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Ronservative fürs Zentrum gegen die Sozialdemokratie. Aus Breslau   meldet der Lag":

Jn Reichenbach- Neurode ist für die Stichwahl ein Kompromiß zwischen Konservativen und Zentrum gegen den Sozialisten Kühn geschlossen worden, wonach der Zentrumskandidat Fleischer eine schriftliche Erklärung abgibt, über seine zustimmende Haltung zu Heeres, Marine- und Kolonial forderungen und in mehreren Versammlungen nochmals sein Programm entwickeln muß. An dieser Bekehrung des Zentrumskandidaten zur Weltpolitik ist aber noch nicht genug. Das Provinzial- Wahlkomitee der schlesischen Zentrumspartei   beschloß, in allen Kreisen, in denen bürgerliche Parteien gegen Sozialdemokraten in Stichwahl stehen, für die bürgerlichen Parteien einzutreten. Solche Meldungen werden unsere Genossen. lediglich zu ver­doppelten Anstrengungen anspornen.

Wie die Gegner gehauft haben. Aus dem Wahlkreise Diedenhofen- Bolchen, wo der nationale" Ratholit de Wendel mit Hülfe päpstlichen Segens über das Zentrum siegte, wird uns geschrieben:

Am 21. Januar sollte zu Reichersberg   eine öffentliche Wähler­versammlung stattfinden. Das Lokal war zugesagt, alle Vor­bereitungen getroffen und als ich nun fam, um zu referieren, fand ich Türen und Fenster des Lokals fest verschlossen. Die Drücker an den Türen waren sogar entfernt und im ganzen Hause war weder Licht zu sehen, noch war Ginlaß in das Haus zu erhalten. Der zur Versammlung bestimmte überwachende Kommissar erklärte mir, daß die Wirtin nicht aufmachen würde, den Grund kenne er nicht näher. Es seien aber vorher schon einige Radaubrüder da­gewesen, die die Fensterscheiben eingeschlagen hätten. Ich ver­suchte nochmals vergeblich Eingang zu finden. Dann begab ich mich ins Dorf, selbstverständlich in angemessener Entfernung vom Kommissar verfolgt. Als ich nach einer Weile den Rückweg an­trat, war eine Anzahl Wahlagenten des liberalen" Kandidaten Hüttenbesitzer Charles de Wendel eingetroffen, die auch Einlaẞ in die Wirtschaft erlangt hatten. Ich betrat nun mit einigen Ge­nossen ebenfalls das Lokal und wir setzten uns an einen Tisch. Nun ging das Wahlmanöver der Agenten los. Sobald ich sprechen wollte, vollführten sie einen Heidenlärm und ließen ihren Herrn de Wendel hochleben, was unsere Genossen mit einem Hoch auf unsere Sache erwiderten. Inzwischen war auch der Kommissar wieder eingetreten. Eine Schimpferei wurde von den Wende­lianern angefangen, was den Kommissar veranlaßte, einzu­schreiten". Zunächst erklärte er die noch gar nicht er­

öffnete Versammlung für geschlossen und als die Leute sich nicht schnell genug entfernten, die, nebenbei bemerkt, von den de Wendelschen Helden geschlagen wurden, zog der Beamte den Revolver und drohte, indem er einen Arbeiter rücklings auf den Boden warf, mit Schießen! Wir verließen selbst­verständlich das Lokal. Von eingeschlagenen Fensterscheiben habe ich aber nichts bemerkt, aufgefallen ist mir jedoch, daß der Kom­missar zur Wirtin sagte:" Pour quoi avez vous ouvrit encore une fois, je vous a bien dit que vous auriez du botin."( Weshalb haben Sie nochmals geöffnet, ich sagte Ihnen doch, daß Sie Un­annehmlichkeiten haben würden.)( In dieser Ortschaft wird so gut wie nur französisch gesprochen!) Vor der Wirtschaft kam es dann zu einer Keilerei.

So arbeiteten die Wahltrabanten des de Wendeli

Politische Ueberlicht.

Berlin  , den 29. Januar 1907. Freifinn und Stichwahlen.

fürchten ist, daß er zur Gefährdung der liberalen Errungenschaften beitragen wird."

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Freifinnige Mäkchen. Die Freisinnige Beitung", das führende Drgan der Und trotz alledem dies feige Zurückweichen vor den liberalen Freisinnigen Boltspartei, hat bislang noch feinen einzigen Artikel Konsequenzen, diese gefliffentliche Stärkung der Fleischwucherer und über das Ergebnis der Hauptwahl gebracht, in dem auch nur der Wahlrechtsfeinde! Versuch gemacht wurde, die durch den Wahlausfall geschaffene geben einige Meldungen über freifinnige Stichwahlparolen bereits Wie der Entscheid der Wähler im Lande" ausfallen wird, davon neue politische Situation zu würdigen! Der Grund dafür liegt ja allerdings sehr nahe. Wollte die einen lieblichen Vorgeschmack. So sollen die Freisinnigen im Wahl-" Freif. 3tg." derartige Betrachtungen anstellen, fo müßte sie zu kreise Potsdam  - Osthavelland bereits beschlossen haben, für daß durch die unter freisinniger Beihülfe zustande gekommenen den Konservativen gegen den Sozialdemokraten einzutreten. Ebenso Faschingswahlen die Chancen des Liberalismus um ebensoviel soll der Freifinn in Altenburg   beschlossen haben, für einen Brozent gesunken feien, wie die Chancen der Wahlrechtsfeinde und der schlimmsten, scharfmacherischsten Konservativ- Nationalliberalen gegen agrarischen Lebensmittelwncherer gestiegen sind. Ein solches die frei­die Sozialdemokratie zu stimmen! finnige Wahltaktik vernichten des Geständnis tann natürlich die Freisinnige 8tg." nicht machen, ohne sich selbst ihrer Wahl­fernerhin der Reaktion Vorschub, indem sie sich über alle reaktionären taktik wegen an den Pranger zu stellen. Sie leistet deshalb auch wucher sein läßt und ausschließlich in der ihr eigenen stupiden Ge­Gefahren ausschweigt, Reaktion Reaktion und Fleischwucher Fleisch­hässigkeit auf die Sozialdemokratie loshaut.

So eröffnet der Freifinn selbst die neue ,, liberale Aera", deren Anbruch er während des Wahlrechtkampfes dem naiven Philistertum borgespiegelt hat!

Die sozialdemokratischen Wähler werden es sich bei einer der­artigen Haltung des Freisinns sehr genau überlegen, ob sie sich für die Angehörigen eines solchen Freisinns" noch ins Zeug legen sollen!

Eine ,, Ergänzung" des Reichstagswahlrechts.

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Für die bemitleidenswerte Kleingeisterei dieser traurigen Sorte von Gegnern ist es überaus bezeichnend, daß das Wiemer- Blatt, um die Sozialdemokratie zu verspotten, sogar den Wahlausfall in Berlin   befrittelt. So behauptet es, die Sozialdemokratie habe Der Köln  . Voltsztg." wird von ihrem Berliner   Kor- sie nach dem nunmehr vorliegenden a mtlichen Resultat, das die im zweiten Berliner   Wahlkreise 1700 Stimmen verloren, während respondenten gemeldet, daß in Regierungstreisen eine höchst fozialdemokratische Stimmenzahl noch um einige hundert Stimmen eigenartige Ergänzung" des Reichstagswahlrechts ge- reduziert, immer noch 300 Stimmen gewonnen hat! Mit folchen plant sei: Albernheiten speist das Zentralorgan der Freifinnigen Volkspartei Von einer Persönlichkeit, die mit Berliner   Regierungskreisen seine Leser ab! Daß es die 6000 konservativen Wähler, die diesmal rege Fühlung hat und Berliner   Regierungskreisen wiederholt im zweiten Wahlkreise für den freisinnigen Kandidaten stimmten, politische Dienste geleistet hat, erfahre ich folgendes: Es bestehe schlankweg dem Freifinn zuzählt, versteht sich von selbst. der Plan, eine gefügige Regierungsmehrheit dadurch zu Faschings! Das nächste Mal dürfte dem Freifinn Ascher­Nicht alle fünf Jahre stehen die Wahlen im Zeichen des schaffen, daß man die wegen der Zunahme der Bevölkerung mittwochs Stimmung beschieden sein! eigentlich mehr zu wählenden Reichstagsabgeordneten durch die 150 Einzellandtage wählen lasse. Man suche nach Mitteln und Wegen, wie dies ohne Aenderung des bestehenden Mit der bürgerlichen Demokratie" war schon zu den Zeiten Reichstagswahlrechts geschehen könne. Ich teile Ihnen die Nach- Sonnemanns fein Staat zu machen. Seitdem aber Sonnemann richt mit, wie ich sie erfahre, ohne in der Lage zu fein, zu. be- fich aus Gesundheitsrücksichten um das große demokratische" Organ urteilen, inwieweit die Ausführung eines solchen Planes, wenn am Main   nicht mehr fümmern kann und die demokratische" Politik er tatsächlich besteht, in der gegenwärtigen politischen Lage mög- der Frankf. 8tg." sich völlig von den Abfällen nährt, die der lich sein würde." Berliner   Korrespondent des Blattes unter devoten Bücklingen aus dem Kehrricht der Wilhelmstraße aufliest, ist das große Demokratenblatt völlig auf den Reichsverband gekommen. Es ist deshalb kein Wunder, daß die Frankf. 8tg." zu schreiben wagt:

abend in folgender burlesken Weise: Die Nordd. Allgem. Ztg." dementiert diese Nachricht heute

Eine flügellahme Wahlrechtsente versucht die ,, Köln  . Voltsztg." heute fliegen zu lassen: Noch gerade zu den Stichwahlen hat sich eine geheimnisvolle Person gefunden, die ihr folgenden Plan verraten hat: es solle im Reichstage eine " gefügige" Regierungsmehrheit dadurch geschaffen werden, daß man die wegen der Zunahme der Bevölkerung eigentlich mehr zu wählenden Reichstagsabgeordneten durch die Einzellandtage wählen läßt. Man suche nach Mitteln und Wegen, wie dies ohne Aenderung des bestehenden Reichstagswahlrechts geschehen könne.

Unter einer gefügigen" Reichstagsmehrheit versteht die Köln  . Volksztg.", wie es scheint, eine in nationalen Fragen zuverlässige Mehrheit. Für eine solche sorgt die Nation aber schon von selbst, dazu bedarf es feiner Wahlrechtstünsteleien. Was den der Köln  . Volksztg." enthüllten Plan im besonderen betrifft, so können wir feststellen, daß er an feiner amtlichen Stelle eriſtiert.

Bürgerliche Demokraten".

Borerst kommt bei ihr( der Sozialdemokratie) nur der Zorn zum Ausdruck und in diesem Zorn spricht der Vorwärts" wieder die alte unwahrheit von dem Zusammen­schluß der Liberalea und der Konservativen zu einer reaktionären Masse aus und sagt: Nur find wir darin heute weiter als vor 20 Jahren und darin spiegelt sich der Fortschritt, den wir seitdem gemacht. Damals schlossen fich Nationalliberale und Konservative zum Kartell zusammen, der Freifinn gehörte mit dem Zentrum noch zur Opposition. Heute gibt es feinen eigentlichen Gegensatz mehr zwischen Freisinnigen und Konservativen. Das Aufhören des Freisinns als demokra­tische Oppositionspartei, sein Wiederaufleben als linker Flügel der konservativen Regierungspartei, das ist die Signatur dieses Wahlkampfes." Wer die Wahlbewegung genauer verfolgt

hat, weiß, wie unrecht diese Behauptungen sind. Abgesehen von einigen Bezirken, wo besondere örtliche Gründe vorlagen, find die fortschrittlichen Parteien nicht nur selb­ständig, sondern fast überall gegen die Konserva­tiben vorgegangen, mit denen sie ja auch den Haupt­fampf zu führen hatten. Und was besonders hervorzuheben ist: der Wahlkampf ist von der Linken nicht etwa im Sinne der Regierung, sondern von den prinzipiellen Gesichtspunkten der freiheitlichen Parteien aus geführt worden, immer mit der Forderung, daß in der Regierung liberale Grundsäge durchgesezt werden müssen, und mit der entschiedenen Front gegen die Reaktion. Das haben die Wähler auch recht gut verstanden, und so bedeutet die Vermehrung der liberal- demokratischen Stimmen einen unver tennbaren Ruck nach links."

Es war vorauszusehen, daß das Regierungsblatt mit einer Ableugnung antworten würde, ist doch die Demen­tierung der einer hohen Regierung unbequemen Nachrichten, Die drei freisinnigen Gruppen- Freifinnige Boltspartei, Frei- ganz gleich, ob diese der Wahrheit entsprechen oder nicht, sinnige Vereinigung und Süddeutsche Volkspartei- erlaffen in der feine wichtigste Aufgabe. Daran, daß an den sogenannten freifinnigen Presse abermals einen Wahlaufruf, der sich indes auf höchsten Stellen allerlei Wahlrechtsveränderungspläne ge­die Aufforderung zu weiteren Gelb beiträgen beschränkt als die Nationalliberalen zu haben wären, besteht doch kein hegt werden und für diese Pläne sowohl die Konservativen und eine Stichwahlparole nicht enthält. Die Frage der Stichwahlen und der bei denselben von dem Zweifel. Noch sind erst wenige Tage vergangen, seit die Re- nationalliberale Magdeb. 8tg." schrieb, die Wahlen des Freifinn einzuschlagenden Taktik wird lediglich in einer Re- 25. Januar bedeuteten eine Belastungsprobe des Reichstags­folution behandelt, die der Vorstand des" Wahlvereins der wahlrechts; es müsse sich entscheiden, ob das deutsche Liberalen" am Sonntag gefaßt hat. Diese Resolution lautet: Die Hauptwahlen haben eine sichere Mehrheit für die Bolt mit diesem Wahlrecht selbst die Kor­Bewilligung nationaler Forderungen ergeben, dagegen rettur zu schaffen vermöge, oder ob diese auf Solches Zeug wagt das demokratische" Blatt zu schreiben, erscheint jetzt die Gefahr der Bedrohung bedeutsamer liberaler anderem Wege geschaffen werden müsse. Hinzu kommt, daß, trotzdem selbst ein Dr. Theodor Barth  , ein Mitglied der Errungenschaften( Reichstagswahlrecht, Koalitions wie aus Hamburg   berichtet wird, Herr Ballin, des Kaisers Freisinnigen Vereinigung, an dem reaktionären Dern recht, Gleichberechtigung alter Staatsbürger), Günstling, auf der von den Direktoren, Beamten und burg- Liebert- Wahlfurs des Freisinns während der Wahlkampagne für deren Aufrechterhaltung und Ausbau wir stets eingetreten find, Offizieren der Hamburg- Amerika- Linie   veranstalteten Kaiser  - wiederholt die äßendste Kritik geübt hat, trotzdem der ganze Frei­wesentlich nähergerückt. Geburtstagsfeier geäußert hat, dem Großhandel müsse da- finn beim diesmaligen Wahlkampf sein liberales Kampfprogramm­Wir fordern daher unsere Parteifreunde im Lande auf, nur durch im Reichstage eine Vertretung gesichert werden, daß stampf gegen den Zollwucher, die Fleischnot, die reaktionären solchen Kandidaten in der Stichwahl ihre Stimme zu geben, die das Reichstagswahlrecht durch eine berufs- Umtriebe gegen Wahlrecht und Koalitionsrecht usw. in die tiefste durch Programm und Bersönlichkeit eine sichere Gewähr ständische Angliederung der Vertreter der Truhe versenkt hatte! dafür bieten, daß fie nicht der politischen und geistigen Reaktion Hülfsdienste leisten." großen Erwerbsgebiete" ergänzt werde.

Db das, demokratische" Drgan auch jetzt nach der ent­

Der Wahlverein der Liberalen ist unseres Wissens die Drga- Allerdings würde eine derartige berufsständische hüllten schamlosen Stichwahltaktit des Freisinns seine Tiraden zu

sation der Freisinnigen Vereinigung  . Aber selbst die Freifinnige Vereinigung gibt nicht namens der Gesamtpartei eine Stichwahlparole aus, sondern beschränkt sich auf eine totale Kundgebung!

Obendrein vermeidet selbst die obige Resolution eine präzise Stellungnahme. Es wird nicht gesagt, daß die freisinnigen Wähler unter allen Umständen gegen Konservative und Nationalliberale stimmen sollen. Es wird nur von dem Programm und der Persön lichkeit gesprochen. Ja, die Wähler werden nicht einmal auf­gefordert, bestimmte Erklärungen von den betreffenden Kandidaten zu verlangen!

Eine Haltung, wie sie schwächlicher und unliberaler nicht gedacht werden kann, die aber gerade deshalb mit dem bisherigen Ber­halten des Freisinns im vollsten Einklang steht!

Die Freisinnige Volkspartei   schlägt die Freisinnige Vereinigung   an politischer Jämmerlichkeit natürlich noch um eine Nasenlänge. Der Vorstand dieser Partei hat, wie das Mosseblatt in seiner heutigen Abendnummer meldet, beschlossen, auf die Ausgabe irgend einer Parole für die Stichwahlen zu verzichten und es ganz wie bisher den Wählern im Lande zu überlassen, ob sie für die ärgsten Scharfmacher und Brotwucherer, die schlimmsten Wahlrechtsgegner und Feinde des Koalitionsrechts eintreten wollen!

Und diesen politischen Verrat begeht der Freifinn, trotzdem er ganz genau weiß, was auf dem Spiele steht! Wird doch selbst in der Resolution des Wahlvereins der Liberalen" auf die Gefährdung des Wahlrechts hingewiesen, die durch eine Stärkung der konservativen und nationalliberalen Rechten heraufbeschworen ist. Und schreibt doch der freifinnige Abgeordnete Schrader im Berliner Tage­blatt" über die durch den Ausfall der Hauptwahl geschaffene Situation:

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Die Widerstandskraft der Linken im ganzen gegen etwaige reaktionäre Pläne und gegen weitere indirekte Belastung des Volkes durch Zölle, Steuern und dergleichen ist geringer geworden.

Der Liberalismus muß in dieser Lage der Dinge be­sonders auf der Hut sein und scharf betonen, daß er weder seinen alten, stets vertretenen Grundsägen untreu werden, noch in ihrer Verteidigung irgendwie lässiger werden will. Er darf sich nicht darüber täuschen, daß gerade jetzt die Hauptgefahr von der rechten Seite droht....

Dem Liberalismus aber bleibt zurzeit nichts übrig, als damit zu rechnen, daß die Wahlen die rechte Seite ber­stärkt haben und die Stichwahlen sie noch weiter verstärken werden. Er muß sich hüten, selbst dazu beizutragen und dafür sorgen, daß niemand liberale Stimmen erhält, von dem zu be- l

Angliederung" einen Verfassungsbruch bedeuten; aber in gewissen nationalen und baterländischen" Kreisen nimmt man Verfassungsbrüche und Volksniedermezelungen sehr leicht, wie die Aeußerungen des Nationalheros Bismarck beweisen. Wenn die Ganaille" nicht pariert, wird sie zur Ader gelassen.

Deutsches Reich  .

Welt- nebst Heimatspolitik.

Die Deutsche Tageszeitung", das Organ des Bundes der Landwirte, beglückwünscht den Reichskanzler zu der Möglichkeit einer mehrfachen Mehrheitsbildung", die ihm gestatte, seine Agrarpolitik aufzugeben: folonialpolitischen Forderungen durchzusetzen, ohne die bisherige

Wenn sich auch die schließlichen Ergebnisse der Wahlen heute noch nicht ganz übersehen lassen, so kann doch heute schon fest­gestellt werden, daß Fürst Bülow   das erreicht hat, was er er reichen wollte, nämlich die Möglichkeit einer mehrfachen Mehrheitsbildung. Er wird in der Lage sein, im fünftigen Reichstage nicht nur eine doppelte, sondern eine dreifache Mehrheit zu bilden, und zwar eine, die aus der Rechten und dem Zentrum besteht, eine zweite, die aus der Rechten und den Liberalen sich zusammensetzt, und schließlich eine dritte aus dem Zentrum und den Liberalen. Das ist zweifellos für einer Staatsmann eine außerordentlich günstige Situation, besonder für einen von der Grundanschauung des Fürsten Bülow, der sich als Anhänger der aristotelischen Mittellinie bekannt hat und zu= gestandenermaßen, wenn man sich so ausdrücken darf, eine Politik des Eklektizismus, d. h. der Auswahl zwischen den verschiedenen Möglichkeiten, treiben will.

Was insbesondere die wirtschaftspolitischen Ber= hältnisse anlangt, so hofft der Liberalismus, daß der Reichskanzler sich auf diesem Gebiete ihm erkenntlich zeigen werde. Was auf jener Seite Hoffnung ist, muß auf unserer Befürchtung sein. Wir hegen vorläufig aber diese Befürchtung nicht. Der Reichskanzler hat sich zu der durch die neuen Handels­berträge begonnenen Wirtschaftspolitit so unzweideutig bekannt, daß er sich mit sich selbst in Widerspruch sezen würde, wenn er von diesen Bahnen abweichen oder sie gar ver lassen wollte. Er ist auch, wie wir ihn beurteilen, viel zu flug, als daß er übersehen könnte, daß er mit solchen Abweichungen seine Stellung schwächen und gefährden müßte."

Die deutliche Drohung zum Schluß ist nicht mißzuverstehen.

wiederholen wagen wird? Wir trauens ihm schon zu! Obwohl bei dem diesmaligen Ordenssegen der trotz des dekorierten ronsbein um die Reaktion verdienteste Mann, Herr Stein, der Berliner   Dirigent der Frankfurter   demokratischen Politik, über­gangen worden ist!-

Die Reichs"-Pleite.

Das Reich"- einstweilen noch nicht das Deutsche Reich  , sondern das Stödersche Reich" bor  steht der Pleite, das Reich", das offenbar schon damals nicht auf Rosen gebettet war, glaubte im Anfang des Jahres 1906 seine Finanzen dadurch fanieren" zu können, daß es aus der Konkursmasse der Staatsbürger Zeitung" im Ramsch deren Abonnenten und sonstiges Inventar erſtand. Aber dieser Ankauf brachte das Reich" der unvermeidlichen Pleite nur näher.

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Ehren- Stöcker sah sich deshalb seit Monaten genötigt, den Grund des Bettels. Man glaubte, die 60 000 M. follten einen seine Anhänger täglich um 60 000 m. anzubetteln. Er verschwieg Wahlfonds für christliche Arbeitervertreter im Reichstage bilden. Nun aber muß Stöcker erklären, daß es nicht auf die Lanzierung christlicher Arbeiterkandidaten abgesehen war, sondern nur auf die Berhütung der Reichs Pleite!

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noch diverse Zehntausende zu opfern, um das im Reich" angelegte Erbarmungswürdig beschwört Herr Stöder seine Gönner, doch Kapital von 250 000 M. zu retten!

der bisherige verschämte Bettel? Möglich wäre es schon, daß sich Ob diese offene Schnorrerei mehr Erfolg haben wird, als nunmehr einige mitleidige Sapitalisten fänden, nachdem die Gefahr, christliche Arbeiter"-Vertreter in den Reichstag zu bekommen, glücklich vorübergegangen ist!-

Hänge- Peters über Dernburg.

In der Finanz- Chronit" schreibt nach der Tages Beitung" Dr. Karl Peters  :

Deutschen  

Das Interessanteste aller diesmaligen Wahlkampagnen in Deutschland   ist für Außenstehende, daß der Reichstanzler und der stellvertretende kolonialdirektor selbst in die Arena hinabsteigen. Sie halten Reden, Wahl­reden. Das ist etwas Neues und Erfrischendes im Deutschen Reich  . Insbesondere geht Herr Dernburg   auf sehr neuen Bahnen. Ich halte zwar seine Wertschäzung unserer Kolonie für etwas zu hoch. Vielleicht wohl nur deshalb, weil ich einige Gebiete des schwarzen Erdteiles durch Augenschein sehr genau kenne. Wenn Dernburg 3. B. sagt, wir können wohl annehmen, daß jeder Schwarze einen Pfennig per Tag wirtschaftlichen Neuwert schafft, muß ich einwenden, daß wir das wohl nicht annehmen tönnen. Vielleicht dürfen wir annehmen

nach meinen