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uu die einzigen Fälle, in welchen die Löwe'schen Gewehre im Kriege erprobt worden sind. Staatsanwalt: Eine Unterbrechung der Verliandlung zum Zwecke der Vörladung von Zeugen würde nicht nolhwendig sein._ Dem Antrage, die hier wohnenden Zeugen vorzuladen, trete ich bei, meineindessen, daß eine Vernehmung sämmtlicher Zeugen nicht nothivendig ist. weil über dieselbe Thatsache eine ganze Reihe anderer Zeugen vorhanden ist. und ich gerade im Interesse des Angeklagten diejenigen Zeugen ausgewählt habe, welche so viel wie möglich zu Gunsten des Angeklagten auszusagen im stände waren. Ich widerspreche aber direkt einer Ladung des Buchhändlers G l ö ß, der aus eigener Wissenschaft nichts bestätigen kann. Ganz un- erheblich ist die Behauptung, daß die Bülow'sche Expedition durch Schuld der Löwe'schen Gewehre untergegangen ist." Ob in Afrika  Gewehre geplatzt sind, ob dies Löwe'sche Gewehre waren, ist für diese Sache gleichgiltig, denn es handelt sich nicht um Gewehre, die dem Staate geliefert, sondern nur solche, die aus Ausschuß- theilen hergestellt sind. Dasselbe ist bezüglich der Behauptung über dicZintgraf'scheExpedition zu sagen. Schließlich wird derAngeklagte noch mit dem Beweise hervortr.ten, daß irgendwo ein von Löwe sabrizirtes Jagdgewehr auf der Jagd geplatzt ist! Alle Beweise bezüglich der Alliavce israelite   erübrigen sich nach nieiner Meinung. Schon durch die bisherigen Verhandlungen ist doch woh' erwiesen, daß den Leiter» der Fabrik ein solcher Auftrag. wie ihn der Angeklagte behauptet, von der AUiaacö israelite nicht cri heilt ist. Die Tendenzen dieser Alliance interessiren daher für diesen Prozeß gar nicht und ich würde meinerseits jetzt auch auf die Vernehmung der Herren Dr. Neumann und Professor Lazarus   verzichten können. Die Nertheidigung schließt sich diesem Verzicht nicht an. Der Angeklagte führt noch einmal aus. daß ihm an der Ver- nehmung der vorgeschlagenen Zeugen sehr viel liegt. Er habe behauyiet, daß die Löwe'schen Gewehre nicht kriegslüchtig seien. 8 tun sei es doch wesentlich, solche Zeugen zu hören, welche die Gewehre im Kriege erprobt hätten. Präs.: Angeklagter, Sie scheinen immer noch nicht zu begreifen, daß es zu Ihren Gunsten ist, wenn hier konstatirt wird, daß die Löwe'schen Gewehre kriegs- tüchtig sind, im anderen Falle würden Sie wahrscheinlich nicht hier, sondern in Leipzig   unter der Anklage des Landesverraths stehen. A n g e k l.: Es handelt sich nicht um meine Perjon, fondern nur um die Sache. Rechtsanwalt H e r t w i g: Ich halte auch den Zeugen für wichtig, der bekunden soll, daß er von seinem Vorgesetzten dazu angehalten wurde, die beim Probeschießen verwandten Patronenhülsen zu sammeln und sie später wieder unterzuschieben, wodurch der Anschein erweckt werden solle, als sei thatsächlich die vorgeschriebene Anzahl Schüsse abgegeben. Oberst Freiherr   v. Brackel. Ein Zeuge, der dies behaupten kann, verräth dadurch eine völlige Unkenntniß der Verhältnisse. Meiner Ansicht nach ist es kaum möglich, eine Patrone zum Modell 83 zweimal zu gebrauchen, die Hülse bekommt nach der Verwendung ein Aussehen, das eine nochmalige Benutzung von selbst verbietet. Es würde sofort zu erkennen sein. Der Gerichtshof zieht sich zur Berathung zurück. Rechtsanwalt M u n ck e l erklärt Namens der Nebenkläger, daß seitens der Löwe'schen Fabrik weder an Zintgraf, noch an Jansen in Hamburg  . noch an de» im Vertagungsanlrag gleich- falls angerufenen Zeugen Tormehlen jemals Gewehre ge- liefert worden find. Nach kurzer Berathung lehnt der Gerichtshof den Prinzipal- antrag ad und beschließt. II vom Angeklagten namhaft genmchte Zeugen sofort zu laden, den Zeugen Glöß und die Hainburger  Zeugen telegraphisch. Die Anträge bezüglich der Alliencs israelite wurden abgelehnt, da der Gerichtshof durch das eidliche Zeugniß des Herrn Löwe für eriviesen erachtet, daß derselbe nur Beiträge für Wohlthätigkeitszwecke geleistet hat. Die Beweisaufnahme wird fortgesetzt mit der Vernehmimg des Büchsenmachers Kirch aus Spandau  . Er hat zunächst An- gaben darüber zu machen, in welcher Weise ihm die Gewehre, die er abzunehmen hatte, zugingen. Der Zeuge hat die Gewehre in den meisten Fällen erst in den Waffensälen in Empfang ge- nommen und nur in einzelnen Fällen hat er Gewehre, welche Rostflecken hatten, im Wagen besichtigt. Präs.: Hatten Sie die Revision nur äußerlich vorzunehmen? Zeuge: Es war das nicht gerade vorgeschrieben, aber wenn an einem Tage 1000 bis IbOO Gewehre geliefert wurden, konnte von einem Aus- einandernehmen der Gewehre nicht die Rede sein. Präs.: .Wenn Sie nun Fehler entdeckten, was geschah dann mit den Ge- «lehren? Z e u g e: Wenn es Fehler waren, von denen ich trotz ü)rer Kleinheit annehmen mußte, daß sie zur Reparatur gestellt , werden würden, rangirte ich dieselben aus und stellte sie dem Skuvier-Offizier vor. Dieser sprach mit dem Major. Es handelte sich' zumeist nur um ganz geringe Fehler bei den Nuten. Es ist darüber a» das Kommando berichtet worden und wie ich gehört haü«, ist von dort der Befehl gekommen, derartige Gewehre nicht abzuweisen, da die kleinen Fehler ohne Bedeutung seien und vom Kommando selbst reparirt werden könnten. Präs.: Haben Eie nicht selbst auch Reparaturen ausgeführt, wofür Sie von der Firma Löwe u. Co. bezahlt bekamen? Zeuge: Jawohl. Es kam vor, daß die Schäfte durch einen Stoß oder Druck beim Transport oder dem Ein- und Aus- laden eine kleine Verletzung erhalten hatten. Beim Putzen konnte der Lappen daran hängen bleiben. Durch wenige Feilenstriche und SU'chpoliren war dem Fehler abgeholfen. Der Meister Spangen berg theilte mir mit, daß die Firma Löwe u. Co. mich biiten ließe, die kleinen Ausbeffernngsarbeiten selbst vorzunehmen und der Firma in Rechnung zu stell-n. Ich habe dies in meiner dienstfreien Zeit gelhan. Präs.: Hatten Sie die Erlaubniß dazu von Ihren Vorgesetzlen? Zeuge: Direkt Er- kaubniß wohl nicht, aber ich nahm die kleinen Reparaturen gewisjernlahen unter den Augen meiner Vorgesetzten vor. Ich zeigte denselben die Fehler und dann später auch die vorgenommene Ausbesserung. Präs.: Kam es denn auch vor, daß einzelne Theile fehlerhaft waren? Z e u g e: Nein, es kam aber vor. daß die Gewehre mit falsche, i Schloffen versehen waren. Präs.: Wie ist das zu verstehen? Zeuge: Es kamen Verwechselungen vor, indem die lltummer des Schlosses nicht mit der Gewehrnummer übereinstimmte. An- fangs wies ich diese Gewehre zurück, später änderte ich das kleine Versehen selbst. Oberst Freiherr   v. Brackel. Eme derartige Verwechselung kommt leicht bei jeder Kompagnie nach dem Schießen vor. wenn die Gewehre gereinigt werden. So wird es auch wohl vor- gekommen sein, daß in der Löwe'schen Fabrik eine V-rwechseluiig stattfand, wenn die Gewehre nach dem Anschießen gereinigt wurden. Ter nächste Zeuge ist Arbeiter Carl Gans, welcher un­bestraft ist. Derselbe erzählt: Ich habe von der ersten Broschüre und dem Rektor Ahlumrdt nichts gewußt. Da wurde m»r ge- sagt, daß ich in der Broschüre des Diebstahls an Patronen de- schuldigt wurde und Oberstlieutenant Kühne fragte mich, wie sich das damit verhält. Ich bin dann in eine öffentliche Versammlung gegangen, wo Ahlwardt   über dieJildenstinten" sprach und am Schluß- derselben bin ich mit dem Angeklagten bekannt geworden. Derselbe sagte, es thäte ihm leid, daß ich nun meine Stellung ver- lieren würde und so ist es mir auch gegangen. Die Firma Löwe   legt einem Alles in den Weg und ich habe mich vergeblich um Arbeit bemüht. Präs.: Haben Sie Geld bekommen? Zeuge: Jawohl! Präs.: Sie sollen 600 M, in zwei Raten 250 M., dann zweimal je 30 M., dann wieder 30 M., nochmals 30 M, einmal 26 M. und einmal 45 M. erhalten haben. Zeuge: Die ersten 250 M. habe ich auf eine vom Angeklagten ge- schrieben? Anweisung von Lange« erkalten dw zwctlen 250 M. durch den Buchhändler Glöß. die 30 M. von Herrn von WackcrbartH und die letzten Summen aus Bersammlungeu. Ich habe diese Zuwendungen c Ausdrücke des Mitleids betrachtet, weil die Herren wußten. daß ich brotlos war. Herr Ahlivardt hat gesagt, er wollte den Ertrag auZ der Broschüre nicht allein haben, sondern mir 1000 Mark und eventuell noch mehr abgeben. Präs.: Lassen Sie sich durch diese Zuwendungen nicht verleiten, die Unwahrheit zu sagen. Zeuge: Nein, der Angeklagte, sowie Herr v. Langel! und v. Wackerbarth   haben mich sogar gewarnt, mehr zu sagen, als die reine Wahrheit. Der Zeuge behauptet, daß, während die Gewehre vor- schriftsniäßig nur mit Wasser und Werg geputzt werden durften, nach der Weisung des Meisters Stangenberg in der Löwe'schen Fabrik mit Bimstein, manchmal auch mit Zusatz von grauer -salbe gereinigt worden seien. Das sei bei den meisten Ge- wehren der Fall gewesen und Oberstlieutenant Kühne habe das gewußt, denn er habe oft gesagt,wenn es die Kerls nur schlau anstellen." Die Offiziere, deren Ankunft immer schon durch Aufpasser angekündigt worden, seien ge- täuscht worden, man habe immer gewußt, die Offiziere über die Art des Putzens hinter das Licht zu führen. Er sei selbst Soldat gewesen und wisse, daß die Gewehre unter dieser Art des Putzens leiden. Trotzdem habe er es gethan, weil ihn, sein Brot lieb war. Bei dem Transport und der Verladung der Gewehre sei alles in Ordnung gewesen. Richtig sei es ja, daß e r selbst manchmal die Plomben von dem Gewehrwagen abgenommen und Gewehre hinzugelegt hat. Da sei aber von Unterschiebung nicht angeschossener Gewehre keine Rede gewesen, vielmehr habe er nur revidirte und durchaus brauchbare Gewehre hinzugelegt. Thatsächlich kam es vor, daß der Büchsenmacher Kirch in Spandau   einige Gewehre bean- standet und zurückgeschickt. Dies jei nun aber hier den Büchsenmachern unangenehm gewesen, und damit die Herren nichts davon merken sollten, habe er die Plomben von den Wagen genommen und eine gleiche Anzahl guter Gewehre, wie die der zurückgesandten, hinzugelegt und den Wagen wieder mit der Plombe verschlossen. Das sei vielleicht instruktionswidrig gewesen, aber Böses sei dabei nicht vorgekommen.'Aus weiterer Befragung desZeugen geht hervor, daß die von demselben abgegebene eidesstattliche Versicherung in einem Punkte falsch aufgefaßt sei. Derselbe hatte in derVersicherung von ca. 4000 Gewehren gesprochen, welche nach dem Schusse in den Läufen kleine Risse gezeigt hätten. Der Zeuge hält jetzt aber nur aufrecht, daß er nur kleine Schrammen gesehen habe, und an einen, Sonntage seien einige Gewehre durch die Maschine geschmirgelt worden, durch welche die Schrammen beseitigt worden. Durch das Schmirgeln sei nach seiner Ansicht das Kaliber verändert worden. Oberstlieutenant a. D. Kühne: Der Zeuge ist aus der Fabrik entlassen worden, weil er gesagt hatte:was in der Ahlwardt  'schen Broschüre steht, sei noch viel zu wenig; wenn er den Mund alifthun wollte, dann würde noch vtel mehr zu Tage treten". Zu der Reinigung der Gewehre bemerke ich: Weder unser Kontrakt, noch unsere Abnahnievorschtistcit, noch eine andere Be- stimmung schreibt uns vor, wie ivir die Gewehre zu reinigen haben. Das war lediglich unsere Sache, und die Abnahme- Kommission hatte aufzupassen, ob die Gewehre abnahmefähig sind. Als die Gewehrfabrikativn begann, bestand noch allgemeine Unklarheit über die beste Reinigung angesichts des neuen Pulvers, welches die bisherigen Reinigungsarten hinfällig machte. Nach einiger Zeit hatte Major Hannig an- geordnet, daß die Reinigung mit Wasser und Wischstock mit Werg stattfinden solle Dies ist 68 Wochen hindurch durchgeführt worden, halte sich aber nicht bewähtt. Es wurden iniolgedesien sofort nach dem Beschuß in Oel getauchic Wischstöcke durchgezogen und dann die vom Major Hannig ge- wünschte Reinigung angeschlossen. Zuerst wurden die Gewehre nicht rein, sodaß die Leute noch zu einem beliebigen Puynnttel greifen mußten, sei es Staubschmirgel, Bimstein oder dergl. Daß dadurch den Gewehren Schaden hinzugefügt werden konnte, ist reiner Unsinn, daran ist garnicht zu denken. Nun zum TranS- port! Nach unserem Komraki hatten wir die Gewehre bis zur Bahn zu liefern, dort Stroh zur Verpackung bereit zu hallen und die gehörigen Arbeitskräfte zu stellen, welche unter Aussicht die Verpackung in die Waggons besorgten. Sobald die Gewehre in den Waggons waren, halten wir unsere Verpflichtungen er- füllt. Da tmn nach Mittheilimg des Kommandos ei» Waggon nur 1600 Gewehre saßt und nur so viel auf einmal versendet werden sollten, so kamen wir mit Rücksicht hierauf und aus die nahe Lage Spandaus zu dem Entschluß, den Transport lieber gleich direkt nach Spandau   zu beivirken. Dies kostete ja mehr, wir hatten aber den Vortheil, tadellose Gewehre abliefern zu können, der Militärfiskus hatte aber noch größeren Vortheil, denn er sparte das Umladen, Auswickeln jc. Die Wagen wurden versiegelt. Die Verpackung, die unter Auf- ficht des Kommandos geschah, ging uns eigentlich garnichts an. In der ersten Zeit, nachdem die Wageusendlliigen begonnen hatten, erhielten wir durch unsere Leute, die die Wagen begleitet hatten, die Nachricht, daß einige Gewehre unterwegs kleine Fehler erlitlen hätten. Nach einigelt Tagen erhielten wir die- selbe Mittheilung vom Kommando. Diese Behörde schickte den Kommissar Streicher, der seststellen sollte, welcher Art die Be- schädigungen waren und ,vte die vorzunehmenden Reparaturen zu bewirken seien. Wir unsererseits schickten zu demselben Zwecke den Büchsenmacher Spange, iberg. Ter Letztere theilte uns mit, daß der Zeiighaus- Büchsenmacher Kirch die kleinen Verletzungen selbst ausbessern würde. Wir erhielten von den,- selben dann nach etwa 4 Wochen eine Rechnung, die, wie mir noch erinnerlich ist, einen äußerst niedrigen Satz hatte, es kam für jedes reparirte Gewehr noch nicht einmal ein Betrag von 10 Pfennigen heraus. Die von Ahlwardt   in seiner Broschüre aufgestellte Behauptung, daß ich dem Kirch für jedes Gewehr 5 Pfennig geboten habe, ist völlig unwahr, ich wüßte nicht, wie ich dazu kommen sollte. Major H a n n i g giebt sodann sein Gutachten über die An- wendung des angeblich verpönten Schmirgels ab. Die Anwendung des Schmirgels sei aus Veranlassung des Nomniandos geschehen, um kleine Schrammen zu beseitigen, die sich nach den, Probe- schießen in einzelnen Läufen gezeigt hatten. Die Anwendung des Schmirgels zum Zwecke der Reintgung halte er nicht für statt- hast, nicht weil dte Gewehre dadurch verdorben werden könnten, sondern weil leicht Schönheitsfehler dadurch entständen. Er habe hierüber eine andere Ansicht wie Major Kühne und würde die Anwendung des Schmirgels für unstatthaft erklärt haben, wenn er sie gekannt hätte.,... A n g e l l.: Herr Sachverständiger, war Ihnen bekannt, daß dieLäuse mit der Maschine geschmirgelt wurden. Major Hann ig: Nein, ich dachte, es geschehe mit der Hand. Angekl.: Zeuge Gans, ist deS Sonntags soviel sgeschnnrgelt worden, wie die Maschine zu leisten vermochte? Zeuge GanS: Darüber habe ich kein Urtheil. Oberit von F l o t h o iv erklärt, daß bei längerem Schmirgeln des Laufes das Kaliber allerdings zu klein werden könne. Im vorliegenden Falle sei das Kommando aber hiergegen geschützt, da die Läufe nachträglich noch einmal untersucht worden seien. Angekl.: Zeuge Gans hat aber gesagt, daß die deS Sonntags geschmirgelten Gewehre nicht untersucht worden seien. Oberstlientenant Kühne: Die kleinen Schrammen m den Läufen entstehen dadurch, daß der Mantel eines Geschosses platzt. Die kleinen' Metallstückchen verursachen dann die Risse. Wenn ein Laus mit der Hand geschinirzelt wird, so wird er seicht ungleich, was bei Anwendung der Maschine nicht der Fall ist. Ich statte damals alle rissigen Läufe sammeln lassen, und um keine Zeit zu verlieren, erwirkte ich mir von der Polizeibehörde die Eilaubinß, während eines Sonntags sämmt- liche Schmirgelmascriinen gehen zu lassen. An diesem Tage sind dann auch sämmtliche Läuse geschmirgelt worden, tch glaube, es waren etwas über 400 Stück. Es tritt eine-'/.rstündige Mittagspause em. Nach Wiedereröffnung der Sitzung bemerkt der Vor- sitzende: Mir ist hier ein Schreibe» zugegangen, m welchem mir gewissermaßen ein Vorwurf gemacht wird, daß Angeklagten«in Schutzmann zur Seite xostm dem worden ist. Da? ist wieder einmal ein unberechtigter Vorwurf- Ich habe keinerlei Anordnung nach dieser Nichtung hin getroffen und habe das eigentlich gar nicht gesehen, daß ein Schutzmann dort sitzt. Mir ist es ganz egal, wo der Beamte sitzt. Der Staatsanwalt erklärt, daß auch er nicht eine Anordnung getroffen hat, wonach der Beamte dort zu sitzen habe. Nach der Vor- sicherung des Angeklagten empfindet er die Nachbarschaft des Schutzmanns nicht als Belästigung. Erster Staatsanwalt Drescher theilt den Eingang eines Schreibens desOberbürgermeisters a.D. Weber mit. In demselben wird die Behauptung des Angeklagten, daß ein Komitee zur moralischen Ver- nichtung des Angeklagten besteht, welchem er, der Oberbürgermeisier Weber bezw. Herr v. Bleichröder   Geld zugewiesen, als auf freier Erfindung und Unwahrheit beruhend bezeichnet. Der Staats- anwalt erklärt, daß er keine Veranlassung habe, an der Wahr- heit dieser Versicherung zu zweifeln. Angekl.: Aber ich habe solche Veranlassung. Ich besitze den Original-Einladungsbries an den Kriminalkommissariiis a. D. o. Schwerin  , Langestr. 22. Dieser Herr war zu dem Rechtsanwalt Golbstein hinbestellt wor- den, wo ihm Geld angeboten worden. Der Herr hatte sich vor- her mit einem antisemilische» Komitee dahin verabredet, daß er hingehen solle. Der Gerichtshof beschließt, den Herr« v. Schwerin und Ober-Bürgcrmeister a. D. Weber zu laden. Vüchsei. macher Barella hält sich für verpflichtet, seine ab- weichende Meinung von den militärischen Sachverständigen dahin kund zu geben, daß das Schmirgeln der Gewehrläufc unter Um- ständen schädlich sein und das Kaliber verändern könne. Es werden über dieses Thema nochmals Erörterungen gepflogen, an welchen außer dem Angeklagten noch der Oberst von Brackel, Major Hannig, der Arbeiter Gans und der Vertheidiger sich betheiligen. Major Hannig erklärt, daß nach dem Schmirgeln alle Gewehre wieder angeschoffen worden sind, der Angeklagte behauptet, daß dies zwar befohlen, aber nicht ausgeführt worden sei, und Arbeiter Gans bestätigt dies hin- sichtlich der des Sonntags geschmirgelten Gewehre. Oaerst von Breckel bezweifelt die Sachverständigkeit des Arbeiters Gans in der Bcurtheilung der Güte und der Behandlung der Gewehre. Durch einmaliges Schmirgeln nach der Reinigung werde irgend eine Kaliberveränderung, welche das Gewehr un- sicher macht, nicht herbeigeführt. Mazor H a n n i g: Er habe Ifchon bekundet, daß er vollständig der Ansicht des Gutachters Barella sei. Schmirgeln könne unter Umständen schädlich sein, wenn es ungeschickt gemacht wird. Daß dies nicht geschehen, habe sich bei der Revision ergeben. Die Verhandlung wendet sich nun den in beiden Broschüren enthaltenen zahlreichen Beleidigungen des Herrn Jsid.-r Löwe und Oberstlieutenant Kühne zu. Präs.: Sie werden doch zu- geben müssen, daß beide Broschüren, namentlich der zweite Theil, von gröblichen Beleidigungen wimmelt. Der Angeklagte giebt zu. daß manche Ausdrücke zu hart seien, führt aber zu seiner Entschuldigung an, daß er, nachdem er diese Thatsache» sämmlich konstatirt, zu sehr erregt gewesen sei. Außerdem habe ihn ein von Herrn Löwe ausgegangener und in einer Dresdener Zeitung veröffentlichter Brief sehr alterirt, in welchem gesagt worden, daß er verrückt sei und alles von ihm er- logen sei.' Es sei doch im allgemeinen nicht angenehm, wenn man für verrückt erklärt werde. Zeuge Löwe: Ich hatte unzählige herzzerreißende Briese von Juden aus kleinen Städten erhalten, in'welchen ich beschworen wurde, gegen Ahlwardt   etwas zu unternehmen, da sie zu großen Unbilden ausgesetzt seien. Ich habe das alles unberücksichtigt gelassen, ebenso habe ich die Anerbietlingcn zahlreicher Personen, welche Broschüren gegen Ahlivardt schreiben wollten, resüsirt. Es be- fanden sich darunter sogar ausgesprochene Antisemiten, wenigstens gaben sie sich als solche aus, welche mir anboten, mir alles mögliche aus Ahlwardt's Leben milzutheilen. Präs.! Wenn Sie Herrn Oberstlieutenant Kühne plötzlich zu einem Jiiden Kohn mache!!, so werden Sie doch nicht ziveifelhast sein, daß dies eine Beleidigung ist? Angekl.: Die Thatsache war mir milgelheilt, und nachdem ich Herrn Kühne gesehen und seine Sprache gehört, bin ich jetzt erst recht der Meinung, daß er jüdischen" Stammes, wenn auch nicht jüdischen Glaubens ist. fküe Bezeichnung als Jude ist doch nicht be- leidigeud. Vors.: Vielleicht kommt noch die Zeit, wo jemand auch Sie für einen Juden erklärt; das würden Sie doch gewiß als Beleidigung empfinden. Anne kl.: Ich ganz gewiß. Präs.: Sie verfallen dann auch wieder mit einem gewissen Behagen in das Bestreben, den Behörden etwas am Zeuge zu flicken. Angekl.: Das ist gar nicht meine Ab- ficht" Aber nach den Ersahrungen, die ich in der Affäre Bleich- röder gemacht habe, habe ich doch großes Mißtrauen gegen die Gerechtigkeit der Staatsanwälte. Vors.: Dem Slaaisanwatt wird eS sehr gleichgiltig sein, was Sie von ihm glauben. Ich bitte hier aber nicht Sachen hinein zu mengen, die nicht zur Ver- Handlung stehen. Hierauf erklärt Oberstlieutenant von Gößnitz   es als eine falsche Auffassung, wenn aus seiner gestrigen Bemerkungfder Schluß gezogen werden sollte, daß vom Kommandeur des 24. Regiments wirklich ein solcher Bericht eingegangen sei, wie der Angeklagte behauptet. Der Borsitzende verliest im Anschluß hieran ein Schreiben des Kriegsministers an den Oberstlieutenant von Gößnitz  . Es wird darin gesagt, daß der Kriegs minister es ablehne» müsse, Berichte untergebener Behörden oder einzeliier Ossiziere im Wortlaut mitzutheilen. Es werden dann die Resultate der Untersuchungen über die Löwe'schen Gewehre angegeben und aus- geführt, daß dieselben durchaus kriegsbrauckibar sind. Ein Schreiben des Kommandeurs des 24, Regiments mit dem vom Angeklagten behaupteten Inhalt sei nicht eingegangen. Wegen des angeblich gestohlenen Gewehrs, welches in Dortmund   aufgetaucht sein soll, sei bei der Polizei telegraphisch angefragt worden. Angekl.: Ich muß trotzdem meine Behauptung ausrechter- hatten, daß irgend ein Schriftstück, nenne man es nun einen Be- richt, eine Eingabe oder sonstwie, vom 24. Regiment über die Löwe'schen Gewehre eingegangen ist. Oberstlieutenant v. Gößnitz  : Vielleicht kann der Angeklagte uns sagen, wo ein derartiges Schrijtsiück zu finden ist, es wäre ja immerhin inier- effant, dessen Inhalt kennen zu lerne». Angekl.: Eine Ab­schrift davon ist da, ich werde meinem Vertheidiger sagen, wo sie zu finden ist. Oberstlieutenant v. Gößnitz   wiederholt, daß er noch heute Morgen sämmtliche Akten durchgesucht habe, ohne das bezeichnete Schriftstück zu finden. Er müßte sich übrigens noch des Umstandest erinnern können, wenn ein derartiges Schriftstück durch seine Hände gegangen sei und dies sei nicht der Fall. Vertheidiger Rechtsanwalt H e r t w i g. Ich stelle noch den An- trag, daß der Gcnerallieutenant a. D. v. Kretzschmar geladen wird. Derselbe wird bekunden köiilien, daß gelegentlich eines Manövers, welches er vor zwei Jahren bei Münster   abhielt, mit Löwe'schen Gewehten er«in Schnellfeuer ausführen ließ und daß hierbei ein großer Theil der Visire wegen mangelhafter Löthung abfiel. Obersttientenant von Gößnitz  . Es müßte beim 7. Armee- korps passtrt sein und soviel ich weiß, ist es garnicht mit Löwe'schen Gewehren bewaffnet. Oberstlieutenant Kühne: Ich kann versichern, daß wir unsere Visire genau so auslöthen, wie es in den königlichen Werk- stütten geschieht. Der Gerichtshof beschließt, den General- lieutenant   v. Kretzschmar als Zeuge» zu laden. Es wird sodann die Vernehmung des Zeugen Gans sortgesetzt. Präs.: Zeuge Gans, schwebt gegen Sie eine Untersuchung wegen eines augeb- liche» Komplotts gegen die Firma Löwe u. Ed.? Zeuge: Ich weiß hiervon nichts. Präs.: Noack soll geschrieben haben, daß er Kenntniß von begangenen Unregelmäßigkeiten habe, für deren Geheimhallung er 15 000 M. verlangte. Das Geld sollte zwischen Noack, Scharffcnnd Ihnen getheilt werden.-- Z e u g e: Ich hatte einmal einen kleinen Streit mit dem Büchsen- macher Klatt, wobei ich in der Erregung sagte, ich wisse» daß er sich ein Gewehr angefertigt habe, ich verlange öOO W>