2. Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt.Nr. 383.Freitag, deu 3. Dezember 1893.9. Jahrg.Oktober.Unterm„neuen Knvs�.i.8.10.11.12.13.14.15.«r1719.21.22.24.Bremen. Genosse G o t t l i e k>. Redakteur der„BremerBürger-Zeitung", wegen Beleidigung eines Arztes einenMonat Gefänguiß.Groh-BeiincSenbeck. Genosse Schräder wegen un-erlaubter öffentlicher Verbreitung von Schriften vomSchöffengericht K Tage Gefängnijs. Polizeiinandat dreiWochen Gefängniß.Laugenbiclan. Genossen L u x, Redakteur des„Proletariersaus dem Eulengebirge", und Kühn wegen Polizeibeleidi-gung angeklagt; ersterer freigesprochen, letzterer 150 M.Geldstrafe.Dessau. Genosse Schöps, Redakteur des„Volksblattsfür Anhalt", wegen Schwurgerichts-Belerdigung 50 M.Geldstrafe.Fürstrnbcrg. Genosse Döring wegen unbefugter Druck-schristenverbreitung 12 M. Geldstrafe.Berlin. Genosse Weber aus Hannover wegen Belei-digung der deutschen Armee 3 Monate Gefängniß.Sangcrhauscu. Genosse Herr l in g von der Anklage,gelegentlich politischer Versammlungen unerlaubte Schank-wirtyschaft betrieben zu haben, freigesprochen.— Wegengewerbsmäßiger Wahrnehmung von Rechlsangelegenheiten5 M. Geldstrafe.Zwickau. Das gegen Genossen G l a d e w i tz gefällteIlrtheil, 1 Jahr Gefängniß, wegen Beleidigung einer Berg-werls-Verwaltung vom Landgericht bestätigt.Taaau. Die Mitglieder der Maifest-Konnnission von derAnklage der Ueberlrctung deS Vereinsgcsetzes, sowie grobenUnfugs freigesprochen.Halle. Zigarrenhändler H offin an n wegen Staatsan-walts-Beleidigung 3 Monate Gefängniß. Genosse Hof-m e i st e r von der gleichen Anklage freigesprochen.Mülheim a. R. Genossen Potthof und Schöpperron der Anklage der unerlaubten Schristenverbreitung inder Berufungsinstanz freigesprochen.Magdeburg. Genossen Fritsche, Rucker, Bock,Schneider, S t r o h f u ß wegen Meineid je 1 Jahr5 Monate Zuchthaus und je 5 Jahre Ehrverlust.Frankfurt a. M. Die Gcwerbegerichtsivahl-Kommisstonvon der Anklage der Ueberlretnng des Vereinsgesetzes frei-gesprochen.Berlin. Genosse Grönheim, Redakteur des„Vor-wärts". wegen Majestätsbelcidigung 3 Monate Festungshaft.Köpenick. Genossen Donner und Wolsdorf'ansVerlin von der Anklage der Bettelei freigesprochen. Die-selbe sollte durch Anbieten von Parieibono begangen sein.Leipzig. Genosse Breuer, Redakteur der„WnrzeiierZeitung", wegen Majestätsbelcidigung vier Monate Gc-sängniß.Tenchcrn. 3 Mitglieder des dortigen Vergniigiings-Vereins wege» angebticher Nebertretung de» Vereinsgesetzes1° 12 M. Geldstrafe.Berlin. Tischler Bier wegen groben Unfugs(Aufhisseneiner rothen Fahne) 10 M. Geldstrafe.Burg. Die 3 Vorstandsmitglieder des Wahlvere,»s vonder Anklage der Uebertrelnng des Vereinsgesetzes frei-gesprochenSchweidnitz.Laiigenbielallsängniß.Elberfeld. Genosse Gewehr, Redakteur derPresse", wegep Beleidigung 100 M. Geldstrafe.St. Ingbert. Genosse Dülkens wegeil unerlaubterSchristenverbreitung 20 M. Geldstrafe.Bielefeld. Genosse K o b u s ch, Redakteur der„Volks-wacht", wegen Staatsanivalts-Beleidigung 3 Monate Gefängniß.Elberfeld. Genosse Grimpe. Verleger der„FreienPresse", wegen Uebertretung des Postgesetzes von der Ober-postbirektion in Düsseldorf fenrafmandai in Höhe vonmehr denn 600 M.— Desgleichen ia seiner Eigenschaftals Expedient derselben die vierfache Summe der angeblichder Post verloren gegangenen Portis, nebst Koste» undStrafen, in Höhe von über 1000 M. eventuell je vierWochen Hast.Breslau. Genosse Thiel, Redakteur der„Volksmacht".wegen Gutsbesitzerbclcidigung 300 M. Geldstrafe. Staats-anivaltsantrag: 200 M.Tortmund."Genosse Bö lg er wegen Uebertretung desVereinsgesetzes»1 M. Geldslraße.Bockenheim. Genosse Peterhaus wegen Uebertretungdes prenßischen Preßgesetzes 15 M. Geldstrafe.Leipzig. Buchdrucker G a s ch, Redakteur des„Kor-respondent", wegen Beleidigling 150 M. Geldstrafe.Bielefeld. Genosse S l o m k e wegen Majestälsbeleidigung3 Monate Gefängniß.Erfurt. Genosse Steg mann wegen Aufreizung zumKlassenhaß 30 M. Geldstrafe.Drcöden. Genossen Eimcrt, Barthel und Wernerwegen Veranstaltung eines angeblich unerlaubten Aufzugesje 20 M. Geldstrafe.Fiirstenberg. Genosse D ö h r i n g wegen Polizeisergeanten-Beleidigung 20 M Geldstrafe.Köuiasberg. Maurer Krause wegen Majestäts-beleidig», ig 1 Jahr Gefängniß. Von zwei weiteren An-klagen wegen Gotteslästerung und Erregung öffentlichenAerzernissee freigesprochen.Leipzig. Genosse Thie! wegen Revier- Kommissar-Beleivignng 200 M. Geldstrafe.Saatfeld. Genosse Becker, Redakteur des„Volksblatts",wegen Pastoren- und Lehrerbeleidigung 50 Mark Geld-strafe.Schweidnitz. Genosse Feldmann, Redakteur des„Proletariers aus dem Enlengebirge", von derAuklage derVerächtlichmachung von Staatseinrichtungen freigesprochen.Staatsanwaltsanrraa: 3 Monate Gefängniß.Dortmund. Genosse Gürtler wegen Gewerbesteuer-hinterz�ehniig(Vertreiben von Parteischristen in einerParteiversammlimg) 30 M. Geldstrafe.Elberfeld. Genosse H n l h, Redakteur der„BergischenArbeiterilimme". wegen Polizeibeleidignng 30 M. Geld-strafe.Mülhausen i. E. Genosse Martin, Redakteur der„Elsaß-Lothr. Voli'ztg.", vom der Anklage deu katholischen„St. Josephs-Verein" beleidigt zu haben, freigesprochen;alle Kosten, auch die Auslagen des Verklagten, dem Klägerauserlegt.Berlin. Paul Ernst, früherer Redakteur der„BerlinerVolks-Tribüne", wegen Aufreizung zu GewaltthätigkeitenSOO M. Geldstrafe event. 50 Tage Gefängniß. Staats-onwalts-Antrag 6 Monate Gefängniß.Tnsseipoxf. Der Vorstand der Filiale des„DeutschenWeber Nied en siehe aus Niederwegen Majestütsbeleidignng 2 Monate Ge-„Freien25.27.Oktober.SchuhmachcrverbaudeZ" von der Anklage der Uebertretungdes Vereinsgesetzes in zweiter Instanz freigesprochen.Annen. Genosse Gläser wegen groben Unfugs 15 M.Geldstrafe.Stollberg. Genosse Meißner wegen öffentlicher Stadt-raths-Beüidigung 30 M. Geldstrafe.Kassel. Genosse Huhn, Redakteur vom„Volksblatt fürHessen", vom Schöffengericht wegen groben Unfugs 10 M.Geldstrafe. Vom Landgericht freigesprochen.Jean Martin, Redakleur der„Elsaß-Lothr. Volks-Ztg."wegen Beleidigung 15 M. Geldbuße.Augsburg. Genosse B r e d e r, Redakteur der„Augsb.Vol'ks-Zeitung", wegen Werkmeister-Beleidiguug 50 M.Geldstrafe.— Wege» Bäckermeister-Beleidigung 25 M.Geldstrafe.Breslau. Genosse Thiel, Redakteur der„Volkswacht",wegen Majestätsbeleidigung 9 Monate Gefängniß.Beutheu. Vier Genossen, darunter Genosse Kunert,wegen Betheiligung an einer nicht angemeldeten Aer-sammlung je 3 M. Geldstrafe. In der von der Staats-anwaltschaft eingelegten Revision Genosse K. zu 50, einanderer zu 30 M, zwei Genossen zu je 10 M. verurtheilt.„ Würzen. Ter Redakteur der„Wnrzener Zeitung" wegenBnrgermeister-Belcidigung 2 Monate Gefängniß.„ Elberfeld. Genosse L i n x w e i 1 e r, Redakteur der„Elberf. Fr. Presse", wegen Beleidigung eines Maurer-Meisters, der einen Arbeiter mißhandelt hatte, 3 MonateGefängniß.Jusgcsammt 7 Jahr 1 Monat Zuchthaus, 4 Jahr8 Monat 8 Tage Gcfäugniß, 3 Monat FestnugShaft,3784 M. Geldstrafe und iö Jahre Ehrverlust.Der P a r t e i v o r st a n d.29.31.Ahlwardt und die„Judenfliutcn".III.Nach Eröffnung der Sitzung stellt der Vorsitzende Land-gerichtsdircklor B r a u s e w e t t e r fest, daß die gestern Abendauf Antrag des Angeklagten noch geladenen Zeugen Brettschneiderund Pferdebahnkntscher Richter nicht zur Stelle sind.Vor Eintritt in die Tagesordnung nimmt Oberstvon Brackel das Wort, um eine falsche Auffassung, welche erin einem Theile der Zeitungsberichte gefunden, zu berichtigen,damit nicht falsche Konsequenzeii daraus gezogen werden. Zu-nächst habe er das. was er von dem sehr sandigen Exerziermatzgesagt hat, bei welchem vielleicht Sand in den Gewehr-tauf gekommen, nicht ans das 24. Regiment, sondern aufdas 52. Regiment bezogen. In dein Zeitungsbericht stehe fernereine Aeußerüng von ihm:„in der ersten Zeit der Fabrikationkommen natürlich mehr Korntreibereien vor." Es konnte darausder falsche Schluß gezogen werden, daß es sich um eine ungesetz-liche Mäßregel handelt. Es sei. aber gesetzlich gestatket, daßKorne rechts und links von der Normäl-Äoinsiellung �/roo Milli-nicter stehe» dürfen. Er habe durch seine Aeußcrung nur an-deuten wollen, daß die Fabrikation in allen Fabriken im Laufeder Zeit so vorgeschritten ist. daß von der Mitte derFabrikation an ein Nachtteiben so gut wie garnicht vor-gekommen ist. Was dann die vom Angeklagten erwähnten llte-paratnren betrifft, welche bei der sächsischen Armee bei einerLandwehrübnng vorgekommen sein sollen und wobei angeblich132 Gewehre unbrauchbar gewesen sein sollen, so handelt essich vielleicht nicht um 132 Gewehre, sondern um 132 Reparaturen, die aufgenoinmen sind. Dies würde eine außerordentlichgeringe Zahl sein, denn bei solcher Aufnahme sind auch dieminimalsten und unschädlichsten Sachen, die schließlichvielleicht gnr nicht reparirt werden, sondern sich nurals Schönheitsfehler darstellen. Wenn nach einer Land-wehrübnng nur 132 Reparaturen aufgenommen werden, soist das ein Zeichen, daß mit den Gewehren bei der Truppe mitgroßer Vorsicht umgegangen worden ist.Angekl.: Ter Hen Sachverständige hat gestern gesagt, daßdieSchäden an den Gewehren vielleicht durch Eindringen von Saud ver-ursacht worden sein können. Ich spreche ans eigener Erfahrung) wennich sage, paß wirbei V ionville und Le Maus unsere Gewehre vor staub,Sand und Schnee nicht haben schützen können, und sie haben doch ge-schössen. Würde aus dem, was der Sachverständige gesagt hat,nichl der Schluß zu ziehen sein, daß die Gewehre im Kriege überhaupt unbrauchbar sind?Oberst v. Brackel: Der Angeklagte begiebi sich hieraufein Gebiet, das gar nicht zur Sache gehört Ich kann nichtwissen, ob das richtig ist, was er hier von Vionville und Le Mausgesagt hat, das aber weiß ich, daß jedes Gewehr, welches voll-gestopft ist, mit seltenen Ausnahmen auseinandergeht. Ter Angeklagte dreht also die Frag- so, daß es sich nicht um den hierverhandelten Spezialsall handelt, sondern um die Frage, ob dieGewehre überhaupt kriegsbranchbar sind. Darüber hat aber nicht derAngeklagte zu entscheiden, sondern nur die Militärbehörden. Diesist also eine Frage, die hier gar nicht hingehörtVors.: Mir scheint auch, daß der Angeklagte wieder allesMögliche heranzieht, was nicht zur Sache gehört Er ist zetztbeim Krieg von 1370, sehr bald wird er vielleicht beim Kriegvon 1813/14 sein.Angekl.: Ich nehme nur meine Gerechtsame wahr. Nunhabe ich noch an den Herrn Larella eine Frage. Als ich einesTages bei dem Untersuchungsrichter war, trat ein aller Mann,der sich Barella nannte, zu mir heran und sagte, daßmeine Sache gut stehe, ca. sei» Sohn auf den erstenBlick gesehen habe, daß das Material nicht gut sei.Ist das vielleicht Ihr Bater gewesen oder bin ich das Opfereiner Mysusikation geworden?Sachverständiger Barella: Mein Vater lebt nichtmehr.— Angekl.: Haben Sie vielleicht einen Onkel?—B a r e l l a: Ja, aber ich weiß von dieser Geschichte gar nichts.— Angekl.: Dem, ist es Ihr Onkel gewesen.— Präs.: An-geklagler, ich begreife nicht, daß Sie nicht Wesentliches von Un>wesentlichem unterscheiden können. Sie sollen uns beweise», daßdie Löwe'schen Gewehre kriegsnnbrauchbar sind, Sie werden aberdoch einsehen müssen, daß Sie keinem Menschen diese lieber-zengung' beibringen können.— Rechtsanwalt H e r t w i g: HerrPräsident, dann könnten wir uns ja jede weitere Beweisausnahmeersparen.— Präs.: Das überlasse ich Ihnen.— Angekl.: Ichhabe noch eine Bemerkung zu machen. Als gester» Herr Barellaerklärte, daß er einen Kasten von schlechtem Material gelieferthabe, erwiderte Major Kühne sofort, daß sie dafür nicht vernnt-wortlich gemacht werden könnten, da der Staat das Materialliefere. Im Widerspruche zu dieser Behauptung steht nun diegestrige Bekundung des Zeugen v. Querfurt, welcher erklärte, daßihm 4<M> Stück Kästen von der Firma Löwe u. Co. direkt bestelltseien.— Es folgt nun der Anklagepnnkt in Betreff der Behaup-tung des Angeklagten, daß bei der Stempelung Pflichtwidrig-leite» vorgekommen seien.Major Hann ig giebt eine genaue Darstellung des Geschäfts-ganges, wie er bei der Stempelung der Gewehre und deren Abnahmegehandhabt wurde. Nachdem die einzelnen Gewehrtheile fertig-gestellt waren, wurden sie zunächst von den Löwe'schen Ange-stellten geprüft und dann nach' dem großen Revisionssaale ge-bracht. Hier wurden sie von Iben Militärbeamten revidirt unddann von den Löwe'schen Leuten, aber unter unmittelbarer Auf-ficht der Beamten, gestempelt. Der Stempel mußte stets von denletzteren bei sich geführt oder unter sicherem Verschluß gehaltenwerden. Nachdem" um die Haltbarkeit zu erproben, der Beschußunter verschärften Bedingungen vorgenommen worden war, wurdedies wiederum durch eine Stempelung an bestimmter Stelle desGewehrs gekennzeichnet. Das Gewehr ging in die Fabrik zurück,um dann in fertigem Zustande der Anschußprobe unter-worfen zu werden. Auch die hierauf folgende Stempelungkonnte von Arbeitern der Löwe'schen Fabrik vorge-noimnen werden, aber der Büchsenmacher mußte den Stempelbei sich führen und den Arbeiter überwachen. Das durch-geschossene Gewehr ging in die Fabrik zurück, um gereinigt zuwerden. Es wurde dann einer nochmaligen Revision unter-worfen und blieb 4 bis 7 Tage in einem verschlossenen Ver-schlage stehen. Nach nochmaliger Besichtigung erfolgte dann dieUebersührung nach dem Magazin in Spandau. Es geschah diesdurch einen eigens dazu eingerichteten Transportwagen. DasGewehr liege darin wohl annähernd fest, es komme aber dochvor, daß einige durch den Transport kleine Schönheitsfehlererlitten. Ter Wagen wurde verschlossen, versiegelt oder plom-birt, ein unbefugtes Oeffnen sei kaum möglich.Kirch war"bei der Revisionskommission, die in Spandau dieGewehre abnimmt und die Gewehre nochmals revidirt, um etwadurch Zufälligkeiten entstandene Fehler festzustellen und zur Ab-stellung zu bringen. Ein vom Angeklagten behauptetes Ein-schmuggeln nuangeschossener Gewehre würde nur möglich sein,wenn die Beamten pflichtvergessen handeln oder eine ganze An-zahl von Personen sich zu perfidem Handeln verbindet.Zeuge Johannes Streicher, Oberbüchsenmacher, f. Z. ersterRevisionsbeamter beim Abnahme-Kommando giebt gleichfallsAuskunst über die verschiedenen Stempelungen, welche an deneinzelnen Gewehrlheilen, dann nach dem Beschuß und nachZusammenstellung des Gewehres vorgenommen wurde. Wenndas durchgeschossene Gewehr gestempelt wurde, so geschah dasdurch einen dazu besonders beslellten Büchsenmacher mit einembesonderen Stenipel. Ter Büchsenmacher konnte auch einen Arbeiter stenipeln lassen, jedoch geschah dies unter Aufsicht undVerantwortlichkeit des Büchsenmachers. Die durchschossenen Ge-wehre wurde» dann gründlich gereinigt und von den Büchsen-uiachern noch einmal mit besonderem Stempel versehen. Hatten die G e-wehre die letzte Revision überstanden, so kamen sie in einMagazin und wenn eine genügende Anzahl beisammen war,wurden sie unter Aufsicht eines Offiziers in den Löwe'schen Ge-wehrwagen gepackt, letzterer verschlossen und nach Spandan ge-schafft. Dort wurden die Gewehre mit größter Peinlichkeit ab-genommen. Das Versiegeln und Plombiren der Wagen halte ergar nicht für so nöthig, denn nicht das Siegel und die Plombegaräntire die Brauchbarkeit der Waffe, sondern der Stempel.Er ivisse nicht, ob es Vorschrift war, daß die Gewehre in denplombirte» Gewehrwagen gepackt wurden, er glaube, es war nurübergroße Vorsicht der Firma Löwe, welche die Gewehre einzelnaußerordentlich vorsichtig verpackte.Hiernach überreicht der Vertheidiger einen neuen schriftlichenBeweis- bezw. Vcrtagungsantrag. Der Angeklagte macht daringeltend, daß, da er an Händen und Geist gebunden, physischund geistig außer Stande sei, den Verhandlungen mit der nöthigenAufmerksamkeit zu. folgen. Da es sich nur um Beleidigungenvon Privatpersonen handele, so liege kein Anlaß zur lleberhaftungdes Verfahrens vor und es könne für das Verfahren auch be-langloS sein, ob der Angeklagte am 5. d. M. in Arnswalde gewählt wird oder nicht.Vors.: Wie wenig beschleunigt die Sache worden ist, ersteht:mau daraus, daß der Angeklagte und sein Vertheidiger eine Nach frist für ihre Rückänßerung beantragt und gewährt erhalten habe',«.Der Angeklagte hat Monate hindurch gewußt, wohin er seineVertheidigung zu richten hat und hat vom Frühjahr an bis st.-tztZeit gehabt, seine Vertheidigung vorzubereiien. Das sei dochgar nicht eine so große Arbeit. Nach Ablauf der Frist ist r,omAngeklagten und vom Vertheidiger keine Zeile eingegangen. Voneiner überhastendeu Beschleunigung ist also gar keine Rede unddie Aufstellung des Angeklagten als Reichstagskandidat_ fürArnswalde hat auf mich und den Gerichtshof absolut leinenEindruck gemacht. Ter Gerichtshof hat keine Neigung, dieseSache irgendwie mit der Wahl zusammen zu bringen. Daß derVerkehr des Angeklagten mit seinem Vertheidiger erschwert ist.kann ich auch absolut nicht zugeben; nach der Straf- Prozeß-Ordnung hat der Vertheidiger jederzeit das Recht, mit seinemKlienten zu verkehren, und der Vertheidiger hätte die Freiheitgehabt, alle Tage nach Plötzensee hinauszugehen.Rechtsanwalt Hertwig: Was da von Beschleunigung ße-sagt ist, soll natürlich kein Vorwurf gegen den Gerichtshof fem.Es läßt sich doch aber nicht leugnen, baß die Slrafanträge. dieder Angeklagte gegen die von ihm Beleidigten gestellt hat, vonder StaatsarnvaUschast mit einer beispiellosen Schnelligkeit ab-gelehnt worden sind, ohne daß ihm bis jetzt eine schriftliche Be-gründung zugegangen ist.Erster Staatsanwalt Drescher: Ich muß den Vorwurfdes Verlheidigers zurückweise». Ich gebe zu, das; in Sachen derqu. Strafanzeige mit ganz besonderer Beschleunigung verfahrenworden ist, aber ich würde es in jedem anderen Falle ebensoihn», wenn ich einem ganz beispiellosen Verschleppungsantragegegenüber stehe. Da ist meiner Ansicht nach eine prompte Er-ledigung geboten.Vors.: Es ist ja eine alte Manie, die Gerichtsbehördenanzugreifen. Wir werden angegriffen, wenn eS zu lange dauertund nun wieder, wenn es schnell geht. In diesem Falle ist dieVornnlersuchnng mit der denkbar größten Gewissenhaftigkeit unddem größten Eifer geführt worden.Angekl.: Ich hatte natürlich ein Interesse daran/zu ver-suchen, die Sache erst zur Verhandlung gelangen zu sehen, wennich aus freiem Fuße bin. Tie Abgabe meiner Denunziation andas Landgericht Ii war durchaus richtig, denn der Thatort, umwelchen es sich dabei handelte, ist Marlinikenfelde und Spandau.Der Beweisantrag des Angeklagten bringt eine ganze Reihevon Personen in Vorschlag, welche über schlechte Beschaffenheit derLöwe'schen Gewehre, Durchstechereien w. bekunden sollen. Ferner wi.obeantragt, den Reichstags-Abgeordneten Schneider i» Wien,den Ingenieur Paasch, den Prof. Rohling und OsmanB e y in Kairo über die staatsgefährlichen Tendenzen der allianooisraeiits universelle zu vernehmen, ebenso den Dr. K u s s e r o mvon der Bergakademie darüber, daß die Löwe'schen Gewehr-Eisentheile zu viel Schwefel enthalten. Ter Buchhändler Gloßin Dresden soll bekunden, daß die Bülow'sche Expedition inOstafrika infolge der schlechten Löwe'schen Gewehre zuGrunde gegangen ist. dasselbe wird unter Berufung aufZeugen von der Zintgraf'schen Expedition behauptet, ebensosollen eiiteM Herrn Jansen in Hamburg schlechre Gewehreübcrschickt worden sei».— Vor s.: Schließlich werden Sie unswohl ilocb ganz Afrika vorführen wollen!— Angekl.: Ichhalte das doch für sehr wichtig, denn es handelt sich in Afrika