dasbinak in Bewegung zu setzen. Da ist e« doch Vesser, lieberReglmiiigSltmdidaten zu ernennen. Wir«eisen den Bersnchbcn Reichöwgswahlrn napoleonische Zustände einzufahren, aufrntschiedenste zurück.(Lebhafte Zustimmung beim Zentrum.)Abg. Kreth(k.):Wir befinden UNS in der angenehmen Lage, feststellen zu können.dast in keinenr der von den Interpellanten angeführten Fälle die so-genannte Wahlbeeinflussung zugunsten rineS unserer Kandidaten er-folgt ist. Bisher sind nur Behauptungen aufgestellt worden, aberman hat noch keine Spur eine? Beweises für die behaupteten amtlichenWahlbeeinflnssungen erbracht. Meiner Fraktion können Sie allemöglichen Vorwürfe machen. Aber bei keiner Gelegenheit haben wiraus unserem Herzen eine Mördergrube gemacht. Auch am Reichstags-Wahlrecht wollen wir nicht rütteln. Wir wollen nur, daß man daSInstrument dieses Wahlrechts so gut spiele, wie man es diesmal ge-spielt hat. Dann wird es auch gelingen, die letzten Reste der Sozial-demokratie wegzublasen.(Sehr gutl rechts, Lachen links.) DieSozialdemokraten haben ja erklärt, mit dem Ausgang derWahl zufrieden zu sein. Wozu dann also die BeschwerdeSo kleinliche Mittel wie Wahlbeeinflussungen können ja gar nichtsam Wahlresultat ändern. Ich bin ja lange genug Landrat gewesen(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten), wir haben ja gar keine dis-kretionäre Beamtengewalt. Die konservativ-liberale Ehe ist ja keineLiebesheirat, sondern eine Bernunftheirnt; aber gerade deshalb er-fordert sie eine um so größere Delikatesse. Von unserer Seite wirdalles vermieden werden, was den jungen Ehefrieden zu stören ge-eignet wäre.(Bravo! bei den Liberalen.) Aber wir haben einedüstere Wolke an unserem Ehehimmel, die böseSchwiegermutter Gothein(Heiterkeit). Die stört unsere Flitter-Wochenseligkeit nicht nur dadurch, dah sie sich von dem Er-folge unserer Handelspolitik nicht überzeugen lassen will, sondernauch dadurch, das; er noch neulich behauptete, Malkewitz wäre nurdurch amtliche Wahlbeeinflussung gewählt worden.(Sehr wahr! beiden Sozialdemokraten.) Die freisinnige Volkspartei hat in allenWahlkreisen, in denen wir gegeneinander zur Wahl standen, sich unsgegenüber durchaus korrekt verhalten. Hoffentlich halten Sie auchHerrn Gothein im Zaum. In allgemein nationalen fragen nehmenwir natürlich auch vom Zentrum gern Hülfe.(Heiterkeit im Zentrum.)In der Wahl sind wir z. B. � in Königsberg für den uns sehrsympathischen freisinnigen Kandidaten so begeistert eingetreten, alsob es ein konservativer gewesen wäre.(Sehr gutl bei Kons, undLiberalen. Zuruf Singers: Ist ja auch kein großerUnterschied! Große Heiterkeit.) �ch wünschte, es wäre aarkeiner mehr.(Heiterkeit.) Das Uebel tst uns jedenfalls immer dieSozialdemokratie. Der Abg. Fischer hat vom Wahlterrorismusund den Wahllügen gesprochen. Wenn ein eifriger Parteigänger die Be«geisterung der Wähler durch Lieferung geistiger Getränke anfeuert,so ist das ja nicht so schlimm.(Hört I hört I bei den Soz.) Sonst aberverabscheuen wir die Wahlbestechung, und ein Kandidat, der sichihrer schuldig machte, hätte bei uns keinen Platz. Wahllügen hatauch die Sozialdemokratie angewandt. Wie haben sich die HerrenBebel und Singer für die Dynastie Liebknechts, für des großenVaters unbedeutenden Sohn ins Zeug gelegt. Wie hat noch jüngstdie Dortmunder„Arbeiterzeitung" Bebel gehuldigt, indem sie schrieb,er hätte an der Etatsdebatte„mit souveräner Ueberlegenheit diearmseligen Einwände der Gegner abgetan". So armselig ist dennFürst Vülow doch nicht.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Einsozialdemokratisches Flugblatt begann:„Die� ganze Bande ist am13. Dezember auseinander�demokratie dazu uns alsworden." Wie kommt die Sozial-ande zu bezeichnen.(Stürmische Heiter-keit bei den lsozialdemokraten.)Weiter heißt es, ein goldener Strom hat sich in die Taschen derEdelsten der Nation durch die Zollpolitik auf Kosten des Volkes er-gojjen. Nun, die Edelsten der Nation haben von diesem goldenenStrom noch nichts gespürt.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Auf"""iscl� des Haufes lege ich Flugblätter nieder, in denen Herr-ras Kanitz und andere Abgeordnete als RaubtiereIn einem Flugblatt wird der Kolonial«als Moses IL bezeichnet, der den Stabb t habe. Die Sozialdemokraten sagen zwar:Religiön"tfh>VrMtsachc. In Wirklichkeit ist bei ihnen IrreligiositätParteisache. lBeifall reckt«.) Bei der Stichwahl haben dieSozialdemokraten im Wahlkreise Paulis Wahlzettel mit falschemVornamen verbreitet, um die Wähler Paulis zur Abgabe ungültigerStimmzettel zu verleiten.(Widerspruch bei den Sozialdemokraten.)Aehnliches haben die Sozialdemokraten auch in anderen Wahlkreisengetan. Dem Reichskanzler ist Dank zu erstatten, daß er den Kampfgegen diese Partei aufgenommen hat.(Lebhafter Beifall rechts undher den Nationallibcralen.)Abg. v. Liebert(Rp):Die Regierung hatte die Pflicht und das Recht, dieWähler nach der Auflösung über ihre Absichten aufzu klären. Beamte und öffentliche Gelder sind nicht verwandtworden. Wenn der Herr Kolonialdirektor Vorträge über die Koloniengehalten hat, so sind wir ihm dafür Dank schuldig. Hoffentlichwerden im nächsten Wahlkampf auch alle anderen Staatssekretäreihre Schuldigkeit tun.(Bravo I rechts.) In seiner letzten Redeüber die Kolonialpolitik ist Herrn Bebel ein schwerer Rechenfehler unterlaufen. Er führte auS, der Verbrauch an Baumwollebetrug 1905 394 000 Tonnen und nicht, wie der amtliche Berichtangibt. 1 000 000 Tonnen. Dabei übersieht er, daß der Kolonial-direktor von Ballen zu 600 Pfund gesprochen hat. während eineTonne 2000 Pfund, also viermal so viel hat. Herr Bebel solltebedenken, daß jetzt eine Anzahl wirklicher Afrikaner und auch Leute,die die Kolonien aus eigener Erfahrung kennen, hier sitzen. Wenn nichtzwischen diesen ein stillschweigendes Uebereinkommen bestünde, aufdie Reden des Herrn Bebel nicht näher einzugehen, würde esheißen müffen:„Bis früh um Fünfe, kleine Maus!"(Heiterkeitrechts.)— Der Herr Begründer der Interpellation hat in einer allenparlamentarischen Gepflogenheiten fremden Art die schwersten persön«lichen Angriffe gegen mich gerichtet. Daß ich dem mir seit 20 Jahrenbefreundeten Herrn Keim gegenüber mein Gefühl zum Ausdruckbrachte, daß mir in einem mir noch fremden Wahlkreis zumal alsPreuße und General Mißtrauen entgegengebracht würde, war dochnur natürlich, wie aber die Reichskanzlei in Sachsen irgend etwasfür mich hätte tun können, ist mir ganz unverständlich.(Sehrrichtig I rechts.) Dann die traurige olle Kamelle von meiner China«mw Afrikasache:»Wie man Kommandeur wird!" HerrAblaß hat aus völliger Unkenntnis der Tatsachenhier etwas vorgetragen, was zwei Tage darauf mein FreundArendt völlig widerlegt hat. Es handelte sich einfachdarum, ob ich als Instrukteur für chinesische Truppen nach Pekingoder waS auch längst geplant war als Gouverneur nach Oft-afrika gehen sollte. Die Entscheidung fiel dann im letzterenSinne. Die„Afrikanische Compagnie" ist gebildet worden nachdem Vorbilde der von dem Großen Kurfürsten' begründetenGesellschaft. Mit Rücksicht auf diese historische Erinnerunghabe ich mich bereit gefunden, den Vorsitz zu übernehmen, nachden,fei.(Hört! hört!der„Vorwärts", ummoralisch herabzudrückiund sie auf 43'/, �60 Millionen Einw-das einen freckenaller drei Klaffwohl wisse.wie in derAls in BerlinHerzblut gegeben habe. Mirrecht geschmacklos.(Sehrich 22 Jahre für die Kolonien meindaraus einen Vorwurf zu machen, i..„richtig I rechts.) Die Sache mit dem„Schmutzlappen des Hotten-tottenblockS" wird vor Gericht entschieden werden.— Dem Flotten-verein kann man auS seinen; Vorgehen keinen Vorwurfmachen. Er sagte sich, wenn seme Ziele verwirklichtwerden sollten, so mußte eine nationale Mehrheit geschaffenwerden. d. h. eine Mehrheit, die mit der Reichsregierungüber nationale Fragen nicht feilscht und nicht handelt, sondern demKaiser gibt, was deS Kaisers ist.(Lebhaftes Hört! hört! bei denSozialdemokraten.) Der Flottenverrin steht auf dem Standpunkteines beschleunigten Ausbaues unserer Flotte innerhalb des RahmensdeS Flottengesetzes. Er sagt sich, was nützt es uns, wenn wir imJahre 1920 eine große Flotte haben, während uns 1910 oder 1912 eineauswärtige Flotte überfällt.(Große Unruhe bei den Sozialdem.)Die Kriegervereine sollen nicht politisch sein, aber niemand wird esihnen verwehren, national zu fühlen, zu handeln und zu wählen, zu-Verantwortlicher Redakteur: Hans Weber. Berlin. Für de»mal«S sich diesmal um militärische Fragen drehte.(Sehr richtig! rechts.)Sie waren besonders verstimmt darüber, daß die Kommandogewaltdes Kaisers angegriffen war.(Unruhe bei den Sozialdemokratenund Zurufe im Zentrum.) Ich weiß nicht, ob daS Verlangen, zuerstdie Truppen nach Hause zu holen und sie dann, wenn der Aufstandwieder ausbricht, wieder herauszuschicken, juristische und kirchlicheLogik ist(Große Unruhe im Zentrum), militärische oder strategischeLogik ist jedenfalls nicht dabei.(Sehr gut I rechts.) WaS den Reichs-verband anbetrifft, so wiederhole ich, daß er gänzlich unabhängig von derRegierung ist. Dem Herrn Reichskanzler bin ich erst im Februar vor-gestellt worden. Allerdings bin ich stolz darauf, ihm durchein Schreiben den bekannten Silvesterbrtef ent-lockt z u haben.(Bravo I rechts�) Gegen die Bezeichnung Reichs-lügenverband muß ich protestieren.(Zurufe bei den Sozialdemokraten.)Unter einer Lüge versteht man eine bewußte Unwahrheit.(StürmischeZurufe: Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Und davon sprichtnian sonst unter Ehrenmännern nicht. Wenn Sie aber bei diesemWorte verharren, dann sind wir 160 000 Mitglieder des Reichsverbände» bereit, wie die Geusen den Bettelsack, diesen Namenals Ehrennamen anzunehmen. Der Reichslügenverband soll einVerband sein, der das Reich gegen die Lügen der Sozial-demokratie schützt.(Lebhafter Beifall rechts. Große Heiter-keit bei den Sozialdemokraten.) Daß ein solcher Verband not-wendig ist, dafür kann ich Ihnen einen authentischen Beweis geben.Hie nur einige Blütenlesen. Die sozialdemokratische„Freie Presse"veröffentlichte am 12. Dezember 1900 einen Artikel, in dem erzähltwurde, daß katholische Familien, um bevorstehende Geburten günstigzu beeinflussen, einen eigenartigen Hausartikel deS Klosters„MariaHilf" benutzten. Ein katholisches Blatt in Kolmar schreibtdazu, daß dieser Artikel in allen seinen Teilen erlogenÄeÄm November 1900 hatteder kaiserlichen Botschaftder versicherten zusammengestelltechnet, während das Reich nurDie„Schlesische Volkszeitung" nannteder„Vorwärts" zähle die Versicherten-erungen zusammen, während er dochMeisten' Leute sowohl in der Unfall-etsicherung seien.(Hört! hört! rechts.)zialdemokratische Versammlungen abgehaltenwurden, schrieb der„Vorwärts", sie seien von 60 000 Personen be-sucht worden. Festgestellt ist. daß nur 10 000 Personen in die Lokalegehen und 21 600 gezählt waren, 28 600 hat der„Vorwärts" dazugelogen.(Hört! Hort! reckts.) Bekannt sind ja die Wahllügen überdie Bedrohung des Reichstagswahlreckts. Ende Dezember meldeteder„Vorwärts", daß für MitteJanuar 30000 Landwehrlente eingezogenwerden würden, die so an den Wahlen nicht teilnehmen könnten.Auch das war ein dreister Schwindel. Mir ist es in meiner ganzenMilitärzeit noch nicht vorgekommen, daß im strengen Winter größereUebnngen abgehalten wurden. Redner zitiert dann weiter die an-gebliche Aeußerung des Abg. Bebel über die„egoistische brutaleKlasse der Bauern" vom Münchener Parteitag. Für die Flugblätterdes Reicksverbandes sind Herr Hagemann und ich nicht der-antwortlich, da wir sechs Wochen von Berlin abwesend waren.Warum ist denn aber diese Interpellation überhaupt eingebrachtworden? Weil das deutsche Volk sich seit 40 Jahren zum erstenMale des allgemeinen Wahlrechts wirklich bedient hat, während eZbis dahin nur die sozialdemokratische Partei tat.(Lebhafte Zu-stimmung rechts. Lachen bei den Sozialdemokraten.) Daher dieUeberraschung. der Groll und der Ingrimm der Sozialdemokratie.Und nun soll auf einmal die Regierung schuld sein. Vorallem hat sich die Sozialdemokratie unsterblich blamiert durchihr fanatisches Borgehen gegen die Kolonialpolitik. Das deutscheVolk hat einen feinen Instinkt für die Faktoren seiner Macht und'einer Zuktnift.(Lebhafte Zustimmung rechts.) Wir werden fort-ahren, mit Belehrung und Aufklärung des Volkes über die Sozial-demokratie weitere Wahlbeeinfluffung zu treiben.(Bravo I rechts.)Abg. BrejsN(Pole):Die Agitation der Polen ist in diesem Wahlkampf in jeder Weisebeschränkt worden, in willkürlichster Weise sind Versammlungsverboteergangen, in deutlichem Widerspruch zu den klaren Bestimmungendes Gesetzes. Die Beamten, welche die Wählerlisten aufstellten, sindpolenfeindlich und die Listen unvollständig aufgestellt. Freilich sagtman, jeder kann sie einsehen und seine Eintragung beantragen.Aber wehe dem polnischen Arbeiter, der das tun wollte;er würde als Krakeeler entlassen(Sehr richtig! bei ben Polen.),und wenn er dem Gutsherrn unentbehrlich wäre, würde er zummindesten schikaniert werden.(Zustimmung bei den Polen.) Erstauntwar ich, daß man uns und den Sozialdemokraten politischen Boykottvorwarf: bei uns wird der politische Boykott den Behörden zurPflicht gemacht.(Sehr richtig! bei den Polen.) Redner zeigt aneiner großen Zahl von Einzelfällen, welcher TerroriSnuls bei denWahlen gegen die Polen ausgeübt ist.DaS Haus vertagt die weitere Beratung.Abg. Gyßling(frs. Vp.)(zur persönlichen Bemerkung): Die Be«hanptung der konfervativen Presse, die gestern wiederholt wurde,daß der Borsitzende einer freisinnigen Königsberger Versammlungerklärt hat, her einer Stichwahl zwischen Konservativen und Sozial-demokraten sei der Sozialdeinokrat als das kleinere Uebel zu be-trachten, entspricht nicht der Wahrheit.Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr. Tagesordnung: DritteBeratung des Gesetzentwurfs über den Hinterbliebenen«Versicher ungS- und den Rrichsinvalidenfonds:zweite Beratung des Gesetzentwurfs über die B e r u f S z ä h l u n g:erste Beratung deS Gesetzentwurfs über die Maisst euer: Fortsetzung der heutigen Debatte.Schluß 6'/. Uhr.Sicherheit, Bequemlichkeit und Ruhe auf der Straße erblickte.—Diesen etwas merkwürdigen Standpunkt vertrat auch der S t a a t S»anwalt in der Verhandlung vor der Berufungskammer, und be-cmtragte deshalb eine Geldstrafe von 20 M.Rechtsanwalt Dr. Heinemann als Verteidiger des An.geklagten führte demgegenüber auS. daß diese an und für sich nurrecht geringfügige Sache durch die Deduktion der Anklagebehöcdedoch eine recht weittragende Bcdeutuug erhalten habe. Wenn näm-lich die Anschauung deS Staatsanwalts Geltung haben solle, dannwäre ein Schutzmann ja ohne weiteres berechtigt, ein Reichsgesetzaußer Kraft zu setzen. Das Recht deS Streikpostenstehens sei lautEntscheidung deS Reichsgerichts ein integrierender Bestandteil desden Arbeitern gesetzlich gewährleisteten KoalitionsrcchtS. DasAnsprechen von Arbeitsuchenden aber mache jagerade das Wesen des Streikposten st ehenS aus.WaS nütze den Arbeitern denn das Recht deS Streikpostenstchcns.wenn ihnen dabei nicht gleichzeitig gestattet wäre, in friedlicherWeise die Arbeitsuchenden anzusprechen und sie auf den Streik auf-merisam zu machen.— DaS Gericht schloß sich den AusführungendeS Verteidigers vollinhaltlich an und erkannte auf Fre-i-s p r e ch u n g.Gegen die Anmaßung mancher Hauswirtefällte gestern die zweite Strafkammer des Landgerichts Berlin IIein durchaus zutreffendes Urteil, welches in Mieterkreisen allseitigenBeifall finden dürfte. Auf der Anklagebank hatte die taub-stumme Näherin Marie Fritsch Platz zu nehmen, diesich wegen Hausfriedenbruchs verantworten muhte. AlsDolmetscherin nahm-die Taubstumanenlehrerin Frau Schenk ander Verhandlung teil. Die Llngcllagte hängt mit großer Liebe aneinem kleinen Hündchen, von welchem sie auf Schritt und Trittbegleitet wird. Diese Anhänglichheit des Tierchens sollte die An-geklagte in eine sehr unangenehme Situation bringen. Sie be-suchte häufig eine Bekannte, die in-dem Hause des Hauseigen-tünters Lilicnthal wohnte. Dieser zählt zu jenen Leuten, die ausirgend einem Grunde gegen HcruStiere eine Antipathie haben.Trotzdem sich der Hund der Anjje-klagten überaus sittsam in demL.schen Hause benahm und sich keiwerlei Berstöße gegen die Reinlich-keit zuschulden kommen ließ, vcrkot Herr L. der Angeschuldigten,den Hund fernerhin in das Hans zu bringen. Diese» Verbotwurde der F. auf einem Zettel mitgeteilt. Anfänglich mutzte„Flockchen" auch zu Hause bleiben, schließlich aber brachte cS dieAngeschuldigte nicht mehr fertig, ihre einzige Freude einzusperren.Als sie wieder einmal mit dem Hunde einen Besuch abstattete,verbot ihr der Hundeseind das Haus, mit dem Bemerken, daß er sieohne das Tier unbehindert aus- und eingehen lassen werde. Alsdie Angeklagte trotzdem dieses eigenartige Verbot überschritt, er-stattete Lilienthal eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Diesehatte auch tatsächlich ein Strafverfahren zur Folge und die be-dauernswerte Hundeliebhaberin mußte sich den Unannehmlichkeiteneiner Gerichtsverhandlung aussetzen. Das Schöffengerichthielt einen Hausfriedensbruch für erwiesen und verurteilte dieAngeklagte zu 10 M. Geldstrafe. Hiergegen legte RechtsanwaltM a r ch a n d als Verteidiger der Angeklagten Berufung ein,sodatz die Sache nunmehr die Strafkammer beschäftigte. DenAusführungen des Verteidigers entsprechend hielt da« Be-rufungsgericht einen Hausfriedensbruch nichtfür f e st g e ft e l l t. Zu den Rechten des Mieters gehöre esnatürlich auch. Besuche zu empfangen. Man könne es keinesfallsdem Hauswirt zubilligen, aus eigener Willkür heran? die Beglei-tung des Besuches vorschreiben z-u können. Selbst wenn der Eigen-tümcr in dem vorliegenden Falle es der Angeklagten ausdrücklichverboten habe, das HauS in Begleitung des Sundes zu betreten, sosei dieses'Verbot absolut hinfällig. Die Strafkammer hob ausdiesen Gründen das erste Urteil auf und erkannte auf kostenloseFreisprechung.Weshalb mußte die Anllage überhaupt erhoben werden?bottichWegenFormer R.�ericbts- Leitung.Steht ein Schutzmannsbefehl über dem Reichsgesetz?Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft müßte dies eigentlich derFall sein. War da unlängst der Metallarbeiter W. mit einempolizeilichen Strafmandat beglückt worden, weil er anläßlich deSStreiks in den Siemenswerken in seiner Eigenschaft als StreikpostenArbeitsuchende angesprochen hatte. Er sollte sich da.durch gegen die berühmte Straßenordnung vergangen haben.In wie sinnreicher Art dieses Bergehen herausdestilliert wurde.darüber gaben die Ausführungen der Anklagevertreter vor demSchöffengericht und darauf jüngst vor der Strafkammer inter-effanten Aufschluß. Der„Verbrecher" hatte nämlich gegen dasStrafmandat die gerichtliche Entscheidung angerufen und war vomSchöffengericht zu Charlottenburg kurzerhand frei.gesprochen worden, weil sich irgend ein Verstoß gegen dieStraßenordnung nicht feststellen ließ. Der Amtsanwalt legte Be-rufung ein und machte zu deren Begründung folgendes geltend:Als sich der Polizeiwachtmeister Man-teufel zur Beobachtungder Streikposten auf dem Nonnendamm befand, teilten ihm Arbeits-willige mit, sie feien von Streikposten angesprochen und damut be-lästigt worden. Der Beamte trat darauf an den Angeklagten heranund sagte zu ihm:„W e n n S i e noch einmal ArbettS-willige ansprechen, s o sistiere ichSie." Hiermit, sodeduzierte die Amtsanwaltschaft, habe der Wachtmeister eine An-ordnung erlassen, welche zur Erhaltung der Sicherheit, Bequemlich.keit und Ruhe auf der öffentlichen Straße unbedingt erforderlichwar und welcher der Betroffene unter allen Umständen Folge zuleisten hatte. Do dieser trotzdem Arbeitsuchende ansprach, so warseine Sistierung und die Verfügung deS Strafmandates berechtigt.Nicht das Streikpostenstehen an sich sei dem An-geklagten verboten worden, sondern nur das Ansprechenvan Arbeitsuchenden, worin der Beamte nach seinem indivi.duellen Ermessen mit Recht eine Beeinträchtigung derInseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: BorwSrtI Ouchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co.. Berlin SW,Graf Pückler- Kl.-Tfchiene stand gestern wieder einmal vorder dritten Strafkammer deS Landgerichts l, um sich wegen Auf-reizung zu Gewalttätigkeiten zu verantworten. Der Angeklagteverbüßt zurzeit eine ihm am 20. Oktober auferlegte Strafe vondrei Monaten Gefängnis und wurde deshalb aus dem Gefängnisin Tegel vorgeführt. Zur Anklage standen zwei Reden der bc-kannten Art, die der Angeklagte am IL. Inn, v. I. bei Buggen-Hagen und am 3. Juli in den Arminhallcn gehalten hat. Bezüglichdieser beiden Reden beschloß der Gerichtshof die Einstellungdes Verfahrens, da er annahm, daß das Urteilvom 20. Oktober eine einheitliche fortgesetzteHandlung feststellte und die jetzt in Frage stehenden beidenReden zeitlich vor der Verurteilung gehalten sind.— Alsdannverhandelte das Gericht über eine dritte Rede, die der Angc-klagte am 6. November». I. in Kellers Festsälen gehalten hat.In dieser Sache hat schon einmal Termin angestanden, der aberder Vertagung verfiel, weil der Angeklagte Gelegenheit habenwollte, Zeugen zu laden. Er hat aber solche später nicht an-gegeben, wiederholte jedoch im heutigen Termin den Vertagung«-antrag, der vom Gerichtshof abgelehnt wurde.— In der inkrimi-nierten Rede hat der Angeklagte nach den Aufzeichnungen des über-wachenden Polizeioffiziers u. a. die Offiziere und Soldaten unddie Polizeioffizierc aufgefordert, mit ihm einmal eine fröhliche„Bierreise" Unter den Linden zu machen und die dortigen Lokalezunächst von den„Ratten und Mäusen" zu säubern. Im Anschlußan einen damals vorgekommenen Diebstahl bei Salinger u. Lipp-mann, wo 14 000 M. gestohlen worden sind, riet der Angeklagteseinen Zuhörern, persönlich zu Juden hinzugehen und dort zu..pumpen", wie ia erst neulich einige forsche Kerle gepumpt hätten:sie hätten das Geld bis jetzt noch nicht zurückgebracht und würdenes hoffentlich auch nicht tun. Dann trat in der Diskussion einjunger Mann auf und erzählte, daß er kürzlich bei einem Judenhabe einbrechen wollen, aber abgefaßt und zu drei Monaten Ge-fängnis verurteilt worden sei. Er wollte wissen, was er denn nunmachen solle, denn er sei mittellos und ohne Arbeit und erhieltvom Angeklagten die Antwort, daß er doch auch, wie jene forschenKerle bei einem Juden„pumpen" solle.— Der Angeklagte bestritt.zu Gewalttätigkeiten angereizt zu haben. Er vertrete eine vonGott gewollte Sache, er wolle die infernalische Macht dcs Juden-tumS brechen und müsse in Volksversammlungen eine kräftige undhumoristische Sprache führen.— Der Staatsanwalt beantragteeine Zusatzstrafe von 0 Wochen GefänaniS. DaS Gericht erkannteauf einen Monat Gefängnis.DaS Versprechen deS Arbeitgebers.Vergehen gegen Z 163 der Gewerbeordnung war derzu Elsterwerda angeklagt. Er sollte anläßlich einesStreiks im dortigen Stahlgutzwerk zu einem Arbeitswilligen gesagthaben:„Na. das hätte ich nicht von Dir gedacht, daß Du jetzt inder Bude arbeiten würdest", und ihn dabei beleidigt haben. Nach-gewiesen wurde nun durch Zeugnis des Gauleiters Zernicke-Berlin, daß der Streik lediglich deshabb ausgebrochen war, weilder Eisengicßereibesitzer Dietrich fein gegebenes Versprechennicht urnegehalten hatte. Dieses bezog sich darauf, daß er die An-schaffung von fchlenden Werkseugen-, Werkzeugkästen, Kleider»spinden und Wascheimern innerhalb zwei Wochen absolut fest zu-sicherte, seine Zusage aber nicht hielt. Das Urteil stützte sich aufdie Ausführungen der Verteidigung, von der eingewandt wurde,daß die§§ 152 und 153 der Gewerbeordnung hier keine Anwendungfinden könnten, weil die Arbeiter durch den Streik lediglich daserstrebten, worauf sie einen vertragsmäßigen Anspruchhatten. Es habe sich daher nicht um eine Erlangung günstipeverLohn« und Arbeitsbedingungen gehandelt, sondern um die Auf»rechterhaltung vertragsmäßiger, also rechtskräftig be-stehender Lohn- und Arbeitsbedingungen. Es mußte daherauf Freisprechung erkannt werden.