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vom Handelsminister zu der Erklärung ermächtigt, dah die deutsche Regierung in der Angelegenheit der Wiedereinführung von Schiff- fahrtsabgaben auf der Elbe bisher an die Regierung nicht heran- getreten sei und dah daher der österreichischen Regierung zu irgend welchen Verhandlungen über diese Angelegenheit kein Anlast ge- boten war. Um aber schon jetzt jeder Unsicherheit der am Elbever- kehr interessierten Kreise über die Auffassung der Regierung be- züglich des im Deutschen Reiche vielfach erörterten Projekts einer Abgabenerhebung auf der Elbe vorzubeugen, betone er, dah die Re- gierung sich der Bedeutung der vertragsmästigen Abgabenfreiheit der Schiffahrt auf der Elbe für die heimische Volkswirtschaft wohl bewußt und eben deshalb an den Garantien unept- wegt fe st zuhalten bemüht sei, die das internationale Elberecht Oesterreich in dieser Beziehung gewähre." Staatstagelöhner. Der Postbote D. war als Ltjähriger Mann in den Staatsdienst getreten; nach fünfjähriger Dienstzeit bezog er bis zuletzt einen Tagelohn von 2,50 M., macht 75 M. d e n Mona t. Hiervon mutzte er für M i e t e 19 M. und an ein Abzahlungsgeschäft, das bei seiner Verheiratung die Möbel geliefert hatte, 1 5 M. den Monat bezahlen, so dah ihm für seine und seiner Ehefrau sonstigen Bedürfnisse die gewaltige Summe von 4 1 M. d e n Monat blieb, wovon überdies noch sonstige kleine Schulden bezahlt werden mutzten. In seiner Rot schaffte D. Briefe, Muster und kleine Pakete, in denen er Wertsachen der- mutete, beiseite, den Inhalt verlauste er an Kollegen. Vor Gericht war der Angeklagte in vollem Umfange geständig, er gab seine bedrängte Lage als Entschuldigung an. Der Vorsitzende meinte, D. habe doch eine gesunde starke Frau, warum biestc denn nicht hätte mit verdienen können? Der staat treibts also ganz in Unternehmermanier und verlangt von seinen Beamten, daß sie, um leben zu können, die Hülfe von Frau und Kindern in Anspruch nehmen. Der Angeklagte wurde dem staatsanwaltschaftlichen Antrage gemäß zu einem Jahr Ge- fijngnis verurteilt. Ein Opfer fiskalischen Sparsystemsi Braunschweig in Rcgentennöten. Zu der Meldung der..Braunschweigischen Landeszeitung", wo- nach der Regentfchaftsrat den Herzog Johann Wibrecht zu Mecklen­ burg dem Landtage als Regenten des Herzogtums vorschlagen werde, sind die amtlichenBraunschweigischen Anzeigen" vom her- zoglichen Staatsministerium ermächtigt, eine Erklärung zu ver- öffentlichen, in der es heißt: Es hat bis jetzt weder im Regentschaftsrate, noch in der Fandesversammlung, noch im herzoglichen Staatsministerium, noch in der letzten geheimen gemeinschaftlichen Sitzung des Re- gentschaftsrates und der staatsrechtlichen Kommission des Land- tages irgend eine entscheidende Stellungnahme bezüglich des Borschlages und der Wahl eines Regenten stattgefunden. Auf welche Persönlichkeit sich Vorschlag und Wahl richten werden, ist noch völlig ungewiß._ Die Eisenbahner und die Reichstagswahlen. In Nr. 5 desVorwärts" vom 5. Januar 1907 hatten wir eine Zuschrift über die Verteilung von Weihnachtsgratifikationen im Bereiche des Dortmunder Eisenbahnbczirks gebracht. In der Nummer 9 nahmen wir eine Berichtigung der Essener Eisenbahn- dircktion auf, in der unsere erste Notiz richtiggestellt wurde. Hier- an hatten wir die Bemerkung geknüpft, daß wir es unserem Gewahrsmann überlassen müßten, sich zu dieser Bemerkung zu äußern. Die angestellten Recherchen haben ergeben, daß unser Gewährsmann das Opfer einer Irreführung geworden ist. Wir können daher unsere Angaben nicht aufrecht erhalten. Der klagende Herr Liebert. Dem Genossen S ch ö p f l i n. so meldet dieLeipziger Volkszeitung", ist gestern die Anklageschrift in dein Veleidiguggsprozeß zugegangen, den der Reichsperbgnds- koinmandeur, öteichslagsabgeordneter und Generalleutnant v. Liebept gegen Schöpfiin angestrengr hat. Schöpflin soll sich gegen nicht weniger als drei Paragraphen des Strafgesotzbuchs vergangen haben, nämlich gegen 135, 189 und 187. Der Prozeß wird recht interessant werden. Husland. Oesterreich- Ungarn. Der Ansgleich ist nicht(oder noch nicht?) zustande gekommen. Die österreichischen Minister sind von Budapest nach Wien zurück- gereist. Die Ausgleichsverhandlungen werden nach Ostern fort- gesetzt werden. Budapest , 22. März.(W. T. B.) Wie verlautet, wird Minister- Präsident Wekerle sich in den nächsten Tagen nach Wien begeben, um dem Kaiser über den Stand der Ausgleichsverhandlungen zu berichten. Die Btätter konstatieren, daß bisher wohl Annähcrungs- versuche gemacht worden seien, jedoch kein befriedigendes Ergebnis zustande gekommen sei. Die Erörterung wirtschaftlicher Fragen sei mit politischen und staatsrechtlichen Fragen verquickt worden; Oesterreich stehe aus der Basis starrer Gemeinsamkeit, Ungarn aus der Grundlage wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Auf so grundver- schicdener Basis habe somit eine Vereinbarung nicht erreicht werden können. Schweiz . Staatliche Altersversicherung im Kanton Waadt . Lausanne , 19. März.(Eig. Ber.) Das Parlament unseres in sozialen Dingen sonst sehr rück- ständigen Kantons hat nun den Entwurf der Regierung betreffend Einführung der staatlichen Altersversicherung angenommen. Das Gesetz bestimmt im wesentlichen folgendes: Es wird eine Alters- Versicherungsanstalt für den Kanton Waadt geschaffen. Der Staat übt die Kontrolle, bietet Garantie, gewährt Steuerfreiheit und be- streitet die Betriebskosten. Lille Personen, die im Kanwn wohnen auch die außer dem Kanton wohnenden Waadtländer können der Versicherung beitreten. Kinder können vom ersten Tqg der Geburt an eingekauft werden. Eine Einzahlung von 190 Frank gewährt dem Versicherten vom 99. Jahr an eine jährliche Rente von 129 Frank, vom 85. an von 298 Frank. Die Zahlungen können jederzeit und in jedem beliebigen Betrag geschehen. Sie können unterbrochen und nach Belieben wieder ausgenommen werden. Je nach dem einbezahlten Betrage richtet sich die Rente. Doch darf diese 1299 Frank pro Jahr nicht übersteigen, ebenso darf eine Person pro Jahr nicht mehr als 1009 Frank einzahlen. D'c staat- liche Altersrente kann nicht abgetretett werden; die Einzahlungen können allerdings zu zwei Dritteln von Gläubigern mit Be- schlag gelegt werden. Den Einzahlenden gewährt der Staat Ausmuntcrungsprämien": Auf eine jährliche Einzahlung von 8 Frank ebenfalls 8 Frank, auf eine Einzahlung von 12 Frank 8 Frank, auf eine solche von 24 60 Frank 10 Frank. Einzahlungen können schon von 2 Frank an gemacht werden. Vermögende Leute sowie solche, die jährlich über 39 Frank einlegen, haben keip Recht auf den Staatsbeitrag. Im Falle, daß der Versicherte vor dem 89. Jahre invalid wird, erhält er eine den Umständen nach redu- zierte Rente. Ueberschüsse werden zur Hälfte in einen Reserve- fonds gelegt, zur anderen Hälfte kommen sie frühzeitig Invaliden zugute. Defizit deckt der Staat. Wer von seiner Geburt an jähr- lich 8 Frank einlegt, hat vom 69. Jahre an eine Rente von 323 Frank zugute, wer 12 Frank zahlt, eine solche von 538 Frank, wer 24 Frank zahlt, eine solche von 915 Frank. Danach scheinen die Verficherungsbcdingungen nicht ungünstige zu sein._ Kein BremSerlaß! Die Erziehungsbehörde des Kantons St. Gallen fordert mit- tcls Rundschreiben die Schulgemeinden des Kantons auf, alle Lehrcrgehältcr, welche nur das gesetzliche Minimum von 1409 Frank betragen, zu erhöhen. Zur selben Zeit verbietet der preußischeKultusminister" Studt den Gemeinden die Erhöhung der Lehrcrgehältcr l Die Nnentgeltlichkeit der Lehrmittel einzuführen, ferner die Erhöhung der Lchrergchältcr beschloß die Schulgemeinde Neukirch- Egmach(Kanton Thurgau ). Frankreich . Montagninis Papiere werden nunmehr von einer parlamen- tarischen Kommission untersucht werden, in der sich 7 Sozialisten, 11 radikale Sozialisten und Radikale, 3 Mitglieder der Union und der demokratischen Linken, 1 Mitglied der republikanischen Ver- einigung, 1 Unabhängiger befinden. Zu den Kommissionsmit- gliedern zählen der Abb� Lemire, der ehemalige MarineminUter Pelletan und die Sozialisten Jaures und Rouanet. Alle Pit- glieder der Kommission sind für schleunige Veröffentlichung der Papiere, einige wünschen, daß man diejenigen Papiere von der Veröffentlichung ausnehme, die keinen politischen, sondern einen privaten Charakter tragen. DemFigaro" zufolge geht aus den bei Monsignore Montagnini gefundenen Papieren hervor, daß der Papst vor Veröffentlichung der Encyklika Gravissimi" die Meinung des konservativen Deputierten und Professors der Rechte Grousseau einholte. Grousseau habe ein sehr ausführlich begründetes Gutachten ab- gegeben, in welchem er sich mit aller Entschiedenheit für das Verbot der Kultusvereinigungen aussprach, und der Papst, der früher nicht abgeneigt gewesen sei, die Kultusvereinigungen zu gestatten, habe sich der Ansicht Grousseaus angeschlossen. Ferner befinde sich unter dem Material eine Depesche des Kardinals Merry del Val betreffend die Kircheninventaraufnahme. In dieser Depesche werde den Geistlichen nicht aufgetragen, Widerstand zu leisten, sondern lediglich empfohlen, Katholiken, die sich dem Eindringen der Finanz- beamten widersetzen sollten, freie Hand zu lassen, weil von dieser Haltung ein gutes Resultat zu erwarten sei. Dieses Schriftstück sei das einzige, welches mit dem gegen den Pfarrer der Kirche St. Augustin, Abbe Jouin, angestrengten Prozesse in Zusammen- hang gebracht werden könne; doch müsse betont werden, daß gerade Abbe Jouin von Montagnini, den er schon seit mehreren Jahren nicht gesehen hatte, keinerlei Weisungen erhalten habe. Dann liege ein Bericht des Monsignore Gaspari vor, des Sekretärs der außer- ordentlichen kirchlichen Angelegenheiten im Vatikan , welcher einen Deputierten des radikalen Blocks betreffe. Das Schriftstück trage den Vermerksofort verbrennen", Montagnini habo es unterlassen, diese Weisung zu befolgen. Ferner befänden sich unter den Papieren Noten, aus denen der Schluß gezogen werden könne, daß der frühere Ministerpräsident Roubier nicht vollständig ab- geneigt gewesen sei, zu einer Verständigung mit der Kurie zp gelangen. Außerdem ein Taschenbuch von Monsignore Moiitagnini, das den Inhalt seiner Unterredungen mit politischen Persönlich- leiten, darunter namentlich mit den konservativen Deputierte» Piou und DenyS Cochin, verzeichnet, lieber einen angeblichen Briefwechsel botreffend die von einer Dame für Rechyung Clemen- ceaus in Rom unternommenen Schritte sei in den Papieren Montagninis nichts enthalten. Zum Borsitzenben des Pariser Gemeinderats wurde der unab- hängige Sozialist Lefebvre niit 42 gegen 33 Stimmen gewählt. England. Der neue Grasschaftsrat von London . In der letzten Sitzung des Londoner Grafschaftsratcs kam es zu einem Konflikt zwischen den beiden Parteien ivegen der Finanz- läge der Stadt. DieModerierten"(Gemäßigten) warfen dest Progresiisten vor, diese hätten den Kredit der Stadt London her- untergebracht. Deren Führer antwortete, daß dies nur geschehen sei durch die verleumderischen Hetzreden der Moderierten während des Wahlkampfes. Nachdem der Führer der Vrogrcssistcn 15 Minuten gesprochen hatte, wurde ihm entgegen oer stbltchen Gewohnheit das Wort nicht weiter gestattet, sondern es wurde S ch l u ß der Diskussion gemacht, worauf die Progressisten dop Saal verließen. Dieses Vorkommnis gibt einen Vorgeschmack davon, wie die Moderierten" ihre Herrschast auszuüben gedenken. Die Londoner Bevölkerung, die dieier reaktionären Gesellschaft zum Siege ver- Holsen hat, wird noch ihr blaues Wunder erleben. Rumänien . Der Bauerilaufstand dehnt sich, wie es scheint, immer weitep ans. Zuverlässige Nachrichten sind einstweilen noch schwer zu er- halten; denn die rumänischen Telegrammzensurverhältnisse muß man sich etwa so vorstellen wie die russischen oder noch ärger. Demnach verdienen die ganz- oder halbossiziellen bezw- offiziösen Meldungen aus Rumänien wenig Glauben. Wie über Wien berichtet wird, soll die Stadt Dorohoj von den Bauern vollständig ausgeplündert und niedergebrannt und die Be- völserung geflüchtet sein. In Cucuteni , wo viele Ungarn wohnen, fand ein gusannneiistoß zwischen Rumänen und Ungarn statt, bei dem vier Ungarn getötet und dreißig verwundet wurden. In Belgesiie kam es zu einem Kampf zwischen Bauern und Truppen; hierbei wurden 14 Bauern getötet. Auch der Bezirk Folkschanu ist in Aufruhr; die Ortschaft Sulice ist vollständig zerstört. Weitere Meldungen besagen i Bukarest , 22. März.<B. H. ) Unweit Bakau fand ein heftiger Kampf zwischen Bauern und Militär statt; eS gab dabei mehrere Verwundete. Die Lage in der nördlichen Moldau ist noch immer besorgniserregend. Jnssy, 22. März.(B. H. ) Nach den bisherigen Feststellungen sind 359 Gutshöse geplündert worden, außerdem noch in mehrere» Städten zahlreiche Häuser. Der Verkehr auf dem Bahnhofe beginnt zu stocken, da die Bauern die Züge anhalten und plündern. Auf- fallenderweife wurde das Gut des Fürsten Ghika von den Bauern vollkommen verschont. Doch verlangen sie, dah der Fürst sofort von Bukarest auf das Gut zurückkehre und dort verbleibe, was auch telegraphisch zugesagt wurde. Die Stadt Botoschani gleicht einem Trümmerhaufen. Der angerichtete Schaden beträgt mindestens vier ivsillionen Kronen. Die Bauern haben bei der Plünderung der Bankhäuser Wertpapiere wie gewöhnliches Papier zerrissen. Die österreichische Regierung hat die Konzentrterung von Gendarmerie an der Grenze der Bukowina und Rumäniens angeordnet und ein staatliches Sanitätsorgan dorthin ent- sendet. Bon militärischen Maßnahmen ist Abstand genommen worden, da die Bewegung bisher die Grenze nicht überschritten hat. Die Regierung Rumäniens gibt sich den Anschein, als ob sie dieRevolte" derpaar Bauern" mit Leichtigkeit ohne freund- nachbarliche Hülfe niederschlagen werde. So meldet das Wiener K. K. Telegraphen- Korrespondenz- Bureau aus Bukarest vom 22. März:Seitens der rumänischen Regierung sind alle Änstren- gungen gemacht worden, um in den Bezirken an der österreichischen Grenze die Ruhe wiederherzustellen. Ein Regiment ist gestern dorthin abgegangen, zwei weitere heute. Die Meldung. daß Militär und Polizei den Banden Borschub leisten, entbehrt jeder Begründung. Trotzdem das Militär Blutvergießen möglichst zu vermeiden sucht, sind bei seinem Einschreiten bisher vier Personen getötet und neun verwundet worden. Durch den plötzlichen Aus- bruch haben allerdings vielfach auch Ausländer zu leiden gehabt, es ist aber zu hoffen, daß durch die verfügten Maßregeln die Ordnung baldigst wieder hergestellt werden wird." Afrika . Pretoria , 22. März.(W. T. B.) Beide Häuser des Trans- vaal-Parlamentö haben einen Antrag betreffend die Rechtsverhält. nisse der Asiaten angenommen, nach welchem Staatsangehörige von Britisch-Jndicn, die in Transvaal ansässig sind, gcwiyen Be- schränkungcn unterworfen werden. Ter Beschluß erregt Aufsehen, da die Londoner Regierung einer Verfügung gleichen Inhalts vor einigen Monaten die Zustimmung hauptsächlich infolge des von feiten dxr Inder erhobenen heftigen Widerspruchs versagt hat, SemrKfcKaftlicdeq. An die Arbeiterschaft Deutschlands ! Seit 14 Tagen sind die Schauerleute in Hamburg aus- gesperrt, weil sie sich nicht zu willenlosen Sklaven der Unter» nchmer herabdrücken lassen wollen. Die Reeder und die anderen Unternehmer geben an, den Kampf um die Ver- Weigerung der Nachtarbeit zu führen, in Wirklichkeit aber handelt es sich um die Vernichtung der Organisation nach dem Muster der englischenShippiug Federation". Es ist den Unternehmern gelungen, i,n Lause der Aussperrung etwa 2000 Streikbrecher ans England zu importieren, die hier auf Schiffen einquartiert, also vollständig gefangen gehalten werden. Die englischen Gewerkschafton und die Presse sind jetzt durch uns in Beivegung gebracht; es werden in England Versammlungen und Demonstrationen arrangiert und der Erfolg ist, daß der Zustrom von Streikbrechern zu versiegen scheint. Außerdem ist es uns durch Agitation unter den Streikbrechern selbst ge- lungen. Hundert? zum Verlassen der Arbeit zu bewegen, sie befinden sich bereits wieder auf dem Rücktransport. Jetzt wolle» es die Unternehmer in Deutschland versuchen! In den großen Handelszeitnngcn haben sie gestern eine Anzeige veröffentlicht, nach welcher sie 2000 Arbeiter suchen, sie versprechen einen Wochenlohn von 30 M. und für Sonntag- und Nachtarbeit 1 M.; außerdem soll ein ans ein volles Jahr gültiger Kontrakt abgeschlossen werden. Diese Versprechungen gehen weit über das hinaus, was die Schauerleute jetzt an Lohn und Entschädigung für Nacht- und SonntagSarbeit er- halten, sind demnach nichts weiter als eine Lockspeise. Ferner sind die Unternehmer nach Lage der Beschäftigung gar nicht in der Lag», für ein Jahr Kontrakte abzuschließen, also tun sie es nur, um die Leute hierher zu locken. Wahrscheinlich kalkulieren sie, daß, wenn die alten Schauerleute erst wieder anfangen zu arbeiten, die Leute, die auf die Anzeigen an- beißen, schon von selber wieder weglaufen und dann sind sie ihren Verpflichtungen enthoben, da nicht sie. sondern die Ar- bester selbst den Koutrakt gelöst hätten. Aber ganz abgesehen davon wäre es eine direkte Schande für die deutsche Arbeiterschaft, wenn cS den Unternehmern jetzt Wo die Engländer den Import verhindern ge- lingen sollte, Ersatz zu finden. Die Hchancrlciitc stehen wie ein Mann, sie sind bereit den Kanipf für ihre Organisation bis aufs äußerste zu führpn, sie weichen nicht»venn sie nicht von den Streikbrechern uiedergetreseu werden. Geübte Streikbrecher gibt es bisher nicht; mit Ausnahme der sogenannten Vieen hat sich dem Unternehmertum kein Hamburger Arbeiter zur Verfügung gestellt. Das aus- ländische Gesindel kann den Ausgesperrten nichts anhaben; aber wenn es den Unternehmern gelingen sollte, einige Tausend kräftiger Streikbrecher in Dsutschlaud zu finden, dann wird die Sache für sie bedenklich, nur dann können die Hab- gierigen, brutalen Ausbeuter siegen I Parteigenossen! Helft dos verhindern! Versucht nach Möglichkeit, jeden Zuzug von Hamburg fernzuhalten I Ganz gleich, welcher Beruf in Frage kommt. Konflikte bestehen dort augenblicklich in fast allen Berufen und Ivenn die Zureisendcn in ihrem Berufe keine Beschäftigung finden, dann gehen sie zum Hafen. Also haltet jcdon Zuzug fern, aufs strengste fern, damit dieser mit so viel Brutalität geführte Schlag des Unternehmertunls abgewehrt werden kann., Hoch di? Solidarität! Berlin und vlmgegend. Die Draljtarbeiter von Berlin und Umgegend werden von den Unternehmern zu einem Komps herausgefordert, anders läßt sich das Verhalten des Vereins der Berliner Drahtindustriellen dem neuen Tarifvorschlag gegenüber nicht erklären. Den Wunsch der Arbeitgeber, den alten Tarif, der am 1. April abläuft, rechtzeitig zu kündigen, habe» die Arbeiter schon am 6. Februar erfüllt. Dia Vorgänge der letzten Wochen schilderte H a n d k e vom Metall- arbeiterverband in einer stark besuchten Versammlung der Draht- arbester am Donnerstagabend in Graumanns gestsälen, Naunyn- straße. Eine neue Vorlage ist eingereicht worden, eine Antwort aber, um die wiederholt ersucht wurde, ist nicht erfolgt. Dagegen hat man eine rege Tätigkeit in der Arbeitgeberorganisation wahr­genommen, die offenbar eine Rüstung zum Kampfe mit den Ar- deitcrn auf der ganzen Linie bezweckt. Die N a d l e r. und Siebmocher-Jnnung scheint im Bunde mit dem Verein der Drahtindustriellen vorgehen zu wollen. Man sucht Arbeits- kräfte in den Provinzen; in einer Stadt in Oberschlesien wurden Angebote gemacht, 49 Drahtarbeiter kontraktlich für Berlin zu engagieren. Man läßt auch schon Waren für Berlin außerhalb herstellen, und man stärkt mit aller Macht den tsnternehmerverein; jeder Selbständige wird dringend zum Beitritt aufgefordert. Ein- mal Mitglied, ist er als kleiner Unternehmer dem großen schonungslos ausgeliefert, denn im Verein herrschen äußerst scharfe Bcstimnmngen, um die Disziplin aufrecht zu erhalten. Auf der anderen Seite ist die Organisation der Arbeiter auch rührig gewesen, um nicht untätiq dem Treiben der Unternehmer zuzusehen. Der Verband hat die deutschen Drahtarbeiter bor Zuzug nach Berlin gecharnt und auch die nötigen Vor- bereitungen zum Kampfe getroffen. Nach einer Beratung mit den Vertrauensmännern und der Agitationskommission wurde den Versammelten folgender Vorschlag unterbreitet. In teder Werk- statt sollen bis Sonnnbend einige Vertrauensleute dem Unter- nehmer die neue Tarifvorlage überreichen und bis nächsten Mitt- woch um eine Antwort ersuchen. Von der erhaltenen Antwort wird dann die weitere Stellungnahme abhängig gemacht. Am 2. April begeben sich die Kollegen nicht zur Arbeit, sondern zu einer Ver- sammlung, die vom Verbände einberufen werden wird. Dieser Vorschlag wurde mit allen gegen zwei Stimme» angenommen. Handkes Appell an die Versammelten, sich nicht einschüchtern zu lassen, sondern dem organisierten Unternehmertum die Spitze zu bieten, das den Arbeitern gern eine Schlappe beibringen möchte, fand allgemeinen lebhaften Beifall. Eine für alle im Tarifverhältnis stehende Gewerkschaften äußerst wichtige Angelegenheit kam in der am Donnerstag im Gewerkschaftshause von der OrtS- Verwaltung Berlin des Mctallarbeiterverbandes abgehaltenen Klempnerversammlung zur Sprache. Weitzel berichtet über den Fall folgendes: In der auf Grund des Tarifes bestehenden Schlichtungskommission hatten die Arbeit- nehmer den Unternehmer Seeger als Mitglied abgelehnt, weil ihnen bekannt war, daß S. ein prinzipieller Gegner der Tarifverträge ist unh bereits mehrere Male den be- stehenden Tarif gebrochen hat. Die Arbeitgeber versuchte» nun. den Spieß umzudrehen und lehnten die Kollegen Cohen und Weitzel als Mitglieder ab, weil ihrer Auffassung nach in der Schlichtungs. kommission nur im Beruf tätige, gelernte Klempner Sitz und Stimme haben könnten und Cohen und Weitzel Beamten des Metallarbeiterverbandes seien. Die SchlichtungSkommtsston als solche verwarf aber die Ansicht der Arbeitgeber und riefen diese das Einigungsamt des Gewerbegerichts an. Dieses hat nun im Sinne des Antrages der Arbeitgeber entschieden und haben nunmehr sämtliche Arbeitnehmer ihr» Aemter niedergelegt, so daß zurzeit eine S�lichtungSl»wWs»