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gt. 25. 2umm. j Allllge des Jormitts" Kerlitler Uöldsdllltt. lM. Die russische   Revolution. Das Anleihegespenst. In den beteiligten russischen   Finan�kreisen spricht man von einer Versteckten Anleihe m Höhe von 800 Millionen Rubel, die die süd- russische   Gesellschaft der Montanindustriellen mit dem Staatsrat Awdakow an der Spitze im Auslande unter dem Vorwande zu realisieren wünscht: der russischen Regierung für das Recht, in Süd- rußland ein gröberes Eisenbahnnetz anzulegen, eine entsprechende Summe auszuzahlen.« Die französischen Sozialisten gegen de» russische  » Anleihe- schwindel. Paris  , 20. Januar,(©ig.©er.) In der gestrigen Kammersitzung brachte die sozialisiiiche Fraktion eine Interpellation ein, die von der Regierung Aufklärungen über die Vörsenmanöver und versteckten Anleiheunternehnumgen fordert, die die Interessen der Republik   und Frankreichs   schädigen. Die Interpellation kommt mit anderen, die gleichfalls die letzten Börsen- treibereien betreffen, am Montag zur Verhandlung. Die Regierung wird sich über die Manöver zur Regelung der neuen zarischen Anleihe und über die Machenschaften der Börsenclique äußern müssen. die die Kurse der französischen   Rente herabdrückt, um zu verhindern, daß der Finanzminister Caillaux   mit der Personaleinlommcn- steuer Ernst macht. Mit welchen Mitteln die Kapitalistenpresse arbeitet, um bei den kleinen Leuten" Stimmung zu machen, kommt in bezeichnender Weise in einem Entrefilet des aktiven Börseaners und Spießer- inoralisten H a r d u i n zuin Ausdruck, der imMatin" mit trivialem Witz Jobbermteressen zu Meinungen des gesunden Menschenverstandes umschwindelte. Er präsentiert seinem Publikum den Rentier buch  - stäblich alsarbeitsamen Abel", den der niederträchtige sozialreformerische Kai» erschlagen will. Imperialistische Wahlen. London  , 27. Januar. Etwa fünfzehn Jahre lang ist das Deutsche Reich mit dem Imperialismus schwanger gegangen, und jetzt ist er endlich da. Er ist eine Spätgeburt, die einige Jahre ein schwächliches Dasein ftisten und die Reaktton mit unauslöschlicher Schande bedecken wird. Dem Deutschen Reiche fehlen sowohl die geographischen wie die persönlichen Faktoren zu einer erfolgreichen imperialistischen Politik. Und je fieberhafter die Anstrengungen der Regierung sein werden, durch Träumereien und Wallunge» zu ersetzen, was ihr an Natur und Genie fehlt, desto umsangreicher und vernichtender wird die Niederlage sein. ES kann noch zu Wahlen kommen, die den Charakter eines napoleonischen Plebiszits annehmen werden. Denn so leicht geben imperialistische Regierungen ihre Pläne nicht auf. Aber vorläufig war der erste Wahlgang vom letzten Freitag noch kein Plebiszit. Die gegenwärtigen deutschen   Wahlen sind viel- mehr den englischen Wahlen vom Jahre 189S ähnlich: sie brachten uns daS Kolonialministerium Chamberlain, den Jameson-Streit, den Burenkrieg und die Entrechtung der Gewerkschaften. Freilich stellten sie auch die äußere Politik auf eine gesunde Basis, aber nur infolge der Elastizität de« englischen Geistes und der freiheitlichen englischen Verfassung. Und diese Faktoren fehlen im Deutschen   Reiche vollständig. Der Geist der herrschenden Elemente Preußen-DeutschlandS ist nicht elastisch, noch ist seine Ver- fasfung freiheitlich. In dieser Beziehung gleicht das gegenwärtige Deutschland   dem Frankreich   der sechziger Jahre und wir können m den nächsten Jahren noch Dinge erleben, die uns diese Parallele in ihrer ganzen schrecklichen Konsequenz zeigen werden. Die Wahlen vom letzten Frci...g sind recht merkwürdig und ver- dienen mit einem für Deutschland   noch unbekannten Maßstabe ge- messen zu werden. Sie sind die ersten Wahlen in der Geschichte des Deutschen Reiches, die einen ausgesprochen imperialistischen Charakter tragen. Bis jetzt handelte es sich bei Wahlen um nationale Fragen: Kampf gegen die Ultramontanen, gegen die Sozialisten, für Schutz- zölle, für Stärkung der Armee, lauter Fragen, die die inneren Angelegenheiten der Nation oder höchstens den Zweibund: Frank- reich und Rußland   betrafen. Jetzt greift Deutschland   über die kontinental-europäischcn Gebiete hinaus, um Pläne zu vertvirklichen, die es in unübersehbare weltpolitische Konflikte verwickeln können. Bei allen weltpolitischen Fragen Deutschlands   kommt in erster Linie England in Betracht. ES ist nicht nötig, diesen Satz des längeren zu begründe». Die ganze weltpolittsche Geschichte der letzten zwei Jahre ist nichts anderes als ein Konflikt dieser beiden Mächte. Deutschland   will sich nach überseeischen Gebieten ausdehnen, die englische Seemacht steht ihm im Wege. Um dieser Seemacht Achtung einzuflößen, rüstet Deutschland   zur See. Die maritimen Rüstungen Deutschlands   sind aber bis jetzt erfolglos geblieben. Sie führten nicht zu einer Macht auf dem Wasser, sondern waren cm Schlag ins Wasser. Jeder deutsche   Zug wurde von England pariert. Die deutsche   Welt- und Seepolitik erwieS sich in jeder Beziehung als minderwertig. Der deutsche   Plan, das Zünglem an der Wage zwischen Frankreich  -Rußland   einerseits und Englands anderseits zu sein, wurde durch den japanisch-russischen Krieg und durch die englisch  -französische Entente vollends beseitigt. Und den deutschen  Seerüstungen ist England stets gewachsen. Die deutsche   Flotte um die Nordsee beträgt jetzt kauin die Hälfte der Stärke der englischen. Hinzu kommt, daß in der Kriegschiffstechnik Deutschland Hinterstellig geblieben ist und keine Aussicht hat. in den neuen Errungenschaften den Engländern zu folgen. In fachmännischen Kreisen herrscht die Ansicht allgemein vor. daß der größte Teil der deutschen   Flotte bereits veraltet ist und zum alten Eisen geworfen werden muß. Und diese Ansicht ist auch in maritimen Kreisen Deutschlands  bekannt. Es sind Anzeichen vorhanden, daß man in Deutschland   an der Möglichkeit verziveifelt, den Engländern zur See als Macht- faktor entgegentreten zu können. Allem was zur See nicht möglich sei, könne man zu Lande versuchen. Ausgehend von diesem Gedanken, will Deutschland   in S ü d w e st a f r i k a eine Landmacht schaffen, um auf das britische   Reich einen Druck aueüben zu können. Deutschland   will hier diejenige Politik verfolgen, die Ruß- land bislang in den transkaspischen Gebieten verfolgt hat. wo es auf Indien   drückte. Dtan rechnet in Deutschland  . Südafrika   sei die Achillesferse Englands. Die Buren haben noch lange nrcht die Konflikte mit England vergessen: eine Auflehnung gegen den eng- Irschen   Eroberer sei wohl möglich. In solchen Momenten könne Deutichland mit einer starken südwcstafrikanische» Garnison   den Engländern Bedingungen stellen und ihnen Konzessionen abringen. Nur aus diesen Erwägungen erklärt sich die Empfindlichkeit der deutschen   Regierung über die Ablehnung des südwestaftikanischen NachtragSetatS; ebenso erklärt sich daraus der Wert, den die Regierung der sonst ökonomisch wertlosen Kolonie beimißt. Süd- westasrila hat für sie einen strategischen und diplomatischen Wert. Daß die deutsche Regierung von imperialistischen Gedanken ae- leitet ist. wurde an dieser Stelle oft hervorgehoben. Gezweifelt wurde nur an der Stärke deS imperialistischen Empfindens der Bourgeoisie. Die Wahlen vom letzten Freitag haben diese Zweifel beseitigt. Die herrschenden Klassen Deutschlands   sind imperialistisch und werden mit der Regierung durch dick und dünn gehen. Die ganze Unruhe, die man in bürgerlichen Schichten rn der letzten Zert wahrnehmen konnte, entsprang nicht etwa aus Unzufttedeiihett mit der halbabsolutistischen Verfassung, sondern mit den armseligen Er- aebnissen der bisherigen imperiattstischen Träume. Das Dernburgsche Irrlichtern genügte, ihnen wieder etwas Vertrauen einzuflößen und für eine Feuersäule in der imperialistischen Wüste zu halten. Aber lange wird daö Vertrauen nicht dauern. In England päd dt, feitfxn Politiker überzeugt, daß man Deutschlands   Diplo« matte nicht ernst nehmen dürfe; jedoch vernachlässigen sie die Maß- regeln nicht, die zur Verhütung von Ueberraschungen nötig sind. In der letzten Woche brachte die Presse mehrere Reuter-Depeschen aus Johannesburg  , die von militärischen Rüstungen in Südafrika  erzählen. Die Vertreter sämtlicher südafrikanischer Kolonien sind zu einer Konferenz zusammengetreten, um über die Verteidigung des Landes zu beraten. Hält Deutschland   in Südwestafrika eine Garnison von 8000 Mann, so werden die Briten   in Südafrika   eine Garnison von 20 000 Mann halten. Und die Buren haben ein zu gutes Gedächtnis, um die Krüger-Dcpesche vergessen zu haben. Die Ergebnisse der imperialistischen Wahlen lassen sich mit Genauigkeit verausi'agen: Schärfere Wettrüstungen zwischen England und Deutschland  ; Bauten von Schlachtschiffmonstern vom TypDread- nought"; schwere Steuerlasten für das deutsche   Volk; locilere Ent- rechrung der arbeitenden Klassen; allgemeine bittere Enttäuschung über die deutsche Weltpolitik. Und dann? Eiuwedcr ein Plebiszit und ein deutsches Scdan, oder allgemeine Wahlen wie in England 1006. die die Konservativen ruinierten. Chamberlain lahmlegten und die Arbeiterpartei als Macht etablierten. Welche von diesen beiden Möglichkeiten eintreten wird, hängt von der geistigen und moralischen Stärke des Proletariats ab. Wir enthielten uns in den letzten Wochen, die Stimmen der englischen Presse über die deutschen   Vorgänge zu bringen, da wir der Ueberzeugung sind, daß derVorwärts" über deutsche   Dinge besser Bescheid weiß als englische Korrespondenten und Redaktcure. Die deutsche Sozialdemokratie hat es nicht nötig, sich von Fremden belehren zu lassen. Sie hat bis jetzt in allen Fragen das richtige getroffen. Und wenn sie vielleicht das imperialistische Empfinden der Bourgeoisie nicht in seiner ganzen Tiefe erfaßt hat, so kam dies nur von der Geringschätzung, mit der sie den ganzen deutschen   Imperialismus betrachtete. Aber aus der englischen Preffe war auch dies nicht zu lernen, denn in England hielt man daran fest, daß es sich bei den Wahlen um einen kon- stitutionellen Konflikt zwischen Krone und Nation handelte. Auch dieser Irrtum ist dem Umstände zuzuschreiben, daß man den deutschen   Imperialismus für impotent, aber die deutsche Bourgeoisie für politisch reif hält.<_ Die sozialdemokratische Presse über den Wahlansfall. München  » Post(München  ): Auf eine parlamentarische Niederlage hat bisher die organisierte und klassenbewußte Arbeiterschaft noch jedesmal mit einer Erweiterung und Vertiefung ihrer Organisation geantwortet. Sie wird es auch diesmal daran nicht fehlen lassen. Sie beweist es, indem sie nach dieser Schlacht mit frischem Mute sich zum neuen Gefechte für die Stichwahlen stellt und ver- sucht, mit voller ungebrochener Kraft den ihr gebührenden Anteil noch zu erringen." Die Tribüne(Erfurt  ): Unser Fehler ist gewesen, baß wir uns durch den Riesenerfolg von 1903 täuschen ließen. Unsere Siege waren unter einer alles mit sich reißenden Parole:Billiges Brot, keine Wucherzölle" erzielt worden und hatten die Wirkung, daß dienationalen" Parteien aus dem Schrecken in eine Erbitterung verfielen, die den Reichsverband gebar und zur Anwendung der gemeinsten und verwerflichsten politischen Kampfmittel führte. Und wir selber haben die prinzipielle Schulung unserer 1903 eingereihten 900000 Rekruten vernachläisigt, so daß bei manchem von ihnen das Kriegsgeheul des Hottentottenkartells nicht ein- fach abprallte, sondern es zum letztenmal für denOrdnungS"- schwindel eingefangen wurde.... Alle großen historischen Bewegungen vollziehen sich in wellen- förmigem Auf- und Absteigen. Deshalb gönne» wir unserenAb- stieg" den nationalenSiegern" durchaus, da er erzielt wurde mit Mitteln, die ein zweitesmal nicht mehr verfangen können, weil die betreffendeaufsteigende" Geiellschaftsschicht fehlt.... Wir haben unser politisches Prinzip, unsere politische Ehre rein gehalten. Sie verbürgt allein das Anrecht auf eine Zukunft. Jetzt gilt eS, in den Stichwahlen Siege zu erfechten und dann die Schulung auf größter Basis zu organisieren. Dann nur allein wird uns die Zukunft gehören." Die BolkSwacht(Breslau  ): Die unsicheren Kantonisten sind von der Flutwelle der Faschings- Wahlparole mitgerissen worden. Der mit Pauken und Trompeten wachgerüttclte dumme Kerl auS derPartei der NichtWähler  " zahlte für die Droschken- und Autoinobilfahrt der fürstlichen und amt- lichen Schlepper mit einem Stimmzettel für den Kapttalistenklüngel. Wir blieben von ihm verschont. Was unS geblieben, ist die fort- schreitende treue Elite der Wählerschaft, die auftecht und geradeaus sehend unserer Fahne folgt und auch einmal bereit sein wird, größere Opfer für die Partei zu bringen, wie sie die Abgabe eines Stimm- zettels erfordert... Norddeutsches BolkSblatt(Bant): Sie fitzt im Rohr, die einzige reaktionäre Maffe, an die jetzt jeder glauben muß. der noch bisher an ihr gezweifelt, und sie wird sich machtige Pfeifen schneiden, solange sie im Rohre sitzt. Nur eines haben sie vergessen die herrschenden Klassen, daß nämlich der größte Teil der Nichtwählerpartei, die sie gegen uns ins Feld geführt, nicht zu den Herren von Bildung und Besitz. fondern zu dem Proletariats gehört. Sie haben einer schläfrigen, lethargischen Masse mit Versprechungen, die sie niemals halten werden, Leben eingehaucht. Aber sie werden die Geister, die sie so gerufen, nicht mehr loS werden. Die Regierung hat die Partei der Dummen momentan für sich auf die Beine gebracht; aber sie hat sie damit schließlich doch nur für uns wachgerufen. Hier wird nicht die geeinte Reaktion, hier werden wir die Ernte haben." Königödergcr BolkSzeitung(Königsberg  ):. Die deutsche Sozialdemokratie hat eine schwere Mederlage erlitten. die Feinde der Arbeiterklasse triumphieren I---- Jede Selbsttäuschung über die Siege unserer Feinde ist ausgeschlossen. Offen ausgesprochen das, was ist! Das ist die alte Pflicht, welche die deutsche Sozialdemokratie von ihren Vorkämpfern gelernt hat l JllufionenloS das Geschehene ertragen, aus dem Geschehenen die Konsequenzen ziehen, das ist die Aufgabe der Sozialdemokraten nach dem gegenwärtigen Wahlkampf. Wir Sozialdemokraten verlieren unseren Mut nicht, wenn wir einmal Niederlagen erlitten haben; wir können unsere Siegeszuversicht nicht einbüßen, weil unsere SiegeSstcherheit auf eherne Notwendigkeit gestellt ist." L'Humlmits(Paris  ): (In einem zweiten Arttkel vom Sonntag): .. Also die deutsche Sozialdemokratie hat eine Schlappe er« litten. Sie hat bei der Hauptwahl 19 Mandate verloren, und ihre Fraktton im neuen Reichstag   wird sicher geringer an Zahl sein als die im bisherigen Parlament. Wer aber darin eine ernsthafte und andauernde Schwächung der deutschen   Sozialdemokratie erblicken wollte, der würde sich gar sehr täuschen. Noch kennen wir nicht die Gesamtziffer der sozialdemokratischen Stimmen, doch bei Ueberprüfung der Teilresultate ergibt sich, daß die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen gegen 1903 zwar hier und da ein wenig zurückgegangen ist, aber an vielen Orten in sehr merklicher Weise zugenommen hat.... Selbst da, wo die bisherigen Abgeordneten unterlagen, ist die Zahl der für sie abgegebenen Stimmen vielfach stark gewachsen.... Wenn also die deutsche Sozialdemokratte auch Mandate verliert, so hat fich doch das deutsche   Volk nicht von ihr abgewandt.... Die deutsche Sozialdemokratie, die in dem Wirbelsturm, der alle chauvinistischen Leidenschaften, alle bürgerlichen Beängstigungen zusammenfegte, ihr großes Heer von 3 Millionen Anhängern un- versehrt erhielt, sie bleibt also eine starke Macht, mit der das Kaiser- tum noch zu rechnen haben wird.» Le Prnple(Brüssel): ... Als Haupt- Charakteristikum des 23. Januar ergibt sich die Taktik der antisozialdemokratischen Koalition. Die Truppen des Kaisers und seines Kanzlers haben indessen einen Pyrrhus-Sieg errungen; denn solche Siege sind ganz dazu angetan, das Proletariat über seine Klaffenintereffen zu belehren und die große soziale Klaffenscheidung zu fördern ganz wie wir's wünschen! Bereits läßt sich erfreulicherweise feststellen, daß der Ruhr- streik die Bekehrung einer großen Schar katholischer Arbeiter zum Sozialismus vollbracht hat. So eutwickelt sich langsam unter dem Einfluffe der Wirtschaft« lichen Faktoren die Einheit des Proletariats, während sich die kapilalistische Konzentration nur aus Kosten einer Verschlechte- rung der klerikalen Streitkräfte vollzieht, wodurch diese Konzen- tration eines TageS vernichtet werden muß.! l" Schlagwetter  . An der Unglücksstelle im Saarrevier spielen sich herz- zerreißende Szenen ab. Dort hocken bei den Leichen tn dumpfer, lautloser Verzweiflung Weiber und Kinder, hier löst der Schmerz über den Verlust des Gatten, des Vaters schrille, markerschütternde Schreie aus. Viele irren umher, sie finden den geliebten Toten nicht. Mancher von denen, die der Tod plötzlich dahinraffte, ist völlig entstellt, verstümmelt, verbrannt. Furchtbar wütete die Explosion und das verheerende Feuer. Durch die bereits in der gestrigen Nummer gemeldete zweite Explosion wäre beinahe auch noch die ganze Rettungs- Mannschaft von über hundert Köpfen ein Opfer der Katastrophe geworden. Immer noch lauten die Nach- richten über die Zahl der Opfer widersprechend. Nach der einen Meldung sollen zirka ISO Menschen verloren sein, nach anderen posittven Mitteilungen muß mit einer Zahl von 200 gerechnet werden. Uebcr die direkten Ursachen der Katastrophe verlautet noch nichts Bestimmtes, es ist auch fraglich, ob sie jemals ergründet werden können. Behauptet wird aber, in der Unglücksgrube, die zu fiskalischem Besitz gehört, seien alle Einrichtungen musterhaft gewesen, keine Vorsicht zur Ver- hütung von Katastrophen soll außer acht gelassen sein. Aber wie leicht man einem unglücklichen Zufall die Schuld zuzu- schieben geneigt ist, geht aus der Auslassung eines angeblich hervorragenden Fachmannes hervor. Von einem solchen läßt sich dieB. Z. am Mittag" folgendes mitteilen: Die Einrichtungen der Redengrube haben sich, wie dieS bei einer staatlichen Grube als selbstverständlich vorausgesetzt iverden darf, wohl zweifellos im besten Zustande befunden, und ins- besondere dürfte dies bei den neuen, erst seit kurzem in Betrieb genommenen Fettkohlengrnben der Fall gewesen sein. Wegen der vielen speziell auf den Zechen des Saarreviers auftretenden Schlagwetter sind die Zuführungseinrichtungen für ftische Luft, die sogenanntenWetter- führungen", von ganz gewalttger Leistungsfähigkeit. Sie saugen in 24 Stunden bis zu 12 Millionen Kubikmeter Luft aus den Baue» ab und führen ebenso viel Frischluft zu. die sich auf Strecken von mehreren Kilonietern Länge verteilt. Die Sicherheitslampen werden vor der Einfahrt ins Bergwerk an die Bergleute verteilt. sie sind verschlossen und der Verschluß ist plombiert, so daß sie im Innern des Baues nicht geöffnet werden können; ebenso findet auch eine genaue Untersuchung der einfahrenden Belegschaft daraufhin statt, daß sie keine Streichhölzer, Pfeifen usw. mit sich führt. Sprengungen dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn eine vorhergegangene Prüfung das Fehlen von Grubengas ergeben hat. In Anbettacht aller dieser Vorsichtsmaßregeln sollte man also eine Explosion für ausgeschlossen halten. Es mag in diesem Falle aber ein unglückseliger Zufall die Hand im Spiele gehabt haben. So ist es z. B. schon vorgekommen, daß ein kräftig gegen das Gestein geführter Schlag vorbeiging, oder daß die Hacke ab- rutschte, wobei die Lampe getroffen und ihr Drahtnetz zerstört wurde. Ob dieser Zufall die Ursache zu der Katastrophe in der Redengrube bildete, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, und es muß überhaupt zweifelhaft erscheinen, ob man sie jemals wird ermitteln können. Wir möchten nur auf eine Unstimmigkeit in der Aus- lassung des Fachmannes hinweisen. Wenn die Wetterniaschinen so vorzüglich sind und in Betrieb waren, wo sollen denn die Wetter hergekommen sein, die durch einen Hackenschlag zur Entzündung gebracht werden konnten? Aus dem Unglücksrevier liefen folgende weitere Mcl- düngen ein: Neunkirchrn» 29. Januar. Ueber die Zahl der bei dem furchtbaren Unglück in der Grube Reden verunglückten Bergleute hat man bisher keine bestimmten Feststellungen machen können. Fest steht, daß gestern morgen über 600 Bergleute eingefahren sind. Gegen 8 Uhr gab es eine Explosion schlagender Wetter in der fünften Tiefbausohle, die sofort einen gewaltigen Brand zur Folge hatte. Man nimmt jetzt an, daß die Zahl der Toten und Verwundeten etwa 200 beträgt. Die Zahl der Verunglückten konnte gerade so wenig mit Sicherheit bis jetzt festgestellt werden wie die Zahl der Geretteten. Die Geretteten sind zumeist in Gruben der Nachbarschaft, welche mit der Grube Reden in Verbindung stehen, ausgefahren. So sind ettva 40 Bergleute zur Grube Heinitz ausgefahren. Die Bergwerksinspektton erklärt sich außerstande, Auskunft zu erteilen, da infolge einer zweiten gewaltigen Explosion jeder Ueber- blick fehlt. Bis nachmittags 5 Uhr hatte man 104 Tote, 24 schwer und 30 leicht Verletzte geborgen. Dann, erfolgte die neue Kata- strophe. Eme weitere Explosion schlagender Wetter versperrte etwa 150200 Mann der eingefahrenen Nettungsmannschafteii den Weg, und man fürchtet, daß auch diese verloren sind, da der Brand immer weiter um sich greift. Das Feuer hindert die Rettungsarbeiten außerordentlich. Ein Bergmann  , der gerettet wurde, hat die Sprache verloren. Bei der zweiten Explosion schätzt man die Zahl der Toten auf 300. Saarbrücken  , 29. Januar. Die gesamten Rettuilgsmaunschaften konnten sich noch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Demnach wären die 130200 eingefahrenen Mannschaften, die zur Rettung aus« gingen, gerettet. Saarbrücken  , 29. Januar. Die Rettungsmannschaften von der GrubeHerne  " in Westfalen   sind hier eingetroffen. Sie sollen die RettungSabteilungen von Frankenhausen und den übrigen Saargruben verstärken. Seit gestern nachmittag 3 Uhr konnten diese nicht mehr vordringen; sie ivaren in Lebensgefahr. Die Leute von Herne   sind mit ihren Pneumatophoren, den NettungL- apparaten ausgestattet, die sich in Courisres bewährt haben und auf die Erfindungen des Hofrates Rudolf Ritter   von Walcher- UhSdal in Wien   und des UmbersiiätSprofefforS Gärtner zurückgehen. Ihre Quintessenz sind Mitnahme einer Flasche kom- primierten Sauerstoffs und Borkchrungen zu alkalischer Erneuerung der ausgeatmeten Lust. Saarbrücken  , 29. Januar. Die Bergungsarbeiten mußten während der vergangene» Nacht vollständig einaestellt werden, da der Brand