bereits mitgeteilt worden. Der Inhalt ist sehr mager und nament» lich von der Schulreform, die man als eine der wichtigsten und schwierigsten Aufgaben des neuen Landtags ansieht, handeln nur ein paar trockene, nichtssagende Sätze. Mit„lebhafter Ge- nungtuung" wird nochmals das Gelingen der Verfassungs- reform erwähnt und festgestellt, daß die Zweite Kammer sich ..nach den ganz überwiegenden Wünschen des Landes, die Ich gerne berücksichtigt habe, nunmehr ausschließlich aus Vertretern des Volkes auf Grund allgemeiner und unmittelbarer Wahl zusammensetz t". Der Hauptton wird auf die„unabweisliche Pflicht der Besserstellung sämtlicher Staats- beamten sowie der Kirchen- und Schuldiener" gelegt, ebenso wird mitgeteilt, daß„erhebliche Mittel für Ausgaben der E i s e n b a h n v e r w a l t u u g zu beschaffen sind". Etwas mehr an tatsächlichen Mitteilungen ist dem Begleit- schreiben des Finanzmini st ers zum Etat zu entnehmen. Die Finanzlage des Landes wird dort„dank der fortdauernden günstigen Gestaltung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse" als befriedigend bezeichnet. Die Erhaltung des Gleichgewichts im Hauptfinanzetat erscheine aber nur dann als gesichert,„wenn die Zeiten günstige bleiben und Württemberg durch Mehr- belastungen seitens des Reiches verschont wird". In letzterer Beziehung scheint der Finanzminister immerhin etwas skeptisch zu sein. Jedoch hätte es ja die württembergische Regierung, worauf sie noch hingewiesen werden wird, in der Hand, durch ihre Vertretung im Bundesrate dahin zu wirken, daß im Reiche jene ungeheuren Ausgaben eingeschränkt werden, welche die Ursachen der für die Einzelstaaten so un- angenehmen und ihr finanzielles Gleichgewicht bedrohenden Be- lastungcn sind. Ter Verlesung der Thronrede ging die auf Grund des§ 163 der Verfassung erforderliche Eideslei st ung der neu- eintretenden Stände Mitglied er voraus, an der infolgedessen auch die sozialdemokratischen Mitglieder der Zweiten Kammer teilnahmen. Am Tage danach fand die Präsidentenwahl statt, bei der Zentrum und Volkspartei miteinander rivalisierten. Die Zentrumsfraktion ist die stärkste des Landtags, doch zählt sie nur ein Mandat mehr als die Volkspartei, die den Präsidentensitz seit 12 Jahren inne hatte. Dieses eine Mandat wird außerdem, vermutlich erfolgreich, angefochten werden, so daß es fraglich er- schien, ob um dieses einen Mandates willen der Volkspartei das Präsidium genommen werden sollte, zumal ihr Kandidat P a h e r zweifellos eine geeignetere Persönlichkeit für das Amt ist als der Zentrumsmann Kiene. Das Zentrum sah auch wohl selbst ein, daß unter solchen Umständen ein eigener Verzicht ratsamer sei, als eigensinniges Beharren, und so erklärte es selbst, zugunsten einer anderen Partei zurücktreten zu wollen, nur— dürfe dies nicht die Volkspartei und im speziellen nicht Herr v. P a y e r sein. Es ließ vielmehr auf dem Umwege über den Bauernbund das Präsidium der Deutschen Partei(Nationalliberale) für deren Mitglied Staatsrat v. Balz anbieten. Die Deutsche Partei ist mit nur 12 Mitgliedecrn die kleinste des Landtags, weS- halb dieser Vorschlag außer beim Bauernbund, der in dieser Frage mit dem Zentrum ging, keinen Boden fand. Die Sozialdemokratie hätte auch schon deswegen nicht für v. Balz gestimmt, weil dieser Staatsbeamter ist und als solcher der Regierung gegenüber nicht die erforderliche Unabhängigkeit besitzt. Nachdem das Zentrum aber grundsätzlich auf seinen Anspruch verzichtet hatte, hatte die sozial- demokratische Fraktion völlige Entschlußsreiheit und entschied sich nun für Payer, der dann mit 56 gegen 31 Stimmen gewählt wurde. Dem Ergebnis dieser Präsidentenwahl war deswegen mit Spannung entgegengesehen worden, weil der Kampf um das Prä- sidium schon in der Landtagswahlbcwegung eine große Rolle ge- spielt hatte. Der erste Vizepräsident wurde nunmehr naturgemäß der Zentrumsabgeordnete v. Kiene, während bei der Besetzung des zweiten Vizepräsidenten wieder Differenzen auf- traten. Die sozialdemokratische Fraktion war mit 15 Mitgliedern als drittstärkstc Partei aus den Wahlen hervor- gegangen und zählte somit ein Mandat mehr als der Bauern- Hund mit seinen 14 Mitgliedern. Nachträglich ist aber jetzt ein als „Wilder" gewählter Abgeordneter dem Bauernbund als„Gast" bei- getreten, so daß daraufhin der Bauernbund ebenso wie die Sozial- demokratie den Anspruch auf den zweiten Vizepräsidenten erhob. Die Volkspartei war bereit, unseren Abg. Kloß zu wählen, die Deutsche Partei erklärte aber, es nur dann tun zu wollen, wenn der Bauernbund seinen Anspruch fallen ließe. Dies geschah nicht. Da die Sozialdemokratie mit ihrem Kandidaten daher in. der Minderheit geblieben wäre, so verzichtete sie freiwillig unter der Bedingung, daß chren Wünschen in bezug auf die Besetzung wichtiger Kommissionen entsprochen würde. Diese Bedingungen wurden erfüllt und somit wurde der Konservative Kraut zum zweiten Vizepräsidenten gewählt. Die Sozialdemokratie ist aber im Gesamtvorstande der Kammer keineswegs unvertreten. denn sie erhielt infolge ihres Verzichtes auf den zweiten Vize- Präsidenten zwei S ch.r i f t f ü h r e r p. o st e n zugestanden, die durch unsere Abgg. Feuerstein und Fi'scher besetzt wurden. In den K o ni m i s s i o n e n erhielt die Sozialdemo- k r a t i e folgende Vcrttetung: Finanzkommission: 3 Sitze, Abgg. K e i l, Kloß, Dr. Linde- mann. Volkswirtschaftliche Kommission: 2 Sitze, Abgg. Hilden - brand, Fischer. Kommission für innere Verwaltung: 3 Sitze, Abgg. Feuer- st ein, Mattutat, Keil. Justizgesetzgcbungs-Kommission: 2 Sitze, Abgg. Dietrich, Kurz. Legitimations-(WahlprüfungS-) Kommission: 1 Sitz, Abg. Hildenbrand. Geschäftsordnungs-Kommission: 2 Sitze. Abgg. Kloß, Schlegel. ' BauordnungsiKominifsion: 2 Sitzx, Abgg. Dr. Lindemänn, Dietrich. Volkeschul-Kommission: 3 Sitze, Abgg. Hildenbrand, Schäffler, Hehmann. Petitionskommission: 2 Sitze, Abgg. Tauscher, Mattutat. Staatsrechtliche.Kommission: 1 Sitz, Abg. Dr. Linde mann. Bibliothckkommisfion: 1 Sitz, Abg. Heymann. Kommission für die Staatsschulden-Verwaltung: 1 Sitz, Abg. W a s n e r. Kommission für die Prüfung der ständischen Kasscnrechnung: 1 Sitz, Abg. S e e g e r. In der Bauordnungs- und Petitionskommission fällt unserer Partei der erste Vorsitz,� in der Kommission für innere Verwaltung und der Bibliothekkommission der zweite Vorsitz zu. Außerdem ist der Sozialdemokratie je ein Sitz im engeren und weiteren Ständischen Ausschuß zugestanden, was für uns von großer Bedeutung ist, weil diese Körperschaft in der Zeit, in der der Landtag nicht versammelt ist, mit der Regierung zusammen die tatsächliche Leitung der Staatsgeschäfte zu besorgen hat. Für diese Körperschaft kommen die Abgg. Hildcnbrand uich Kloß in Betracht.. Mit diesen zahlreichen Funktionen, die von den sozialdcino- kratischen Abgeordneten auszuüben sein werden, ist ihnen eine große Arbeitslast und auch ein großes Vkaß von Verantwortung auferlegt. In der neuen und gegen früher ja wesentlich verstärkten Fraktion herrscht jedoch lebhafte Arbeitsfreudigkeit, so daß man die Hoff- nung hegen kann, daß bei niemandem Zweifel an der Neigung der Sozialdemokratie zu„positiver Mitarbeit" entstehen werden. Veutlckes Reich« Verleumder-Gesindel. Genosse Bebel ersucht uns um Aufnahme folgender weiteren Erllärmig: Me ich aus der bürgerlichen Presse ersehe, stammt die Lüge über da? Champagnergelage, das Genosse Singer, ich und ein dritter Unbekannter in einem Weinlokal des Berliner Westens gehabt haben sollen, aus der„Jnformatton", d. h. der Korrespondenz des Reichsverbandes zur Verleumdung der Sozial- demokratie. Diese Liigennotiz macht gegenwärtig die Runde durch einen großen Teil der deutschen Presse. Unter anderem sind es die„Hamb. Nachrichten", die„Leipziger Neuesten Nachrichten" usw. usw., die sich zur Verbreitung jener Schandnotiz hergeben. Ich bitte die Parteipresse, kontrollieren zu wollen, welche von den Blättern, die jene Lüge verbreiteten, noch soviel Ehr- und Scham- gefühl besitzen, um auch meine Richtigstellung aufzunehmen, und bitte Blätter, die dieses unterlassen, durch öffentliche Aufforderung zur Richtigstellung zu zwingen. Es ist offenbar, daß das Lügen- und Verleumdungsgewerbe, das im Wahlkompf gegen die Partei und die leitenden Personen unseren Feinden so gute Dienste leistete, mit Hochdruck weiter betrieben werden soll. Die„Information" des Reichsverbandes ist die Kloake, aus welcher die gegnerische Presse schöpft. Liefern die Partei und die führenden Personen in derselben nicht genügend Material, das in geeigneter Böeise gefälscht, dem Publikum serviert werden kann, so legt man sich wie im vorliegenden Fall aufs Erfinden. Die Parteipresse wird genötigt sein, weit mehr als bisher diesem schamlosen Treiben ihre Aufmerffamkeit zu schenken und mit den Lügnern und Fälschern unnachsichtkich ins Gericht zu gehen. Was mich betrifft, so werde ich im Reichstag die erste Gelegen- heit benutzen, um mit dem Präfidenten des Verbandes zur Ver- leumdung der Sozialdemokratie, dem Generalleutnant z. D. v. Liebert und seinem Stellvertreter dem Landgerichtsrat Hagemann öffentlich Abrechnung zu halten. Diese beiden mache ich in erster Linie verantwortlich für das ehr-, schäm- und gewissenlose Treiben des Reichsverbandes, für das sie die moralische Berantwortmig tragen. Dieses Treiben des Reichsverbandes in Verbindung mit dem, was der„Bayerische Kurier" über die offizielle Mache bei den letzten Wahlen veröffentlichte, zeigt, daß wir uns im glorreichen Deutschen Reiche in einer politischen Atmosphäre befinden, die zum Himmel stinkt. Schöneberg -Berlin , den 11. Februar 1667. A. Bebel. Die Lügennotiz der»Information" lautet nach den»Leipziger Neuesten Nachrichten": „Wie Bebel und Singer Kaiscrgeburtstag feierten, darüber wird der„Information" ein hübsches Geschichtchen erzählt, aus welchen: wieder einmal hervorgeht, daß es auch im„Zukuufts- staate" bevorzugte Genossen geben würde, die statt des Arbeiter- bieres Sett und andere Kapitalistenftenden genießen. Der„In- formation" wird nämlich von privater Seite geschrieben:„An Kaisergeburtstag— Mitternacht war längst vorüber— kehrte ich noch in ein bekanntes Weinrestaurant des Berliner Westens, in dem nicht gerade das Proletariat zu verkehren pflegt, ein. Aus einem Rundgange durch die Räumlichkeiten des Lokals wurde mein Interesse plötzlich von einer Gruppe von drei Herren auf das lebhafteste in Anspruch genommen. Während zwei dieser Herren, der eine mit stark ergrautem Spitzbart, der andere mit ebensolchen„Koteletten", sich innig umschlungen hielten, ein Bild tieffter Rührung, saß der dritte im Bunde teilnahmslos und ganz in sich zusammengesunken da; er schlief den Schlaf des Gerechten . Aus einem Eiskühler lugte der Hals einer Sektflasche her- vor; wenn ich richtig gezählt habe, war man bei der vierten angelangt. Als die beiden gerührten Graubärte eine Schwenkung zu nur bin ausfiihrten, erschrak ich vor Ueberraschung bis ins Innerste und glaubte meinen Augen nicht trauen zu dürfen. Aber da war eine Verwechselung ausgeschlossen, bei derart markanten und populären Köpfe» war ein Irrtum nicht möglich: es waren tatsächlich die beiden höchsten Würdenträger des Zu- kunftsstaates Bebel und Singer, die dort jenen er- greifenden Vorgang in Szene setzten. Den dritten der Herren, der augenscheinlich der Situation nicht gewachsen war, kannte ich nicht."_ Der Reichöverband zur Verleumdung der Sozialdemokratie hat eine Erwerbung gemacht, die semer würdig ist. Der frühere Reichs- tagsabgeordnete Dr. n:ed. Becker aus Sprendlingen bei Offen- dach, der es auf Grund seiner ReichStagStätigleit nicht mehr wagen durste, in seinem bisher innegehabten Wahlkreis zu kandidieren und der bekanntlich einer der skrupellosesten Belämpfer der Sozial- demokratie ist, hat seine Praxis aufgegeben und ist in die Dien sie des Reichsverbandes getreten. Herr Becker soll nach uns zugehenden Mitteilungen ein Gehalt beziehen, das niindcstcns dreifach höher ist, als seine bisherige Praxis ihm einbrachte. Außerdem sind:hm für jeden Reise- oder Agitationstag ungewöhnlich hohe Diäten zugestanden worden. De:» Verdienste seine Krone. Gegen die Freisinnigen. Der„Generalanzeiger für die ge- samten Juteressei: des Judentums" bringt unter der Ueberschrist: „Das Spiel ist aus" einen Artikel, worin er sich bitter über die Haltung der Freisinnigen bei den Wahlen beschwert. Er schließt den betreffenden Artikel mit den Worten: „I:: der Tat, die Antisemiten haben alle Ursache, auf ihre Wahlerfolge stolz zu sein. Seit der letzten Wahl hat sich die Zahl ihrer Abgeordneten verdoppelt: 15 im Jahre 1963 sinkt. Bauern- b:md), heute 86!I Allerdings müssen sich die Antisemiten bei den Freisinnigen auf da« herzlichste bedanken, denn nur auf Krücken d.er Freisinnigen ist über die Hälfte der antisemitischen Abgeordneten in den Reichs- tag gehumpelt!!" Auch Herrn Müller-Meiningen wird für seine anmaßende Ein- Mischung in die Stichwahl in Jena der Kopf gewaschen, DaS Blatt fragt: ob sich Herr Müller etwa schon jetzt als zukünsttger Partei« papst fühle, der sich über die Stichwahlparole einer befreundeten Partei leichten Herzens Hinwegseyen dürfe, wodurch der national- liberal-antisemilische Herr Lehmann gewählt worden sei. Wir begreifen den Schmerz des jüdischen Organs. Die Börse hat den Frersinnigen ihre Geldbeutel zur Verfügung gestellt und zum Dank dafür wählen die Freisinnigen Antisemiten. Das ist eine bittere Enttäuschung.—_. Die kleine deutsche und die große englische Flotte des Herr» Tirpitz wird in der nächsten Marinevorlage zweifellos eine große Rolle spielen. Klein und Groß find relative Begriffe. Man muß doch irgend einen Maßstab haben, woran es gemessen wird. Als solchen Maßstab kann man neben dem Kolonialbesitz doch nur die Handelsmarine nehmen, zu deren Schutz angeblich die Kriegs- marine wirken soll. Aus der seemännischen Bevölkerung muß doch auch der Stamm der Kriegsmarine entnommen werden! England hatte mit den Kolonien 1964 37 055 registrierte Schiffe mit einer Ladefähigkeit von 12 157(XX) Registertonnen. Oder wenn wir die in den Kolonien und für die Flußschiffahrt dienenden Schiffe außer Bettacht lassen, bleiben allein für Groß- britannien 14 479 Seeschiffe mit 16 278 666 Registertonnen und 259 489 Mann Besatzung. Demgegenüber stand eine Kriegs'- marine mit 424 Schiffen, die einen Rauminhalt von 1 668 226 Registertonnen und 164 330 Mann Besatzung hatten. Es kommen also ans jedes Kriegsschiff 34,1 Seeschiffe der Handelsmarine, auf je 1666 Tonnen der Handelsmarine 162,2 Tonnen der Kriegsmarine, und auf je 166 Nkann der Besatzung der Handelsmarine kamen 46,2 Mann der Kriegsmarine. Deutschland hatte 1965 4224 registrierte Seeschiffe mit 2 352 575 Registertonnen Ladefähigkeit und 66 616 Mann Besatzung. Die Kriegsmarine hatte einschließlich der Hochsee-Torpedo« boote, die bei England auch mitgerechnet sind 227 Schiffe mit 543 562 Tonnen Rauminhalt und 46 672 Mann Besatzung. Beim Rauminhalt fehlt die Tonnenzahl der 166 Hochsee-Torpedoboote, die jedes 396—566 Tonnen Rauminhalt haben. Bei den Angaben über die englische Flotte ist der Rauminhalt der Torpedoboote mitgerechnet. Es kommen demnach in Deutschland auf jedes Kriegsschiff nur 18,6 Seeschiffe der Handelsmarine, auf jede 1666 Tonnen der Handels« marine 239 Tonnen der Kriegsmarine und auf je 166 Mann Be- satzung der Handelsmarine 67,1 Mann der Kriegsmarine I Würde man andere Einhetten zur Grundlage der Berechnung nehmen, z. B. 1666 Kilometer Küstenstrecke des Mutterlandes und der Kolonien oder Anzahl der Häfen, oder Millionen Einwohner des Mutterlandes und der Kolonien: immer wird man finden, daß Deutschland für jede dieser Einheit sowohl an Zahl und Raum- inhalt der Schiffe als Zahl der Mannschaft erheblich mehr hat als Großbritannien ! Bringt man die obigen Ziffern in Tabellenform. dann ergibt es folgendes Bild: Es entfielen In Deutschland In England Auf 160 Handelsschiffe... 5,4 2,92 Kriegsjchiffe. » 1660 Ton. d. Handelsschiffe 239 162 Tonnend. Marme. » 166 Mann der Besatzung der Handelsschiffe... 67,1 46,2 der Marine. Reaktion in Sachsen-Weimar . Weimar , 16. Februar.(Eig. Ber.) Der Landtag wurde heute eröffnet. In der„höchsten Propositionsschrift"— so wird im wcimarischen Regierungsdeutsch das, was man sonst„Thronrede" nennt, genannt— wird in erster Linie auf die Aufbesserung der Gehälter der Geist» I i ch e n hingewiesen. Dann wird auch noch der Lehrer und übrigen Staattsbeamten gedacht.— Unter den verschiedenen neuen Vor- lagen befindet sich auch eine solche, die altehrwürdige Gesetze aus dem Jahre 1756 aufhebt und durch andere Bestimmungen ersetzt. Es handelt sichumdieäußereHeilighaltungderSonn- und Festtage. Da soll nun in Zukunft verboten werden, daß an Sonn- und Fe st tagen Flugblätter und Flug- schriften verteilt und ausgetragen werden! Natürlich sind religiöse Schriften, die mit Erlaubnis der Kirchenbehörden ver- breitet werden, davon ausgeschlossen. In den G a st- und Schani- wirtschaften ist jeder geräuschvolle Verkehr bis mittags 12 Uhr streng verboten. Kegel-, Karten- und Billard- spiel ist ebenfalls an solchen Tagen bis mittags 12 Uhr verboten. Kurz, der Geist der Muckerei zieht sich wie ein roter Faden durch dies funkelnagelneue Gesetz, das natürlich als ein Fortschritt be- zeichnet wird.—_ Rachwahl in Mühlhausen -Langensalza . Nach mehreren entgegengesetzten Meldungen der bürgerlichen Presse steht nun endlich fest, daß der in M ü h l h a u s e n- L a n g e n- s a l z a und Lennep- M�e t t m a n n gewählle freisinnige Volks- parteiler Prof. Eickhoff für Lennep- Mettmann ange- nommen hat. Es muß also im 3. Wahlkreis des Regierungsbezirks Erfurt eine Nachwahl stattfinden, nicht, wie wir vor einigen Tagen meldeten, in Lennep -Mettmann . Im Kreise Mühlhausen-Langensalza-Weißensee erhielten am 25. Januar unser Kandidat, Genosse G r u n w a l d 6616, der frei- sinnige Kandidat Eickhoff 6117 und der konservative Freiherr v. Zedlitz 16 541 Stimmen; in dex Stichwahl traten unsere Ge- Nossen geschlossen ein für Eickhoff, als das kleinere Uebel, so daß er au: 5. Februar mit 14 III'Stimmen gegen Zedlitz siegte, der es auf 11 126 Stimmen brachte. Außer unseren Genossen war auch das Zentrum bei der Stichwahl noch mit zirka 2666 Stimmen für Eickhofs eingetreten, während es in der Hauptwahl sich der Stimme enthalten hatte. Böi der bevorstehenden Nachwahl wird die Wahlbewegung natürlich zweifellos durch die allgemeinen Erscheinungen bei Nach- wählen, wie Abspannung und geringeres Interesse, stark gedrückt werden, andererseits aber hat Herr Eickhoff gerade seinen Mühl- hauser Parteifreunden einen starken Streich gespielt, den sie sicher- lich in der Nachwahl verspüren werden. Sein Leibblatt, die frei- sinnige„Mühlhauscr Zeitung" nimmt denn auch kein Blatt vor den Mund, sie schreibt: „Wir können diesen bedeutungsvollen und inhaltsschweren Entschluß nur mit dem Ausdruck des tiefsten Bedauerns in der Erkenntnis entgegennehmen, daß Herr Prof. Eickhoff damit einer- seits der Sache des Gesamtliberalismus in unserem Wahlkreise einen unberechenbaren Schaden zugefügt hat, andererseits sein den Wählern verpfändetes Wort, an dem bis zur Stunde niemand zu zweifeln und zu deuteln gelvagt hat, gebrochen hat. Von welchen Erwägungen sich Herr Professor Eickhoff hat leiten lassen, entzieht sich vorerst noch unserer Beurteilung. In jedem Falle aber war es für ihn Ehrensache, seinen alten Wählern, die ihm zuerst in den Reichstag verholfen hatten, treu zu bleiben! Von dieser Ueberzeugung war jeder einzelne Wähler felsenfest durchdrungen, und dementsprechend war auch die diesmal überaus schwienge und anstrengende Wahlarbeit selbstlos und opferwillig geleistet worden. Auf diese Quittung war niemand gefaßt!" Es ist sicher, daß durch diese Verhältnisse in den Nachwahl- kämpf eine starke persönliche Note kommen wird, ganz gleich, wen die Freisinnigen jetzt für Eickhoff aufstellen werden, denn ihr früherer Abgott hat sich nicht nur durch diesen Ehrenwortsbruch, sondern vor allen: auch durch seinen Keim-Briefwechsel mehr wie kompromittiert, und der Freisinn wird es bei der Nachwahl spüren. Ein solches Spüren würde man freilich nur zahlenmäßig nach- weisen können, wenn das Zentrum im ersten Wahlgange nicht etwa wieder gleich für den Freisinn, wie 1898 und 1963, eintritt; aber das kann das Zentrum käum nach feinem Verhalten bei dieser Hauptwahl und nach allem, was gerade in den letzten Tagen durch den Keim-Briefwechsel über Freisinn und Zentrums- betämpfung anS Licht gekommen ist, Auch die konservativen Parteien werden, wie es heißt, einen neuen Kandidaten aufstellen, da Herr v. Zedlitz gar zu wenig im Kreise angesprochen hat, und da sie für eine Stichwahl zwischen Sozialdemokraten und Konservativen der freisinnigen Stimmen absolut sicher sein wollen, bevor sie erneut in den Kampf gehen. Auch von einer gemeinsamen Kandidatur aller „nationalen Parteien", d. h. Konservativen. Bund der Landwirte und Freisinnigen rumort es. Kommt diese gemeinsame Kandidatur nicht zustande, und tritt das Zentrum nicht sofort in der Hauptwahl für den neuen fteisinnigen Kandidaten ein, so ist es sicher, daß die Stichwahl zwischen unserem und dem konservativen Kandidaten stattfindet, denn die 166 Stimmen, die Herr Eickhoff am 25. Januar mehr wie unser Kandidat aufbrachte, wird der Freisinn reichlich durch das jetzige persönliche und sachliche Verhalten seines früheren Kandidaten einbüßen. Unsere Parteigenossen selbst, die eben erst in diesem vorwiegend ländlichen und weitausgedehnten Kreise einen besonders müh- seligen und arbeitsreichen Kampf beendet haben, treten in alter Kraft und mit altem Mute in den neuen Kampf, wie sich daS ftir Sozialdemokraten auch nicht anders ziemt.— Staatsgefährliches Turnen. Wenn die Dänen in Nordschleswig sich der phantastischen Hoffnung hingegeben hatten, mit dem zwischen der preußischen und dänischen Regierung abgeschlossenen Vertrag über die staatS- rechtlichen Verhältnisse der Optantenkinder würde ein neuer Kurs im Bezirk der Köllerpolitik einsetzen, sind sie von den Behörden in Nordschleswig bald gründlich enttäuscht worden. Die Schles- wiger Regierung hat sogar unmittelbar nach der Veröffentlichung des Staatsvertrages eine ganz neue Nummer ihrem langen Register gecmanisatorischcr Zwangsmaßrcgeln eingefügt. Dieser Tage erhielten die Letter und Leiterinnen sämtlicher Turnverein- in Nordschleswig, die ihre Uebungen in dänischen Versammlungs- Häusern abhalten, ferner die Besitzer und Pächter dieser Vcrsamm- lungshäuser durch die örtlichen Polizeibehörden eine Verfügung
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