cteac liberal-konservativen ReichStagsmehrheit und prophezeitedie Verstärkung der Parlamentsmehrheit vom 13. Dezemberdurch die Neuwahlen. Gegen Schluß seiner zweistündigenRede entwickelte Bebel das sozialdemokratische Gegenwarts-Programm zugunsten der Rückeroberung Fürths durch Segitz.-JiSJn.politifche Geberficbt.Berlin, den 3. Januar 1907.Biilotv als Politiker und Geschichtskenner.* k Halbabsolutistische Regierungen unter konstitutionellen'men bedürfen diplomatischer Redeminister, welche diesektiven Einflüsse und veränderlichen Anstöße des Person-en Regiments nach außen als ihre eigenen politischeneuchtungen vertreten und mit einer gewissen konzilianten,jigen Dcbattierkunst die Angriffe der bürgerlichenPosition abzutrumpfen verstehen. Zu diesem Zweck hattePoleon III. seinen von Zola unter der Maske derxzellenz Eugdne Rougon" verspottetenl g ä n e R o u h e r, der es vom simplen Advokaten imnzösischen Landstädtchen Riom zum napoleonischen„V i z e-i s e r" brachte, und zu demselben Zweck hat Wilhelm II.ren B ü l o w, der durch die gleiche Gewandtheit vom ein-ijen Adeligen zum Fürsten avanciert ist. Damit soll indesht gesagt sein, daß wir den Herrn Reichskanzler Fürstenlow einfach als Rouher II. hinstellen möchten. Das hießei politische Talent Rouhers und die parlamentarisch-ltmännische, zitatengespickte Redegewandtheit Bülows unter-ätzen. Rouher besaß immerhin die diplomatische Befähi-ng nicht nur Napoleons III. persönliche Einflüsse konstitu-nell zu drapieren, sondern auch dem' Neffen des großenrkels in wichtigen Fragen seinen Willen zu suggerieren:is Fähigkeit, die schwerlich jemand bisher beim Fürstenilow entdeckt haben dürfte, selbst nicht Herr Stein'vn der,rankfurtcr Ztg.". Dagegen ist Fürst Bülow den Vize-iser Rouher, wie gerechterweise anerkannt werden miß, inr edlen Anmut, mit der er parlamentarisch zu parlierenid schlagwortartige Sentenzen zu prägen weiß, entschiedenlerlegen. Er hat noch besser als Rouher begriffen, wie»cht sich der bürgerliche Liberalismus mit schönen Redens-üen abfüttern läßt, wenn die Abfütterung mit einigenöeralen Phrasen und feuilletonistischen Witzen gewürzt ist.So hat sich Fürst Bülow trotz seiner höchst fragwürdigeneistungen auf dem Gebiete der äußeren Politik und seinericht mehr fragwürdigen Leistungen auf dem Gebiete dermeren Politik unter den Liberalen den Ruf des Welt-ewandten Diplomaten und bedeutenden Politikers verschafft,ne ihm wiederholt nicht nur das„Verl. Tagebl.", fonderngelbst das Blatt des Herrn sonneniann attestiert hat. Waswunder, wenn ob dieser billigen Erfolge des Reiches Kanzlersich selbst als großen Diplomaten einschätzt und jetzt, nachdemer den Reichstag ausgelöst hat, durch seine nach derselbenMethode wie seine Reichstagsreden abgefaßte Botschaft anden Präsidenten des Reichsverbandes gegen die Sozialdemo-kratie die Liberalen fiir die Schönheiten seines politischenKurses einzufangen sucht. Allerdings mit irgend welchenliberalen Zusicherungen hält Bülow in seiner Botschaft zurück.Mag er immerhin sich noch so sehr überschätzen, so vielweiß er doch, daßim wesentlichen seinMini-sterium nur eine„Nebenregierung" desostelbischen Junkertums ist und daß, wenndiese Kaste durch wirkliche Zugeständnissean die Liberalen gereizt, gegen ihn ihreMachtmittel am Hof und in der hohenBureaukratie aufbietet, seine Tage alsReichskanzler gezählt sind. So beschränkt ersich in weiser Vorsicht darauf, in seinem Silvesterbrief dieNationalliberalen wegen ihres Patriotismus zu loben, denFreisinnigen eine Vorlesung über Doktrinarismus und dieUebertreibung ihrer Prinzipien zu halten, und ihnen schließ-lich halb ironisch dm Rat zu. geben, die konservative Agrar-Politik anzuerkennen, da ja der Landwirtschaft doch„derunbedingt notwendige Schutz" auf ein Jahrzehntdurch die Handelsverträge gesichert sei. Aber selbst wenn derFreisinn diese Bedingungen erfüllt, will der Reichskanzlerihn nur von Fall zu Fall zur Mehrheitöbilduug heran-zuziehen.Das sieht mehr nach einer Verspottung, denn nach Zuge-ständnissen aus: doch ein echtes Freisinnsgemüt weiß ausjeder Blüte Honig zu saugen. Die„Voss. Ztg." faselt bereitsvon einer Schwenkung des Kanzlers und meint inanerkennenswerter Bescheidenheit:Bemerkenswert bei diesem Plan ist in erster Reihe die Front-Veränderung gegenüber dem Freisinn. Fürst Bülow siehtihn nicht mehr, wie es die Regierung vonalters her, in Theorie und Praxis, getan hat,als Gegner, sondern als Verbünd et en an.Vielleicht wäre es unter diesen Umständen nützlich gewesen, nichtso ausführlich, wie es der Kanzler tut, angebliche Fehler in derfrüheren Haltung der Freisinnigen zu erörtern, zumal, da derHinweis auf eine Verleugnung dieser Haltung nicht mit denTatsachen übereinstimmt...Indessen braucht der Reichskanzler das Argument von derveränderten Stellung des Freisinns zur Rechtfertigungseiner eigenen Schwenkung, und deshalb kann voneiner eingehenden Erörterung seiner Kritik vorerst abgesehenwerden.Indes es lohnt sich nicht, mit den traurigen Resten derehemaligen Fortschrittsherrlichkeit über politische Fragen zurechten. Nur eine Auslassung des Kanzlers möchten wir nochkurz glossieren, da sie die Bülowschen Geschichtskenntnisseillustriert. Von den Bestrebungen der Sozialdemokratie heißtes in seinem Silvestcrbrief:„Richt nur sind ihre kommunistischen Zukunftsträume kul-turfeindlich, die Mittel zu ihrer Verwirklichung brutaler Zwang— alles, waS sich etwa irgendwo in Deutschland an reaktionärerGesinnung findet, gewinnt Kraft und Recht durch die sozialistischeUnterwühlung der Begriffe von Obrigkeit, Eigentum, Religionund Vaterland. Auf den wild gewordenen Spieß-bürger und phrasentrunkenen GleichmacherRobcspierre folgte der Degen BonaparteS. Er mußtekommen, um das französische Volk von derSchreckensherrschaft der Jakobiner und Kom-munisten zu befreien."Neu ist diese Auffassung nicht. Es ist die Folgerung derSybcl und Konsorten, die sich der Reichskanzler aneignet:aber, da ihm die Sybelsche Geschichtskenntnis fehlt, ins Albern-Triviale übersetzt. Wir wollen mit Bülow nicht darüberstreiten, oh Robespierre ein„wild gewordenerSpießbürger" und„phrasentrunkener Gleichmacher"war, aber charakteristisch für den ersten Beamten des DeutschenReiches ist es, daß er in dem großen franzö ji.schen Revolutionsdramct nur das Werkeiniger politischer Akteure sieht. Er begreiftnicht, daß die französische Revolution ein großer Klassen-kämpf gewesen ist: das gewaltige, geschichtlich bedingte Ringenverschiedener Klassen, in welchem entsprechend dem geschicht-lichen Entwickelungsgesetz schließlich die Klasse siegte, welchedie wirtschaftlich größten Machtmittel besaß: die Bourgeoisie.Nicht der Degen Bonapartes hat denn auch die HerrschaftNobespierres und der Jakobiner abgelöst: Robespierre wurdevielmehr gestürzt durch die Vertreter einer Bourgeoisie, dienach der Rückkehr zu„geordneten Verhältnissen", d. h. zueiner im Dienste ihrer wirtschaftlichen Interessen stehendenRegierung verlangten. An die Stelle der jakobinischenRegierung trat nicht das Regiment Napoleons, sondern dasRegiment der Barras undKonsorten. Er st durchden Staats st reich des 18. Brumaire(1799)gelangte Napoleon zur Herrschaft, undseinen weiteren Aufstieg verdankte er nichtzum wenig st en der Tatsache, daß er sich inden Dien st der wirtschaftlichen Interessender in der Revolution entstandenen neuenGeschäftsbourgeoisie stellte und die eng-lischen Handels- und Kolonialinteressenaufs äußer st e bekämpfte.Was soll überhaupt der Hinweis auf den Degen Bona-partes? Beabsichtigt der Kanzler mit ihm zu drohen, undfühlt er sich vielleicht selbst als staatsrettender Bonaparte?Das wäre eine geradezu lächerliche Selbstüberschätzung, dennder„korsische Parvenü" war nicht nur ein militärisches Genie,sondern auch ein scharfsinniger Politiker, der politische Situa-tionen schnell übersah und mit gegebenen Möglichkeiten zurechnen wußte. Oder sollte vielleicht Fürst Bülow in denvom Regimentskommandanten zum Pekinger Gesandten,Gouverneur von Ostafrika und schließlich zum General-leutnant beförderten Herrn von Liebert den zukünftigenBonaparte sehen, der die terroristische Sozialdemokratieniederwirft? Das wäre noch weit lächerlicher. Wenn docheinmal geschichtliche Parallelen gezogen werden sollen, dannähnelt der Generalfeldmarschall des Reichsverbandes weitmehr dem Operettengeneral Gilbert M o t i e r, den dieGeschichte unter dem Namen Lafayette kennt, jenen franzö-fischen Falstaff, den Bonaparte verächtlich den„H a n s w u r stzweier Welten" nannte.Koloniale Umfallsgelüste des Zentrums!Der schreib- und redselige Herr Erzberger hat außerseiner schon erwähnten, für den Massenvertrieb bestimmtenKolonialoroschüre inzwischen auch eine umfangreiche Broschüreüber die„Zentrumspolitik im Reichstage" er-scheinen lassen, in der die Frage der Kolonialpolitik ebenfallssehr umfangreich behandelt wird. In den Darlegungen Erz-bergers über Südwestafrika findet sich nun eine höchstinteressante Stelle, die aufs neue beweist, wie wenig ernstes dem Zentrum mit seiner Kritik der südwestafrikanischenGeldverschleuderungswirtschaft ist. Herr Erzberger verweistnämlich auf S. 46 seiner Broschüre darauf, daß das Zentrumja im Grunde ebensowenig daran gedacht habe, nach dem 1. April1907 die Truppenzahl in Südwest auf weniger als 8966 Mannherabzusetzen wie die Regierung oder die Herren Kardorff,Arendt oder Paasche I Habe doch Herr Spahn am 13. De-zember, also in der entscheidenden Reichstagssitzung beantragt,zwar bis zum 1. April 1907 Vorbereitungen zu treffen, dieSchutztruppe auf 2500 Mann herabzusetzen, doch habe er gleich-zeitig beantragt, die an den 3000 Mann fehlenden 55<X> Manndurch Polizeisoldaten zu ersetzen. Bei einer solchen Ersetzungder Mannschaften der Schutztruppe durch Polizeisoldatenkönnten, da ein Polizeisoldat statt 10000 M. pro Jahr wieein Schutztruppler nur 4000 M. jährlich koste, jährlich33 Millionen erspart werden; die Jahresausgabe für denmilitärischen Schutz betrage dann„nur" noch 47 MillionenMark!Man sieht: 47 Millionen pro Jahr allein für die Schutz-und Polizeitruppe will auch das Zentrum bewilligen! Unddas für eine Kolonie, deren absolute Wertlosigkeit Herr Erz-berger selbst so überzeugend nachgewiesen hat lHinzukommt, daß Herr Spahn am 13. Dezember zwarvon der Möglichkeit eines Ersatzes der in die Heimat zurück-gesendeten Schutztruppler durch Polizeisoldatcn gesprochen, daßer aber die Zahl von 5599 Mann nicht genannt hat, daßdavon auch in dem Zentrumsantrag kein Wort zu lesen war!Wenn nun also Herr Erzberger einfach die Be-willigung der 5500 Mann Polizeisoldaten— außer den 2500Mannschaften der Schutztruppe— einfach als einen Teildes Zentruinsantrages darstellt, so begeht er einekleine klerikale Korrektur der Tatsachen l Aber das Wichtigstedabei ist, daß Herr Erzberger nunmehr— und offenbarnamens des Zentrums!— erklärt, daß das Zentrum im neuenReichstage mit sich handeln lassen und an den 8999 MannSchutztruppe und Polizeitruppe keinerlei Anstoß nehmen werde!Krasser kann sich die Unzuverlässigkeit und Umsallslüstern-heit des Zentrums nicht offenbaren. Erst kritisiert man dieganze koloniale Lotterwirtschaft in Grund und Boden hinein—und dann baut man den tollsten Forderungen der Regierunggoldene Brücken!Es verdient deshalb immer wieder betont zu worden,daß in kolonialen Dinge» das Zentrum genau so unzu-verlässig ist wie der Freisinn! Das Zentrum hat das Volkdurch seine Förderung der Kolonialpolitik um l'/z Milliardenschröpfen helfen und es wird alle weiterhin gefordertenMilliarden ebenso skrupellos bewilligen!—• ♦•Deutfchea Reich.Ans einem Zentrums-A-B-C-Buche.Im Jahre 1909 ist im Süddeutschen Verlage von Daniel Ochsein„P o l i t i s ch- s o z i a l e s Abc-Buch" herausgekommen,das sich auf dem Titelblatt weiter bezeichnet als ein„Handbuchfür die Mitglieder und Freunde der Zentrums-partei." Verfasser find drei wackere Schwaben: Der HerrPfarrer und Landtagsabgeordnete Schwarz, der SchriftstellerPaul S i e b e r tz und der Redakteur Mathias Erzberger. Wieauf dem Titelblatt weiter bcmerkt wird, hat die Bearbeitung statt-gefunden„auf Grund authentischen Ouellcnmatcrials."Das Abc-Buch der drei Zentrumsschwaben hat sich in seinenzwei umfangreichen Bänden einen doppelten Zweck gesetzt: die ultra-montane Politik bis in alle Himmel zu heben, die Sozialdemokratiedagegen dem tiefsten Schlünde der Hölle zu überliefern. So er-fahren wir(Seite 4Sö)„daß die Zcntrumspartei bei allen Fragen,die die Verteidigung des Vaterlandes betrafen, stets nur daswahre Wohl des Volkes im Auge hatte."In Marinefragen(Seite 287) hat das Zentrum„dem Vater-lande zum Schutz Wehr und Waffen bewilligt, deren es bedarf,dem Volke aber hat es keine neue Steuerlastenauferlegt, die es erdrücken." Und insbesondere zur Steuer»frage versichert das Handbuch nochmal.„daß das Zentrum stets füreine bessere Besteuerung der leistungsfähigenKräfte und gegen jede Erhöhung der indireltenSteuern sich erklärte."Das wird gesagt vom Zentrum, mit dessen Hülfe Bismarckfeine das Volk ausplündernde Wirtschafts- und Zollpolitik durch»setzte; vom Zentrum, das entgegen seiner früheren Oppositions-stellung der Regierung jede Militär- und Flottenvorlage bewilligte�vom Zentrum, dem wir den weltpolitischen Schwindel mit seinenOpfern an Gut und Blut, an politischem und moralischem An,sehen verdanken.Im Gegensatz zum glorreichen Zentrum ist die Sozial.demokratie eine Partei, die nicht nur nichts für die Arbeiter getan»sondern sogar absichtlich auf ihren Schaden, auf ihr Elend hin»gearbeitet hat. Was die Sozialdemokraten für eine nichtsnutzig«Gesellschaft ist, sehen wir am besten an ihren Führern:„Die inter«nationale Sozialdemokratie wurde(Seite 378) gegründet von dreijüdischen Großkapitalisten: Ferdinand Lassalle»Karl Marx, und Friedrichs Engel s."Karl Marx ein Grotzkapitalist und Friedrich Engels einJude! Und wie ihre Gründer, so ist auch„die jetzige Führerschaftder Sozialdemokratie ganz verjudct".(Seite 241.) Und ferner sind„die eigentlichen Führer der Sozialdemokratie sämtlich reich«Leute." Liebknecht bezog und Auer bezieht ein großartiges Ge-halt, Stadthagen hat eine„fürstliche Wohnung" und Bebel undWollmar können sich die„herrlichste Villa" leisten.(Seite 541.)Bebels Villa ist ein eigener Artikel gewidmet.(Seite 210—211.)Wir erfahren den genauen Preis, die bauliche Einrichtung deSHauses uüd tue Wohnung des Gärtners im„ungesunden Souter-rain" wird beschrieben— alles Dinge, die, wie jedermann ein»sieht, für die politische Bildung der Mitglieder und Freunde derZentrumspartei von hoher Bedeutung sind.Wie die sozialdemokratischen Führer zu ihrem Wohlleben ge»langen, darüber belehrt uns der Artikel„Agitationsgelder"(Seite21—23):„TueGeldinDeinenBeutel— heißt es für denArbeiter, wenn er an der sozialdemokratischen Bewegung teil-nehmen will." Weiter erfahren wir, daß von den Hundert-taufenden, die„den deutschen Arbeitern au? der Tasche gezogen"werden, nur 19 Proz. den Mitgliedern, dagegen 99 Proz. fürAgitation und Verwaltung den Führern zugutekommen."„Das ist das Ergebnis der sozialdemokratischen Kassenfllhrung'— rufen die drei wackeren Zentrumsschwaben entrüstet auS:„Diearmen Arbeiter müssen zahlen und immer wieder zahlen, damit dieKosten der Agitation gedeckt werden; die Führer aber freuensich ihres Nichtstuns und bereden die große Masse immerwieder, noch mehr Arbeitergroschen auf dem Altar der Propagandaniederzulegen."Aber nur Geduld, die Strafe für die Untaten der Sozialdemo»kratie ist nahe. Die Partei befindet sich nämlich, wie das Zentrums-Handbuch Seite 489— 443 nachweist, in einer selvstvernichtenbenMauserung:„Man lasse sie auf dem Wege nur ruhig fortmachen—sie wird an dem inneren Zwiespalt unfehlbar zu«gründe gehen."Es wäre gut, wenn die drei ZentrumSschwaben Schwarz,Siebertz und Erzberger diesen Rat, die Sozialdemokratie„ruhig fort«machen" zu lassen, befolgt und das A-B-C-Buch nicht herausgegebenhätten. Sie hätten sich und ihre Partei vor einer großen Blamagebewahrt.—_Schaumschlitgereien.Die Parteien des großen„nationalen Blocks" erteilen sich ne�den brüderlichen Püffen auch allerlei gute Ratschläge, wie der Wahl-kämpf zu führen ist. Die eine Partei ist mit dem Tamtam deranderen unzufrieden; und diese wieder zeiht die andere der Leise«treterei. Der einen ist der nationale Phrascnschwall zu groß, dieandere wünscht noch kräftigere Blechmusik. Recht amüsant schildertdie von den patriotischen Blättern betriebene große Schaumschlägereider Herausgeber der„Antisozialdemokr. Korresp.":Der afrikanische Kolonialkrieg und die materiellen Vorgängein der Reichstagssitzung vom 13. Dezember geben an und für sichund allein dem Wahlkampf keinen genügenden Inhalt. Wenn esz. B. in einem Flugblatt heißt:„Noch stehen Tausende treuedeutsche Soldaten fern von der Heimat im Kampfe gegeneinen Feind, der an Grausamkeit seinesgleichen in derWeltgeschichte nicht aufzuweisen hatl Sollen low sie schutzlos sichselbst überlassen? Deutschlands Ehre, Deutschlands Größe, Deutsch-lands Ruhm, errungen durch die glorreichen Siege von 1879—71,stehen auf dem Spiele"— so ist das eine höchst schäd-liche und abgeschmackte, von Un Wahrhaftigkeitstrotzende Uebertreibung, auf die der biedere undimmerhin realpolitisch genug empfindende deutsche Wähler nichtanders als mit dem Worte„Stuß" reagiert.Und wenn Kieler Studenten hundert Jahre zurück auf die Napoleon»zeit greifen, um zu argumentieren:.Damals galt es DeutschlandsBefreiung vom Joch der Franzosen, einen nicht geringeren Feindgilt es heute zu bekriegen: Sozialdemokratie und Zentrum"—so möchten wir gegenüber allen solchen Ueberschwänglichkeiten, diejedes Augenmaß m geschichtlicher, politischer und volkspsvcho-logischer Beziehung vermissen lassen, ohne Scheu und unsererUeberzeugung nach gerade im Interesse eines guten Wahlausgangeserklären: Mit Blechmusik und literarischen Blasebalg«künsten läßt sich keine Stimmung, kein Feuer der Begeisterungim deutschen Volke wecken und kein Wahlkampf führen. DaSdeutsche Volk ist viel zu mißmutig über einUebermaß vonHohlheit, mit der seitJahren bielfach deutschePolitik betrieben worden ist, um jetzt auf Schaum-schlägereien noch weiter zu reagieren. Der Wahl«kämpf mutz einen reellen Inhalt haben und wirklich von innererWahrhaftigkeit und möglichst von Kraft und Größe getragen sein,um schließlich— wenn vielleicht auch nicht unmittelbar— zu einemguten Ende zu führen.Das ist recht schön gesagt. Aber woher sollen denn die Block-Parteien die Kraft und Größe nehmen, um dem Wahlkampfeinen reellen Inhalt zu geben? Wo nichts ist, hat bekanntlich auchder Kaiser sein Recht verloren.—Steuerzahler, tu' Geld in den Beutel!Der„R e i ch S b o t e" kündigte vor wenigen Tagen, ohne irgend-wie dementiert zu werden, an, daß die Regierung für das Jahr 1997erhebliche marinistifche Mehrforderungen stellen werde, da das De»placement der Linienschiffe und Panzerkreuzer erheblich überdas Maß hinausgehen werde, das den Anforderungen desFlottenbaupIaneS vom Jahre 1900 und der Flottennovelle vomJahre 1996 zugrunde gelegt worden' sei.Damit werden aber die marinistischcn Forderungen keineswegserledigt fein. ES muß auch wieder an die Pläne erinnert werden,den Nordoftfer-Kanal, der für die neuen Panzerkoloffe zu klein ge«worden ist, dem neuen LinienfchiffStyp entsprechend zu erweitern.ES ist ja schon früher allerlei über diese Projekte durchgesickert. EShandelt sich nicht nur um Vergrößerung der Schleußen, um Erwei«terung der Ausweichestellen, sondern auch um eine Vertiefung undVerbreiterung der Fahrrinne, die kolossale Kosten erfordern dürfte.Wie wir hören, soll bereits eine Forderung für diese Kanalumbautenin Gestalt eines Gesetzentwurfes ausgearbeitet sein.Die Neuforderunq für den Kanal soll eine Höhe erreichen, daß sie