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daher gefallen lassen, als solcher von seinen Gegnern behandelt zu werden. Im übrigen aber erbiete sich der Angeklagte, für das im wesentlichen in dem Artikel Gesagte denBeweiz derWahrheit anzutreten. Festgestellt müsse auch noch werden, dad die für Kolonial- zwecke verausgabten Summen in der Tat zu der Klasse der Aermsten entzogen werden, da das Reich znr Deckung seiner Aus» Saben in der Hauptsache nur indirekte Steuern erhebe, die als Äpfsteuer wirken. Man müsse den Artikel voruteilslos betrachten, dann komme man dazu, das; hier die Verantwortlichkeit für den Ausstand nur vom politischen Standpunkte aus gemeint sei. Das; ein System der Vertuschung gegenüber den in den Kolonien verübten Grausamkeiten bestanden habe, weist der Verteidiger an den Fällen Peters, Leist, Wehlan und anderen nach. Als der Verteidiger auf den Fall Peters näher eingeht, unter- bricht der Vorsitzende ihn und sagt: Wenn man die Kotonisations- arbeit deswegen bekämpfen wolle, weil Ausschreitungen dabei vorkämen, so ser das gerade so, als ob man einen nationalen Krieg aus demselben Grunde verhindern wolle! I Es handele sich bei der Kolonisierung gewissermahen um einenfriedlichen Feldzug"<I>, die deutsche Regierung aber müsse auf dem Gebiete noch lernen I Be« solchen Dingen entständen stets Reibungen. Keineiifalls aber dürfe doch der Angeklagte Ausdrücke wie.ruchloS" gebrauchen. Der Verteidiger: Wolle man die Anklage ausschließlich auf ein paar vielleicht allzukrästige Wörtlein stützen, dann könne der Angeklagte die Arme kreuzen und sich verurteilen lassen. Er glaube kaum, daß dem Fürsten Vülow mit einer Verurteilung des An- geklagten wegen formeller Beleidigung gedient sei: entstehe doch die Frage, ob es wichtiger sei, daß der Angeklagte den Aus- druckruchloS" gebraucht habe oder ob die Kolonialgreuel ge- schehen und gehehlt und die übrigen sachlichen Beschuldigungen gegen die Reichsregierung begründet seien. An den Fällen Arenberg, Putkamer, Brandeis, Horn, Thierry, v. Besser, Kannenberg, Wegener, Dominik u. a. m.. sowie an dem Geschick Pöplaus weist der Verteidiger im einzelnen nach, wohin der inkriminierte Artikel zielte. Dast eine unblutige, friedliche Kolonialarbeit möglich sei, ergebe in erster Linie das Urteil des Gouverneurs Leutwein . Daß Hunderte von Millionen in die Hände raffgieriger Kolonial- spekulanten gefallen seien, zeige das Beispiel Tippelskirch u. Co. swelcher Firma selbst Podbielski als Minister angehörte). Der Anwalt belegte schließlich die Behauptung, daß ein Ausrottungs- krieg gegen die Eingeborenen von Südwestafrika geführt sei, ins- besondere durch die Trothasche Kriegsfiihrung.<80 000 Verhungerte und Verdurstete in der Wüste Omaheke!) Er.tritt für alle seine Behauptungen einen umfangreichen Zeugen- und Urkundenbeweis an. Der Erste Staatsanwalt, Herr Haueisen, beantragte aus 88 185, ILO, 187 sverleumderifche Beleidigung) 3 Monate Ge- fängnis. Verteidiger Liebknecht : Wenn der Angeklagte wissentlich v e r l e u m d e t hat, so hat Fürst Biilow im Reichstag die Sozial- demokratie hundertmal verleumdet, wenn er z. A. als Mann, der amtlich über unsere Sozialpolitik genau orientiert sein muß, die Behauptung wagt, die Sozialdemokratie habe positiv nichts ge­leistet. Aber eS sei einfach ausgeschlossen, aus§ 187 zu verurteilen. Jedenfalls seien die dem Reichskanzler in dem Artikel gemachten Borwürfe hundertmal leichter zu beweisen, als daß e» dem Reiche kanzler gelingen würde, seine gegen die Sozialdemokratie ge> schleuderten Verdächtigiingen und Behauptungen zu beweisen. Wenn man sich auf den Siandpunkt stellt, daß Bülow mit seinen Aus führuugen die Sozialdemokratie nicht beleidigt hat, so ist das dem Angeklagten u m s o m e h r zuzubilligen. Es sei überhaupt unglück lich, politische Zwiespältigkeiten zum Ausgange von Prozessen zu machen, umsomehr, wenn anzunehmen sei, daß die Richter in ihren politischen Anschauungen den Anschaliungen des Angeklagten diametral gegenüberstehen. Als besonders erschwerend betrachtet die Anklage den Borwurf gegen den Reichskanzler, daß er das Wortnational" zu einer Blasphemie gemacht habe. Was werde heute nicht alles als.national" betrachtet l Leute, die vor dem 13. Dezember entschiedene Gegner der Kolonialpolik gewesen seien, hätten nach dem 13. Dezember ihre Meinung gewechselt, wie man ein Hemd wechsele, das sei nicht jedermanns Sacke. Der Angeklagte beansprucke für sich das wahre Rationalgefühl. die wahre Vaterlandsliebe; darüber, wer hier recht habe, könne natürlich der Gerichtshof nicht aburteilen. Der Artikel enthält ohne Zweifel recht scharfe Ausdrücke, habe aber einen sachlichen Kern; es seien nicht bloß Redensarten, sondern es feien tatsächliche Be- Häuptlingen. Der Vertreidiger geht nochmals alle Verfehlungen der Regierung durch. Bülow fei Leiter der Reichsregierung und als solcker staats- rechtlich verantwortlich. Der Vorwurf der Pflichtvernachläisigung ist bereits berechtigt bei Fahrlässigkeit. Die politische Sprache sei eine ungleich drastiichere, härtere, eine gänzlich andere als im ge- wöhnlichen Leben. Die Worte haben eine ganz andere Be- deuwng, es muß geradezu übertrieben werden, wie im Handel. Darum fei auch das in dem Artikel angewandte Wortruchlos" nur im abgetönten Sinne zu verstehen. Eine geradezu unerschöpfliche Flut von Verleumdungen habe sich über den Angeklagten und seine Partei ergossen. Wolle man nun jetzt den Versuch machen, die Anklage auf daS rein Formelle zu drängen, so zerre man dieselbe zu einer reinen Bagatelle herab. Er(der Verteidiger) habe den Prozeß begrüßt; denn er habe ge- glaubt, daß es Bülow darum zu tun sei, in Ermangelung von parlamentarischen Untersuchungskommissionen in Deutschland eininal die ganze Frage der Kolonialgreuel u. a. vor dem unparteiischen Forum des Gerichts aufzurollen und nachprüfen zu lassen. So aber verpuffe das Ganze in der Luft. Bülow selbst war gewöhnlicher Agitator im Wahlkampfe; deshalb scheide er als Reichskanzler aus; er sei einfacher Kombattant und es mute eigenartig an, daß er, wenn auf ihn z u r ü ck g e s ch o ss e n werde, nun zum Gericht laufe und sage: ich als R e i ch s l a n z l e r verlange Bestrafung I Was schwer sei an den in dem Artikel enthaltenen Behauptungen, dafür sei der Wahrheitsbeweis angeboten; 72 Proz. seien zu beweisen. Wolle man nun wegen der verbleibenden 22 Prozent, die auf das formale Gebiet entfallen, Strafe eintreten lassen, obwohl diese 22 Prozent eigentlich von vornherein durch Zeit und Um- stände zu entschuldigen seien, unter denen der Artikel geschrieben wurde? Die Wahlbewegung sei diesmal heftiger gewesen als je, und man könne sagen, daß sie noch heute nachztttere. Man könne den Angellagten nicht dafür bestrafen, daß er etwa die loSmo- politischen Ansichten wie Fichte und Kant habe und nicht dem jetzt beliebten nationalistischen Draufgängertum zuneige. Der Artikel sei geschrieben, als der Angeklagte im Steinhagel saß. in Kriegszeiten seien die Sitten rauher. Er empfehle darum, auf Freisprechung oder höchstens auf eine geringe Geldstrafe zu erkennen. Nach etwa einhalbstündiger Beratung verkündete der Vorsitzende, daß der Angeklagte wegen Verletzung des 8 132 des Strafgesetzbuchs zu verurteilen fei. Das Gericht stehe über den Parteien. Aber hier handle es sich nickt um die Zänkerei zweier Dienstknechte l! 1 1>. die anders einzuschätzen sei, sondern um eine grobe Beleidigung des höchsten Reichsbeamten. Es sei keine Kleinigkeit, wenn man diesem nachsage, er treibe eine ruchlose Politik, er habe ein Riesenmaß von Sünden auf sich geladen und sei ein schuldbeladener Minister. DaS Gericht habe daher auf zwei Monate Gefängnis erkannt. Also ward Bernhard von BülowS ReichslanzlerSehre in Saal- keld repariert I_ Hus InduCtm und Ftandel Aktien-GaSgefellschaft Magdeburg. Die Abschlüsse der 12 Gas. Werke und des StadtgeschäftS ergaben einen Gewinn von 443 772 M., die Abschlüffe der drei Werke der Lothringcr-Luxemburger Gesell- schaft einen Gewinn von 37 072 M. Der verfügbare Reingewinn stellt sich einschließlich 3« 890 M. Vortrag auf 390 301 M. und findet folgende Verwendung: Tilgungs- und Erneuerungsbestand 124 000 Marl, Berfügungsbestand 12 000 M., Feuerversicherungsbestand 3000 M.. Gewinnanteile 9813 M., 7 Proz. Dividende gleich 210 000 M. und Bortrag SS 4öS M. Diese Gewinne könnten in die Kommunalsäckel fließen» wenn man solche Unternehmen nicht dem Privatkapital zur Ausbeute überließ. Da aber bei diesen Geschäften so manche Finger ver- golde! werden, erklärt sich die vielfach zu Tage tretende Abneigung gegen Kommunalwerle._ Ein gutes Jahr. Wie die Aktiengesellschaften, so haben auch die gewerkschaftlich betriebenen Unternehmen im letzten Jahre gute Erträgnisse gebracht. Daß die Gewinne gegen daS Vor>ahr teilweise erheblich gestiegen sind, zeigt folgende Aufstellung: Zeche Blankenburg.,, Karoline.... V'tlor,,.. Dorstwld..,. Elwr,.,. G."irS>eaen,. Gi-.a» Schwerin .. {viccai.. Jedanu De'melsberg Konig Lutwig.. Schallmauer,. Trappe.,,, Beienrode.,, Alerandechall, Slab'erilanv D'e Verhandlungen über Verlängerung des Slahlweltsoellandrs wurden abgebrochen, nocheem die Westfäli- scheu Stahlwerke in der Vorveihandlung am Mittwoch bei ihren Forderungen verblieben waren. Lberschleüsche Eiscnbahn-Bedarss-A.-G. Berlin . Bei einem Rohgewinn von 7 119 400 M. im Vorjahre 6 616 221 M. und 3 016170 M. Abschreibungen, gelangt eine Dividende von 7 Proz. zur Verteilung. Obcrschlcsische Eiscil-Jttdustrir-Aktien-Gesellschaft für Bergbau und Hütlenbetrieb in Gleiwitz O.-S. Der Betriebsgewinn für 1906 betrügt inll. 28 579,83 M. Vortrag aus dem Vorjahre nach Abzug aller Unkosten 3 299 093.66 M. sim Vorjahre 3 093 810,64 M.). Es wurde beschlossen, 1800000M.(im Vorjahre 1600 000) auf Anlage- konto abzuschreiben, der Generalversammlung eine Dividende von 6 Prozent(im Vorjahre S'/z Prozent) vorzuschlagen und 167 022,84 Mark(im Vorjahre 28 279,83 M.) auf neue Rechnung vorzutragen. Der Vorstand berichtete, daß die Gesellschaft in allen ihren Betriebs- zweigen sehr stark beschäftigt ist. Die Schweiz riu Industriestaat. Auch in der Schweiz wird von der Gesetzgebung die Landwirtschaft zuungunsten der Industrie bevorzugt, dabei hat die Schweiz längst aufgehört, ein Agrarstaat zu sein. Jetzt liegen wieder neue Zahlen von der Berufszählung des Jahres 1900 vor, und diese zeigen, daß in der ganzen Schweiz von je 100 Personen, deren Berufe man kennt, nur noch 33 der Landwirtschaft oder dem Weinbau angehören. Bei den Zählungen von 1888, 1880 und 1870 waren es noch 40, 41 und 42. Der Rückgang der Landwirtschaft ist also ganz enorm, und damit steigt natürlich die Bedeutung der Arbeiterschaft für daS gesamte wirt­schaftliche Leben. Um so größer ist der Lohn, der darin liegen muß, daß diese schweizerische Arbeiterschaft seit den letzten Wahlen anS der Bundesversammlung fast ganz verdrängt ist. CkwerK rcbaftUcbe� Der Esel in der Löwenhaut. Um bei dem allgemeinenNiederreiten" der Arbeiter in Unter- nehmerkreisen nicht als Stümper zu gelten, greift das kurzsichtige Kleinmeiftertum in seiner Großmannssucht hauftg zu Maßnahmen, wie sie brutaler der protzigste Scharfmacher auch nicht ersinnen kann. Daß ein solches Nachäffen kapitalistischer Scharfmacher- Allüren sehr oft den Anfang vom Ende der Talmi-Unternehmer- Herrlichkeit so mancher Kleinmeister bedeutet, sehen diese gewöhnlich erst dann ein, wenn ihnen der Größere bereits den Strick um den Hals gelegt hat und die Schlinge zuzuziehen beginnt. Ein solches Experiment bereitet sich zurzeit im Maler-, Lackierer, und Anstreicher-Gewerbe am industriellen Niederrhein vor. In Duisburg traten die Maler, und Anstreicherge- hülfen vor einigen Wochen an die Arbeitgeber heran, um in den zerfahrenen Lohn- und Arbeitsverhältnissen geordnete Zustände zu schaffen. Die Hauptforderung der Gehülfen war die Festlegung eines Mintmallohne« von 4b Pf. pro Stunde. Da der Lohn bisher zwischen 38 und 25 Pf. betrug, so bedeutet die tarif- liche Festlegung eines MinimallohneS von 45 Pf. im Grunde ge- nommen nichts anderes, als die Anerkennung des bisherigen Stundenlohnes unter Ausschaltung der aller- schlimm st en Lohndrückers i. Die Unternehmer ver- trösteten zunächst die Gehülfen auf einen in Aussicht stehenden Tarif des Unternehmerverbandes. Dieser ist nun inzwischen erschienen. An eine Annahme desselben seitens der Ge- hülfen ist aber nicht zu denken, da der Tarif gerade in den Haupt- punkten die vollständig willkürliche Ausbeutungsfreiheit der Unter- nehmer beibehalten und tariflich festlegen will. So z. B. will man den Minimallohn von 42 Pf. erst dann zugestehen, wenn der Gehülfe 3 Jahre als Gehülfe gearbeitet und die Gesellenprüfung abgelegt hat! Also gerade diejenige Zeit nach Beendigung der Lehrjahre, vom 17. bis 20. Lebensjahre, in welcher die Ausbeutung der jungen ArbeitSlräfte am größten ist, will das Unternehmertum sich frei halten für schrankenlose Willkür. Die Arbeiter müßten schon halbe Idioten sein, wenn sie solchen Unsinn sanktionieren würden. Ferner heißt es in einem Paragraphen des Unternehmertarifs: Dieser Tarif tritt sofort außer Kraft und ist als nichtig anzusehen, wenn in einem Arbeitgeber- verbände, der mit unterzeichnetem Arbeitgebervrrbande im Kartellverhältnis steht, von feiten der Gehülfen«in Tarifbruch begangen werden sollte." Ja, hält man denn die Arbeiter für komplette Narren, daß man ihnen zumutet, so etwas zu unterschreiben? Aber es kommt noch besser. Als die Verhandlungen zwischen den Gehülfen und den Arbeitgebern zu einer Einigung nicht führten, riefen die Gchülfen daS Gewerbegericht in Duisburg als EinigungSamt an. Kategorisch erklärten die Unternehmer, vor dem Einigungsamt könnten und. wollten sie nicht verhandeln! Der Tarif der Arbeitgeber löst die Frage, weshalb die Unternehmer daS Einigungsamt scheuen. ES heißt nämlich u. a. in dem Untcrnehmer-UkaS: Der OrtSvorstand des Arbeitgeberver- bandeS lehnt es ab, mit dem Gewerbegerichte über Tarife usw. in Verhandlungen zu treten. Arbeitgebcrverband für das Maler-, Anstreicher-, Glaser- und Tapezierergewerbe in Duisburg und Umgegend." Die Unternehmcrorganisation macht eS also den Unternehmern zur Pflicht, das Gewerbegericht als EinigungSamt a b z u- lehnen! Das allertollste aber ist, daß man den Gehülfen zu- mutet, folgenden Wisch zu unterschreiben: Der..... verpflichtet sich, weder dem Verbände der freien Gewerkschaften noch der christlichen Gewerkschaft anzugehören, auch diese Organisationen weder moralisch noch finanziell zu unterstützen." Einige Leutchen haben sich nun tassächlich unter den Malern gefunden, die daS Ding unterschrieben haben. Dafür ist ihnen denn auch gnädigst gestattet, nach Belieben der Meister weiter arbeiten zu dürfen. Alle anderen, soweit sie Kün- digungsfrist hatten, find gekündigt und etwa 40, die ohne Kündiguna standen, jijid sofort ent­lassen.' Eine brutalere Aussperrung, wie sie diese Kleimneister inszenieren, kann auch das schlimmste Echarfmachertum nicht vor« nehmen. Da eS höchstwahrscheinlich nun auch seitens der Gehülfen zur Arbeitsniederlegung kommt, so sei jedenfalls dringend vor der An» nähme von Arbeit nach dem niedcrrheinischcn Industriegebiet ge- warnt! Von zirka 400 ortsanwesenden Malern und Anstreichern sind 230 im Verbände, etwa 70 sind christlich organisiert. Berlin und Umgegend. Der Kampf in der Holzindustrie. Am Donnerstag vormittag fand wieder eine Versammlung der Ausgesperrten und Streikenden in derNeuen Welt" statt. S t u s ch e erstattete den Situationsbericht. Die Zahl der im Kampfe stehenden Kollegen ist im Laufe der vorigen Woche wieder um 352 zurückgegangen, sie betrug am Sonnabend 2501. DaS ist eine Ver- ringerung um 1342 seit dem Höchststand am 9. Februar. Seit dem Abbruch der Verhandlungen haben eine Anzahl von Kleinmeistern und ein größerer Betrieb die Aussperrung zurückgezogen. Der In- haber dieses Betriebes ist von Herrn R a h a r d t und noch zwei anderen führenden Arbeitgebern in der intensivsten Weise bearbeitet worden, um ihn bei der Fahne zu behalten, er ließ sich aber durch diese Einwirkungen in seiner Absicht, mit den Arbeitern Frieden zu machen, nicht erschüttern. In der bürgerlichen Presse wird die Nachricht verbreitet, es hätten sich viele Ausgesperrte als Arbeits- willige angeboten, auch erklärt, sie wollten ans dem Holzarbeiter- verband austreten, als sie aber ihren Austritt durch Unterschrist unter einen ihnen vorgelegten Revers erklären sollten, hätten sie sich dessen geweigert und seien nicht eingestellt worden. Der Redner erklärt diese Nachricht für falsch. Dem Verbände ist nicht? davon bekannt, daß sich aus seinen Reihen Arbeitswillige in größerer Zahl gefunden haben. Einzelne haben sich wohl den Meistern unterworfen und die Arbeit aufgenommen. Die große Masse der Ausgesperrten und Streikenden denkt nicht an Unterwerfung.(Bei- fall.) Die Verbandsmitglicder in allen Orten Deutschlands haben sich bereit erklärt, den Kampf in Berlin zu unterstützen. In den verschiedensten Zahlstellen sind Erhöhungen des Beitrages, mitunter bis zu 3 M. beschlossen worden. Am Sonntag werden Konferenzen in Guben und Küstcin abgehalten, wo ebenfalls die Unterstützung des Berliner Kampfes erörtert wird. Auch die auswärtigen Kollegen nehmen lebhaften Anteil an dem Kampfe in Berlin . Die Holz- arbeiter in Paris und in Zürich haben Unterstützungsgelder gesandt. Tie Unternehmer machen jetzt alle möglichen Versuche. um Arbeitswillige von außerhalb heranzuziehen. In verschiedenen auswärtigen Blättern erscheinen Inserate des Inhalts, daß 100 nicht dem Holzarbeiterverbande angehörende Tischler in Berlin Ar» beit finden und sich in der Alexanderstrahe bei Herrn Rahardt melden können. Die Streikposten haben also jetzt mit verdoppelter Aufmerksamkeit acht zu geben, wo etwa Arbeitswillige erscheinen. In Görlitz sind die Verhandlungen bereits abgebrochen, dort kommt es also ebenfalls zur Aussperrung. Auch in mehreren anderen Orten ist die Aussperrung mit Sicherheit zu erwarten. Es steht demnach fest, daß der Kampf in der schärfsten Weise auf Seite der Arbeitgeber fortgesetzt wird. Sie wollen den Holz- arbeiterverband vernichten und weil es so ist. darum werden die Ar- bester im Kampfe aushalten und dafür sorgen, daß die Absicht der Unternehmer nicht verwirklicht wird. Lebhafte Beifallskundgebungen bettätigten, daß die kämpfenden Holzarbeiter durch die Maßnahmen der Unternehmer keineswegs entmutigt, sondern entschlossen sind, alle Konsequenzen des ihnen aufgezwungenen Kampfes zu tragen. Achtung, Metallarbeiter! Die Firma Heingärtner u. Winterberg , Emaillier- werk, Rixdors, Richardstr. 116, ist wegen schwebender Differenzen gesperrt. Deutscher Metallarbeiter-Verband, Ortsvertvaltung Berlin . Achtung, Metallarbeiter! Durch einen gewissen Herrn E. Kurth. wohnhast Boppstr. 3, werden Dreher und Schleifer nach Hamburg für die Firma Fleck u. Söhne engagiert. Da bei dieser Firma sehr schlechte Arbeitsverhältnisse herrschen, warnen wir die Kollegen, davor, etwaige ArbeitSvermittelung des Herrn Kurth zu befolgen. Wir ersuchen dringend, nach Hamburg keine Arbeit anzunehmen. Deutscher Metallarbeiterverband, Ortsverwaltung Berlin . Die Möbeltransportarbeiter erhielten am Donnerstag die erste Streikunterstützung ausgezahlt. Im Laufe deS TageS wurden eine Reihe Verhandlungen gepflogen; das Telephon war immer in Bewegung, die Streikkommisjion war den ganzen Tag auf den Beinen. Genauere Resultate über die Verhandlungen werden erst heute bekannt gegeben werden. Mit den neuangeworbenen Leuten aus dem Asyl und wo sie sonst noch aufgetrieben werden, haben die Unternehmer kein Glück. Es sind meist unfähige, kraftlose Gestalten. Achtung, Kleber, Bauhandwerker! Der Bau Hildebrandtstr. 16 (Kaiser u. v. Großheim) ist für Kleber gesperrt. Die Berbandsleitung. Die Zuschneider und Zuschneiderinnen versammelten sich am Mittwoch in DräsclS Festsälen zu einer Beratung über Ver- besserungen der Lage im Beruf. Am 1. März hatten sie eine Kom- Mission erwählt, die Vorschläge zu einer Besserstellung machen sollte. Von den Vorarbeiten der Kommission entwarf der Referent Ritter in großen Umrissen ein Bild und zeigte, welche Wege eingeschlagen werden sollten. Eine Regelung der Verhältnisse ,st notwendig nicht nur für die männlichen, sondern auch für die weiblichen BerufSangehärigen. Ein M i n i m a l l 0 h n müßte festgesetzt werden; cS sei vielleicht eine Forderung von 36 M. pro Woche zu erheben, steigend bis 42 M. Wichtig fei, die B e.» zahlung der Uebcrstunden allgemein einzuführen, dabei aber auf Beseitigung der lieber stunden zu dringen. Die tägliche Arbeitszeit sollte auf 3 Stunden festgesetzt werden. Auf die Anerkennung der Organisation muß selbst- redend gedrungen werden. Dann gilt es, den ArbeitSnach» weis paritätisch zu gestalten. Die Kündigungsfrist bedarf einer Regelung; ebenso muß die Frage der K 0 n k u r r e n z- und Kontra ktklausel erledigt werden. ES gilt, gegen die bisher geübte Kontrolle im Beruf einzuschreiten, für die Ge- Wahrung von Sommerurlaub und gute sanistäre Ein- richtungen zu agitieren. Die Versammlung zollte den Aus- führungen lebhaften Beifall. Die Kommission wird in einer später einzuberufenden Versammlung genau ausgearbeitete Vorschläge unterbreiten und rechnet auf die Mitwirkung aller organisierten Zuschneider, um reiches Material für ihre Arbeiten zur Verfügung zu haben. Die Marmorarbeiter beabsichtigen eine Lohnbewegung. Seiten? der Tarifkommission erstattet Z u n l in einer Versammlung des Ortsvereins Bericht über den bei Henkel, Marienfelde , auSye- brochcnen Streik, der durch Tarifbruch der Firma entstanden ist. Nach reger Debatte wird den Streikenden Unterstützung in vollstem Maße zugebilligt. ES wird sodann darüber beraten, ob der am 1. September d. I. ablaufende Tarif zu kündigen sei. Die Orts» Verwaltung, deren Ansicht Kollege Ungemach erläutert, empfiehlt die Kündigung, weil verschiedene Tarifpositionen vieles zu wünschen übrig lassen. Ein Antrag Zunk, den Vorsitzenden zu beauf- tragen, zur nächsten Monatsversammlung die Forderungen zu prä- zisieren und zur Beratung vorzulegen, wird angenommen. Ebenfalls wird einstimmig beschlossen, den Tarif zu kündigen, lieber die von der Ortsverwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Beiträge ent- spinnt sich eine ausgedehnte Diskussion, nach deren Schluß die Ver» sammlung einer Erhöhung von 60 auf 70 Pf. pro Woche ab 1. April zustimmt. Der letzte Zahltag, an dem noch 60 Pf.-Marken gellebt werden, findet am Sonnabend, den 30. März statt. Die Orts­verwaltung regt an, den streikenden Holzarbeitern einen wöchent- lichen Zuschuß zu gewähren. Die Versammlung beschlieht, bis zur Beendigung oes Streik« eine Beihülfe von 2v M. pro Woche an bis