ilr.22. 24. 2. Keilm des.Armrls" Kerlim KlksdlM Asnnabtvd, 26. Januar IM. Partei- Angelegenheiten. OSer-Schöitewcide. Der Wahlverein veranstaltet am Sonntag- Nachmittag 4 Uhr eine Uraniavorstellung:.Die Feuergewalten der feade." Billetts sind noch bei den Mitgliedern und am Eingang der tlrania zu haben._ berliner jVachncbUn. Im Zeichen des Verkehrs. Am Sonntag, den 27. Januar findet tn Verbindung mit der Paroleausgabe die Nagelung und Weihe der den dritten Bataillonen der Jnfauterie-Regimenter Nr. 147 und 151 sowie dem Jäger-Regimcut zu Pferde Nr. 4 zu verleihenden Feld- zeichen statt. Bei der Paroleausgabe wird der Bürgersteig vor der Kommandantur für Offiziere und deren Angehörige freigehalten werden. Der Slrafienbahnverkehr über den Platz am Opernhause wird von 7'/� Uhr abends bis zum Schlüsse der Oper eingestellt werden.� An diesem Tage werden ferner folgende Verkehrs- beschränkungen erforderlich. Von 9 Uhr v ormittagS ab bis gegen l'/a Uhr nachmittags wird der gesamte Verkehr über die Kaiser Wilhelm-Brücke, den Lustgarten, die Schloßfreiheit, die Schloßbrücke. die Plätze am Opern- und am Zeughause nach Bedarf abgelenkt werden.— Von 5 Uhr nachmittags ab erleidet der Fahr- verkehr folgende Einschränkungen: 1. Das Befahren der Straße Unter den Linden wird auf der Südseite nur in der Richtung nach Osten, auf der Nordseite nur in der Richtung nach Westen gestattet. 2. Soweit die Breitestraße freigegeben werden kann, wird ihr Be- fahren nur in der Richtung nach der Gertraudtenstraße und dem Mühlendamm gestattet. 3. Die Schloßfreiheit darf nur von der Schloßbrücke her nach dem Schloßt platze hin, nicht aber entgegengesetzt befahren werden. 4. Die kurfürstenbrücke und die Königstraße von der ersteren bis zur Jüdcnstratze werden nur für Wagen in der Richtung nach dem Alexanderplatz hin freigegeben. Entgegengesetzt fahrende Wagen werden nach Bedarf an der Kloster«, spätestens aber an der Jüden- straße und dem Hohensteinweg abgelenkt. 5. Nur einseitig dürfen ferner befahren werden: Die östliche Spandauerstraße vom Molken markt nach der Königstraße, die Rauthausstraße von der Spandauerl straße nach der Jüdenstraße, die östliche Heiligegeiststroße von der Königstraße nach dem Mühlendamm hin. 6. G e- sperrt werden nach Bedarf: die Burgstraße vom Mühlendamm bis zur Kaiser Wilhelmstraße, die Probst und Molkenstraße sowie die Eiergasse. 7> Das Befahren des PotS- dainer Platzes ist in der Richtung nach Osten nur von der PotS- domer Straße her, in der Richtung nach Westen uur nach der Bellevucstraße zulässig. Die von Norden und Süden die König grätzer Straße in der Richtung nach dem Potsdamer Platz bel fahrenden Wagen werden nach Bedarf am Brandenburger Tor , an der Prinz-Albrecht- und Dessauer Straße nach Osten und Westen abgelenkt.— Im Interesse einer glatten Abwicklung des Verkehrs wird vom Polizeipräsidenten gebeten, immer rechts zu gehen und rechts auszuweichen. 250 bis 300 Leichen sind nach einem Bericht der Aktiengesell- schaft Siemens u. Hals ke an das königliche Polizeiprästdium bei den Tunnelarbeiten unter dem Spittelmarkt gefunden worden. In dem durchgrabenen„Gertraudten-Friedhof", der. an dem Ger traudtentor belegen, vor etwa 209 Jahren geschlossen worden ist,. stießen die Arbeiter zunächst auf zahlreiche Skelette und eingekalkte nahezu versteinerte Leichen, sodann auch auf eine große Anzahl von Särgen, die freilich nach dem Bloßlegen bald zerfielen. Die Deckel der Särge hatten aber, so lange sich die letzteren im Erdreich be- fanden, dem Bodendruck Widerstand geleistet, so daß ein großer Teil der darin bestatteten Leichen noch gut erhalten war. Die meisten sind freilich im Laufe der Zeit zu Skeletten znsammengetrocknct. vielfach zeigte sich aber das Gewebe der Leichen- tücher und der Kleider, meist auch das Haar wohl erhalten. Die Gesichtszüge waren nur noch bei wenigen der Toten deutlich er- kennbar, so an der Leiche eines Mannes, der einen Schnurrbart ge- tragen, an der eines jungen Mädchens und der eines etwa drei- jährigen Kindes. Die letzteren hätten noch„rekognosziert" werden können, zumal auch Haar und Kleidung gut erhalten waren. Der„Gertraudten-Friedhof" mag in der Stahe des Spindlerbrunnens seinen Anfang genommen haben, er dehnte sich— so weit man bis jetzt beurteilen kann— bis zur Niederwallftraße aus und zwar stieß man hier auf Massengräber, wenigstens fand man in einer Wandfläche von etwa drei Metern im Quadrat gegen 25 Kopfbretter von Särgen, die dicht neben- und übereinanderstanden. Der Inhalt der Särge war hier besser erhalten, als im östlichen Teile des Friedhofs, woselbst mehr Skelette gefunden wurden: dieser Teil des Friedhofs dürfte daher der ältere sein. Von den 4 bis 5 Sargschichten lvaren die oberen Särge vielfach nur mit einem Meter Boden bedeckt: eS dürfte sich daher um Massengräber mit eingekalkten Leichen handeln. Kultur- historische Funde wurden leider nicht gemacht; die eisernen Handgriffe der Särge sind dem Märkischen Museum überwiesen worden. Die Leichenreste sind sämtlich gesammelt und in Särgen auf dem Gemeindefriedhofe zu Friedrichsfeldc zur„allerletzten" Ruhe bestattet worden. In dem jüngeren Teile de« Kirchhofs machte sich zeitweise ein so penelranter Leichengeruch bemerkbar, daß Kalkwasser, Karbol und Lysol reichlich zur Anwendung gelangen mußten. 119 099 Sprechstellen. Tie Fcrnsprechanschlüsse des Berliner Bezirks dürften jetzt 119 999 erreicht haben. Nach der letzten Aufnahme vom Anfang dieses JahreS betrug deren Zahl 199 839. Tie wenigen zu der runden Zahl noch fehlenden Anschlüsse sind in den letzten Wochen sicher hinzugekommen. Von der Gesamt- zahl der Anschlüsse des Bezirks entfallen auf die Fernsprechämter von Berlin selbst fast 85 999. Ihre genaue Zahl war 84 998. ES gehören dazu auch bekanntlich einige Anschlüffe der Vororte, wie die von Schönebcrg und eftt Teil derer von Eharlottenburg vom Amt 6 usw. Dieses Amt 9 ist gleichzeitig das größte aller Berliner Acmter. Es hat jetzt die Summe von 29 999 Anschlüssen überschritten und besitzt deren 29 154. Bei all diesen Zahlen sind sämtliche Haupt- und Ncbenanschlüfie zusammen gerechnet. Als Hauptanschlüsse werden in das Amt 6 selbst 13 545 eingeführt. Mittelbar angeschlossen sind außerdem 5937 postalische Neben- anschlüsse und 672 bezahlte Privat-Nebenanschlüssc. DaS zweit- größte Berliner Amt ist das Hauptfernsprechamt mit insgesamt 16 936 Anschlüssen. Von diesen sind 8934 Hauptanschlüffe, 5753 Nebenanschlüsse und 1349 Privatanschlüsse. An dritter Stelle steht Amt 4 mit 14 466 Sprechstellen, von denen 9679 Haupt- anschlüsse, der Rest Nebenanschlüsse sind. Es folgt Amt 3 mit 12 994 Anschlüssen, darunter 7692 Hauptanschlüsse. Fast ebenso groß ist das Amt 7. das jetzt 12 148 Anschlüsse zählt. Es hat sogar noch 5 Hauptanschlüsse mehr als das Amt 3, nämlich 7697. Das kleinste Berliner Amt ist seit langer Zeit 2 in Moabit mit„nur" 8979 Anschlüssen, von denen 5114 Hauptanschlüsse sind. Alle Berliner Aemter zählen 52 472 Hauptanschlüsse, 29 424 von der Post her- gestellte Nebenanschlüsse und 3192 bezahltePrivat-Nebcnanschlüsse. Aus der Selbstmordchronik. In einem Anfall geistiger Um- nachtimg ist die Ehefrau des Tischlermeisters M. aus der Marbtzrger- strahe 15 in den Tod gegangen. Die Bedauernswerte litt an hoch- gradiger Nervenschwäche, die in der letzten Zeit immer mehr zunahm. Wiederholt äußerte sie Selbstmordgedanken, doch der Mann hatte die Ausführung ihres Vorhabens stets vereitelt. Am Sonnabend verschwand Frau M. plötzlich aus ihrer Wohnung. Am Tage darauf wurde an der Charlottenburger Brücke eine unbekannte Frau als Leiche aus dein Kanal gezogen. Die Tote ist gestern als die M. festgestellt worden.— Im Keller seines HauseS versuchte sich gestern der Eigentümer HanS G., Wühlischstr. 20, da« Leben zu nehmen. Von Hausbewohnern wurde der Lebensmüde später mit durch- schossener Schläfe aufgefunden und in das Krankenhaus am Friedrichshain gebracht. Die Gründe zu der Tat sind der Polizei unerklärlich. Durch GaS vergiftet. Drei Tage hindurch hat die Schneiderin Maria Engel, Kürassierstr. 14, tot in ihrer Wohnung gelegen. Fräulein E. ist einer Gasvergiftung zum Opfer gefallen. Am Dienstagabend hatte sie sich in ihrem Zimmer Kaffee gekocht und nicht darauf geachtet, daß der Schlauch, der den Kochherd mit der Gasleitung verbindet, vollständig brüchig war. Sie schlief dann auf dem Stuhle ein und sollte nicht wieder erwachen. Aus den Rissen im Schlauch strömten die giftigen Gase heraus und betäubten die Schlafende. Da sich die E. während der letzten drei Tage nicht sehen ließ, schöpften die Nachbarn Verdacht und ließen die Tür öffnen. Die E. fand man ans dem Fußboden als erstarrte Leiche auf. Die Aennste war an den Gasen erstickt. Im Bernhard Rose-Theater geht heute, Sonnabend abend: „Kcan oder Genie und Leidenschast" mit Herrn Direktor Rose in der Titelrolle in Szene. Gebrüder Hrrrenfeld-Theater. Am heuttgen Sonnabend findet die Premiere der neuen Komödie„Ein verrücktes Hotel" mit dem Borspiel„Hahfisch geht zur Jagd" statt. Die Vorstellung ist au präzise 8 Uhr angesetzt. Feuerwchrbericht. Infolge einer Benzinexplosion kam in einer Schlosserei Feuer aus, das Kleider, Automobilbestandteile und anderes ergriff, aber von dem dritten Zuge auf eine Werkstatt in Danzigerstr. 62» beschränkt werden konnte. In der Dessauerstr. brannte ein Keller: Stroh stand dort in Flammen. Papier , Lumpen und anderes brannten in der Frobenstr. 18 und Balken, der Fußboden usw auf einem Dachboden in der Calvinstr. 5. Wegen eines Kellerbrandes wurde die Feuerwehr nach der Pasteurstt. 17 alarmiert. Das Dach mit dem Gebälk brannte in der Invaliden straße 17 und Tapeten usw. in der Neuen Schönhauserstr. 9. Ferner mußte die Feuerwehr nach der Frauzösischeiistr. 46, Friedrichstr. 125, Greifswalderstr. 225, Reinickendorferslr. 34, Fruchlstr. 57/58 und anderen Stellen ausrücken. Im Fall die Kälte anhält, wird der Januar hinter dem Dezember mit über 499 Bränden nicht zurück- stehen. Bis jetzt sind schon 329 verzeichnet. Vorort- IVadmcfotcn. Häuslicher Zwist im Charlottenburger Stadtparlament. In der Charlottenburger Stadtverordnetenversammlung vom Mittwoch stand das Barometer wieder einmal auf Sturm. Die beiden stärksten Fraktionen, die Liberalen und die Unpolitischen lagen sich in den Haaren zur Freude unserer Genossen, die stets den Bocteil aus solchen häuslichen Szenen der Vertreter'der Bourgeoisie zu ziehen wissen. Zum Verständnis des neuesten Konflikts, der wohl»och weitere Folgen haben wird, sei vorausgeschickt, daß die Liberalen und die Unpolitischen, die sich früher stets heftig befehdet hatten, bei den Wahlen im Jahre 1995 ein Bündnis zur Bekämpfung der Sozial- demokratie schloffen. Aber die Freundschaft ging bald in die Brüche, da jede Fraktion über den Kopf der anderen für sich Sondervorurteile zu erstreben suchte. Als nun im letzten Jahre einige Mandate der ersten Abteilung erledigt waren, hatte der Bürger. meister die Ersatzwahlen ursprünglich auf den Herbst anberaumen wollen. Hiervon bekam der Führer der Liberalen Wind. Sofort begab er sich zum Bürgermeister und bat ihn, den Termin auf den 3. Juli zu verlegen. Der Grund ist leicht ersichtlich, die Liberalen hatten alle Wahlvorbereitungen getroffen und wollten ihre un- politischen Gegner überrumpeln. Das liberale Wahlmanöver wurde aber von dem der Fraktion der Unpolitischen angehörenden Stadtvcrordnetenvorsteher durchkreuzt, auf dessen Einspruch die bereits erlassene Verfügung, wonach am 3. Juli gewählt werden sollte, zurückgezogen und die Wahlen nunmehr endgültig ans den Herbst anberaumt wurden. Hierbei siegten die Liberalen mit sehr knapper Mehrheit. Gegen die Gültigkeit der Wahlen ist Protest eingelegt, den die Stadtverordnetenversammlung jedoch zurückwies. Augenblicklich schwebt beim Bezirksausschuß die Klage auf Un gültigkeitSerkläryng.» Aus Anlaß dieser Vorgänge hatten nun die Unpolitischen eine Interpellation eingereicht, die den Magistrat um Auskunft darüber ersucht, ob es zulässig sei, daß die Anberaumung von Stadl verordnetcnersatzwahlen auf Anordnung eines einzelnen Magistrats Mitgliedes erfolgt, ohne daß ein Kollegialbeschluß deS Magistrats vorausgegangen ist. Während sich der Begründer der Interpellation, Stadtv H u b a t s ch, streng an den Wortlaut hielt und auch Oberbürger. meister SchnstehruL in seiner Beantwortung sich lediglich auf die juristische Seite der Frage beschränkte, wurden durch das Ein- greifen der Herren Dr. C rüg er(lib.) und Stadthagen (natl.) die alten Gegensätze oder besser gesagt Eifersüchteleien zwischen den bürgerlichen Fraktionen aufgerollt. Beide warfen sich gegenseitig vor, daß nicht sie, sondern die anderen, die Wahlen zu, beeinflussen versucht hätten. Dem Stadtv. Stadthagen entfuhr dabei das köstliche Geständnis, daß eine gemeinschaftliche Beein- flussung durch Vertreter der bürgerlichen Parteien gestattet sei, daß aber die eine ohne Wissen der anderen so etwas nicht tun dürfe — echt bürgerliche Moral l Unser Fraktionsredncr Genosse Hirsch nagelte das Verhalten der bürgerlichen Vertreter gebührend fest, er wies nach, daß ein prinzipieller Unterschied zwischen den beiden Parteien aus kam- munalpolitischcm Gebiete nicht besteht, daß sie in der Bekämpfung sczialer Forderungen stets geschlossen vorgehen und daß beide einzig und allein persönliche und Fraktionsinteresscn verfolgen. Ins- besondere hielt der sozialdemokratische Redner es für nötig, einmal die Nebenrcgieruna zu kennzeichttsu, die im Charlottenburger Stadtparlament kecker als je ihr Haupt erhebt. Es sei Tatsache, daß sehr viel hinter den Kulissen gemogelt und daß die Versamm- lung oft vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Durch seine Ausführungen erregte unser Redner insbesondere den Zorn der Liberalen, die so wie so etwas nervös und verärgert darüber sind, daß die Sozialdemokraten nicht den von ihnen präsen- tierten Vorsteherkandidatcn gewählt haben. Die Herren behaupten keck, daß darin eine Verletzung demokratischer Grundsätze liege. Seit wann ist eS denn demokratischer Grundsatz, daß die Mehrheit sich«inen Vorsteher von einer Minderheit aufoktroyieren läßtl In der weiteren Debatte platzten die Gegensätze noch wieder- holt heftig aufeinander. Auch die Reichstagswahl wurhe. in die Diskussion gezogen. Die Liberalen nehmen es den National- liberalen übel, daß sie für den konservativen Kandidaten stimmen. die Nationalliberalen wiederum beschuldigen die Liberalen, daß sie durch Aufstellung eines eigenen Kandidaten der Sozialdemokratie den Sieg erleichtern. Genosse Hirsch versuchte auch diese Heuchelei der Liberalen festzunageln, indem er u. a auf den frei- sinnigen Volksverrat in Breslau eingehen wollte. Leider ließ der Vorsteher das nicht zu. Der Verlauf der Besprechung hat von neuem bewiesen, daß eS den bürgerlichen Parteien in den Stadtparlamentcn nicht um die Vertretung von Grundsätzen zu tun ist, sondern daß sie eine Kliquenwirtschaft anstreben, um Sondervorteile für sich zu erreichen. In der Hitze des Gefechts ist den beiden Gegnern so manches Wort entfahren, das sie später noch oft bereuen dürften. Die Sozial- demokratie wird natürlich die Waffen, die ihnen ihre Feinde selbst schmieden, bei passender Gelegenheit gegen sie zu gebrauchen wissen. Zür den im Herbst stattfindenden Wahlkampf hat die Debatte uns wertvolle» Material geliefert, das richtig auszunutzen unser eifrigstes Bestreben fein wird. Rixdorf. Die letzte stark besuchte Generalversammlung de? Holzarbeiter- Verbandes, Zahlstelle Rixdorf, wählte einen Lolalbeamtcn. Von den fünf zur Wahl stehenden Kandidaten wurde der bisherige Be« vollmächtigte Lusch mir Zweidrittelmajorität gewählt. Der Gau - Vorsteher Franz S tusche gab hierauf einen Ueberblick über die gesamte Aussperrung. Sein Vortrag, in dem er das Borgehen der Unternehmer, insbesondere deS Obermeisters Rahardt scharf kenn- zeichnete, fand die volle Zustimmung der Versammlung. Gelächter rief eine Notiz des„Neuendorfer Anzeigers" hervor, in welcher be- hauptct wird, die Tischler verlangen einen Lohn von 8 M. pro Tag und die Verkürzung der Arbeitszeit auf 8 Stunden. In der Dis- kussion wurde von allen Rednern betont, daß kein Opfer gescheut werden darf, diesen den Holzarbeitern aufgezwungenen Kampf siegreich durchzuführen. Alsdann wurde bekannt gegeben, daß die Ausgesperrten vom ersten Tage Unterstützung erhalten und der Extrabeitrag von der zweiten Woche im Januar erhoben wird. Alle Arbeitslosen nach dem 12. Januar sind als Ausgesperrte zu be- trachten. Des weiteren wurde ein Antrag angenommen, nach welchem auch Arbeitslose der nicht ausgesperrten Branchen als ausgesperrt zu betrachten sind. Stusche sprach in seinem Schlußwort seine Freude über den Opfermut der Kollegen aus«nd forderte sie auf, für eine siegreiche Durchführung des Kampfes Sorge zu tragen. Britz . Zu der Notiz in Nr. 16, worin wir mitteilten, daß Genosse K l a v o n n beim Flugblattverbreiten von einem gewissen B a l ck e. Rudoiverstr. 49 wohnhaft, angefallen wurde, erhalten wir noch folgende Aufklärung über den Borgang« Nachdem der Genosse Klävonn bei Balcke geklopft und ihm das Flugblatt überreicht hatte, warf ihm derselbe das Blatt vor die Füße und fing an. sich in wüsten Schimpfworten ans die Sozialdemokraten, die er unter anderem Verbrechervolk, rotes Gesindel, faule Blase und verhungertes Pack titulierte, zu ergehen. Der Genosse Klavonn ging ruhig nach der nächsten Etage. Zu einer ihm bekannten Frau äußerte er nur: WaS ist denn das für ei» Mensch? Als er mit dem Aus- teilen der Blätter fertig war. stieg er nichts ahnend die Treppe hinab. Kaum war er aber an der Tür Balckes vorbei, da sprang derselbe mit einem Prügel, der den, unteren El, de eines Peitschenstieles glich, heraus, schlug und stieß mit beiden Händen zugleich auf Klavonn ein, so daß derselbe ein paar Stufen herabstürzte, doch vermochte er sich noch an, Treppen- geländer festzuhalten. Dem Umstände, daß NachbarSleute heraustraten. ist es wohl zu danken, daß Balcke von weiteren Tätlichkeiten abließ. Neben wüsten Schimpfereien auf das„rote Gesindel" drohte er noch dem Genossen Klavonn, daß er eS ihm ein andermal ordent- lich besorgen werde. Diesem Helden gegenüber, dessen Vorgehen geradezu an Gemein- gefährlichkeit grenzt, mögen die Arbeiter und Parteigenossen Vor- ficht üben. Lichtenberg . Die am Donnerstag im Schwarzen Adler tagende Versammlung war polizeilich abgesperrt. Genosse Stadthagen ging zur Kenn- Zeichnung der Gegner auf die in der„Volks-Zeitung für die Kreise Nieder- und Ober-Barnim" abgelagerten Erzeugnisse der„Post". auf die Artikel dieses Organs und ans den Wortlaut des von dem polizeilichen Hintermann der„Post" ausgeheckten Flugblattes ein, das er unter Heiterleits- und Entrüstungsstürineii der Anwesenden besprach, Er legte an der Hand deS„Vorwärts" vom 39. Dezember 1892 dar, daß alles, was die famosen Gegner, voran der ihm unbekannte. hoffentlich anwesende Rechtsanwalt Hercher nach der„Post" als Funkelnagelneues aus dem Erkenntnis des EhreugerichtshofeS vom 17. 11. 92 vorgetragen hatten, damals bereits von ihm wörtlich mitgeteilt war. Dann stellte Stadthagen Strafantrag gegen sich. Als die Staatsanwaltschaft ablehnte, die Genehmigung zu seiner Verfolgung vom Reichstag einzuholen, habe er im Reichstag unter Vorlegung des Erkenntnisses beantragt, die Genehmigung zu erteilen. Den, Antrag stimmte der Reichstag einstimmig zu. Dann lehnte die Staatsanwaltschaft, und trotz Be- schwerde hiergegen, die Oberstaatsonwaltschaft und der Justiz- minister, ab, Anklage gegen Redner zu erheben, weil ein hinreichender Verdacht bewußter Gebührenüberhebung gegen ihn nicht vorliege. Redner hat in den Beschwerden dargelegt. daß freilich von Gebührenüberhebung in Wahrheit nicht die Rede sein köune, für die Staatsanwaltschaft müsse aber die wenn auch der Wahrheit widersprechende beweislos ohne voraus- gegangene Anklage aufgestellte Behauptung deS Ehrengerichtshofes genügen, um Anklage gegen ihn oder An» klage gegen die Reichs gerichtsräte wegen be- wußter Rechtsbeugung zu erheben. Redner geht auf seine im„Vorwärts" vom 14. Oktober 1894 abgedruckte Be- schwerde an den Justizminister ein, legt dar. wie er vergeblich durch Rede, Schrift und Druck gegen sich eine Anklage wegen der in, Ehrengerichtshof zu Unrecht ihn, nachgeworfenen Straftaten oder wegen Beleidigung der Ehrenger, chtShofs-Reichsgerichtöräte provoziert hat und fährt dann fort: das alles kam, und darf einem Mensche», der öffentlich sich hinstellt und die Behauptungen des Ehrengerichts- Hofes nachbetet, nicht unbekannt sein. Verschweigt er diese Tatsachen trotz seiner Kenntnis dieser Dinge. so ist er ein ehrloser Verleumder. Von de», gewerbsmäßigen Hinter», ann der„Post" lönne man nichts anderes erwarten. Hat aber, wie die„Post" behauptet, ein Rechtsanwalt Hercher oder H e r g e r in der Germania- Brauerei trotz der Kenntnis dieser Dinge sich hingestellt, u», zu seiner, deS Redners, Verunglimpfung die Eyrcngerichtshofs- behauptungen sich anzueignen, ohne die späteren Dinge zu er- wähnen, fo hat er ehrlos und infam verleunidet. Ist Herr Rechtsanwalt Hercher anwesend, so mag er antworten.<Rusc: Ist nicht da!) Hat er die Vorsicht als besseren Teil der Tapferkeit gewählt und ist nicht er- schienen, so möge es ihn, hintervracht werden.>vaS Redner über ihn soeben ausgeführt hat.(Brausende, wiederholte Zu- stimmung.) Stadthagen zerpflückt dann noch die weiteren Per- leumdungen des Flugblatts. Hierauf legt er dar, wie solch perfide Kampfesweise gewählt wird, um die Wähler vom Ernst der politischen Situation und den diese beherrschenden Fragen abzulenken. Diese bespricht er kurz. Sein Appell, morgen zur Stelle zu sein, wird stürmisch begrüßt. In der Debatte äußern sich»och einige Ge- nassen und Genossinnen über die elende Kampicswcise der Gegner und über die Notlvendigkeit, den Unken der Reaktion und feigen Feinden der Wahrheit eine Antwort zu erteilen, die an Klarheit nichts übrig lasse. Mit einen, Hoch auf die Sozialdemokratie schließt der Borsitzende Genosse B a ck h n s die von Kampfeslust und Sieges- Zuversicht getragene Versammlung. Pankow . Die Gemeiiidcvertretting beschäftigte sich mit den von uns bereits skizzierten Ankauf des Killisch von Hornschen Parkes; nach langer Debatte wird die Angelegenheit vertagt. Die von unseren Genoffen schon des öfteren kritisierte Eleven-Wirtschaft oder besser gesagt Lehrlingszüchterei auf dem Gemeindebureau soll nunmehr ihr Ende finden. Eme Vorlage des Bürgermeisters regelt die Annahme von Supernumcraren und Diätaren und die Regelung der Besoldung hierzu. ES sollen eine mäßige Anzahl von jungen Leuten, ivelche die Berechttgung zun, einjährigen Milttärdienst haben, nicht unter 17 und nicht über 24 Jahre alt sind und 1 Jahr von ihren An- gehörigen unterhalte» iverden müssen, als Supernumerare an- genommen werden. Bezüglich der Borbildung können Ausnahmen, gemacht werden, so daß auch eventuell Schüler der Gemeindeschule der.hohen Ehre" teilhaftig werden. Gemeindeschreiber zu werden.
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