Nr. 47. 24. 3. Ktikge des Jormiirfe" Kerlim üolMntt. Souvtllg, 24. Fkbrvar 1907. Ueberlebende der„Berlin " gerettet« Der heldenmütigen Schar von Rettern ist e« nach be- wunderungswürdigen Anstrengnngen gelungen, die Ueberlebenden des untergegangenen Dampfers zu retten. Einen Tag und eine Nacht rangen sie mit Sturm und Brandung, bevor sie die dem Vco derben Geweihten aus ihrer verzweifelten Lage befreien konnten Ueber das Rettungswerk erzählt nach der.Daily Expreß - ein Matrose folgendes: „Unsere Bemühungen, die armen Schiffbrüchigen zu retten. haben 36 Stunden gedauert, als wir endlich Erfolg hatten. Ich kann Ihnen versichern, daß keiner von uns während dieser Zeit sich auch nur einen Augenblick Ruhe gönnte. Wir dampften immer wieder hinaus zum Wrack und mußten immer wieder zurückkehren, denn die Wellen machten die Rettung unmöglich. Unser Herz blutete angesichts der Verzweiflung der Schiffbrüchigen, deren Schreckensausrufe wir hören und deren Jammer wir sehen konnten, wenn es immer wieder schien, als ob wir sie ihrem Schicksal über- lassen wollten. Daß die Rettung endlich gelang, muß alg ein Wunder bezeichnet werden. Mein Kamerad, der mit eigener Lebensgefahr in einem ganz kleinen Boot sich dem Wrack näherte und an Bord kletterte, leistete Unmenschliches. Jeden Augenblick glaubten wir, bah fein kleines Boot vor unseren Augen an dem Wrack zerschellen müsse, aber jeder von uns war bereit, den Versuch sofort wieder zu unter- nehmen. Wir waren selbst angesichts der verzweifelten Gebärden der Schiffbrüchigen todesmutig geworden, daß wir entschlossen waren, der Reihe nach unser Leben zu opfern, um die Trosse an Bord zu bekommen. ES war ein Augenblick des unbeschreiblichen Triumphes, als unser Kamerad mit seiner ganzen Kraft aufS Deck des Wracks emporkletterte. Die Schiffbrüchigen stürzten ihm weinend vor Freude ent- gegen. Die Männer wollten ihn umarmen, die Frauen seine Hände küssen. Sie waren alle durch die Nervenerschütterung hysterisch geworden und wußten kaum, was sie taten. DaS Wrack war noch fest, aber das Deck lehnte sich auf eine Seite hin, so daß die Schiffbrüchigen unaufhörlich das Gefühl hatten, das Ganze müsse umkippen. Der Matrose befestigte die Rettungsleine und glitt selbst zuerst hinab, um die Schiffbrüchigen zu ermutigen. Denn es war ein gefährliches Unternehmen, an dieser dünnen Trosse durch die Luft gezogen zu werden, nur einige Fuß über den tobenden Wellen. Die entmutigten Schiffbrüchigen zögerten auch, sich retten zu lassen, entschlossen sich aber endlich, die gefähr- liche Luftreise zu unternehmen. Nur drei Frauen hatten nicht den Mut, das Wrack zu verlassen. Obwohl sie gesehen hatten, daß alle anderen mit Sicherheit hinabgeglitten waren und das Rettungsboot erreicht hatten, waren sie doch nicht dazu zu bewegeu, selbst die Sache zu wagen. Wir schrien und schwenkten die Tücher, aber vergebens. Sie blieben auf dem Wrack, und die Rcttungs- arbeit wird infolgedessen morgen früh wieder beginnen müssen.- Hork van Holland . Auf dem Wrack der.Berlin - befinden sich noch Frau Wenberg au» Berlin , ihr Dienstmädchen und Fräulein Theile au» Berlin . Die Genannten sind noch am Leben und es besteht Hoffnung, sie zu retten. Herr Wenberg und ein Kind der Familie Wenberg sind tot, die Leiche WenbergS ist erkannt. Tie Namen der zur Besatzung der«Berlin - gehörigen Geretteten sind: Matrose Fisher. Deckjunge Farthing, Steward Carter, Heizer Pond und Heizer Rhcroft. Auch die letzten drei Frauen gerettet. Wie ein Telegramm vom gestrigen Tage besagt, sind auch n-'ch die drei Frauen, die sich auf der Berlin befanden, gerettet worden. Amsterdam , L3. Februar. Dem„Telegraaf " wird gemeldet, daß drei Frauen, die sich noch auf dem Wrack der„Berlin - be- fanden, heute früh 3 Uhr gerettet worden seien. Die Gesamtzahl der Geretteten beträgt also IS, darunter S Frauen. London , 23. Februar. Die Great-Eastern-Bahngesellschaft be- stätigt, daß letzte Stotyi Fräulein Theile aus Berlin . Frau Wenberg und das Dienstmädchen Minna Ripler von Bord deS Wracks der„Berlin - gerettet worden sind. Aussagen von Geretteten. Da» gerettete Fräulein Gabler erzählte, daß eS furchtbar zu sehen gewesen sei. wie in den ersten Stunden nach der Katastrophe noch immer Männer und Frauen über Bord geschlagen wurden, bis nur noch IS übrig blieben, von denen schließlich wieder kurz vor der Rettung eine Dame weg» gespült wurde. Es war entsetzlich, wie sich die kleine Gruppe aneinanderklammerte und sich dadurch die Kleider vom Leibe rissen. Fräulein Gäbler hatte schließlich nur noch Hemd und Hosen an und sie kauerte an der Wand und auf ihren Beinen, die an- schwollen, standen mehrere Männer, da kaum Platz vorhanden war. Alle waren mehr oder weniger unbekleidet und litten sehr durch Sturm und Feuchtigkeit und Kälte. Fräulein Schräder schien bei ihrer Rettung ziemlich guten Mutes. Sie erzählte: Gegen S Uhr morgens klopften Matrosen an die Tür unserer Kabinen. Wir zogen uns eilend an, wurden aber nicht herausgelassen. Plötz- lich wurde unS geöffnet und gesagt, ein Unglück sei geschehen. AlS wir nach oben kamen, war das Schiff schon gebor st en und wir sahen die Menschen vor unseren Augen ver- sinken. Wir blieben S4Stundenso eng aneinander, gedrängt in einer Ecke stehen, daß mir oft Personen auf den Füßen standen. Beständig leckte Wasser an uns herauf. Die Matrosen, die mit un» an Bord waren, zeigten sich äußerst gütig und teilten ihr letzte? mit uns. Die Lotsen werden von allen Geretteten als brave und gütige Helden geschildert. Länger als 24 Stunden waren die Ueberlebenden ohne Nahrung. Bis jetzt sind 42 Tote geborgen. An Einzelheiten von der Rettung der letzten drei Ueber- lebenden von dem Wrack der„Berlin - wird gemeldet: Gegen 1 Uhr nachts ging der Schleppdampfer„Wodan" mit einer kleinen Jolle im Schlepptau nach dem Wrack der.Berlin " ab. Der Kapitän de» Schleppers. Sperling, stieg von der Mole herab und kletterte auf da» Wrack. Er band dann den Frauen Stricke um den Leib und ließ sie in die Jolle herab. Die Geretteten wurden von dort an Bord des„Wodan" gebracht, der sie gegen 3 Uhr früh in Hoek van Holland landete; man überführte sie sofort in ein Hotel, in Welchem ihnen die ausgesuchteste Pflege zuteil wird. Kapitän Sperling wird heute im Laufe des Tages noch einmal auf das Wrack gehen, um die darin befindlichen Leichname zu bergen. *»* Dem Meere entrissen. Der Fischdampfer„Pohl" landete gestern in Geestemünde ose sieben Mann starke Besatzung der von England nach Arendal bestimmten russischen Brigg„Aloerson", die er in der Nacht zum 26 d. MtS. bei schwerem Sturm von ihrem sinkenden Schiff gerettet hat. Der Fischdampfer hat dabei B e- schädigu ngen erlitten. Zum Untergang de» SeeschlcpPerS„Neufahrwasser" wird noch gemeldet: Als der Kreuzer„Medusa " am 2l. Februar vormittags der bei Norderpiep bei auflandigem Sturm vor Anker liegenden Viermastbark„Alster " Hülfe bringen wollte, kam ein Seeschlepper unaufgefordert längsscit und hat sich wahrscheinlich hierbei leck- gestoßen. Er sank bald darauf. Kreuzer„Medusa " hat zwei Mann gerettet, drei oder vier Mann sind ertrunken; die übrige Besatzung nahm ein anderer Seeschlepper auf. Die Namen der beiden durch den Kreuzer„Medusa " Geretteten sind: Maschinist Schmidt und Heizer W e i n g a n d. Beschädigt in Cuxhaven angekommen ist die norwegische Bark „Alborga", mit einer Holzladung von Westindien nach Goole unterwegs. Die„Alborga" hat die gesamte Mannschaft des eng. lischen Dampfers„C o r a I i e" an Bord, der eine Ouebrachoholz- Ladung von La Plata nach Hamburg bringen wollte und 40 Meilen unterhalb Helgoland auf der Höhe zwischen Borkum und Terschelling gesunken ist.__ partci- Angelegenheiten. Achtung! Parteigenossen Groß-BerlinS! Heute Tonntag, 24. Februar, früh 8 Uhr. findet eine Flngblattverbreitnng statt, in welcher zum A o n n e m e n t auf den„Vorwärts" und zum Eintritt in die Wahlveretne aufgefordert wird. Im Laufe dieses Monats sollen dann die uns noch Fernstehenden persönlich aufgesucht werden, um so ein Resultat der Aktion herbeizuführen, neue Abonnenten für den „Vorwärts", neue Mitglieder der Partei zu gewinnen. Bei der bewährten Tatkraft der Genossen Groß-Berlins hoffen wir, daß kein Mitglied der Partei am Sonntag früh fehlen wird, damit die Arbeit prompt und schnell von den bekannte» Stellen aus erledigt wird. _ Der Zenträlvorstaud. Dritter Wahlkreis. Dienstag, den 26. d. M., abends 8 Uhr. findet im City-Hotel, DreSdenerstr. 62/63, eine Wahlvereinsver- sammlung statt. Die Mitglieder werden ersucht, zahlreich zu er- scheinen. Der Vorstand. Der vierte Wahlkreis veranstaltet heute eine Urania - v o r st e l l u n g, zu der noch Billetts im Bureau, Tilsiterstr. 81, zu haben sind. Teltow-BeeSkvw-Storkow-Charlottenburg. Die Kreisversammlung der proletarischen Frauen findet heute nachmittag 4 Uhr in Britz , im Lokal Buschkrug, Rudowerstraße statt, in welcher Reichstags- abgeordneter Fritz Z u b e i l 1. einen Vortrag über„Die Frau un jetzigen Klassenkampf" hält. 2. Diskussion. 3. Bericht und Neuwahl der Kreisvertrauensperson und der Ortsvertrauensperfon von Britz . Große Beteiligung der Genossinnen und Genossen aller Orte unseres KreiseS erwartet Die Kreisvertrauensperson. SchSneberg. Die Generalversammlung de» sozialdemokrati- schen Wahlvereins findet Dienstag, den 26. Februar, abends 8 Uhr, bei E. Obst, Meiningerstr. 8, statt. Tagesordnung: 1. Bericht des Vorstandes, des Kassierers, sowie der Funktionäre und Neuwahl derselben. 2. Vereinsangelcgenheiten. 3. Verschiedenes. Mit- gliedsbuch legitimiert. Der Vorstand. Sozialdemokratischer Wahlverein Groß-Lichterfelde . Am Montag, den 25. Februar, abends 8 Uhr, findet bei Reisen. Chaussee skr. 464, die ord'entl ich e G e n era l'» Versammlung statt. Tagesordnung: Bericht des Vorstandes und der Revisoren. Neuwahl des Gesamtvorstandes und der Funktionäre. Wahl der Delegierten zur Kreis-Generalversamm- lung.— Der Wahlkampf 1907 und seine Lehre für das Proletariat. Pünktliches Erscheinen aller Mitglieder erwartet Der Vorstand. Zeblenborf. Heute, Sonntag früh 7% Uhr, findet eine Flug. blattverbreitung statt. Die Genossen des 1. Bezirks sammeln sich im Lokal Wilh. Mieck, Karlstr. 12; die des 2. und 3. Bezirks bei Benno Mickley, Potsdamerstr. 26; und die deS 4. Bezirks im bekannten Lokal in Schlachtensee. Pflicht aller Genossen ist es, an dieser Arbeit teilzunehmen. Lankwitz . Dienstag, den 26. Februar, abends 8 Uhr, Sitzung deS Wahlvereins im Restaurant Retger, Calandrellistr. 27/29. Parteigenossen, erscheint vollzählig. Wichtige Tagesordnung. Mariendorf und Umgegend. Am heutigen Sonntag früh Flug- blattverbreitung. Die Parteigenossen werden ersucht, recht zahl reich um 7% Uhr in den BezirkSlokalen zu erscheinen. Schmargendorf . Am Dienstag, den 26. Februar, abends 8H Uhr, findet im Restaurant Sanssouci� Ruhlqerstr. 20/21, eine Mitgliederversammlung des Wahlvereins statt. Lichtenberg . Montag, den 26. Februar, abends Sl-H Uhr, findet im Schwarzen Adler(Gebr. Arnhold), Frankfurter Chaussee 6/6, eine Volksversammlung statt. Tagesordnung: Berichterstattung aus der Gemeindevertretung. Um zahlreiches Erscheinen ersucht Der Vorstand. KarlShvrst. Zur heutigen Flugblattverbreitung werden die Parteigenossen ersucht, sich um 8% Uhr in den beiden Bezirkslokalen Gruhn und Sabrowski einzufinden. Zossen . Die Genossen werden auf die am Mittwoch, den 27. Februar, abends 8� Uhr. bei Schimke stattfindende Wahl- veremSversammlung aufmerksam gemacht und ersucht, für guten Besuch zu agitieren. Auf der Tagesordnung steht Wahl deS Ge- samtvorstandeS und Vortrag über die letzte Reichstagswahl. Der Vorstand. Rieder-Tchönhausen. Am Dienstag, den 26. Februar, abends �9 Uhr, findet im Lokal Wilhelmshof, Kaiser Wilhelmstr. 64. die Wahlvereinsversammlung statt. Tagesordnung: 1. Bortrag deS Genossen M. Schütte:„Vor �00 Jahren. 2. Diskussion. 3. Vereinsangelegenheiten und Verschiedenes. Die Genossen werden ersucht, recht zahlreich und pünktlich zu erscheinen. Reinickendorf (Ost und West). Die Flugblattverbrei- t u n g beginnt um l48 Uhr von den bekannten Stellen aus und erwarten wir, daß sich alle Mitglieder daran beteiligen. Für Ret- nickendorf-Ost findet die Generalversammlung am Dienötag abend 3 Uhr im Restaurant Sadau, Residenzstr. 124, statt. Auch hierbei ist das Erscheinen sämtlicher Mitglieder Pflicht. Der Vorstand. berliner jVacbricbten. Die Nebenbeschäftigung der Berliner Geweindeschullehrer. Dem diesjährigen Etat der Berliner Gemeindeschulen ist eine genaue Erläuterung über da» Nebeneinkommen der Rektoren und Lehrer aus öffentlichen und privaten Fonds beigegeben, eine Tat- fache, die der MagistratSoffiziosuS schon vor einigen Wochen mit allbewährter Geschösugkeit und Ungeschicklichkeit in die Presse warf. Zweifellos sollte sie als Dämpfer für die übertriebenen Forderungen der Stadtverordneten in der Besoldungsfrage des Lehrpersonals an den Gemeindeschulen dienen. Aus der Zu- sammenstellung erfährt man. daß 88 Rektoren für die Leitung und den Unterricht au Fortbildungsschulen mehr als 63 000 M., 1188 Lehrer mehr als 626 000 M., 167 Lehrerinnen mehr als 66 600 M. an Nebeneinkommen beziehen. Uns interessiert an diesem Nachweise weniger die Höhe der Summen, als vielmehr die Art und Weise, wie diese Neben- einkünfte zustande kommen. Leider sind viele Lehrer, vor allem die jüngeren, gezwungen, sich bei der bisher ungenügenden Be, soldung nach Nebenbeschäftigung umzusehen. Wir Sozialdemv- traten haben von jeher sowohl diese als auch jene in den maß- gebenden Körperschaften und in der Presse bekämpft. Die schädigenden Einflüsse dieser Nebenbeschäftigung sind ja auch unverkennbar. Es ist unbestritten, daß eS kaum einen Beruf gibt, der wie der des Lehrers einen ganzen Mann fordert, einen Mann, der geistig völlig intakt ist, der ganz in seinem Berufe aufgeht. Dazu kommt, daß es kaum eine Beamtenklasse gibt, die wie die Lehrer- schaft verpflichtet ist. sich sowohl wissenschaftlich als auch beruflich weiterzubilden. Beides aber. Gesundheit und Fortbildung, leiden, wenn ein großer Teil der Arbeitskraft und der Zeit der Erholung auf Nebenbeschäftigungen verwandt werden mutz. Die oben erwähnte Zusammenstellung würds viel lehrreicher sein, wenn der Magistrat zugleich festgestellt hätte, wie viele Lehrer mit Nebenbeschäftigung krankheitshalber gefehlt haben oder beurlaubt worden sind, und wie sich die Nebeneinkommen auf die einzelnen Gehaltstufen und auf diejenigen Personen, die Stunden» ermäßigungen genießen, verteilen. Bekanntlich ermäßigt sich die Anzahl der Pflichtstunden der Rektoren auf der ersten und zweiten Gehaltstufe von 12 auf 10, bei den Lehrern auf der ersten von 28 auf 24 und auf der zweiten, dritten und vierten von 28 auf 26. Man hat diese Maßnahmen getroffen, um die Lehrer solange als möglich gesund und arbeitsfähig zu erhalten. Dieser Zweck wirb aber illusorisch, wenn die Stundenermäßigung durch die Neben- beschäftigung nicht nur aufgehoben, sondern sogar noch über« boten wird. Am meisten schädigt aber diese Art deS Unterrichtsbetriebes die Fortbildungsschule selbst. ES ist zweifellos nur eine der» schwindend kleine Anzahl der Lehrer, die sich dieser Neben- beschäftigung auS reinem Interesse für die Sache widmet. Es sind vorzugsweise, wenn nicht ausschließlich, pekuniäre Vorteile, welche den Lehrer bestimmen, sich durch Erteilung des Fort- bildungsschulunterrichtS ein Nebeneinkommen zu verschaffen, ein Bestreben, da? wir den Lehrern durchaus nicht verdenken. Für die Schule ist eS aber keineswegs förderlich. Diese Art der Unter- richtSerteilung ist zweifellos die Hauptquelle der Klagen über die Disziplinlosigkeit und die Roheit der FortbildungSschüler. Ein Lehrer, der sich der Fortbildungsschule ganz allein und auS Liebe zur Sache widmet, ist schon um seiner selbst willen gezwungen, auf Mittel und Wege zu sinnen, das Interesse und das Vertrauen seiner Schüler zu gewinnen, und er wird sie sicherlich auch finden. In richtiger Erkenntnis dieser Uebelstände hatte die sozial- demokratische Fraktion der Stadtverordneten bei der Einführung der Pflichtsortbildungsschule den Antrag gestellt, Fortbildungs- schullehrer im Hauptamte anzustellen. Leider hat die Mehrheit der Stadtverordneten -Vcrsammlung und auch der Magistrat diesen Antrag au» finanziellen Gründen abgelehnt. Damit schlug man zwei Fliegen mit einer Klappe, man hatte billige Lehrkräfte und verschaffte den Lehrern ein Nebeneinkommen, auf da» man ge- bührend hinweisen konnte, wenn die Lehrerschaft um Gehalts- aufbesserung einkam. Da für uns einzig und allein daS Interesse der Schule maß- gebend ist, so müssen wir auch ferner an der Forderung, selbst- ständige Fortbildungsschullehrer anzustellen, festhalten. Di« Berliner Stabtbibilothek hat zurzeit einschließlich der Friedlaenderschen Sonderbibliothek zur Geschichte der Bewegung von 1848 und der ihr im Jahre 1903 als Schenkung zugefallenen Engelienschen Bibliothek zur Geschichte der deutschen Sprache und der Cohnschen Bibliothek, die ihr 1905 zugesallen ist, einen Bücher- bestand von mehr als 70 000 Bänden. In diesem Jahre sollen nun zwei neue Abteilungen. Technologie und Mathematik gebildet wer- den, wofür aus Gemeindemitteln 9000 M. ausgeworfen worden sind. Außerdem stehen noch die Zinsen der Leo-Stiftung zur Ver- fügung, die für die Ausbreitung und Ausgestaltung der Berlinec Volksbibliotheken mit der Bedingung zu verwenden sind, daß bei jeder aus der Leo-Stiftung unterstützten und errichteten Volk»- bibliothek in erster Reihe ein jedermann täglich offen stehender Lesesaal hergestellt werden muß,— Die Stadtbibliothek soll vom 1. Oktober 1907 ab der Berlinec Bürgerschaft allgemein zugänglich gemacht und gleichzeitig mit einer Bücherausgabcstelle auch ein Lesesaal in der Zimmerstr. 92 eröffnet werden. Die Goeritzschc Bibliothek wird in dem neuen MuscumSgebäude am Köllnischen Park untergebracht und Ende dieses Jahres zugänglich sein. Neue Linienform der Straßenbahn: Achterlinie. Eine neue Linienform kommt bei der Großen Berliner Straßenbahn am 1. März zum erstenmal zur Einführung. Neben den geraden Linien gibt eS bekanntlich Linien in Vollring- Und Halbringform. Andere Linien kann man als schlangenförmig bezeichnen, während die Linien mit Endschleifen wieder eine besondere Gattung dar- stellen. Zu diesen Formen kommt eine neue, die Achterform. Die erste Linie mit dieser Formung erhält die bisher fehlende Nummer 99. Sie kommt in folgender Weise zustande: Die Linie 96 erfährt eine Erweiterung, indem jeder zweite Wagen von der Behrenstrahc bis zur Fichtestraße den gewöhnlichen Weg nimmt, aber von da an über die Hasenheid«, die Blücherstraße, den Belle-Alliance-Platz, die Lindenstratze, die Jerusalemerstraße, den Dünhaff- und HauSvogteiplatz und den Werderschen Markt bis zum Schinkelplatz geführt wird und dann denselben Weg in um- gekehrter Richtung zurücklegt. Wa» der Teltowkaaal kostet, erzählte der Kreistagsabgeordnete' Fischer-Steglitz im„Verein der HauS- und Grundbesitzer des Westens von Groß-Lichterfelde ". Der Kanal war 1896 im Voran- der Kostenanschlag auf 26� Millionen qrhüht. Gebraucht sind aber der Kostenanschlag auf 25% Million erhöht. Gebraucht sind aber tatsächlich ganz andere Summen. Von dem Kreistage wurden bisher für den Bau des Teltowkanals 44 668 000 M. bewilligt: dazu kommen noch die Kosten für das elektrische Kraftwerk mit 1272 000 M. und für die Personenschiffahrt(Kanalflotte) mit 432 000 M.— insgesamt also 46 372 000 M. Da nun weiter die Kosten der letzten Strecke in Lichterfelde noch nicht berücksichtigt worden sind, so darf man als sicher annehmen, daß der Teltow - kanal 60 Millionen Mark kosten wird. Die organisierten Gaftwirtsgehülfen haben bei den gestrigen Delegiertenwahlen zur Jnnungskrankenkass« der Berliner Gast- Wirte einen schönen Sieg erfochten. Trotzdem die Herren Gast- wirte.„Meister" die Wahlen zu der denkbar ungünstigsten Zeit, nämlich am Sonabend nachmittag 4VH Uhr, anberaumt hatten, sind sie doch dabei die betrübten Lohgerber gewesen. Sie hatten zwar alles aufgeboten,„ihre Leute" auf die Beine zu bringen, ihr« Liste brachte es aber nur auf 63 Stimmen, während die List« der Orga- nisierten mit 124 Stimmen den Sieg davontrug. Die Zrntralkommifsion der Krankenkassen Berlin » und der Lororte veranstaltet im Laufe der nächsten Woche unter Mit- Wirkung der Herren Aerzte und Professoren nachstehende hhgic- nische Vorträge. Diese Vorträge sind für jedermann unentgeltlich. Am Donnerstag, den 28. d. M.. abends 8 Uhr, finden in fol- genden Schulaulen Vorträg« über da» Thema:„Schutz und Pflege Jn�der 247./LS2. Gemeindeschule, Rigaerstr. 81/82 spricht Herr Dr. Hoff. In der L46./264. Gemcindcschute, Waldenserstr. 25/20, spricht Herr Dr. Meier. In der L17./278. Gcmeindeschulc, Ebcrs- walderstr. 10. spricht Herr Professor Dr. G. Guttmann. In der 20. Gemeindeschule, Waldemarttr. 77, spricht Herr Dr. Maschkc.
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