitze der Zentrumspartei sind bereits vergeben und eine Aenderung würde nur auf der anderen Seite die Rebellion zur Folge haben. Die frommen Schäflein werden also wieder einmal übers Ohr ge- hauen. Budland. Frankreich . Bom Trenuullgsgeseb. Die Annahme der Artikel 2, 3. 4 der Ergänzungsnovelle zum Trennungsgesetz meldeten wir noch am Sonntag unter Letzte Nachrichten". Wie unschwer vorhergesagt tvcrden konnte, hat der Senat auch alle übrigen Artikel und schließ- lich den ganzen Gesetzentwurf ohne Abänderungen irgend welcher Art angenommen. Das Stimmenverhältnis des An- nahmebeschlnsses betrug 190: 100. Eingegangene DrncKfcfmften. Eduard Goldbeck. Bülows Bluss oder die Reichstagsauflösung. Friede. Roihbarih, Leipzig . 1 M. Graf Posadowskv als Finanz-, Sozial- und HandelSpolltiker. Von I. Penzler. 4 Bände, Band So M. Verlag I. I. Weber, Leipzig . Letzte JVacbrichtcn und Dcpcfcbcn, Zum Eisenbahnunglück bei Ottersdorf. Hamburg , 31. Dezember. (W. T. B.) Das Eisenbahnunglück zu Ottersdorf hat, wie dieHamburger Nachrichten" melden, für die hiesigen Handelskreise, namentlich für die Banken, große ge- schäftliche Störungen em Gefolge, da von Hamburger Banken und Bankiers eine große Anzahl von Wertpapieren, die zur Ultimo- regulierung nach Paris , London , Brüssel und Antwerpen bestimmt waren, mit der Post des verunglückten Zuges expediert worden sind. Der Wert der vernichteten Papiere wird an der Börse schätzungs- weise auf 15 20 Millionen Mark angegeben. Da nach den amt- lichen Mitteilungen wohl sämtliche Effekten, vernichtet sind, wird über sie eine Sperrfrist verhängt werden, und nach deren Ablauf werden die Papiere durch neue ersetzt, sodaß ein direkter Schaden, der übrigens durch Versicherungen gedeckt ist, nicht entsteht. In die Brüche gegangen. Darmstadt , 31. Dezember. (B. H. ) Die Verhandlungen zwischen der Freisinnigen Partei für daS Grossherzogtum Hessen und den Nationalliberalen sind nach neuerlichen Verhandlungen nun rnd- gültig gescheitert._ Mord. Kassel , 31. Dezember. (B. H. ) In der vergangenen Nacht wurde im Dorfe Gilsa bei Zimmersroda ein Mord verübt. Der Oberschweizer Anton wurde auf offener Straße hinterrücks erstochen. Man fand ihn morgens als Leiche vor. Der Täter soll ein Be- diensteter eines dort sich aufhaltenden KarusiellunternehmerS sein. Der Tote ist 26 Jahre ab, verheiratet und Vater von sieben Kindern._ Entsetzliche Hungersnot in China . Peking » 31 Dezember.(Meldung des Reuterschen Bureaus.) Die Hungersnot, welche infolge der durch übermäßige Regenfälle herbeigeführten Mißernte im Norder der Provinz Anhui , im öst- lichen Teil des Gouvernements Honan , im südlichen Teil des Gou- vernements Schantung und im ganzen Norden von Kingsu herrscht, ist viel schlimmer, als eine solche in den letzten vierzig Jahren vor- gekommen ist. Bier Millionen Menschen sind dem Verschmachten nahe. Zehntausend befinden sich auf der Wanderung. Die Gefahr wird vermehrt durch die Tätigkeit der geheimen Gesellschaften, denen das Volk sich willig anschließt, um Reis zu erhalten. Bei dem Vizekönig sind wiederholt Bittschriften wegen der geheimen Gesellschaften eingereicht worden. 59 000 Flüchtlinge sind in be- jammernswertem Zustande in Nanking angekommen. Die Be- Hörde» sind außer stände, dem Elend wirksam abzuhelfen. Aus- ländische Hülse ist willkommen. Heute ist ein Edikt erlassen wordckn, durch welches die Landtage in der Provinz Schantung zeit- weilig aufgehoben* werden, da die Bevölkerung wegen der Hungers- not nicht in der Lage ist, sie zu bezahlen. Paul Singer �Co.,Berlin LW. Hiexzu SVciiagen u.UnterhaltungSblatt