Miljukow bei Stolypin . In den letzten Tagen war in Petersburg das Gerücht verbreitet, daß Miljukow von Stolypin in Audienz empfangen worden sei und daß die Kadetien mit der Regierung Unterhandlungen führen. An- läßlich dieses Gerüchts bat Miljukow in der„Rjetich"(6. Februar) folgende Erklärung veröffentlicht: .In Anbetracht der zahlreichen an dieses Gespräch geknüpften Kommentare und Vermutungen halte ich es für notwendig, zu er- klären, daß ich tatsächlich von Stolypin in der Frage der Leglisierung der Partei empfangen worden bin.... Da gerade im gegen- wärtigen Augenblicke, wo wir vor den Wahlen stehen, die Lösung der Frage der Legalisierung von besonderer Wichtigkeit ist, habe ich mit Rück- ficht auf meine offizielle Stellung in der Partei, es für meine Pflicht ?ehalten, die Situation zu klären und habe eine günstige Gelegen- eit benutzt, um mit den, Vorsitzenden des Ministerrats Rücksprache zu nehmen.... Das Resultat war ein negatives. Die Partei wird im gegenwärtigen Augenblick nicht legalisiert werden, da die Unter- redung ergeben hat, daß die Legalisierung von einigen Schritten ab- hängig gemacht wird, die sich-aus dem normalen Gang de-Z Ein- iragungsprozesses nicht ergeben und für die Partei unannehmbar sind." Hus der Partei. Zur Forderung einer Preffekonferenz schreibt die Breslauer '»Lolkswacht": „Wir stimmen also dem Verlangen unserer Stuttgarter Kollegen vollkommen zu, wir möchten es aber noch insosorn er- wettert wissen, als der Parteivorstand auch eine Konferenz der Parteifunktionäre, vor allein der jetzt bereits sehr zahlreichen Parteisekretäre veranlassen sollte, um— viel- leicht in Verbindung mit der Preßkonferenz— Fragen der künftigen Organisation und Agitation zu beraten, die ja erfahrungsgemäß auf unseren allgemeinen Parteitagen nicht mit der Wünschens- werten Gründlichkeit erörtert werden können." Die.Münchener Post" sagt: „Wir halten den Vorschlag unseres Stuttgarter Parteiblattes für gut. Je eher diese Zusammenkunst erfolgt, um so besser. Unsere Presse befindet sich überall in der aufsteigenden Linie. Das muß besonders dazu benützt werden, der Generalanzeigerpresie das Feld völlig streitig zu machen. Eine gemeinsame Aktion zur Befreiung der Arbeiterfamilien von diesem ihrem schlimmsten Feinde, die Feststellung eines großen Orgmnsationsplanes zur Bekämpfung jener verkappten Hülfstruppe der Reaktion und des Scharfmachertums, wäre allein schon den Aufwand einer gemein- samen Tagung unserer Preßvertreter wert. Und es gibt, wie die „Schwab. Tagwacht" mit Recht sagt, außerdem noch eine Anzahl wichtiger und dringlicher Erörterungen für die Parteipresse, die keinen lange» Aufschub vertragen." Das.Volksblatt" für Kassel meint: „Wir finden den Vorschlag gut und unterstützen ihn. Vielleicht empfiehlt es sich auch, die Herausgeber der verschiedenen Partei- genössischen Korrespondenzen hinzuzuziehen." Die übrige Parteiprefie hat sich, soweit sie sich äußerte, mit kurzen Zustimmungserklärungen begnügt. Eine Ausnahme macht nur die Mannheimer„ V o l k s st i m m e die also schreibt: .... Merkwürdigerweise unterstützt die„Leipziger BolkSzeitung" diesen Vorschlag, obwohl sie sonst die durch „so manches Mißoerständnis" und„so manche Gereiztheit" ver- ursachte»„Zusammenstöße" mit anderen Parteiredaktionen nicht nur nicht vermied, sondern manchmal recht gern zu haben schien. Man scheint in Leipzig wie in Stuttgart über die Art und Form der Auseinandersetzungen zwischen den Parteiorganen also plötzlich anderer Meinung geworden zu sein. Die Ursachen dieser Wandlung sind nicht schwer zu erraten. Wir möchten yns aber gerade deshalb gegen den Stuttgart - Leipziger Vorschlag wenden, von dem ivir uns auch sonst keinerlei Nutzen versprechen' Wenn irgend einmal, so ist jetzt, nach den Wahlergebnissen des 25. und besonders des 4. und 5. Februar eine offene und ehrliche Aussprache in der Parteipresse nöttg. die wir durch keinerlei private Abmachungen'eines Redakteur-Kränzchens eingeschränkt wissen möchten. Und zwar sollten sich an derselben nicht nur die Re- daktionen selbst, sondern auch andere in der Bewegung stehende und mit den Verhältnissen vertraute Parteigenossen beteiligen. Je offener wir jetzt das Ergebnis der Hauptwahl und insbesondere auch die Abmachungen unserer Partei zur Stichwahl erörtern, und je mehr wir uns dabei von der Rücksichtnahme auf gewisse persönliche und lokale Strebungen und Strömungen freihalten, desto niehr wird die Partei Vorteil davon haben. Wir haben doch sonst diese Auseinandersetzungen nicht gefürchtet, warum soll es nun plötzlich anders werden? Immer frisch heraus mit der Meinung und nichts begraben in der Verschwiegenheit eines kleinen Redakteur-Kränzchens! Wir sind entschieden gegen den Borschlag der„Tagwacht"". Wir lassen die ungerechtfertigten Vorwürfe gegen die„L. V." auf sich beruhen und wollen nur bemerken, daß wir und wohl auch die„Leipziger Volkszeitung " und die„Schwäbische Tagwacht" nicht daran denken, die offene Aussprache über den Wahlausfall durch Abmachungen eines„Redakteur-Kränzchens" zu verhindern. Wofür wir bereits in der Sonnabend-Rummer den Beweis geliefert haben. Die Konferenz wird deswegen aber unseres Erachtens nicht überflüssig. Unverstäitdliche Beschwerde. Die„Fränk. Tagespost " er- hebt den unverständlichen Vorwurf, der„Vorwärts" trage dle Schuld daran, daß Genosse S e g i tz in Fürth -Erlangen unterlegen sei. Sie schreibt nämlich:.. „Wie gefährlich Erklärungen wie die des Partelvorstandes •sind, konnte man an der K r i t i k d e s„Vorwärts" erkennen. die als Flugblatt im Fürther und Schwabacher Wahlkreise vom Kaffernkartell verbreitet wurde und die W a h l M a n z, an Stelle der von Segitz zur Folge hatte." Unsere Kritik tadelte etwaige Wahlabmachungen init den Bauern- vündlern in den Wahlkreisen Fürth-Erlangen und Ansbach - S ch w a b a ch Sei es richtig, daß ein Abkommen dahin ge- troffen sei, daß die Sozialdemokratie sich in AnSbach-Schwabach bei der Stichwahl zwischen dem Bauernbündler und Ouidde der Stimme enthalte, weil sie als G e g e n l e i st u n g dafür in Fürth - Erlangen die Stimmenthaltung der Bauernbündler erwarte, so sei das tief bedauerlich. Wenn ein Sozialdemokrat nur mit Hülfe der K o n s e r v a t i v e n siegen könne, müsse er den Mut haben, in Ehren zu unterliegen..... Die„Fränk. Tagespost " erklärte demgegenüber, daß die Genossen in Ansbach -Schwabach aus eigenem Entschluß zur Parole der Stimmenthaltung gekommen seien, ohne auf eine dauern- bündlerische Gegenleistung in einem anderen Wahlkreise zu rechnen. Stack, dieser Erklärung ist es uns absolut rätselhaft, wie unsere in Flugblattform verbreitete Kritik die Wahl dcS Genossen Segitz in Fürth -Erlangen vereitelt haben soll I In der Stummer vo,n 4. Februar beschwerte sich die„Fränk. Tagespost " darüber, daß„vom Kaffernblock" in, Wahlkreise Fürth- Erlangen ein Flugblatt verbreitet worden, in dem die Unwahrheit kolportiert werde,'die Sozialdemokratie wolle in Ansbach -Schwabach für Quiddc eintreten, wodurch die Bauernbündler zum Eintreten für den Freisinnigen Manz veranlaßt werden sollten. Für diesen Flugblattschwindel kann aber die Kritik des„Vorwärts" nicht ver- antwortlich gemacht werden, da seine Krittk sich nicht gegen die W a h l- e n t h a l t u n g an sich, sondern nur gegen Abmachungen mit den Bauernbündlern richtete. Der Ausfall der Stichwahl in Fürth -Erlangen beweist nun. daß die Bauernbündler sich nicht der Stimme enthielten, sondern geschlossen für den freisinnigen Kandidaten stimmten. Bei der H auptw ah l, erhielten Stinnnen: Segitz 14142, Manz 11 023, der Bauernbündler 2137, das Zentrum 1513. Bei der Stichwahl siegte der Freisinnige Manz mit 16 063 Stimmen über Segitz, tet 15 941 Stimmen erhielt. Die Stichwahl mußte dies Ergebnis haben, sofern nicht die Sozialdemokratie für ihre Stimmenthaltung in Ansbach - Schwabach als Gegenleistung die bündlerische Stimmenthaltung in Fürth - Erlangen erwartete. Die„Fränk. Tagespost " aber besttitt ein solches Abkommen. Sie hat deshalb nicht die mindeste Ursache, die Bündler wegen ihres Eintretens für Manz anzuklagen; noch viel weniger Ursache aber hat sie, dem„Vorwärts" auch nur den geringsten Anteil an dem Unterliegen des Genossen Segitz auf- zubürden l Vom Fortschritt der Presse. In wenigen Tagen hat die„Nord- deutsche Volks stimme" zu Bremerhaven 600 neue Abonnenten gewonnen. Das„V o l k s b I a t t" zu S a a l f e l d hat zurzeit einen Abonnentenstaiid von 7014 und befindet sich damit an der Spitze aller Zeitungen in seinem Erscheinungsgebiete. Das„V o l k S b l a t t" für Bochum meldet einen Abonnenten- zuwachs von 2500 während der Wahlkampagne. poUieUitbes» Gerichtliches ulw. Das gleiche Recht. Genosse B r u h n S- Kattowitz soll nach gerichtlicher Entscheidung über einen Strafbcfehl 10 Mark zahlen, weil er als Mieter des Gcwerkschaftslokals zu Roßberg unterlasien hatte, die Leitungsrohre der Gasleitung vierteljährlich revidieren zu lassen und der Polizeibehörde Berich, zu erstatten. Ein als Zeuge geladener Polizeiwachtmeister wußte nur, daß im Gewerkschaflslokal die Leitung nicht revidiert sei, ob sie in andere» öffeinlichen Lokalen revidiert werde, wisse er nicht, darum hätte er sich noch nicht gekümmertl Strafkouto der Presse. Verworfen wurde von der Straf- kannner Dresden die Berufung des Genossen G r ö tz s ch von der„Sachs. Arbeiterzeitung" gegen ein Schöffengerichts- urteil, das ihn wegen Beleidigung eines Aucharbeiters mit 50 Mark Geldstrafe belegte. Die Strafe wurde aufrecht er- halten, trotzdem der Richter felbst das Verhalten des angeblich Beleidigte», der einen Kollegen denunziert hatte, energisch tadeln mußte. Soziales. Konkiirrcnzklausel der Warenhäuser. Eine für den Handlungsgehülfcnstand folgen- schwere bedauerliche Entscheidung von prin- zipieller Bedeutung fällte am Freitag die erste Kammer des Berliner Kaufmannsgerichtes, unter den, Vorsitz des Magistratsrats von Schulz. Es handelt sich um die erste der Malsenllagen, die seitens der Firma A. Wertheim gegen zirka neunzig frühere A»gestellte wegen Verstoßes gegen die Konknrrenzklausel anhängig gemacht sind. In den, zur Verhand- lung gekommenen Falle klagt das Warenhaus Wertheim gegen die zwanzigjährige Lagerdame Emilie E. Die Beklagte war vor drei Jahren mit 80 M. Gehalt eingetreten und hatte im AnstellnngS- vertrag auch die darin enthaltene Konkurrenzklausel mit unterschrieben. In dieser Klausel heißt es. daß sich die Angestellte verpflichtet, inner- halb eines Jahres nach Austritt„weder bei Tietz noch bei Jandorf noch in eine Firma, bei der die ersteren be- teiligt sind, einzutreten". Die Beklagte bewarb sich auf ein Inserat hin um eine Stellung beim„Kauf- Haus des Westens" und wurde auch mit einem höheren Gehalt, als sie zuletzt bezog, engagiert, ohne zu wissen, daß bei letzterem Unternehmen die Firma Jandorf beteiligt ist. Auf Grund dieses Tatbestandes stellte die Firma Werthein, den Antrag, die Beklagte E. zur sofortigen Einstellung ihrer Tätigkeit für das„Kaufhaus des Westens " zu verurteilen und ihr gleichzeitig für jeden Tag des Zu widerHandelns eine Haft st rase anzudrohen. Der Borsitzende der ersten Kammer. Magistratsrat Techow, riet der Klägerin vor der Hauptverhandlung, ihren Antrag auf Haft- strafe zurückzuziehen und eine aitgemesseue Geldstrafe zu beantragen. Die Firma Werthein, erklärte jedoch, ihren ersten Antrag voll aufrecht erhalten zu wollen und berief sich auf § 890 der Zivilprozeßordnung,»ach dem das Kaufmannsgericht auch im Beitreibungs falle von Geldstrafen berechtigt sei, von vornherein die Verhängung einer H a f tstr a f e auszusprechen. Die Finna begründet«m übrigen ihren Antrag damit, daß eine Geldstrafe die Beklagte nicht treffen würde, da die Firma Jandorf bekanntlich eventuelle Vertragsstrafen ihrer Angestellten auf ihre Rechnung überninnnt. Die Beklagte E. war nicht in der Lag», zum gestrigen Termine selbst zu erscheinen. Ein schlveres Nerve nf,eber, das sie infolge deS Antrages auf Haftstrafe befallen, fesselt sie ans Bett. Ihr Vertreter beantragte, die von der Beklagten unterschriebene Konkurrenzklausel für u u g ü l t i g z u e r k l ä r e n, da sie gegen § 138 des B. G.-B. und§ 74 des H.-G.-B. verstoße. Der Zusatz im Vertrage:„noch Firmen, bei denen die ersteren beteiügt find", sei geradezu ein Fallstrick für den gesamten Ä e h ü l f e n st a n d. Die Warenhausinhaber als Großkapitalisten seien in der Lage, sich an den ver- schiedensten Uliternchmuiigen zu beteiligen. Wie soll es ein Angestellter ermöglichen, sich über die Fmanzoperationen seines neuen Chess immer positive Gewißheit zu verschaffen? In be- sonders scharfen Worten wandte sich dann der Vertreter der Be- klagten gegen den Antrag auf Verhäng ung einer H a f t st r a s e. Wir seien heute glücklich aus den Zeiten der Schuldhaft längst heraus, und da sollte ein junges, un« bescholtenes Mädchen inS Gefängnis gesteckt werden können, nur weil ihr die Maschen eines bis jetzt einzigartig verklausulierten Vertrages zum Fallstrick geworden find? Das Kaufmannsgericht fällte nach langer Beratung folgende Entscheidung: Mit ihren, Antrage auf Verhängung einer H a f t st r a s e wird die Firma Werthein, abgewiesen, dagegen wird die Beklagte verurteilt, sich jeder weiteren Tätigkeit in,„Kaufhause deö Westens" zu ent- halten. Im Falle des Zuwiderhandelns hat die Beklagte zehn Mark Strafe fürjeden Tag zu zahlen. Dieses Urteil des KansinannsgerichtS ist der HandlungSgehülfen- schast außerordentlich nachteilig. Es entspricht nicht dem Gesetz. Eine Abrede, durch die ein HandlungSgehülfe über die Beendigung seines Arbeitsvertrags hinaus in der Verwertung seiner Tätigkeit beschränkt wird, beeinträchtigt das Recht des' Gehülfen, seine Arbeitskraft nach bester Gelegenheit zu verwerten, beein- trächtigt seine Gewerbefreiheit und erschwert sein Fort- kommen. Derartige Konkurrenzklauseln sind in den über- meisten Fällen rechtsungültig, weil sie durch die hervorgehobenen Folgen gegen die guten Sitten verstoßen. Die Rechtsprechung hat das auch früher bis in die Mitte der siebziger Jahre fast aus- nahmsloS anerkannt. Seit der Mitte der siebziger Jahre— seit dem Aufschwung Deutschlands in Handel mrd Industrie— haben die obersten Gerichte sich aber auf einen hiervon etwas abweichenden Standpunkt gestellt. Sie haben die Gültigkeit der Klausel davon abhängig gemacht, ob diese die Beschränkung der späteren Tätigkeit in billigen Grenzen nur auf einen bestimmten Zeitraun, oder auf einen bestimmten Ort erstreckt. Denselben Standpunkt hat das Handelsgesetzbuch(KZ 74, 75) eingenommen. Die von der sozial- demokratischen Fraktion eingebrachten Anträge, Konkurrenzklauseln schlechthin für ungültig zu erkläre», wurden abgelehnt. Ter maß- gebende§ 74 des Handeisgesetzbuchs lautet: „Eine Vereinbarung zivischen den, Prinzipal und den, HandlungSgehülfen, durch Ivelche dieser für die Zeit nach der Be- eiidigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird, ist für den HandlungSgehülfen nur insoweit ver- bindlich, als die Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegen- stand nicht die Grenzen ü b er schreitet, durch welche eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des HandlungS- gehülfen ausgeschlossen wird. Die Beschränkung kann nicht auf einen Zeittaum von mehr als drei Jahren von der Beendigung deS Dienstverhältnisses an erstteckt werden. Die Vereinbarung ist nichtig, wenn der Handlungsgehülfe zr Zeit des Abschlusses minderjährig ist." Diese Vorschrift mußte für die Entscheidung der dem Kaufmann!- gericht vorgelegten Streitfrage maßgebend sein. Es ist aber vom Kausinannsgericht zu Unrecht angenommen, daß die ihm vorgelegt, Klausel nicht die Grenzen überschreite, durch welche eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des HandlungSgehülfen ausgeschlossen ist. Ein WarenhauSverkäufcr, dem so ziemlich die gesamte Tätig- teit in Warenhäusern in und um Berlin untersagt ist, erleidet eine um so unbilligere Erschwerung seines Fortkommens, als das wirt- schaf.tliche Interesse des Warenhauses daran, daß sein Angestellter in keinen, Wareubause verkaufe, ein autzerordenllich geringfügiges ist oder überhaupt nicht existiert. Die mitgeteilte Entscheidung ist aber auch noch aus einen, anderen Grunde mit dem Gesetz nicht vereinbar. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Minderjähriger berechtigt ist. sich ohne Zustimmung oder Genehmigung seines gesetzlichen Vertreters einer Konventionalstrafe oder einer Konkurrenzklausel überhaupt zu unterwerfen. Tie Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Bd. 1, S. 144, 145) sprechen dagegen. Jedenfalls ist nach der oben zitierten ausdrücklichen Vorschrift des§ 74 Handelsgesetzbuchs Abs. 3 eine Konkurrenz» klansel nichtig, wenn der Handlungsgehülfe zur Zeit der Vereinbarung der Konlurrenzklausel minderjährig war. Und dieser Fall lag in dem mitgeteilten Tatbestand vor. Unzulässig ist aber auch die Androhung einer Geldstrafe gegen die Klägerin. Nach Z 888 Zivilprozeßordnung(dieser, nickt§ 890 kommt zur Anwendung) ist eine Handlung, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag durch Geld- strafe oder Haft zu erzwingen. Aber§ 888 Abs. 2 fährt fort:„Diese Bestimmung kommt im Falle der Verurteilung zur Eingehung einer Ehe, im Falle der Verurteilung zur Einstellung des ehelichen Lebens und in, Falle der Verurteilung zur Leistung von Dien st en aus einen, Dienst- vertrage nicht zur Anwendung." Die Jnnehaltung der Konkurrenzklausel-Vereinbarung ist ein„Dienst aus einem Dienst- vertrage". Die Zivilprozeßordnungsnovelle hat die Erzwingung von Leistungen aus einem Dienftvertrage, weil als mit den modernen Anschauungen lvidersprechend, für unzulässig erklärt. Da das Sttcitobjekl' wohl 500 M. übersteigt, ist zu erwarten, daß die Klägerin Berufung einlegt. Der Boykott— ein erlaubtes Kampfmittel. Gegen die infolge der neuen Brausteuer seitens der Brauereien erhöhten Bierpreise von 16 auf 13 M. pro Hekroliter haben sich be- kaimtlich die organisierten Hamburger Wirte zur Wehr gesetzt und in Kundgebungen zum Boykott der an den Preissteigerungen be- teiligten Ringbranereien ausgefordert. Die Interessenvertretungen dieser Brauereien habei, gegen das Aktionskomitee der Wirtevereine von Hamburg und Umgegend eine Klage auf Unterlassung solcher Boykottkui, dgebungen anhängig gemacht. In der Begründung machen sie gellend, daß durch den gegen sie ins Werk gesetzten Boykott das Recht der Brauereien auf ungehinderten Gewerbe- betrieb aufs schwerste angegriffen und ihnen ungeheurer Schaden zugefügt werde. Die Klage wurde von allen Instanzen zurückgewiesen. In der nun vorliegenden Urteilsbegründung des Hanseatischen Oberlandesgerichts wird u. a. hervor- gehoben, daß das Recht auf Ausübung eines selbständig betriebenen Gewerbes durch die Beklagten nicht widerrechtlich— weder vorsätzlich noch fahrlässig— verletzt sei, noch daß sie den Brauereien in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hätten. Den Wirten stehe das Recht zu, sich gegen die ihrer Meinung nach grundlose Erhöhung der Bierpreise zu wehren, ihren Zweck gemeinsam zu verfolgen und dazu die Unterstützung des Bier trinlenden Publikums durch öffentliche Bekanntmachungen anzurufen. Dies widerspreche so wenig der Rechtsordnung wie den herrschenden An- schauungen. Erwägungen solcher Art träfen auch nicht nur zu, wo es sich um Kämpfe zur Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen, also um das Anwendungsgebiet der§§ 152, 153 der Gewerbeordnung handle. Anders wäre es, wenn Kampf- mittel angewandt würden, die in an sich rechtswidrigen Handlungen beständen, oder wenn Maßnahmen getroffen wären, welche den Zweck und den Erfolg hätten, die gewerbliche Existenz des Gegners völlig und dauernd zu untergraben, was hier nicht in Frage komme. Hus Industrie und Kandel.. Die Große Berliner. In der AuffichtsratSsitzung der Großen Berliner Straßenbahn wurde beschlossen, der auf den 2. März d. I. einzuberufenden Generalversammlung die Verteilung einer Dividende von 8 Prozent in Vorschlag zu bringen. Die vorjährige Dividende betrug 73lt Prozent. Zum Katalog der Bibliothek der Korporation der Kaufmannschaft ist ein Nachtrag erschienen, der die Neuerwerbungen der Monate Dezember und Januar enthält. Derselbe wird in der Leseballe im Börsengebäude an Interessenten abgegeben. Die Räume sind jetzt werktäglich ununterbrochen von 9 Uhr morgens bis 10 Uhr abends geöffnet. Textilfabriken in Amerika . Während die Zahl der im Laufe des Jahres 1906 in den Vereinigten Staate» von Amerika von neuen Gesellschaften erbauten Seidenfabrtken hinter den vorher« gehenden Jahren infolge der Depression der Seidenbranche erheblich zurückgeblieben ist, hat die Zahl der Fabriken von Baumwollen-, Wollen- und Wirkwaren während des Kalenderjahres 1906 eine ansehnliche Erweiterung erfahren. Insgesamt sind von neuen Gesellschaften in, letzten Jahre 303 Textil- fabriken erbaut worden, während für 1905 nur 245 angemeldet wurden. Die Zahl der vorhandenen Baumwollspindeln hat sich in, Laufe des Jahres in, Süden um 294 952 und in Neu-England um ■171 000 vermehrt, lieber die Erweiterung der Leistungsfähigkeit älterer Fabriken durch Neucinstellung von Spindeln liegen bestimmte Angaben nicht vor. Man darf jedoch annehmen, daß die Zahl der Spindeln der Bauinivollfabriken insgesamt eine Bennehrnng um 1500 000, wenn nicht um 1750 000 erfahren hat(6 Prozent der zu Anfang deS Jahres vorhanden gewesenen Spindelzahl). Während das gewiß eine ansehnliche Erweiterung bedeutet, muß doch berück� sichtigt werden, daß allein in dem britischen Lancashiredistrikt die Zahl der vorhandenen Bauniwollspindeln 1905 und 1906 zusammen eine Vermehrung um über 6 000 000 erfahren hat. Sexverkscbafrtickey. Buchdrucker und Partei. In, jüngsten Wahlkampfe war der„Korrespondent für Deutsch . laiids Buchdrucker", das einzige Gewerkschaftsorgan, das nicht zur Teilnahme an den Wahlen durch Abgabe von sozialdeniokratischen Stinimzetteln aufforderte. Das Organ des Verbandes setzte sich da« durch mehrfach in Widerspruch mit den Angehörigen deS Verbandes. So sprachen die Leipziger Buchdrucker sich in einer Versammlung offen für die Sozialdemokratie ans, die Berliner Buchdrucker tadelten die Haltung des„Korrespondent" und die Frankfurter beschlossen, dem sozialdemokratischen Wahlfonds eine Summe aus ihrer Orts- lasse zuzufiihren. An der Spitze des gestrigen„Korrespondent" schreibt nun ein Herr Eduard Schad aus Halle a. S.: „Durch Zufall bekam ich Nr. 5 des„Thpograph" in die Hände: doch gleich nach Durchlesen de? ersten Artikels, besitelt „Die Neutralität der Verbändler", hatte ich vollauf genug. Ich weiß sehr gut, daß wir trotz unseres 8 1 vielfach als Sozial- demokraten angesehen werden: ist es mir doch selbst Passtert, daß ich beim Militär, als ich auf Befragen erklärte, ich sei Buchdrucker. für«inen Sozi gehalten wurde. Auch weiß ich, daß von
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