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Nr. 278.

Grscheint täglich außer Montags. Prets pränumerando: Biertel­Jährlich 3,30 Mart, monatlich 4,10 mt, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Belt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Defterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Auslands Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652.

Vorwärts

9. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfa Inserate für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werben. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Sernsprech- Anschlug amt 1, Nr. 4186.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Au die Parteigenossen!

Sonnabend, den 26. November 1892.

Der Parteitag in Berlin hat die Unterzeichneten wieder mit der Führung der Parteigeschäfte betraut; im Anschlusse an diese Wahl hat sofort die Konstituirung der Parteileitung, entsprechend den Bestimmungen des§ 18 Abs. III des Organisations- Statuts ftattgefunden.

Es wurden bei der Gelegenheit nachfolgende Beschlüsse gefaßt:

Das Parteibureau befindet sich mie bisher

Berlin SW., Kazbachstraße 9.

Alle für den Parteivorstand bestimmten Briefe und sonstigen

Sendungen sind an diese Adresse zu richten.

Bis zur Uebernahme der Parteikasse durch den neugewählten

Berlin , 25. November 1892.

Für die Parteileitung: August Bebel , Paul Singer , Vorsitzende.

J. Auer, Richard Fischer, Sefretäre.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

von einer Zentralstelle aus alle zu erfüllen, ist unmöglich; dies aufgaben unterlassen oder alle möglichen anderen Steuern ver­fann nur geschehen, wenn die Genossen allerwärts nach ihren suchen werden, als daß sie ihren lieben Grund und Boden Kräften sich an der Agitation betheiligen. mit erheblichen Abgaben beschwerten. Nun wird zwar Deshalb: Alle Mann an Bord! Hoch die sozialdemokratische überall dort, wo wir in der Gemeindeverwaltung mitzusagen Partei! haben, immer mehr darauf hingewirkt werden, daß der Besitz doch zur Steuer herangezogen wird, und insofern ist uns ja Miquel's Plan willkommen; aber der schlaue Bourgeoisminister hat auch hier fürsichtig vorgebaut. Er will in§ 2 Abs. 2 seines Entwurfes ausdrücklich bestimmen: Durch direkte Steuern darf nur der Bedarf aufgebracht werden, welcher nach Abzug des Einkommens der indirekten Steuern von dem gesammten Steuerbedarfe verbleibt." Das heißt in verständlichem Deutsch: erst wenn aus der besitz­losen Masse der Gemeindebevölkerung durch indirekte Ge­meindeſtenern gar nichts mehr herauszupressen ist, darf an eine Abgabe Abgabe von dem geheiligten Besiz gedacht Und das führt sich in der Dent mit hochtönenden darüber Redewendungen die " Steuergerechtigkeit" hergestellt werden solle, welche in den Gemeinden eine bessere Ausbildung der Besizsteuern angezeigt erscheinen lasse! Leichteren Sinnes ist wahrhaftig noch kaum in Gesetzentwürfen zu einer epochemachenden Reform" mit hohler Theorie und un­genirter Praxis geschritten wordeit. Das indirette

Albin Gerisch,

Kassirer.

*

Den Parteigenossen diene zur Nachricht, daß unser zur Nachricht, daß unser werden. Raffirer Albin Gerisch, welche Uebernahme mit Anfang Organisationsstatut mit den auf dem soeben beendeten Parteitag schrift nächsten Monats erfolgen wird, find Geldbefchloffenen Aenderungen durch das Parteibureau zu beein, daß sendungen für die Partei noch an ziehen ist.

August Bebel , Berlin W., Großgörschenstr. 22a

zu richten.

Sobald die Kaffenübernahme erfolgt ist, wird die Ver­

öffentlichung der Adresse des neuen Kassirers erfolgen.

Der Miquel'sche Entwurf

Beschwerden von Parteigenoſſen über den Parteivorstand oder eines Gemeindesteuer- Gesetzes Steuersystem auch in den Gemeinden zur

beffen Geschäftsführung sind an

einzusenden.

Heinrich Meister,

Hannover , Pferdestraße Nr. 9,

G. 37.

G. 89.

berührt die Genoffen im Lande eigentlich am meisten, weil Afterweisheit eines Miquel's, der immer schon als echter die Betheiligung an der Verwaltung größerer Städte in Nationalliberaler die indirekte Steuerbelastung des Volkes Preußen für uns immerhin noch möglich ist, während wir im Reiche gutgeheißen hat. Was der jezige preußische von jeher darauf verzichtet haben, für die Wahlen zu Finanzminister zu diesem Zwecke seinen preußischen Land­Nach§ 4 unferes Organisationsstatuts hat die Wahl der dem reaktionären preußischen Landtage mit seinem elenden tags- Abgeordneten an sophistischer Steuerlogit in der Be­Bertrauenspersonen alljährlich, und zwar im Anschluß an den Wahlsystem auch nur einen Finger zu rühren und an gründung seines Gemeinde- Abgaben- Gesetzes zu bieten wagt, Parteitag zu erfolgen. Wo diese Wahlen also noch nicht statt- den preußischen Staatsgesehen mitzuwirken. Deshalb be- Das sei nur an einem einzigen Beispiel erhärtet. In dieser gefunden haben, werden die Genossen hiermit aufgefordert, die schäftigen sich die Genossen in Westdeutschland bereits mit Begründung findet man wörtlich die folgenden beiden Stellen nothwendigen Schritte zur Neuwahl der Vertrauenspersonen Vortrag des Genoffen Landé in Elberfeld hervorging, der dem Entwurf, wie aus dem an dieser Stelle mitgetheilten ganz nahe bei einander: zu thun. sehr eingehend die Einzelheiten behandelte, und deshalb Ungerecht und unbillig ist ,, Auf der anderen Seite wird Sobald die Wahl der Vertrauenspersonen erfolgt ist, ist sollen nunmehr noch kurz die allgemeinen Grundsäge be- diese( bisherige) Art der kom- auch nicht zu verkennen sein, daß Anzeige davon an das Parteibureau zu erstatten. sprochen werden, nach welchen das vom Finanzkünstler munalen Besteuerung, weil die die Bedeutung der indirekten Parteigenossen! Der Parteitag in Berlin hat gezeigt, Miquel vorgeschlagene Gemeinde- Abgaben- Gesetz verfaßt ist. Gemeinde im Gegenjake Steuern für den kommunalen Daß die alleinige Ueberlassung der Grund- und Gebäude zum Staate einen vorzugs Haushalt in zahlreichen Fällen daß die Partei in alter Stärke und ungebrochener Ginigkeit steuern, welche bisher in der Hauptsache vom Staat erweise wirthschaftlichen Verband hinter derjenigen der direkten dasteht. Die jetzige Zeit mit ihrem wirthschaftlichen hoben wurden, an die Gemeinden und die Redensarten von Dungen in vielen und erheb getreten ist und es wird bei darstellt, dessen Aufwen- Steuern zu sehr zurück­Niedergang und daneben den unerhörten Ansprüchen an der Heranziehung des Besitzes" eitel Wind find, wurde lichen Beziehungen an erster der geplanten Neuregelung des die Steuer und Wehrkraft des Volfes, ist geeignet, wie schon in den früheren Betrachtungen über die Miquel'sche Stelle den Grund- und Kommunalsteuerwesens auch den faum je ein Zeitpunkt früher, Anhänger für unsere Partei zu ge- Reform" hier gesagt. Inzwischen hat es in der Landtags- a usbesigern, sowie den Gesichtspunkt Rechnung getragen winnen und die Unhaltbarkeit der gegenwärtigen Zustände immer debatte ein früherer Kollege des Finanzministers, der ver- Gewerbetreibenden zu Gute werden müssen, daß zur Ber breiteren Schichten des werkthätigen Bolles vor Augen zu führen. flossene Minister des Innern, Herrfurth, bestätigt, und die fommen und deshalb vor- minderung eines über­Mögen deshalb die Genossen die Agitation für Verbreitung der Herren müssen sich ja untereinander am richtigsten 8ugsweise von diesen mäßigen Drudes der fozialdemokratischen Grundfäße unermüdlich, wie bisher, auch in beurtheilen können. Herrfurth hat Miquel nachgewiesen, au tragen sind." Zukunft betreiben; der Sieg muß uns werden. daß durch die Umwandlung der Grund- und Gebäudesteuer aus einer staatlichen in eine städtische, so wie dieselbe vor sich gehen soll, lediglich den Besitzern ein Riesengeschenk ge­macht wird, weil die Herren in Stadt und Land in der Ge­meindeverwaltung fißen und lieber die nöthigsten Kultur­

Thue jeder Genosse an seinem Poften seine Pflicht; dies ist das beste Mittel, den auf dem Parteitag allseitig laut gewordenen Wünschen nach mehr Agitation gerecht zu werden. Diese Wünsche

Feuilleton.

Mach brud nerboten.)

Bel- Ami. Roman

von Guy de Maupassant .

[ 23

Der lange Tisch in der Mitte war den fliegenden Mit­arbeitern eingeräumt. Gewöhnlich diente er aber als Gig. Die Redakteure ließen entweder ihre Beine herabbaumeln, oder saßen in türkischer Manier auf seiner Platte. Zu weilen hockten fünf, sechs Menschen auf diesem Tisch und pielten in der Haltung chinesischer Pagoden stundenlang mit dem Fangstod.

direkten Kommunalsteuern die Einführung angemessener Verbrauchsabgaben in den Haushalt der Gemeinden fich in der Regel empfiehlt."

Diese Gegenüberstellung zeigt unseres Erachtens, daß

Beitig ging er aus der Redaktion fort, weil er sich Neues ist bei uns nicht passirt. Nur sollst Du wissen, noch umkleiden mußte. Er schritt die Rue de Londres daß entlang, da sah er vor sich eine kleine Frau trippeln, die Im Geheimen interessirte er sich noch immer für alles, ganz die Gestalt von Frau von Marelle hatte. Er fühlte, was in seinem Heimathsdorf vorging, was die Nachbarn wie er roth wurde. Sein Herz schlug heftig. Er ging über machten und wie die Ernte stand.

die Straße, um ihr Gesicht von der Seite zu sehen. Sie Während er sich vor seinem kleinen Spiegel eine weiße blieb stehen, weil sie auch über den Damm wollte.

Gott sei Dank, er hatte sich getäuscht; er athmete wieder auf.

Oft hatte er sich schon gefragt, wie er sich benehmen würde, wenn er sie einmal träfe. Sollte er sie grüßen oder thun, als sähe er sie nicht?

so

Ich werd' sie ja nicht sehen," dachte er. Es war kalt, die Rinnsteine waren zugefroren. Grav schimmerte das trockene Trottoir im Gaslicht.

Kravatte umband, wiederholte er in seinem Innern: Ich muß morgen an Bater schreiben. Schöne Augen würde der Alte machen, wenn er mich so heute Abend sähe. Ver­teufelt auch, so ein Diner hat er in seinem Leben noch nicht gesehen, wie das, woran ich heute Abend theil­nehme."

Und die alte schwarze Küche des väterlichen Hauses stand mit einem Male vor seinen Augen; hinter dem leeren Gastsaal lag sie; er sah die Kupfertasserolen längs der Als der junge Manu seine Wohnung betrat, dachte er: Wände glänzen, sah die Haustage wie eine tauernde Chimära Auch Duroy hatte allmälig Geschmack an dieser Unter" Ich muß ausziehen. Die Bude paßt mir nicht mehr." Er am Heerde hocken und sich am Feuer wärmen, sah den Tisch, war aufgeregt und lustig; es war ihm zu Muthe, der vor Alter und Flecken fettig glänzte, mit der rauchenden haltung gefunden und unter St. Potin's Leitung und mit als müsse er auf die Dächer flettern, und während er vom Terrine in der Mitte, zwei Tellern und einer brennenden Hilfe seiner Anweisungen war er ein hervorragender Spieler Bett zum Fenster schritt, sprach er mehrere Male ganz laut Kerze. Und auch seinen Vater und seine Mutter Forestier, der immer kränker wurde, hatte ihm seinen vor sich hin: Jetzt kommt das Glück, das Glück! Ich sah er mit ihren Bauerngesichtern, wie sie langsam die muß doch an den Alten schreiben!" fchönen Fangstock aus westindischem Holze abgetreten, den Von Zeit zu Zeit schrieb er an seinen Bater, und kannte er, jede Arm- und Kopfbewegung. Er wußte sogar, er erst fürzlich erworben hatte, aber jegt ein wenig zu seine Briefe weckten jedesmal helle Freude in der kleinen was sie sprachen, wenn sie sich so jeden Abend bei der schwer fand. Duroy aber warf mit fräftigem Arm die normannischen Hütte, die dicht am Wege auf der Anhöhe Suppe gegenüberfaßen. große schwarze Kugel, die an einer Schnur befestigt war, in lag, von der man auf Rouen und das breite Seinethal Er dachte noch:" Schließlich sollte ich sie doch einmal die Luft und zählte leise: Eins zwei- drei vier- hinabblidt. fünf- sechs."

geworden.

-

An dem Tage, wo das Diner bei Walter's stattfand, gelang es ihm zum ersten Male, bis zwanzig zu kommen. Ein guter Tag," dachte er, heut hab' ich Erfolg." Denn m den Räumen der Vie Française" verlieh die Geschic lichkeit im Fangstockspielen eine Art Ueberlegenheit.

Bon Zeit zu Zeit erhielt auch er ein blaues Rouvert, dessen Adresse eine zitternde Hand in großen Schriftzügen aufgemalt hatte, und unfehlbar las er folgende Zeilen, mit denen jedes dieser väterlichen Schreiben begann:

Mein lieber Sohn! Mit Gegenwärtigem theile ich Dir mit, daß Deine Mutter und ich wohl find. Viel

Suppe auslöffelten. Jede Falte in ihren alten Gesichtern

besuchen!" Dann aber blies er das Licht aus, denn er war mit feiner Toilette fertig, und stieg die Treppen hinab.

Am äußeren Boulevard strichen Dirnen an ihm vor­über. Er wies fie mit einer unwilligen Armbewegung ab. Laßt mich doch in Frieden!" Er war ordentlich böse, als wenn sie ihn beleidigt, verkannt hätten.... Wofür nahmen

"