Nr. 19. 24. Jahrgang.
3. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. twod, 23. Januar 1907.
Anweisung für unsere Wahlkontrolleure.
Durchlesen und danach handeln!
Der sozialdemokratische Wahlkontrolleur hat am Wahltage, 25. Januar 1907, Punkt 10 Uhr vormittags, in dem ihm angewiesenen Wahllokale zu sein. Er hat sich mit einer genügenden Legitimation über seine Person zu versehen. Zum Ausweise darüber, daß er der Beauftragte der Partei ist, dient die abgestempelte Karte.
Der Wahlkontrolleur hat sein besonderes Augenmerk auf die Befolgung der nachstehend auszugsweise abgedruckten Bestimmungen des Wahlreglements zu richten.
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§ 9. Die Wahlhandlung beginnt um 10 Uhr vormittags und wird um 7 Uhr nachmittags geschlossen.
§ 11. Der Tisch, an welchem der Wahlvorstand Platz nimmt, ist so aufzustellen, daß er von allen Seiten zugänglich ist,
Auf diesen Tisch wird ein verdecktes Gefäß( Wahlurne) zum Hineinlegen der Stimmzettel gestellt. Vor dem Beginne der Abstimmung hat sich der Wahlvorstand davon zu überzeugen, daß die Wahlurne leer ist.
Die Stimmzettel müssen von weißem Papier und dürfen mit keinem Kennzeichen versehen fein(§ 10 Abs. 2 des Gesetzes); sie sollen 9 zu 12 Zentimeter groß und von mittelstartem Schreibpapier sein und sind von dem Wähler in einem mit amtlichem Stempel versehenen Umschlage, der sonst kein Kennzeichen haben darf, abzugeben. Die Umschläge sollen 12 zu 15 Zentimeter groß und aus undurchsichtigem Papier hergestellt sein; sie sind in der erforderlichen Zahl bereit zu halten. Es ist entweder durch Bereitstellung eines oder mehrerer Nebenräume, die nur durch das Wahllokal betretbar und unmittelbar mit ihm verbunden sind oder durch Vorrichtungen an einem oder mehreren von dem Vorstandstische getrennten Nebentischen Vorsorge dafür zu treffen, daß der Wähler seinen Stimmzettel unbeobachtet in den Umschlag zu legen vermag. Ein Abdruck des Wahlgesetzes und des Reglements ist im Wahllokale auszulegen. §12. Die Wahlhandlung wird damit eröffnet, daß der Wahlvorsteher den Protokollführer und die Beisiger mittels Handschlags an Eidesstatt berpflichtet und so den Wahlvorstand bildet.
Zu teiner Zeit der Wahlhandlung dürfen weniger als drei Mitglieder des Wahlvorstandes gegenwärtig sein. Der Wahlvorsteher und der Protokollführer dürfen sich während der Wahlhandlung nicht gleichzeitig entfernen. Verläßt einer von ihnen vorübergehend das Wahllokal, so ist mit seiner zeitweiligen Vertretung ein anderes Mitglied des Wahlvorstandes zu beauftragen.
§ 13. Während der Wahlhandlung dürfen in dem Wahllokale weder Beratungen stattfinden, noch Ansprachen gehalten, noch Beschlüsse gefaßt, noch Stimmzettel aufgelegt oder verteilt werden. Ausgenommen hiervon sind die Beratungen und Beschlüsse des Wahlvorstandes, welche durch die Leitung des Wahlgeschäfts bedingt sind.
§ 14. 8ur Stimmabgabe sind nur diejenigen zuzulassen, welche in die Wählerlisten aufgenommen find. Abwesende können in feiner Weise durch Stellvertreter oder sonst an der Wahl teilnehmen. § 15. Der Wähler, welcher seine Stimme abgeben will, nimmt von einer durch den Wahlborstand in der Nähe des Zuganges zu dem Nebenraum oder Nebentisch aufzustellenden Person einen abgestempelten Umschlag an sich. Er begibt sich sodann in den Nebenraum oder an den Nebentisch, too er feinen Stimmzettel unbeobachtet in den Umschlag steckt, tritt an den Vorstandstisch, nennt feinen Namen sowie auf Erfordern seine Wohnung, und übergibt, sobald der Protokollführer den Namen in der Wählerliste aufgefunden hat, den Umschlag mit dem Stimmzettel dem Wahlborsteher oder dessen Vertreter, der ihn sofort uneröffnet in die Wahlurne legt.
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§ 19. Ungültig sind:
1. Stimmzettel, welche nicht in einem amtlich abgestempelten Umschlag oder welche in einem mit einem Kennzeichen versehenen Umschlage übergeben worden sind;
2. Stimmzettel, welche nicht von weißem Papier sind;
3. Stimmzettel, welche mit einem Kennzeichen versehen sind;
4. Stimmzettel, welche keinen oder keinen lesbaren Namen enthaletn;
5. Stimmzettel, aus welchen die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft zu erkennen ist;
6. Stimmzettel, welche auf eine nicht wählbare Person lauten;
7. Stimmzettel, welche eine Verwahrung oder einen Vorbehalt gegenüber dem Gewählten enthalten.
Mehrere, in einem Umschlage enthaltene gleichlautende Stimmzettel gelten als eine Stimme; in einem Umschlage enthaltene, auf verschiedene Personen lautende Stimmzettel find ungültig.
§ 20. Die ungültigen Stimmen kommen bei Feststellung des Wahlergebnisses nicht in Anrechnung.
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Von den Bestimmungen des Wahlgefehes find noch zu beachten:
§ 9. Die Wahlhandlung sowie die Ermittelung des Wahlergebnisses find öffentlich.
Anmerkung: Die Wahltontrolleure haben deshalb mit aller Energie darauf zu bringen, daß ihnen der Aufenthalt im Wahllokal gestattet wird und sich mit allen ihnen zu Gebote stehenden geset lichen Mitteln einer Ausweisung zu widersetzen. Müffen sie dennoch der Gewalt weichen, so haben sie den Vorfall sofort unter Angabe von Zeugen dem Zentralwahlkomitee zu melden.
Eine Schranke findet die Zulassung zum Wahllokale nur in dem Raummangel des Lotals und in ungebührlichem Benehmen der Anwesenden. Eine Ausweisung ist nicht deshalb zulässig, weil der Anwesende nicht im Wahlbezirke wahlberechtigt ist, oder weil er sich nicht legitimieren kann, oder weil er sich dem Wahlvorstande dadurch lästig macht, daß er ihn auf die bei ihm vorgekommenen Verstöße gegen bie Wahlvorschriften aufmerksam macht. Das Kammergericht hat unter dem 3. November 1890 eine mit dieser Auffassung übereinstimmende Entscheidung gefällt. In dem gleichen Sinne spricht sich auch folgender Erlaß des Ministers Herrfurth vom 18. Juli 1892 an die Regierungspräsidenten aus: Nachdem der Reichstag bei einer Wahlprüfung für erwiesen erachtet hat, daß in mehreren Orten während der Wahlhandlung für den Reichstag Vertrauensmänner der sogenannten Arbeiterpartei, welche sich im Wahllokale eingefunden hatten, ohne in dem Wahlbezirk wahlberechtigt zu sein, aus diesem Grunde ausgewiesen worden sind, ersuche ich Euer Hochwohlgeboren ergebenst, derartigen, mit der Bestimmung über die Deffentlichkeit der Wahlhandlung in§ 9 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 nicht zu vereinbarenden Vortommnissen in Zukunft durch entsprechende Anweisung an die Wahlvorsteher gefälligst vorzus beugen. Ich mache hierbei darauf aufmerksam, daß der erwähnte§ 9 die Anwesenheit bei der Wahlhandlung allen wahlberechtigten Deutschen gestattet, ohne Rücksicht auf den Wahlbezirk, dem sie angehören.
Alle vorkommenden Unregelmäßigkeiten hat der Wahlkontrolleur unter Proteft zu Protokoll au geben. Er hat auch selbst alles Wichtige von solchen Unregelmäßigkeiten zu notieren und wenn möglich Zeugen dafür festzustellen. Werden Wähler durch ihre Vorgesetzten zur Urne geführt und in ihrer Abstimmung in irgend einer Weise kontrolliert oder durch den Vorgesezten in auffälliger Weise sonstwie beeinflußt, so hat er diese Vorgänge gleichfalls genau festzustellen, möglichst Beugen dafür namhaft und eine Niederschrift darüber zu machen. Die über vorgekommene Unregelmäßigkeiten gemachten Niederschriften find zugleich mit dem Wahlresultat dem Zentral- Wahlkomitee zu übergeben. Die beigegebene Zählkarte ist sorgfältig auszufüllen.
Der Kontrolleur hat auf Feststellung der Zahl der eingeschriebenen Wähler Bedacht zu nehmen,
Stimmzettel, welche die Wähler nicht in dem abgestempelten Umschlag oder welche sie in einem mit einem Kennzeichen versehenen Umschlag abgeben wollen, hat der Wahlborsteher die er auf seine Bitte vom Wahlvorsteher erfahren wird. zurüdzuweisen, ebenso die Stimmzettel solcher Wähler, welche sich in den Nebenraum oder an den Nebentisch nicht begeben haben.
Der Wahlvorsteher hat darauf zu halten, daß die Wähler in dem Nebenraum oder an in den Umschlag zu steden.
Der Wahlkontrolleur darf das Wahllokal nicht eher verlassen, als bis das Wahlprotokoll vom Wahlvorstand unter
dem Nebentisch nur so lange verweilen, als unbedingt erforderlich ist, um den Stimmzettel zeichnet ist!
§ 16. Der Protokollführer vermerkt die Stimmabgabe jedes Wählers neben dessen Namen in ber Wählerliste.
§ 17. Um 7 Uhr nachmittags erklärt der Wahlvorsteher die Abstimmung für geschlossen. Nachdem dieses gefchehen ist, dürfen teine Stimmzettel mehr angenommen werden. Die Umschläge werden aus der Wahlurne genommen und uneröffnet gezählt. Bugleich wird die Zahl der Abstimmungsvermerke in der Wählerliste festgestellt. Ergibt sich dabei auch nach wiederholter Bählung eine Verschiedenheit, so ist dies nebst dem etwa zur Aufklärung Dienlichen im Protokoll anzugeben.
§ 18. Sodann erfolgt die Prüfung der Umschläge und Stimmzettel. Einer der Beisitzer öffnet jeben Umschlag, nimmt den Stimmzettel heraus und übergibt diesen dem Wahlvorsteher, der ihn laut borlieft und nebst dem Umschlag einem anderen Beifizer zur Aufbewahrung bis zum Ende der Wahlhandlung weiterreicht.
Die Wahlresultate sind auf dem schnellsten Wege an das Zentralwahlbureau zu befördern. Den mit einer Legitimation versehenen Boten( Radfahrern) ist das Wahlresultat vollständig mitzuteilen und auch, wenn irgend ausführbar, die ausgefüllte Zählfarte sofort zu übergeben. Es wird als selbstverständlich vorausgesetzt, daß die Kontrolleure sich in dem Wahllolale antgemessen berholten und dem Wahlvorsteher nicht in unstatthafter Weise Veranlassung geben, gegen fie einzuschreiten.
Die Wahl ist geheim!
Jeder kann diesmal furchtlos den Mann seiner Ueberzeugung wählen. Niemand kann Der Protokollführer nimmt den Namen jedes Kandidaten in das Protokoll auf, vermerkt dabei seine Abstimmung fontrollieren. Keine Behörde, kein Gutsherr, Inspektor, Fabritleiter usw. fann mehr jede dem Kandidaten zugefallene Stimme und zählt die Stimmen laut. In gleicher Weise führt einer die Beamten und Arbeiter mit kenntlich gemachtem Wahlzettel zur Urne marschieren lassen. der Beisiger eine Gegenliste, welche ebenso wie die Wählerliste beim Schlusse der Wahlhandlung von Jedermann nehme sich in der Tasche von Hause einen sozialdemokratischen Wahlzettel ins Wahldem Wahlvorstande zu unterschreiben und dem Protokolle beizufügen ist. Total mit.
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Ergänzungen und Berichtigungen zum Wahlbez. 661. Beuſſelſtr. 44b bei Bursche.
Reichstagswahltableau.
Seit unserer Veröffentlichung der Wahlbezirke und Wahllokale für die sechs Berliner Wahlkreise, die unserer Nummer vom 12. Januar beilag, find verschiedene Ergänzungen und Berichtigungen erfolgt, die wir hier nochmals im Zusammenhang wiedergeben:
Jm 2. Wahlkreis.
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235. Gitschinerstr. 94a bei Prause. Jm 3. Wahlkreis.
Wahlbez. 156. Staligerstr. 142, Hof part.
157. Staligerstr. 142, born.
241. Feilnerstr. 10 bei Schumacher.
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256. Stallschreiberstr. 5 bei Schulze.
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270. Röpenider Festiäle", Köpeniderstr. 127a.
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271.
Fürstenhof", Stöpenickerstr. 137.
272. 29. Gem.- Schule, Köpenickerstr . 125- Turnhalle. 273. Michael- Festfäle", Michaelfirchstr. 39.
Jm 4. Wahlkreis.
Wahlbez. 180. Reichenbergerstr. 138 bei Starras.
Andreas Festsäle", Andreasstr. 21.
Jägerheim", Landsberger Allee 48.
17
672, 41./242. Gem.- Schule, Emdenerstr. 16- Turnhalle. 675. Dorotheenschule, Wilhelmshavenerstr. 2. 715. Müllerstr. 28 bei Schaeme. 715A. Müllerstr. 40a bei Gaspers.
758. Soldinerstr. 76 bei Elter.
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Bum 193c. Stadtbezirt, 416. Wahlbezirk, gehören auch die Häuser Allensteinstr. 22-33. Wahllokal: Friedebergerstr. 1 bei 8warg.
Außerdem gehören die Häuser Sebastianstr. 77-88 zum 132. Stadtbezirt und 258. Wahlbezirk. Wahllokal: Qudauerstr. 15, Luckauer Hof, fleiner Saal, part.
Die Häuser Hochstr. 37-46 gehören zum 736. Wahlbezirk. Die Wähler wählen in der Turnhalle der 73./147. Gemeindeschule, Wiesenstr. 66.
Die Zentralwahlbureaus in Berlin .
1. Wahlkreis, Restaurant Weihnacht, Grünftr. 21. Amt I 1787.
Referentenschule, Lindenstr. 3( letter Hof). Amt IV 10170.
Restaurant Busch, Dresdenerstr. 116. Amt IV 4174.
2.
318. 38. Gem.- Schule, Strautstr. 43
Turnhalle.
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3.
320.
18
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328. Stralauer Allee 17 F bei Hillmus.
" 361. Thaerstr. 19 bei Holz.
4.
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( Südost)
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398.
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400.„ Elysium", Landsberger Allee 40/41
Hof part.
4.
"( Dit)
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411. Braunsbergerstr. 17 bei Bernhardt.
4.
4.
11
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5.
Jm 5. Wahlfreis.
Wahlbez. 408. 204./213. Gem.- Schule, Chriftburgerstr. 18, Turnhalle. 451. 8./68. Gem.- Schule, Gipsstr. 23a- Turnhalle. Jm 6. Wahlkreis.
Wahlbez. 498. 105./121. Gem.- Schule, Prenzlauer- Allee 227/228.
56
Turnhalle.
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520. Kastanien- Allee 23 bei Hoffmann.
542. Schönhauser Allee 107 bei Wolter.
6.
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17
601. Borsigstr. 31B bei Verworner.
651. Kronenbrauerei, Alt- Moabit 48, part.: hts.
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11
Fröhlich, Muskauerstr. 1. Amt IV 4519.
Beyersdorf, Elbingerstr. 9. Amt VII 6343.
Zies, Warschauerstr. 61.
Amt VII 3327.
Merkowsky, Andreasstr. 26. Amt VII 945.
Münzer, Sophienstr. 6. Amt III 8367. Fahrow, Ravenéstr. 6. Amt III 2137.
Für diejenigen Kreise, welche am Wahltage Hülfskräfte gebrauchen, teilen wir nachstehend die Wahlbureaus mit, von welchen aus die Zuweisung erfolgen kann.
4. Kreis.
Südost. Fröhlich, Muskauerstr. 1, Amt IV 4519. Osten( Landsberger Viertel). Beyersdorf. Elbingerstr. 9, Amt VII 6343. Dften( Stralauer Viertel). Bieß, Warschauerstr. 61, Amt VII 8827. Osten( Frankfurter Viertel). Merkowsky, Andreasstr. 26, Amt VII 945. 6. Kreis.
1. Wernau , Schwedterstr. 23, Amt III 88.
2. Ludwig Kranz, N. 58, Dunderstr. 8, Amt III 3960. 3. Hube, Kopenhagenerstr. 74, Amt III 2472.
4. Wilke, Brunnenstr. 188, Amt III 6325.
5. Fritz Bergmann, Brunnenstr. 79, Amt III 2572.
6. Paul Agthen, Pflugstr. 5, Amt III 2271.
8. Georg Bielede, Waldstr. 8, Amt II 660.
9. Friz Biez, Wiesenstr. 29, Amt II 1238. 10. Heinrich Sauerweier, Marstr. 16.
Die Wahlhelfer,
die den ganzen Tag sich zur Verfügung stellen, wollen sich schon um 8 Uhr in ihrem Abteilungsbureau bezw. Bezirkslokal einfinden, damit die Zuteilung der Wahlarbeit forrett erfolgen kann. Die jenigen Genossen, die nur teilweise abkömmlich sind und zur Ablösung anderer Genossen sich bereit erklärt haben, wollen sich recht pünktlich zu dem mit dem Bezirksführer vereinbarten Zeitpunkt im Abteilungsbureau bezw. Bezirkslokale einfinden. Je zahlreicher sich Genossen am Tage der Wahl in den Dienst der Partei stellen, desto leichter und erfolgreicher wird die Arbeit und desto sicherer ist der Sieg!