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Nr. 9.

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Berliner Volksblatt.

24. Jahrg.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1983.

Freitag, den 11. Januar 1907.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69.

Die Nationalliberalen.

Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1984.

Die nationalliberale Partei wurde 1866 durch Bennigsen, Fordenbed, Laster, Miquel, zeugt ebenfalls für ihre volksfeindliche Gesinnung. Sie gaben ihren Widerstand erst auf, Simson gegründet. Sie löfte sich von der Fortschrittspartei los und war im Norddeutschen als sie den Einfluß bei den Wählermassen gänzlich zu verlieren fürchteten. Reichstag und später, seit 1871, im deutschen   Reichstag die Hauptstüße Bismarcks, wie sie Die Nationalliberalen sind im Reichstag allezeit die eifrigsten seitdem auch dessen Nachfolgern alle Zeit getreue Gefolgschaft geleistet hat. Sie ist die Freunde und Unterstützer der indirekten Steuern und der Zölle auf Lebensmittel Regierungspartei sans phrase( d. h. ohne jede Einschränkung.) Selbst die Konservativen sind gewesen. Die ganze bestehende indirekte Besteuerung und Zollgesetzgebung ist auch zeitweilig, wir erinnern an die Opposition der Kreuz- Zeitungs"-Partei gegen Bismarck Mitte ihr Werk. Sie haben den Brotwucher und die Fleisch- und Lebensmittelverteuerung der siebziger Jahre und gegen die Aera Caprivi, der Regierung gegenüber weit unabhängiger auf dem Gewissen. Sie haben sich für alle Sperrmaßregeln gegen die Einfuhr von Fleisch, aufgetreten als die Nationalliberalen. Vieh usw. erklärt. Noch bei der letzten Fleischverteuerungs- Interpellation im aufgelösten Reichstag hat sich ihr Redner für Aufrechterhaltung des bestehenden Zu­st an des ausgesprochen.

Die Blütezeit der Nationalliberalen fällt in die Jahre 1874-1877, in denen sie rund 150 Mitglieder im Reichstag gegen 50 im jezt aufgelösten Reichstag zählten. Im Deutschen Reich gibt es kein Gesetz und keine gesetzgeberische Maßregel, die nicht die Zustimmung der Nationalliberalen gefunden hätte. Immer hat diese Partei es mit der rechten Seite, mit den Konservativen gehalten, und als die agrarische Bewegung ins Leben trat, hat sie sich auch zu dieser bekannt. Eine erhebliche Anzahl ihrer Mitglieder verdanken nicht nur dem Bündnis mit den Agrariern ihre Wahl, sondern sie besitzt auch in der Wolle gefärbte Agrarier wie Herrn v. Heyl, Graf Driola, Prof. Paasche und andere.

Die Nationalliberalen haben im letzten Frühjahr mit Zentrum und Konservativen die 180 Millionen neuer Steuern, die für Militär-, Flotten- und Kolonialausgaben notwendig wurden, gutgeheißen und befürwortet. Sie stimmten für die Erhöhung der Biersteuer, für die Zigarettensteuer, den Frachturkundenstempel, die Eisenbahn­fahrkartensteuer, die Erhöhung des Lokalportos usw. Dagegen stimmten sie nur widerwillig für die Reichs- Erbschaftssteuer und suchten ihren Ertrag möglichst zu beschränken. Der nationalliberale Vorsitzende der Steuergesetzgebungskommission, Herr Büsing, rühmte im Reichstag, daß sie mit dieser Steuergesetzgebung eine nationale Tat vollbracht hätten. ost Und abermals werden im Reich neue Mittel notwendig, die man nicht durch Ein­führung einer Reichs- Einkommen- und Vermögenssteuer, sondern durch neue indirekte Steuern

Die Halbheit, Mangelhaftigkeit und Lückenhaftigkeit der Reichsgesetzgebung ist in erster Linie ihr Wert. Alle Zeit gab sie ihre Grundsätze auf, wenn es galt, praktisch" zu sein, das ,, Erreichbare" zu nehmen, was die Regierungen geneigt waren, ohne Druck zu bewilligen. Einstmals freihändlerisch und für die Gewerbefreiheit schwärmend, hat sie sich allen Strömungen anbequemt. Sie hat den Freihandel wie die Verkehrsfreiheit zu erlangen sucht. strupellos preisgegeben und auf die von ihr früher selbst geschaffene vergleichsweise liberale Die Nationalliberalen sind Anhänger und Verteidiger der Liebesgabenpolitit. Gewerbeordnung nachher einen reaktionären Flicken auf den anderen gesetzt. Heute ist Sie haben viele Jahre lang die Zuckerprämien aufrecht erhalten, wodurch Hunderte und fie glücklicherweise bei dem kleinen Befähigungsnachweis und Aberhunderte von Millionen Mark in die Tasche der Zuckerfabrikanten auf Stosten der Zucker­ähnlichem zünftlerischen und mittelstandsretterischen Schwindel verbraucher flossen, und sie verteidigen heute noch die Liebesgabe auf Brannt­angekommen. Nachdem sie im Laufe der Jahrzehnte fast ihren ganzen Anhang in den wein, wodurch den Branntweinbrennern jährlich 45 Millionen Arbeiterkreisen eingebüßt hat, stügt sie sich jetzt auf den rückständigen Teil der Handwerker Mart auf Kosten der Spiritus verbraucher geschenkt werden. und der Bauern und sucht diese durch gesetzgeberische Maßnahmen, an deren Wirkung sie selbst nicht glaubt, an sich zu fesseln und als Mittel ihrer Bestrebungen zu benuken.

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Auch in den Einzelstaaten haben sich die Nationalliberalen als in der Wolle gefärbte Reaktionäre gezeigt. Hier sei nur erinnert an die Zustimmung der Nationalliberalen zum preußischen Schulberpfaffungsgeset. Gegen den erzreaktionären Kultus­minister v. Studt Stellung zu nehmen, haben sie nicht gewagt.

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Das prägnanteste Zeichen für den vollkommenen Verfall der nationalliberalen Partei trog aller nationalliberalen Jugendvereine"- ist die Tatsache, daß der eigentliche Führer Hiernach ist auch zu ermessen, was es bedeutet, wenn in diesem Wahlkampf die der Partei im aufgelösten Reichstag, Herr Bassermann, ruhelos in ganz Deutschland   Nationalliberalen plöglich eine Art Johannistrieb empfinden und tun, als wollen sie dem nach einem Wahlkreis gesucht hat, bis sich seiner der erzreaktionäre, arbeiterfeindliche Graf fulturfeindlichen Zentrum entgegentreten. Dieses Verhalten läuft nur auf eine Arnim- Mustau annahm und ihm seinen eigenen Wahlkreis anbot. Düpierung der Wähler hinaus. Viele Jahre haben Zentrum und National­Und als Erwählter dieses Wahlkreises, als Vertrauensmann tonservativer Bauern und liberale im Reichstage und vor allem auch im preußischen Landtage zusammen gearbeitet und Handwerker wird Herr Bassermann voraussichtlich in den Reichstag ziehen. Wir möchten die gemogelt. Beide Parteien waren nahe daran, einen Bruderbund abzuschließen, demzufolge Wahlreden hören, die er vor diesen hält! Sic transit gloria mundi!( So vergeht der Ruhm sie sich im Jahre 1908 bei den allgemeinen Reichstagswahlen gegenseitig ihre Wahlkreise der Welt.) War es nicht würdevoller, Herr Bassermann blieb zu Hause, als daß er sich sichern und die sozialdemokratischen Wahlkreise Rheinland- Westfalens unter einander aufteilen unter das Joch eines ostelbischen Junters beugte und aus dessen wollten. Diesem sauberen Bündnis hat die Reichstagsauflösung und der Neujahrsbrief Bülows, Hand demütig das Mandat in Empfang nimmt? Würdeloser hat noch nie in dem er zum Kampf gegen Sozialdemokratie, Zentrum, Welfen und Polen   aufforderte, ein liberaler Parteiführer in Deutschland   geendet. ein jähes Ende bereitet. Aber wie der Führer, so die Partei, die überall mit Junkern und Junkergenossen gegen Wenn auf Grund dieser Ereignisse der Nationalliberalismus tut, als wolle er jetzt die aufstrebende Arbeiterklasse und ihre politische Vertretung, die Sozialdemokratie, gemeinsame wirklich liberal werden, ja wenn einzelne seiner Kandidaten so weit gehen, Sache macht. anzukündigen, sie wollten für die Trennung der Kirche und Staat eintreten, Den Nationalliberalen in stetiger Gemeinschaft mit den Konservativen hat so ist dies eitel Heuchelei und Wählerfängerei. Bis heute hat kein das Volt es zu verdanken, daß, sobald die Faschingswahlen des Jahres 1887 diesen beiden Nationalliberaler tein sogenannter entschiedener Liberale, ja selbst Parteien eine Mehrheit verschafft hatten, sie die dreijährige Gesetzgebung 3- nicht einmal ein bürgerlicher Demokrat gewagt, weder im Reichstage noch in einem Landtage periode des Reichstages auf fünf Jahre verlängerten lediglich zu die Trennung der Kirche vom Staat ernsthaft anzuregen. Die Trennung der Kirche vom dem Zweck, die Abgeordneten vom Willen der Wähler möglichst unabhängig zu machen. Staat wäre das wirklichste Kulturkampfmittel gewesen, allerdings nicht bloß gegen die Die Nationalliberalen haben bisher allen Militär-, Flotten- und Kolonial- katholische, sondern auch gegen die protestantische Kirche. Selbst in der Siedehizze des Kultur­borlagen zugestimmt; ihre Presse, die Presse der Waffen-, Munitions-, Montierungs-, tampfes in den 70er Jahren hat der Liberalismus sich nicht getraut, diese Frage aufzuwerfen. Panzerplatten, Schiffsbau- und Eisenbahnmaterialien- Lieferanten hat sogar meist die Re- Sie war für ihn ein Pflänzchen Rühr- mich- nicht- an" 1 Und zwar aus dem Grunde, weil für gierungen zu neuen Rüstungen und Ansprüchen gedrängt. Die Nationalliberalen die bürgerlichen Parteien wie für die Regierungen die Kirche das Leitseil ist, an sind für alle Fehler unserer inneren und äußeren Politik verantwortlich. Sie haben dem man die ungebärdigen Massen im Baum zu halten sucht. Auch wenn der Bourgeois fie entweder geduldet oder unterstützt. Die Nationalliberalen waren allezeit fanatische nicht glaubt und die wenigsten sind gläubig so soll doch das Volk glauben, denn Anhänger der Ausnahmegesetze und Ausnahmemaßregeln gegen ihnen unbequeme für das Volt ist die Religion notwendig". Das haben wir in den letzten Parteien und Bevölkerungsschichten. Auch auf diesem Gebiete waren sie vielfach die An- Jahrzehnten von sehr hoher Stelle öfter gehört. Das ist der Gedanke, der die herrschenden treiber der Regierungen. Sie unterstützten die Ausnahmegeseze und lassen vom ersten bis zum letzten ihrer Angehörigen erfüllt, darum wollen sie es nicht mit Ausnahmemaßregeln gegen die Elsaß Lothringer  , gegen das der Kirche verderben, in der sie eine wirksame Stüße für ihre Ausbeutung und Unterdrückung Zentrum, die Sozialdemokratie, die Dänen und die Polen  . Bei der sehen. Und als Buchtmittel für die Massen ist die katholische Stirche zweifellos biel wirksamer Bolenpolitik, deren vollständigen Zusammenbruch erst bor einigen als die protestantische. Daher die Freundlichkeit gegen die katholische Kirche, die in den Zagen die offiziöse Nordd. Allgem. 3tg." zugestehen mußte, waren höchsten Kreisen vorhanden ist. Es ist daher auch voller Ernst, wenn Bülow erklärt, daß er den Kampf nicht gegen sämtlichen Ausnahmegeseze und Ausnahmemaßregeln, gegen alle die erwähnten Parteien das Zentrum als religiöse Partei, sondern als politische Partei aufnehme. Der nacheinander erlitten, hat die Bereitwilligkeit der Nationalliberalen, immer wieder für neue gute Mann übersieht nur, daß das eine das andere bedingt. st erst der Asahlkampf vor­über, so werden weder die Liberalen und die Nationalliberalen die Frage der Trennung der Ausnahmegesetze, für neue Unterdrückungsmaßregeln zu stimmen, nicht vermindert. Die Nationalliberalen sind daher auch nächst den Konservativen Kirche vom Staat aufwerfen, noch wird Bülow oder wer dann sonst an seiner Stelle steht, die grimmigsten Gegner der politischen Gleichberechtigung der Arbeiter und ärmeren Volks. darauf eingehen. schichten mit der sogenannten höheren Klasse" der Gesellschaft. Sie find Feinde des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts. Ihre gegenteiligen Versicherungen, die sie jetzt im Wahlkampfe durch ihre Kandidaten abgeben lassen, haben nur den Zweck, Einfältige einzufangen und die Wähler nicht vor den Kopf zu stoßen.

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sie noch in den letzten Wochen die Rufer im Streite. Der vollständige Bankrott, den die

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Deutschland  , die fromme Kinderstube. Ist teine französische Mördergrube.

Was in Frankreich  , dem katholischen Frankreich   möglich ist, ist noch lange nicht im bermuderten Deutschland  , im Deutschland   der Hohenzollern   und der Junker möglich.

Die Probe auf ihre" arbeiter- und volksfreundliche" Gesinnung haben sie bei den Darum müssen unsere Parteigenossen überall diese öden Kulturkampfphrasen entschieden Bahlräubereien in Sachsen  , Hamburg   und Lübeck   gezeigt. Ferner bei den zurückweisen, wo sie im nationalliberalen oder liberalen Lager auftauchen. Es ist weder Wahlrechtsverschlechterungen in den Gemeinden, wo sie das Heft in den Händen haben. Die Ernst noch Kraft dahinter. gleiche Gesinnung zeigt ihr Widerstand gegen die Beseitigung des preußischen Dreiflassen- Der Neujahrsbrief Bülows hat den Nationalliberalismus galvanisiert; er tut, als wahlsystems. Der neuerdings von ihnen gestellte Wahlantrag auf Einführung eines Plural habe er noch Bengungsfähigkeit, obgleich seine Impotenz längst amtlich und wahlrechts in Preußen bestätigt nur ihre Feindschaft gegen das gleiche und geheime Wahl- außeramtlich testiert ist. Sorge die Wählerschaft am 25. Januar recht. Es soll das Muster für ein künftiges Reichswahlrecht abgeben. Die Widerwilligkeit, dafür, daß er auf den Invalidenetat gestellt wird. Eine widerspruchs­die sie der Landtagswahlrechtreform in Ba or, Baden, Hessen   usw. gegenüber gezeigt haben, vollere und unzuverlässigere Partei als die Nationalliberalen gibt es nicht.