werden ersucht, sich vollzählig an dieser Handzettelberdreitung zubeteiligen.Trebbin. Sonntag, den 13. Januar, früh 3 Uhr, Flugblatt-Verbreitung in der Stadt und den Landbezirken. Genossen! Erscheintzahlreich und erfüllt Eure Pflicht. Der Vorstand.ßerlitier JVacbnchtcn.Ein„Aufstand" im Stadtberordnetcnsaal,Las ist das wichtigste der.Ereignisse, die wir aus der geskrigen>ganz ungewöhnlich kurzen Sitzung unseres Stadtparlamentszu melden haben. Ein„Aufstand"?! Ja: aber es handeltsich nicht gleich um den„Zukunftsstaat", den etwa die sozial-demokratische Fraktion der Stadtverordneten mit Gewalt(wie die tapferen Freisinnsführer Kämpf, Cassel, Rosenowusw. das jetzt in ihren Versammlungen freisinniger Wählerso anschaulich-graulich zu schildern wissen) zunächst mal fürunsere Haupt- und Residenzstadt Berlin einführen wollte.Es handelt sich überhaupt nicht um die Sozialdemokratie,sondern nur um die freisinnige Stadtverordnetenmehrheit,die da„aufstand" lediglich zu dem Zweck, einem Kaiser-brief Reverenz zu erweisen. Diesmal gab es auf einenSchlag sogar zwei Kaiserbriefe und als Zugabe noch einPrinzenbriefchen. Den Gratulanten des Rathauses, die ausAnlaß des Jahreswechsels sowie der Verlobung des nächstender noch ledigen Prinzen ihre Ergebenheit und Treue be-kündet hatten, wurde vom Schlosse aus der gebührende Dankabgestattet. Die drei Briefe wurden verlesen, und die frei-sinnige Mehrheit hörte sie einen nach dem anderen stehendmit an. Ter Dank für die Neujahrsgratulation unterschiedsich diesmal in auffälliger Weise von früheren Dankbriefen.Er war merklich wärmer gehalten, der«Haupt-stadt des Deutschen Reiches und ihrer treuen Bürgerschaft"wurde darin,„ein reich gesegnetes neues Jahr" gewünscht.Dachte der Absender des Briefes an die großen Taten, dieder Empfänger— der Berliner Freisinn—• für den25. Januar träumt? Djie freisinnigen Stadtverordnetenbegleiteten die Verlesung des Briefes mit freudig-begeistertem Bravo. Uns fiel da jene denkwürdigeStadtverordnetensitzung ein, in der ein Dankschreiben derKaiserin für eine ihr übersandte Geburtstagsgratulation ver-lesen wurde. Das Schreiben war unterzeichnet nicht von derKaiserin selber, sondern nur von ihrem Herrn von Mirbach.Die Stadtverordneten wurden darin gründlich abgerüffeltund als nacheiferungswürdige Muster wurden ihnen die„guten und treuen Elemente" vorgehalten. Auch damalshatte die freisinnige Stadtverordnetenmehrheit sich erhoben—aber sie rief nicht Bravo. Das war im Jahre 1899. Wiehaben sich doch seitdem die Zeiten geändert! /—Berlin im neuen preußischen Etat für 1907.In dem neuen preußischen Staatshaushalts-Etat ist Berlin nurwenig im allgemeinen berücksichtigt worden, namentlich was Neu-forderungen anbetrifft.Die hauptsächlichen Forderungen find die folgenden:») Etat für das Finanzministerium:1. 13 254 M. zu baulichen Instandhaltungen im Opernhause;2. 2 154 354 M. zum Erwerb der Grundstücke Luisenstratze 4und 6—12 für Erweiterungsbauten der Charits;3. drei Millionen Mark zum Erwerb deS PalaiS der ver-storbenen Prinzessin Friedrich Karl(Leipzigerstr. 10) durch den Fiskus,um Uebergang in Privatbesitz zu verhindern.b) Etat der Handels- und Gewerveverwaltung:44000 M. zum Erweiterungsbau des MinisterialdienstgebäudesLeipzigerplatz 11.<Seitenflügel und Hintergebäude sollen um einStockwerk erhöht werden.)c) Justizetat:1, Neubau eine« gerichtlichen Leichenschauhauses in Charlotten»bürg. 1. Rate 110 000 M.2. Umbau des Landgerichts in Potsdam, 1. Rate 150 000 M.8. Borarbeiten für den Neubau eines KammergerichtSgebäudeSnebst Dienstwohnung für den Präsidenten 50 000 M.(Ein Neubauist wegen Raummangel dringend erforderlich, ein Bauplatz ist nochnicht in Aussicht genommen.)4. Für bauliche Erneuerungen in den Gefängniffen Plötzenseeund Tegel 155 000 M.d) Etat für das Ministerium des Innern:Neubau eines Polizeidienstgebäudes in Charlottenburg, 2. Rate500 000 M.s) KultuSetat:Einmalige Forderungen für die Berliner Universität 1 063 240 M.,darnnter 60 000 M. für Einrichtung einer Aula und Hörsälen in derKöntgl. Bibliothek. 1. Rate 139 340 M. zur Erweiterung des ana-tomikchen Instituts usw.7000 M. für Beseitigung baulicher Mängel in der Elisabeth-schule.k) Eisenbahnetat:Neuforderungen<l. Raten): 1. 100 000 M. zur Er-Weiterung der Wagenreparaturstätte Grunewald; 2. 500 000 M. zurErweiterung des Rangierbahuhof» Tempelhof; 3. 500 000 M. zurHerstellung eines EilgutschuppenS auf dem Anhalter Güter-vahnhofe. Im übrigen find nur Teilraten aus früheren Etats ge-fordert._In der politischen Abteilung beb Hiesigen Polizeipräsidiumssollen einige Ae»Gerungen vorgenommen werden. Ei ist eine Ber-größerungdteserAbteiluna geplant, vi« neuangegltederteBeamtenschaft soll aber nicht im Prasidialgeböude am Alexander-platz, sondern in Mietsräumen in der Kaiserstraße untergebrachtwevden. Auch die Agenden der neuen Abteilung werden zum Teilandere soin, als st« der politischen Polizei bisher obgelegen haben.AI« Leiter der neuen Abteilung ist der biicher in Düsseldorfamtierende B« z i rk s p oliz e, k om m issa r Koch vevuftnwovden. der damit auch den Posten des Kriminalkommissars Schöneeinnehmen wird.Bekanntlich hat Herr Schöne in der Pafcaffäre de» Kaufmann»Brockhusen ein« Tätigkeit«ntivickekt, die ihm im ReMtage denVorwurf der Fälschung und andover schwerer AmtSdeÄ» rechen ein-trug. Ob das allein der Grund ist. daß die Stelle de« Herrn Schöneanderweitig besetzt wurde, entzieht sich rm A�igenblick unsererKenntnis.Gestellung und Reklamation dagegen.Die Ersatzkommissionen des AuShebungsbeztrkeö Berlin habenfolgende Bekanntmachung erlassen:„Alle diejenigen jungen Männer. Welche in einem der zumDeutschen Reich gehörigen Staaten heimatsberechtigt undU in dem Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich8l. Dezember 1887 geboren sind;2. dieses Alter bereits überschritten, aber sich noch nicht beieiner Ersatzbehörde zur Musterung gestellt;3. sich zwar gestellt, über ihr Militärverhältnis aber noch keineendgültige Entscheidung erhalten habenund gegenwärtig innerhalb des Weichbildes hiesiger Residenz sichaufhalten, werden, soweit sie nicht von der persönlichen Gestellungin diesem Jahre entbunden sind, hierdurch auf Grund de» K L5bet Deutscheu Wehrordnung angewiesen:sich behufs ihrer Aufnahme in die RekrutterungSstammrollein der Zell vom 15. Januar bis 1. Februar d. I. bei demKöniglichen Polizeileutnant ihreS Reviers persönlich zumelden und ihre Geburts- oder Losungsscheine und dieetwaigen sonstigen Atteste, welche bereits ergangene Eni-scheidungen über ihr Militärverhältnis enthalten, mit zurStelle zu bringen.Die Geburtszeugnisse werden von den Standesämtern aus-gestellt. Für diejenigen hiesigen Militärpflichtigen, welche zurzeitabwesend sind sauf der Reise begriffene Handlungsgehülfen, aufSee befindliche Seeleute usw.), haben die Eltern, Vormünder,Lehr-, Brot- und Fabrikherren die Anmeldung in der vorbestimmtenArt zu bewirken. Wer die vorgeschriebene Anmeldung versäumt,wird nach§ 33 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 miteiner Geldstrafe bis zu 30 M. oder mit Haft bis zu drei Tagenbestraft.Reklamationen(Anträge auf Zurückstellung bezw. Be-freiung von der Aushebung in Berücksichtigung bürgerlicher Ver-Hältnisse—§ 32 2a Bis g der Deutschen Wehrordnung—) sind bezüglich aller Militärpflichtigen, auch der Einjährig-Freiwilligen,vor dem Musterungsgeschäft, spätestens aber im Musterungs-terminc anzubringen; nach der Musterung angebrachteReklamationen werden nur dann berücksichtigt,wenn die Veranlassung zu denselben erst nach Beendigung desMusterungsgeschäfts entstanden ist."Neue Störung der Unterleitung. Infolge eines KabelbrandeSder unterirdischen Leitung in der Dorotheenstraße entstand gesternvormittag in der Umgegend des Brandenburger Tores wiedereine längere Verkehrsstockung im Straßenbahnbetriebe. Die Wagenlagen in der Dorotheenstraße, am Reichtagsufer, in der König-grätzerstraße und auf einem Teil der Charlottenburger Chausseefest. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bevor das Kabel an derEcke der Dorotheen- und Sommerstraße repariert war und derVerkehr wieder aufgenommen werden konnte.Gegen das Ausspeien an öffentlichen Orten ist in den letztenJahren von Behörden und auch zum Teil von Privaten manche?geschehen im Interesse der Volksgesundheit, aber es bleibt immerhinnoch viel zu tun übrig. Eine Leserin unseres Blattes macht aufeinen Umstand aufmerksam, der sicher Beachtung verdient, indemste schreibt:„Heute morgen fahre ich mit einem Wagen der Omnibus-Lrnie Frankfurter Allee— Groß Görschenbahnhof. Ein Herr, derebenfalls im Wagen saß, benutzte wiederholt den Fußboden alsSpucknapf; wie ungesund und ekelhaft das ist. bedarf wohl keinesweiteren Wortes. Es ist mir dies nicht etwa das erste Mal.sondern schon mehrfach passiert und habe ich auch schon in meinemBekanntenkreise verschiedentlich darüber klagen hören. Ein Schild„Ausspeien verboten" fehlte im Wagen, worauf hin man dKi Be-treffenden hätte aufmerksam machen können. Es erscheint außer-ordentlich wichtig, daß auch in den Wagen der Omnibus-Linien die üblichen Plakate„Ausspeien verboten" stets hängen."Vielleicht beachtet die Omnibusgesellschaft diese Anregung.Ueber schlechte Entlohnung der Adressenschreiber im Wahl-bureau der Freisinnige» Bolkspartei für den 2. Berliner Reichs-tagswahlkreis, Charlodtenstrnße 11, wevden uns folge n-d« Mit-teilungen gemacht: Das Advessenschreiben der Wcchlkuverts ist aneinen Herrn Hennig, einen früheren Inhaber eines Ädveffen-bureaus, in Entrepri.se vergeben. Für das Tausend Adressenwurden anfänglich 2,25 M. bezahlt, jetzt 2,40 M. Aber auch mitdiesem Preis können die mit dieser Arbeit Beschäftigten keinenauch nur annähernd anständigen Verdienst erzielen. Uns wird ver-sichert, daß die Leute je nach ihrer Gewandtheit täglich 700 bis 1250Adressen schreiben, also einen täglichen Verdienst von 1,30 bis3,60 M. erzielen. Jetzt werde aber noch insofern eine Mehrarbeitverlangt, als in die linke Eck« der Wahlkuverts die Wahlnummeraufgeschrieben werden müsse und sich somit das täglich? Pensumverringere. Vielleicht genügt dieser Hinweis, das Wahlkomite« derVokkSpartei im 2. Wahlkreise zu veranlassen, sich um die Bezahlungder für ihre Partei tätigen Personen etwas zu kümmern.Automobilunfälle. Ein heftiger Zusammenstoß eines Privat-automobilS mit einem Rollwagen fand gestern in der Berlinerstraßein Charlottenbugg statt. Bei dem von Westend kommenden Kraft-wagen versagte in der Nähe deS Luisenplatzes die Steuerung, undso sauste das Gefährt in voller Geschwindigkeit gegen einen ent-gegenkommenden Rollwagen. Der Anprall erfolgte mit solcherGewalt, daß da? Automobil vollständig zertrümmert wurde. DerChauffeur erlitt nicht unerhebliche Verletzungen am Kopfe.— Vonernem übermäßig schnell fahrenden Automobil wurde vorgestern noch-mittag an der Potsdamer Brück« die Frau des Privatbeamten Bergerzu Boden gerissen, als sie im Begriff war, den Fahrdainm zu über-schreiten. Frau B. hatte bereits dem Fahrdamm betreten undwollte, dem Kraftwagen■ausweichend, wieder nach dem Bürgersteigezurückgehen, als sie von dem Schmutzfänger des Automobils erfaßtund niedergerissen wurde. Frau B., die anscheinend nur leichtereVerletzungen erlitten hatte, wurde zu einem in der Nähe wohnendenArzt gebracht. Die Augenzeugen des Unfalls versuchten denChauffeur zu lynchm, was nur durch das rechtzeitige Hinzukommenvon Schutzleuten verhindert werden konnte.— Von einem Automobil' überfahren wurde in der Scharnweberstraße in Reinickon-dorf der neunjährige Schüler Czarnitzkc. Er lief beim Spielen blind-lingö gegen die Achse eines entgegenkommenden Privatautomobilsund fiel so unglücklich mi Boden, daß ihm daS rechte Hinterrad desKraftwagens über beide Beine hinwegging. Der verletzte Knabewurde nach dem Paul Gerhard t-Stift übergeführt.Bon einem durchgehenden Gespann überfahren wurde gesterndie 64 Jahre alte Witwe Emilie Thiel aus der Königsberyerstr. 1.Am Andreasplatz waren die Pferde eines GeschästSwagens durch-gegangen und trotzdem die Bvemf« aiigezogen war, jagten die Tierein gestrecktem Galopp mit hem Fuhrwerk davoni Frau T., die indiesem Augenblick den Fährdamm überschritt, konnte sich nicht mehrretten; sie wurde umgerissen und überfahren. Schwerverletztbrachten Passanten die Verunglückte nach der Unfallstation amGrünen Weg.Ruf seiner Arbeltsstätte in der Holzmarksstraße 0 erhängte sichder 17jährige Lehrling Richard D. Aus Aeußerungen, die der Bedauernswerte vor feinem Tod« Arbeitskollegen gegenüber getan,geht hervor, daß er auS Furcht vor der Stiefutter Selbstmord ver-übt hat.Mit Leuchtgas vergiftet. Unter eigenartigen Begleitumständenhat gestern die 37 Jähre alte Modistin Helene H., Potsdamerstr. 81,Selbstmord verübt. Seit etwa sechs Jahren hatte die H. ein Liebe».Verhältnis mit einem Herrn unterhalten. Vor einigen Tagen wares jedoch zum Bruch gekommen. Die Equipage, die fast täglich denGeliebten brachte, fuhr jetzt nicht mehr vor. Tie H. nahm sich dieLösung des Verhältnisses schr zu Herzen. Sie zeigte, in den ver»gangenen Tagen ein recht gedrückte» Wesen. Gestern klopft« derBriefträger vergeblich an ihrer Wohnungstnr. Da sich ein starkerGasgeruch bemerkbar machte, wurde die Tür gewaltsam geöffnet.Im Schlafzimmer fand man deich, di« H. erstickt auf. Sie hatte dasBett in die Mitte oes Zimmer» gerückt, die Krone vom Gasleuchterherabgenommen und am Hahn einen Schlauch befestigt. Die Un-glückliche führte dann die Mündung deS Schlauches in den Mundund atmete die giftigen Gase sin. Die Wohnung war vollständigmit Gas angefüllt. Bei Entldeckung der Tat war die Lebensmüdebereits zur Leiche erstarrt.Von einem verhängnisvolle« Geschick scheint der 51jährige Ar-Seiter Karl K. verfolgt zu werden. K., der in der Prinzen-Allee 46wohnt, brach sich vor einiger Zeit bei einem Betriebsunfall beideOberschenkel. Gestern wurden dem Bedauernswerten auch nochdie Unterschenkel geibrvchen. Wahrend der Arbeit in einer Fabrikan der Pankower Grenze stürzte ihm eine 2 Zentner schwere Schieneso unglücklich auf die Beine, daß beide Uuderfchcnkel gebrochenwurden.Um die Kaution betrogen. Ein ehemaliger MühlengutSbcsitzcrAugust Timm ist gestern in Berlin verhaftet worden. Er fytfteangezeigt, baß er bürgschaftsfähigen Leuten eine angenehmeLebensstellung verschaffen könne, da er eine landwirtschaftlicheSchule und ein Kommissionsbureau zu betreiben beabsichtige. DieBewerber leisteten Bürgschaften bis zu 2000 M., um die sie vonTimm betrogen wurden.Aus dem Irrenhaus entsprungen. Zum fünften Male istder 26 Jahre alte Berliner Einbrecher Franz Kirsch zusammenmit einem Freunde aus dem Irrenhaus entsprungen. Von seinenStreichen sei folgendes erzählt: Am 15. September 1904 bracher in der Christburgerstraße 31 ein. Eine entschlossene Frau, dieKaufmannsfrau Stein wollte ihn fassen, der Einbrecher scheuchtesie aber zurück, indem er ihr den Revolver auf die Stirn setzte.Einen Kutscher, der ihn in der Greisswalderstraße festhaltenwollte, als er auf der Flucht über einen Zaun kletterte, trieber mit einem Revolverschuß zurück. Im Friedrichshain schoß ernoch auf einen Maler. Die Uebcrmacht überwältigte ihn endlichdoch. Der Einbrecher wurde gefesselt und sollte bald darauf vonzwei Jrrenwärtern mit einer Droschke wieder nach der Irren-anstatt Herzberge gebracht werden. Seine Spießgesellen, die dasvorausgesehen hatten, lagen jedoch in der Nähe der Anstalt auf derLauer. Plötzlich begegneten der Droschke aus Fahrrädern zweiMänner und eine Frau, die ein viertes Fahrrad mit sich führte.Unmittelbar vor dem Wagen sprangen alle� drei ab. Währenddas Weib dem Pferde in die Zügel fiel, rissen die Burschen dieWagenschläge aus, warfen dem Droschkenkutscher und den Irren-Wärtern Pfefserstaub in die Augen und entfesselten den Ge-fangenen, der mit ihnen auf und davonfuhr, bevor die Ueber-sallenen wieder zur Besinnung kamen. Im vergangenen Jahrewurde Kirsch einmal für den Raubmörder Hennig gehalten,während er als Kellner Franz Ziehm in der Novalisstraße wohnte.In Zylinder und Lackschuhen wurde er in der Wohnung vonVerwandten in der Lüderitzstraße ergriffen und jetzt von Kriminal-Beamten und Gendarmen wieder nach der Irrenanstalt gebracht.Am 8. September aber entkam er von neuem, indem er die Eisen-stäbe vor dem Fenster seines Zimmers durchfeilte.Hierauf ging er in die Provinz und verübte Einbrüche inDüsseldorf, Hannover und anderen Städten, bis er in Wiesbaden,wo er ebenfalls auf einen Beamten schoß, ergriffen wurde. NachHerzberge zurückgebracht, verhielt er sich wie immer sehr ruhig.Sein Geisteszustand besserte sich und man erwog schon, ob eS nichtmöglich sei, ihn den Rest seiner rechtskräftig verbängten Gefängnis-strafen verbüßen zu lassen. Angehörige bemühten sich um Unter-redungen mit ihm, wurden aber stets abgewiesen. Trotzdem mußes gelungen sein, von außen eine Verbindung mit ihm herzustellenund ihm eine Feile zuzustellen. Mit dieser beseitigte er wiederdie Eisenstäbe vor dem Fenster des festen Hauses Nummer 8 undentkam zusammen mit seinem Freunde Bender. Die beiden Ver-Brecher werden sich voraussichtlich wieder in die Provinz begebenhaben.Eine Benzin-Explofion, bei der zwei Personen schwer ver-brannt wurden, hat sich gestern nachmittag in der Danzigerftr. 63ereignet. Dort befindet sich in dem Parterregeschoß die Werkstätteder Firma Bennewitz u. Co. In einem der Räume stand einBenzin-Ballon, der noch ein größeres Quantum der gefährlichenFlüssigkeit Kithielt. In der Nähe deS Ballons brannte eine Lampe.Als nun die Tür heftig zugeschlagen wurde, schoß aus der Lampeeine große Flamme heraus, traf den Benzinbehälter und imnächsten Augenblick erfolgte unter lauter Detonation eine Ex-plosion. In dem Räume waren der 2gjährige Schmied PhilippFrühbrot, Calvinstr. 4 und der 19jährige Schlosser Otto Behmer,Ramlerstr. 32, anwesend. Die beiden wurden bei der Explosionstark in Mitleidenschaft gezogen. F. war am schlimmsten davon»gekommen und er mutzte nach Anlegung von Notverbänden in dasLazarus-Krankenhaus gebracht werden. Das zum Ausbruch ge-kommene Feuer konnte durch die Feuerwehr bald gelöscht werden.Unter der Gertraudtenbrücke festgefahren hatte sich gestern einegroße stromaussahrende Zille. Der leere, hochbordige Kahn lag sofest unter dem Brückenjoch, daß alles Bemühen: Oeffnen der Schleuse,wodurch das Wasser der Spree um fünf Zentimeter fiel, der Bor-spann eines Schleppdampfers ic. nichts fruchtete. Dem Schiffer, derdie Ratschläge der Berliner, die helfen wollten, nicht beachtete,blieb schließlich weiter nichts übrig, als zwei Löcher in den großenKahn zu bohren. Nach etwa zweistündigem Aufenthalt war dannsoviel Wasser in den Kahn gedrungen, daß er zu sinken begann unddie Oberkante des Fahrzeuges vom Brückenjoch frei wurde. MitHülse des Schleppers kam er dann weiter, die Löcher wurden ge-dichtet und dann da« Wasser wieder ausgepumpt.Wrr ist die Tote? In der Nacht zum 3. d. M. wurde im KeinenTiergarten eine unbekannte, zirka 45 Jahre alte, anscheinend demArbciterstande angehörende Frauensperson, welche sick» Anna Schrödernannte, hlllflos aufgesunden. Dieselbe ist später verstorben»»d dieLeiche nach dem Leichenschauhause geschafft.— Die VcrstorbeiDe warzirka 1,60 Meter groß, untersetzt und hatte dunkelblondes Haar.—Bekleidet war sie mit schwarzer Bluse, schwarzem Oberrock, rotemUnterrock, schwarzem Jackett, schwarzem Kopftuch, weißem Hemd.grauen Strümpfen und braunen Schuhen.— Die Photographie derLeiche ist im Polizeipräsidium ausgehängt.— Mitteilung über diePersönlichkeit nimmt die Kriminalpolizei und jedes Polizeirevierzu 296 IV. 43. 07 entgegen.Im Berliner Aquarium zieht beim Durchwandern der mitwertvollen Riesen- und Giftschlangen besetzten Schlangengalcrieinsbesondere eines der mittleren Glashäuser auf der linken Seitedie Aufmerksamkeit der Besucher auf sich; nicht nur, daß eS einebunte Gesellschaft kleiner und mittelgroßer Giftschlangen mehrereraltweltlicher Gattungen beherbergt, es fällt unter ihr ganz be-sonders ein durch außerordentlich frische Farben ausgezeichnetesExemplar auf, namentlich hebt sich das auf dem Rückgrat der Otterhinlaufende, aus länglichen. Rautenflecken bestehende Zickzackbanddurch sein Tiefschwarz, wie man es bei keinem anderen Stück findet,von dem gelblichen Grundton in schärfster Weise ab. Bei näheremHinsehen gibt sich die kräftig gebaute, durch die Zeichnungsforman unsere Kreuzotter erinnernde Viper als eine durch hornartigenweichen Nasenaufsatz charakterisierte südeuropäische Sandotter zuerkennen. Die aus Süd, und Nordeuropa eingelaufenen Sendungenvon Meerestieren brachten mancherlei Neues. Unter den Krusten-tieren verdient eine Vertreterin der mit großen Scheren am erstenBrustbcinpaar und mit kleinen dünnen, nach vorn geschlagenenhintersten Brustbeinen versehenen Galathecnkrebse, die sich durchprächtig roten, an der Kopfbrust mit blauen Ouerlinien geziertenPanzer hervortut, vor allem Beachtung.Der Zoiilogische Garten ist jetzt in den Besitz einer indischenSchopf meist gelangt, die einen GlaSkäfig neben den Beutelmeisen auf der Singvogelseite des neuen Vogelhauses bewohnt.Diese reizende Meise, die in der Art ihrer Färbung entfernt an dieKohlmeise erinnert, ist durch einen glänzend schwarzen Schopf undweißliche Flecken auf den Flügeln gekennzeichnet, und, wie alle ver-wandten Arten, ein äußerst beweglicher, kräftiger Vogel. DieseArt ist bisher lebend noch nicht eingeführt worden, wie es ja über-Haupt sehr schwer fällt, ausländische Meisenarten, etwa die Lasur-und japanische Buntmeise ausgenommen, im Ticrhandel zu er-langen.Feucrwehrbericht. In der vorletzten Nacht kam in der Albrecht-straße 12 an der Ecke des Schiffbaue rdamms ein großes Feuer zumAusbruch. Di« Flammen tvurden erst bemerkt, als sie hell auf-lodernd aus dem Dach zum Himmel emporschlugen und diesenröteten. Weithin war der Brand sichtbar und wurde deshalb dieFeueirwehr von 6 Feuermeldern aus alarmiert. Als diese in großerStärke an der Brandstelle ankam, stand bereits der Dachstuhl ineinem Drittel der Ausdehnung in Flammen. Ueber zwei großemechrrnische Leitern und über die Treppen ließ der BranddirektorReichel vier Schlauchleitungen vornehmen und kräftig Wasser geben.Dadurch gelang eL, eine weitere Ausdehnung zu verhüten. Dasweithin sichtbare Feuer, da» als der Turmausbau an der Ecke vonden Flammen ergriffen wurde, einen großartigen Anblick gewährte,hatte ein« große Menschenmenge herbeigelockt die von der Spree