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Nr. 20.

Grscheint täglich außer Montage. Prets pränumerando: Biertel­fährlich 8,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Desterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Musland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Poft Beitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652.

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9. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins: und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfa Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags int ber Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor: mittags geöffnet.

Fernfprech- Anschlu Amt 1, Nr. 4186.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2. Freitag, den 25. November 1892. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Das Organisations- Komitee an die Arbeiter aller Länder!

Arbeiter! Genossen!

"

Internationaler Sozialistischer internationalen Parlamente der Arbeit in Zürich   im Jahre 1898. worden. Die Grundbefizer werden einen großen Theil der beiterorganisationen auffordern, ebenfalls festzuhalten am einzigen Landtage zur Berathung stehenden Gesezentwürfe gezeigt Arbeiter- Kongre 1893 in Zürich  . des Kongresses auf den Der bisherigen Uebung entsprechend, haben wir die Abhaltung früheren Grundsteuer sparen, die Zechenbarone teine Berg­werkssteuer mehr zu entrichten brauchen zum Steuerzahlen Anfang August 1893 festgesetzt. Mögen sich die Genossen also überall auf diesen Zeit- und Schweigen ist ja bekanntlich die Mehrheit der Be­punkt rüsien! völkerung mit kleinem und mittlerem Einkommen da, oder, Was die Tagesordnung des Kongresses betrifft, so haben wir wie Herr Miquel bei Berathung der reformirten" Ein­bis jetzt noch feine solche veröffentlicht, weil mehrere große kommensteuer ganz offen gesagt hat: Die Masse Länder noch keine Anträge zu derselben gestellt haben. Die muß es bringen." Da könnte es nun auf den ersten Blick Wünsche und Anträge, die bis jetzt laut geworden sind, betreffen sonderbar erscheinen, daß der preußische Finanzminister nach hauptsächlich: dem Erlaß obiger Besizsteuern, die er für seine Freunde, die Kapitalisten, vorschlägt, doch noch eine Vermögens steuer plant, die im Nachfolgenden auf Grund des dritten Miquel'schen Aktenstückes für den Landtag besprochen werden soll.

Es erfüllt uns mit hoher Freude, Ihnen mittheilen zu können, daß unser erstes Rundschreiben bei den Arbeitern der ganzen Welt freudigen Widerhall gefunden hat.

Alle bedeutenden Arbeiterorganisationen von Deutschland  , Desterreich, Belgien  , Holland   und Skandinavien  , von Frankreich  , Italien   und Spanien  , von Australien   und den Vereinigten Staaten Ameritas haben uns ihre Absicht fundgegeben, sich 1893 in Zürich   vertreten zu lassen. Eine ganze Reihe nationaler Ar beiterkongreffe hat die Theilnahme am internationalen Kongreß von Zürich   beschlossen und viele Organisationen haben uns ihre Wünsche und Anträge zugehen lassen.

Wir dürfen es jetzt schon mit Zuversicht aussprechen: Der Internationale Sozialistische Arbeiterfongreß von Zürich   im Jahre 1893 wird gut besucht und ein wahrhaft internationales Parlament der Arbeiter werden.

Leider hat fürzlich der englische   Gewerkschafskongreß in Glasgow   beschlossen, unverzüglich einen internationalen Kongreß zur Berathung über den Achtstundentag durch das Parlamentarische Romitee der englischen Gewerkschaften einberufen zu lassen. Dieser unpraktische Beschluß wurde gefaßt, obgleich wir alle englischen Arbeiterorganisationen durch ein besonderes Schreiben an den Kongres in Glasgow   herzlich eingeladen hatten, sich in Zürich  vertreten zu lassen.

1. Maßregeln zur internationalen Durchführung des Acht stundentages.

2. Die Taktik der Sozialdemokraten mit bezug auf die direkte Gesetzgebung durch das Volt.

a) Parlamentarismus; b) Staatssozialismus  ."

8. Rechte und Pflichten der Internationalität: a) im Falle bedeutenderer Kämpfe zwischen Arbeit und Kapital; b) im Falle eines Kriegsausbruches zur allfälligen Ver­hinderung des Krieges.

4. Internationale Organisation.

Bureaus.

a) Errichtung nationaler Arbeiterfekretariate; b) Gründung eines internationalen Korrespondenz­Dies eine vorläufige Tagesordnung. Wir ersuchen die Ge­nossen, sie zu besprechen und uns ihre Ansichten darüber oder auch neue Anträge dazu bis spätestens Ende Februar 1893 mitzutheilen. Die endgiltige Feststellung der dem Kongreß vor zuschlagenden Tagesordnung gedenten wir Ende März less vor 1898 zunehmen und sie dann sofort bekannt zu geben.

Wir haben sofort nach Bekanntwerden dieses Beschlusses ein Rundschreiben an alle Arbeiterorganisationen Großbritanniens  und Irlands   erlassen und sie unter Darlegung der Sachlage nochmals nach Zürich   eingeladen. Wir sagen darin unter anderm: Selbst wenn wir es wünschten, würde es uns ganz un möglich sein, unser Mandat für die Einberufung eines Inter nationalen Arbeiterfongresses niederzulegen, außerdem muß es aber jedem verständigen Arbeiter klar sein, daß es eine abgeschmackte Verkehrtheit wäre, wenn jede Nation das Recht haben sollte, einen Internationalen Stongreß einzuberufen. Es ist vollkommen klar, daß internationale Kongresse nur das Werk allgemeiner internationaler Verständigung sein können. Internationalen Sozialistischen Arbeiter Zum Schluffe   möchten wir noch darauf aufmerksam machen, daß der Internationale Kongreß von Zürich   schon ein ganges Jahr vor den Sizungen des Glasgower Rongresses be schlossen wurde, daß er von organisirten Arbeitern aller und nicht blos einer einzigen Nation einberufen wurde und daß er fich nicht nur mit der Achtstundenfrage, sondern auch mit den anderen dringenden Fragen beschäftigen wird, von deren Lösung die Befreiung der Arbeiter abhängt."

Wir thun alles, um den Kongreß zum Ausdruck der Beftre bungen des kämpfenden arbeitenden Voltes zu machen. Nur einig sind wir start; nur vereint tönnen wir die Welt des Kapitalis mus aus den Angeln.heben. Mit Brudergruß und Handschlag! Zürich  , 15. November 1892. Das Bureau des Organisationstomitee's

Dieses Rundschreiben hat bei den Arbeitern Großbritanniens  und Irlands   gute Aufnahme gefunden. Die englischen Arbeiterblätter erklären den Beschluß von Glasgow   für einen Fehler und hoffen, daß das Parlamentarische Komitee ihn nicht ausführen werde. Die deutschen  , französischen, italienischen und spanischen Arbeiter haben theils durch ihre berufenen Vertreter, theils durch Kongreß­

für den

Rongreß 1893:

Karl Bürkli  , Präsident. Robert Seidel, Sekretär. August Mért, Kassirer.

Das Organisationstomitee. Vertreter der Sozialdemokratischen Partei: J. N. Jäger. X. Karrer. D. Zang. R. Seidel. A. Widmer. K. Bürkli  .

Vertreter des Grütlivereins:

H. Greulich  . F. Häfeli. A. Ilg. J. Vogelfanger. Vertreter des Gewerkschaftsbundes: E. Bed. C. Conzett. A. Lüthi. Ch. Manz. A. Merk. Adresse für Korrespondenzen: Robert Seidel, Bürich.

Aber was für eine Vermögenssteuer! Bei näherem Zusehen erst erkennt man, daß Herr Miquel sich auch in diesem Gesetzentwurf der Pflichten bewußt geblieben ist, die er gegen den geheiligten Besiz und gegen Kapital jeder Art hat. Es besteht nicht der geringste Widerspruch zwischen dem Miquel, der Grund, Gebäude und Bergwerkssteuer als Staatssteuern aufhebt, damit sie als Gemeindefteuern gar nicht oder möglichst wenig eingezogen werden, und zwischen dem Miquel, der die sogenannte Ver­mögenssteuer vorschlägt. Die Vermögenssteuer ist das Feigenblatt für die sonstigen Steuer­fchenfungen an den Besiz, der Tamtam, mit welchem der Schrei der großen Masse, die es bringen muß, übertönt werden soll; ein billiges Kunststückchen init möglichst niedrigem Entree für die Besitzenden, die sich danu brüsten können, auch etwas zu den Staatslaften beizutragen, nachdem sie das Dreifache eingesteckt haben- weiter nichts. Es genügt, zwei Stellen aus der Begründung" des Miquel'schen Steuer Projekts herauszuheben, um dies zu erhärten. Dieselben lauten: In allen Fällen. soll und muß die Eigenschaft der Vermögenssteuer als einer ergänzenden Abgabe namentlich auch darin bewahrt bleiben, daß sie im Verhältniß zur Hauptsteuer nur eine sehr mäßige Quote der vorausgesetzten Steuerkraft in Anspruch nimmt. Dies tritt zunächst bei einem Vergleich des veranschlagten Aufkommens der Ergänzungs­steuer mit demjenigen der Einkommensteuer deutlich hervor. Während das vorläufige Veranlagungssoll der letzteren für das Jahr 1892/93 mehr als 124 000 000 Mark beträgt, sollen mit der Ergänzungssteuerin keinem Falle mehr als 35 000 000 Mart, also nur etwa 28 pet. der Hauptsteuer aufgebracht werden. In maßvollen Grenzen hält sich auch der auf ein halb vom Tausend des Vermögens vorgeschlagene Steuerfuß..... Die vor geschlagenen Steuersätze betragen durchweg 2 vom Tausend

=

beſchlüſſe fich gegen den internationalen Achtſtundenkongres Die Miquel'sche Vermögensstener. Bes steuerbaren Vermögens an der unteren Grenze einer

ausgesprochen und erklärt, denselben nicht beschicken zu wollen.

greß von Zürich  .

Sie halten fest am international vereinbarten rechtmäßigen Ron- schen Steuer- Reform" in Breußen geschenkt bekommen von scheint für die Ergänzungssteuer deshalb nicht angegeb Was die Schnaps- und Schlotbarone bei der Miquel jeden Stufe. Eine degressive Gestaltung der Steuerstala Angesichts dieser Rundgebungen und im Interesse der hohen ihrem guten Freunde, dem Finanzminister, ist bereits in den weil die Säge ohnehin mäßig sind, abgesehen Sache tes Proletariates der ganzen Welt möchten wir alle Ar beiden ersten Betrachtungen des Vorwärts" über die im hiervon aber kleine Vermögensbeträge nicht immer niedrigem

Feuilleton.

Nadbrud verboten.)

Bel- Ami. Roman  

von Guy de Maupassant  .

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Malesherbes hinunter. Er tanzte förmlich beim Gehen, der nichts hört, und wie ein Stummer, der niemals so zufrieden war er mit seinem Schlußeffekt, und flüsterte vor sich hin: Ein guter Anfang!"

redet. Er besaß übrigens eine berufsmäßige Ehrbarkeit, die nicht gering war, und hätte sich nie an einer Sache be­theiligt, die nicht rein als Handwerk genommen, ehrenhaft, loyal uud tadellos gewesen wäre.

Am Abend dieses Tages versöhnte er sich wieder mit Rachel. Die nächste Woche brachte ihn zwei Ereignisse. Er Herr Walter schätzte ihn, aber die Lokalnachrichten, die, wurde zum ersten Lokalredakteur befördert und erhielt von wie er zu sagen pflegte, das Mark des Blattes waren, hätte Frau Walter eine Einladung zum Diner. Das Bindeglied er gern einer anderen Hand anvertraut. Unter dem Lokalen zwischen den beiden Thatsachen war unschwer zu erkennen. werden ja jene kleinen, unscheinbaren Notizen untergebracht, Noch immer war man ein wenig überrascht, und er Die Vie Française" war in erster Linie ein Börsen- werden Gerüchte in Umlauf gesetzt, die auf die öffentliche feyte deshalb hinzu: Ich bin übrigens ganz wie blatt. Der Besitzer war ein Finanzmann, für den die Meinung und die Börse wirken. Zwischen der Schilderung Sie und lese gern in den Pariser Nachrichten, Beitung und sein Abgeordnetenmandat nichts als Hebel zweier Gesellschaftsabende muß eine wichtige Nachricht, die daß ein Akademiker gestorben ist. Ich frage mich waren. Seine Gutmüthigkeit war ihm eine Waffe, stets weniger sagt, als sie errathen läßt, so eingeschoben werden, dann sofort: Wer wird an seine Stelle fommen?" und hatte er unter der lächelnden Maske des Biedermannes als handelte es sich dabei um nichts Besonderes. Der Leser ich stelle mir eine Liste auf. Es ist ein kleines, unschuldiges feine Zwecke verfolgt; in seine Dienste, welcher Natur sie muß zwischen den Zeilen lesen, er darf nur ahuen, um was nettes Spiel, daß man in jedem Pariser Salon   bei jedem auch waren, nahm er aber nur vielgewandte erprobte Spür es sich handelt, und wenn eine Mittheilung bestritten wird, Hintritt eines Unsterblichen spielt: Das Spiel des Todes nasen, auf deren Kühnheit und Lift er sich verlassen konnte. muß das Dementi so abgefaßt sein, daß das Gerücht, es und der vierzig Greise." Als erster Lokalredakteur war ihm Duroy eine werthvolle stecke doch etwas dahinter, eher stärker als schwächer wird. Noch waren die Damen ein wenig verblüfft, aber sie Persönlichkeit. Oder eine Nachricht muß in einer solchen Form gegeben fingen schießlich zu lächeln an, so richtig war seine Be- Bisher hatte der Redaktionssekretär, Herr Boisrenard, werden, daß kein Mensch an ihre Wahrheit glaubt. Im merling. diese Stelle inne gehabt, ein alter, torrefter Journalist, der Lokalen muß jeder Leser täglich wenigstens eine Zeile finden, so peinlich und pünktlich wie ein Beamter war. Seit die ihn besonders interessirt, damit alles von allen gelesen breißig Jahren war er Redaktionssekretär bei elf ver wird. Deshalb muß der Redakteur des Lokalen und Ver­schiedenen Blättern gewesen, ohne daß seine Auffassung von mischten an alle und alles, an die ganze Welt und an alle den Dingen sich geändert hätte. Er trat von der Redaktion Berufe, an Paris   und an die Provinz, an die Armee und der einen Zeitung in die einer andern so etwa über, wie an die Künstler, an den Klerus und an die Universität, an wenn er sein Restaurant wechselte, ohne zuerst kaum zu die Beamten und die Kourtisanen denken. bemerken, daß die Küce etwas verschieden wäre. Dem Der erste Lokalredakteur, der ein Heer von Reportern Blatte, in dessen Redaktion er gerade saß, war er treu, unter sich hat, muß stets bei der Hand und auf dem Blaze, politische oder religiöse Ansichten waren ihm gleichgiltig, er muß mißtrauisch, vorsichtig, schlau, gewandt und ge­er ging ganz in seiner Arbeit auf, besaß aber eine werth- schmeidig, er muß siebenmal gefiebt sein und vor allem eine volle Erfahrung. Er arbeitete wie ein Blinder, der nichts untrügliche Witterung haben, um eine falsche Nachricht auf Duroy wandelte in heiterer Stimmung den Boulevard von dem sieht, das um ihn herum geschieht, wie ein Tauber, den ersten Blick zu erkennen, zu wiffen, was gesagt und was

Er erhob sich und setzte als Schluß hinzu:" Sie, meine Damen, ernennen die Kandidaten, und Sie ernennen sie nur, unt sie sterben zu sehen. Wählen Sie also einen Alten, einen recht Alten, den Aeltesten womöglich, und seien Sie im übrigen unbesorgt."

Er verbeugte sich und ging. Als er fort war, meinte eine der Damen: Ein drolliger Mensch! Wer ist es denn?"" Einer unserer Redakteure," erwiderte Frau Walter. Er nimmt zwar augenblicklich nur einen unteren Poften in der Zeitung ein, aber er wird gewiß tasch vorwärts kommen."