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derzwesgten großkapitalistischen Produktion, und was hier vielfach für Arbeitsverhältnisse herrschen, davon haben' die Enthüllungen aus den Klöstern zum guten Hirten in Frank- reich ein ebenso entsetzliches wie erschütterndes Bild gegeben. Die Pfarreien der Weltgeistlichkeit verfügen über namhafte, aus der Kirchenpraxis noch ständig sich vermehrende Kapitalien, die vielfach gegen Zins auf städtisches und mehr noch auf ländliches Bodeneigentum ausgeliehen sind, woraus sich zum guten Teil das große Interesse des deutschen Klerus an der Schutzzoll- Politik erklärt. In den überseeischen Kolonialgebieten besitzt die Kirche in zahlreichen Missionen entwickelungsfähige Plantagen und hierin findet es mit seinen Grund, wenn das Zentrum seinerzeit so schnell für die Bismarckschen Kolonial- Pläne zu haben war, wenn es nachmals das Geld der Steuer- zahl er in wahnwitzigen weltpolitischen Abenteuern verpulvern half. Diese ökonomische Stellung wird je länger je mehr die einzige wirtschaftliche Basis der Kirche. Dadurch ist sie ge- zwungen, das Privateigentum an den Produktions- Mitteln unter allen Umständen zu verteidigen, mag es noch so erdrückend auf den Massen lasten. Daher denn die Betonung einer Freiheit im Interesse des kapitalistischen Systems, von deren innerer Unwahrheit jeder denkfähige Mensch überzeugt sein muß. Daher aber auch das Gezeter gegen den So- zialismus. der mit seiner Sozialisiernng der Produktions- mittel die ökonomische Grundlage der Kirche ebenso zerstört, wie mit dem Fall der Klassengesellschaft der historische Boden der dogmatischen Klassenreligionen verschwindet. poUtircbe ücbcrlxcbt. Berlin , den 27. März 1907. Bergwerkskatastropheu. Eine Darstellung über die bisherigen Ergebnissei der amtlichen Untersuchungen der Ursachen des verhängnisvollen Seilbruches auf dem Mathildeschacht der Gerhardgvube vcr- öffentlicht derReichsanzeiger" in seiner Ausgabe vom 27. März. Als wesentliche Ursachen werden mitgeteilt: Die zur Förderung benutzten Seile sind Gußstahlbandfeile, bestehend aus 192 Drähten von je 2 Millimeter Dicke. Sie sind sowohl bei ihrer Auflegung als auch regelmäßig während des Betriebes den bcrgpolizeilich vorgeschriebenen Biegungs- und Zerrcißungsproben unterworfen worden. Diese Proben werden an Seilstücken vorgenommen, die von dem am Förder- korb befestigt gewesenen Seilende abgehauen werden. Das ge- rissene Seil, das vor beinahe 2Va Jahren aufgelegt wurde und damals eine Tragfähigkeit von rund 76 000 Kilogramm besaß, zeigte bei feiner letzten Untersuchung am 19. Februar d. I. noch eine Tragfähigkeit von über 74 000 Kilogramm, so daß sich, da die Seillastung bei der Mcnschenförderung nur 7606 Kilo- gramm und bei der Produktenförderung 9418 Kilogramm betrug, die Seilsicherheit zu 9,7 bezw. 7,8 berechnete. Das Seil riß, als am Unglücksmorgen der Förderkorb, an dem es befestigt war, zum ersten Male mit seiner vollen Be. lastung, d. s. 22 Mann, eingehängt wurde vorher waren be­reits mit demselben Korbe 11 Mann eingelassen worden, und zwar etwa 90 Meter oberhalb des Korbes, als dieser in eine Tiefe von ungefähr 200 Meter gekommen war. Eine nach dem Unglücksfall vorgenommene Untersuchung eines unmittelbar über dem Förderkorb befindlichen Seilstückcs ließ nicht erkennen, daß das Seil durch den bisherigen Betrieb gelitten hatte. Die mit einigen Drähten ausgeführten Biegungs- und Zerreißungsproben. hatten ein ähnliches Er. gelmis wie die Proben am 19. Februar d. I., dagegen stellte sich bei einer genauen Prüfung eines 8 bis 10 Meter oberhalb der Bruchstelle befindlichen Seilstückes heraus, daß das Seil dort stark mitgenommen war. Die Drähte waren an den Stellen, wo sie nach außen treten, erheblich abgerieben, und zwar vielfach in dem Maße, daß sie' sich an den betreffenden Stellen mit der Hand leicht brechen ließen. Diese Schäden dürften auf den Druck und die Reibung, welche die einzelnen Drähte beim Auf- und Abwickeln des Seiles auf die Trommel(Bobine) gegen- seitig ausüben, zurückzuführen sein. Sic sind von den mit der täglichen Revision des Seiles betrauten Beamten und von den am Schacht beschäftigten Arbeitern nicht bemerkt worden, hätten auch wohl nur nach sorgfältiger Reinigung des Seiles von der tcerartigen Masse, mit der das Seil zu seiner Schonung häufig yeschmiert wurde, gesehen werden können. Ob übrigens die für die Seilfahrt vorgeschriebenen täglichen Seilrevisionen regel- mäßig ausgeführt worden sind, erscheint nach den bisherigen Zeugenaussagen noch fraglich. Die von der Staatsanwalt- schaft und dem Bergrevierbeamten geführte Untersuchung dürfte jedoch erst nach ihrem Abschluß hierüber sowie überhaupt über die Frage, ob und welchen Beamten etwa ein Verschulden an dem Unglücksfall zur Last zu legen ist, bestimmtes ergeben. Das gerissene Seil ist behufs genauer Untersuchung von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Mit diesen Angaben läßt sich noch nicht viel anfangen. Es ivird als festgestellt mitgeteilt, daß die vorgeschriebenen täglichen Biegungs- und Zerreißungsproben vorgenommen worden sind, aber es erscheine noch fraglich(l), ob die vorgeschriebenen tag- lichen Ravisionen stattgefunden haben. Merkwürdigerweise verlautet nichts darüber, warum gerade am Tage nach dem Unglück ein neues Seil eingebaut werden sollte? Angeblich bot es doch nach den vorgenommenen Proben eine fast zehnfache Sicherheit! Und hat sich die Untersuchung noch nicht auf die Behauptungen erstreckt, daß die Schadhaftigkeit des Seiles schon wiederholt vorher gemeldet worden ist? Das Schweigen über diesen Punkt ist sicher nicht geeignet, Vertrauen zu erwecken!_ Kindische Anschuldigungen. Einen Leitartikel von seltener Abgeschmacktheit veröffentlicht dieDeutscheTageszeitung" unter dem schreienden Titel: Die Sozialdemokratie als Förderin des Krieges". Die Sozialdemokratie, so behauptet das Organ Knutcn-OertelS. strafe ihre angeblichen Friedensbestrebungen schon dadurch Ltzgen. daß sie ausgesprochencrmatzen ihr Endziel im Wege derg e w a l t» samcn Revolution" erreichen wird. Es sei bitterster Hohn, wenn eine Partei, die dem Bürgerkriege, der entsetzlichsten Form des Zusanimenstoßes der Menschen zustrebe, sich als Trägerin eines weltbeglückenden Friedens darstellen wolle. Diese pathetische An- klage ist um so alberner, weil dieDeutsche Tageszeitung" selbst erklärt, daß nicht die Sozialdemokratie die Schuld an einer eventu- cllen gewaltsamen Revolution trüge, sondern die besitzende Klasse. Das agrarische Organ schreibt nämlich: Es ist undenkbar, daß Staat und Gesellschaft sich frei- willig dieses sozialistische Machwerk, das eine Mischung von un- erträglicher Unfreiheit und andererseits von wilder Zügellosig- keit sein würde, aufbürden lassen sollen. Rur im blutigen Bürgerkriege könnte jener Zukunftsstaat vorübergehend geschaffen werden." Das agrarische Organ bestätigt damit nur da? bekannte Wort Goethes, daß bisher noch immer die Regierungen selbst an Revo- lutionen die Schuld getragen hätten. Auf der gleichen Höhe steht die Behauptung, daß die Sozial- Demokratie denguten Geist des Heeres" und seine Manneszucht vernichten, dadurch also einemöglichste innere Schwächung" Deuischlands herbeiführen wolle. Sofern unter demguten Geist des HeereS" knechtischer Kadavergehorsam, Sol- datenschindereien und die Möglichkeit verstanden wird,, die Soldaten auf Bater und Mutter schießen zu lassen» untergräbt allerdings die Sozialdemokratie dieseBande der Zucht und Ordnung". Sie ist so verrucht, einen Gesellschaftszustand zu er- streben, in dem ein freies, auf sein Vaterland stolzes Volk den heimischen Herd und die vaterländische Kultur gegen fremde Angriffe begeistert zu verteidigen bereit'ist, ohne durch den Korporal stock und aus Furcht vor Füsiladen in den Kampf getrieben zu werden? Eine freche Verleumdung ist es endlich, wenn dieDeutsche Tageszeitung" behauptet, die Sozialdemokratie habe die Auffassung genährt, als ob die deutsche Weltpolitik einen agressiven Charakter trage. Es war kein Sozialdemokrat, der die Krügerdepesche abgesandt hat, es war kein sozialdemokra- tischer Abgeordneter, sondern ein parlamentarischer Vertreter der Rechten, der eine südwcstafrikanische Kolonialarmee als Gegen- gewicht gegen England für notwendig erklärte. Es waren keine Sozialdemokraten, die im Flottenverein und in der Presse eine wüste Englandbetze inszeniert und einen Krieg mit England an die Wand gemalt haben! Zur schwedischen Wahlrechtsreform. Der Wahlrechtsausschuß�des schwedischen Reichstags hat am 19. März seinen ersten prinzipiellen Beschluß gefaßt. Und der ist zu- gunsten der Regierungsvorlage ausgefallen. Jedoch ist diese Vor- läge s e l b st damit noch keineswegs vom Ausschuß gutgeheißen, wie man es nach der ersten telegraphischcn Meldung annehmen konnte. Der mit 14 gegen 10 Stimmen gefaßte Beschluß besagt nur, daß der Ausschuß sich in seiner Mehrheit für das Proportional- s y st e m erklärt und es zur Grundlage für seine Arbeit machen will. Wie der Reichstag über diese Frage entscheiden wird, läßt sich noch nicht voraussagen. Wahrscheinlich wird die Zweite Kammer die Regierungsvorlage mit dem Proportionalsystem ab- lehnen, was dem Willen der Volksmehcheit entspräche. DaS Proportionalsystem an sich die Verteilung der Mandate nach der Zahl der für die Parteien und Kandidaten abgegebenen Stimmen gilt ja mit Recht als ein Wahlsystem, das den For- derungen politischer Gerechtigkeit am meisten entspricht. Ann liegen aber in Schweden die Verhältnisse so, daß es gerade die Reaktionäre sind, die Erste Kammer und die aus ihr her- vorgegangene Regierung, welche dieses System allerdings, aber in ihrer Weise einführen möchten: in einer komplizierten und für die Masse der Wähler unverständlichen Form. Wollte man das E i n° kammershstem einführen, so würden die Herren die Propor- tionalwahl gewiß alshöchst unpraktisch und undurchführbar" ver- werfen. Unter diesen Umständen mag es erklärlich erscheinen, daß auch die sozialdemokratische Fraktion in ihrer eigenen, in der vorigen Woche eingebrachten Vorlage zur Wahlrechtsreform und Ver- fassungsrevision Majoritätswahlen in Einmanns-Wahl- kreisen verlangt. In der Begründung, die der Vorlage beigefügt ist, heißt eS über diesen Punkt u. a.:Die vielseitige Untersuchung über den Proportionalismus, die in den letzten Jahren hier in Schweden stattgefunden hat, hat unserer Meinung nach gezeigt, daß das prinzipiell sehr zusagende System nicht so leicht, wie viele auch unter uns sich anfänglich vorstellten, mit wirklichem Vorteil praktisch angewandt werde« kann." Im übrigen stimmt die Vorlage der schwedischen Sozialdemokraten in den Grundzügen mit der bereits im Iiovemher porigen JahreS veröffentlichten über- ein: Für die Mäntter wie für die Frauen wird zur Zweiten Kammer allgemeines, aktives und passives Wahlrecht verlangt, und zwar vom vollendeten 21. Lebensjahre ab. Zur E r st e n Kammer sollen die Frauen wie die Männer vom 30. Lebensjahr ab wählbar sein. Der bestehende Vermögenszensus soll auf- gehoben, die Kompetenz der Ersten Kammer soll eingeschränkt werden, so baß sie nur noch suspensives Vetorecht in Verfassungs- und Gesetzesfragen besäße. Sodann wird u. a. eine gründliche Reform des Wahlrechts zu den Gemeindevertretungen und Lands- thingen gefordert, von denen ja die Zusammensetzung der Ersten Kammer abhängig ist, und daneben eine Reihe anderer Ver» fassungsänderungen. Die radikal-liberale Kammergruppe schließt sich in ihren Vorschlägen den Hauptforderungen unserer Partei- genossen an. Jene Gruppe umfaßt allerdings nur 9 Abgeordnete. Zu den, allerdings prinzipiellen, Gegnern des Propor- tionalsystems muß man auch die etwa TS Mann starke liberale Sammlungspartei rechnen. Ferner sind in der Zweiten Kammer mindestens IS Bauernvertreter Gegner des Proportionalsystems, weil es den Kleinbauern nicht vorteilhaft erscheint. Rechnet man dazu die 15 Sozialdemokraten, so wird es wahrscheinlich, daß die Zweite Kammer die Regierungsvorlage ablehnt. Eine Auflösung des Reichstags scheint in solchem Falle unvermeidlich, und sie könnte der endlichen Lösung der Wahlrechtsfrage nur zugute kommm, * Deutfcbcs Reich. Dasgemilderte" Anti-GewerkfchaftSgesetz. Halbamtlich wird gemeldet: Ueber die Umgestaltung des Gesetzentwurfes über die Rechts- fähigleit der Berufsveretne sind, wie mehrere Blätter hören. noch keinerlei Entschließungen gefaßt worden. Wenn in absehbarer Zeit unter den Bundesregierungen über eine reichS- gesetzliche Regelung deS Verein SwefenS eine Einigung nicht zu erwarten ist. wird die Reichsregierung, um nicht dem Ver- dacht der Verschleppung sozialpolitischer Gesetze ausgesetzt zu sein. das Berufsvereinsgesetz im Herbst dem Reichstag wieder vorlegen und dabei jedenfalls den Bestimmungen über die Möglichkeit der Entziehung der Rechts- fähigleit, deren allzu große Dehnbarkeit entschiedenen Widerspruch im Reichstag hervorrief, eine genauere Fassung geben. Auch einige Bestimmungen der polizeilichen Kontrolle der Vereine sollen eine Umgestaltung in liberalem Sinne erfahren." Also das Vereinsgesetz, das Bülow dem Liberalis- mus als Konzession in Aussicht gestellt, soll wahrscheinlich ver- tagt werden, wohingegen das Gewerkschaftsknebel- g e s e tz im Herbst wieder auf der Bildfläche erscheinen soll l Preußen als Kulturvormacht, Der Berliner Kriminalpolizei ist ein großer Fang geglückt: sie hat entdeckt, daß bei dem Schuhmachermeister CalichowSki in Berlin der geprüfte Lehrer Staniözcwski einer Anzahl polnischer Kinder im geheimen katholischen Religionsunterricht gab. Und das brandenburgische Provinzialschulkollegium hat diesen schauder- haften Frepel sofort geahndet. Es hat den Schuster CalichowSki. der. ohne zu erröten, die Stirn besaß, seinegute Stube" zum Religionsunterricht in der Sprache Henryk Sienkiewicz ' herzuleihen, auf Grund des§ 42, Absatz 2 der Verordnung vom 26. Dezember 1803(!) zu einer Geldstrafe von SO M. verurteilt, und dem ruchlosen Lehrer Staniszewski wird es sicher noch biel schlimmer ergehen. DieKöln . Volksztg." bemerkt dazu: So wird sich wieder einmal dys Wort bewähren:Preußen in Deutschland voran, Deutschland in der Welt voran." Der Ruh»» Preußens wird ob dieser Tat bis ao die Sterne strahlen, und in allen Ländern der zivilisierten Welt wird ma» be- wundernd ausrufen:So was ist nur in Preußen möglich." In Japan und China darf den poknischen Kindern in privaten Räumlichkeiten ruhig polnischer Religionsunterricht erteilt werden. Kein Mandarin würde sich darum kümmern. Und wenn in England, Norwegen , Holland , Amerika wir nennen absicht- lich nur protestantische Länder den Behörden so etwas denun» ziert würde, würde jeder Polizeikapjtän dem Denunzierenden etwa sagen:«Daß jemand das Recht hat, polnischen Religionsunter» richt zu erteilen oder zu nehmen, ist ebenso selbstverständlich wie das Recht, zu essen, zu trinken und zu schlafen." Das ist sicher richtig; aber dieKöln . VolkSztg." scheint der» gessen zu haben, daß für Preußen, das einen Studt besitzt, die ge- wohnlichen Weltgesetze nicht gelten. Herr Liebert. Herr Liebert, der Generalissimus des ReichslügenverbandeS, der während der Reichstagsdebatten ziemlich schweigsam ge» Wesen war, polemisiert imTag", wo er keine Entgegnung zu befürchten hat, gegen die Sozialdemokratie. Er wirst ihr vor, die Kolonialskandale übertrieben und demagogisch aus- habe sie sich derarmen Eingeborenen" angenommen, von denen habe sie sich derarmen Eiingeborenen" angenommen, von denen sie behauptete, daß sie ihres Landes beraubt, von den Händlern betrogen und ausgewuchert worden seien. DieLandeskundigen" berichteten dagegen, daß die Hereros in ihrerw ü st e n H a b g i e r" sich die Waren der Händler häufig angeeignet, imschmutzigen Geiz" nachher aber beim Zahlen Schwierigkeiten gemacht hätten. Herr Liebert muß ganz genau wissen, daß die Sozialdemokratie während des Wahlkampfes nachzuweisen imstande war, daß die schamlose Ausbeutungswirtschaft der Hereros seinerzeit auch von der konservativen Presse, so demReichs boten" und der K r e u z z e i t u n g", ferner von einer ganze n Reihe von Missionaren zugegeben worden ist. Er mutz ferner wissen, daß den Hereros der größte Teil ihres Viehes und das best« Land abgenommen worden war. Gleichwohl behauptet er, daß daran nur dieHabgier" und derschmutzige Geiz" der Eingeborenen die Schuld getragen habe! Wenn Herr Liebert ferner wieder von denfürchterlichen Greueln" der Ausständischen gegen die Farmer spricht» so sollte er doch nicht vergessen, daß durch die Trothaschc Ausrottungs- strategic Zehntausende von Unschuldigen in den Tod des Ver- schmachtens getrieben worden sind. Er sollte sich auch daran er- innern, daß erst kürzlich ein deutscher Farmer wegen der grauen- haftesten Scheußlichkeiten, und wegen mehrfacher Morde an Ein- geborenen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Trotz- dem entrüstet er sich über die Bestialität der Eingeborenen! Er ist eben der Generalissimus des ReichslügenverbandeS! Das beleidigte Junkerparlament. DaS Reichsgericht verwarf am DienStag die Revision deS Genossen Hugo Schotte von derVolkSzeitung" zu Düsseldorf gegen daS Urteil der Strafkammer Düsseldorf vom 31. Oktober 1906, das ihn wegen Beleidigung deS preußischen DreiklassenhauseSmitzwei Monaten Gefängnis belegte. Der inkriminierte Artikel war eine Kritik der Verhandlungen des Abgeordnetenhauses über das SchulverpfaffungSgesetz und war betiteltDie Pfaffen-Jnsel". Er war scharf, aber zu- treffend, und das paßte natürlich den Erwählten des Dreiklassen- rechts nicht." Die Mehrheit,' gebildet ans Konservativen. Nationalliberalen und Zentrum scheute sich nicht, obgleich ste sich unter dem Schutz der Jmnmnität die gehässigsten Angriffe auf die Sozialdemokratie erlaubt, dem unbequemen Kritiker mit dem Beleidigungspgragrapheu auf den Leib zu rücken. Sie hat jetzt auch den Triumph, ihn rechtskräftig zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt zu sehen. Ein etwas teuer erkaufter Triumph allerdings, der nicht zur Hebung des Ansehens dieser gesetzgebenden Vertretung der Befitzenden Preußens dienen wird. Denn bisher gehörte außer der Redefreiheit und Unverletzlichkeit der Abgeordneten auch das zu den Borrechten der Parlamente, daß sie Kritik, die schärffte Kritik vertragen konnten, daß sie sich stark genug fühlten, um durch keinen Angriff beleidigt zu sein. Die preußische Dreillassenkammer hat dieses edelste Borrecht der Parlamente aufgegeben. Man kann steUich von der Karikatur eines Parlaments auch kaum verlangen, daß es das stolze Selbstgefühl eines Parla- ments habe. Eine Körperschaft, die nicht den geringsten Boden im Volle hat, muß füglich auf Grund ihreS mangelnden Rückhalts in der öffentlichen Meinung bei Angriffen nervös werden, und be- sonders, wenn sie verdient sind. Das Urteil deS Reichsgerichts ist der Schlußpunkt zu dem Urteil, das das preußische Voll längst über das DrciklaffenhauS gefällt hat. -» In der Revision des Genossen Schotte wurde besonder? die Ablehnung einer Reihe von Beweisanträgen gerügt. Der Angeklagte hätte durch Vernehmung mehrerer Ab­geordneter gewiffe Gepflogenheiten des preußischen Abgeordneten» Hauses(Behandlung der Opposition, Beleidigung der Sozialdemo- kratie usw.) feststellen lassen wollen. Das Landgericht hatte diese Beweisanträge als unerheblich abgelehnt und dabei an- geführt:Die Vorgänge im Parlamente sind dem Gerichte bekannt; die behaupteten Vorgänge mögen also im preußischen Abgeordneten- Hause auch vorkommen. Ob aber das behauptete Vorgehen der konservativen Partei absichtlicki geschieht, läßt sich durch die vor- geschlagenen Zeugen nicht feststellen, da sie nur ihre subjektive Auf- fassung bekunden würden. Das Gericht nimmt aber an, daß die unter Beweis gestellten Tatsachen wahr sind und hat deshalb von der Erhebung des Beweises abgesehen. Prügelszenen, wie sie in anderen Parlamenten vorgekommen sind, hat das preußische Ab- geordnetenhaus noch nicht gehabt." In der Revisionsverhaiidlnng vor dem 6. Strafsenat des Reichs- gerichts bemerkte hierzu der Rerchsanwalt Freiherr von Ebers und Rockenstein:Die Begründung, mit der die Beweisanträge ab- gelehnt worden sind, ist in hohem Grade bedenklich. In der Annahme der G e r ich ts kun d ig keit geht das Gericht viel zu weit. ES hat auch zu u n r e ck: das Ergebnis der beantragten Beweisaufnahme vorweggenommen. Es geht nicht an, daß das Gericht sagt, die Vernehmung von Zeugen sei deshalb zurückzuweisen, weil ihre subjektive Auffassung nur eine parteiische sein könne. Der Umstand allein, daß ein Zeuge Mitglied einer politischen Partei ist, kann ihn nicht als.völlig untauglich erscheinen lassen, ein wirklich brauchbares Ergebnis zu liefern. Das Gericht hat vielmehr erst den Zeugen zu hören, bevor es darüber ein Urteil fällt, ob er parteiisch ist. So unrichtig diese Ablehnung der Beweisanträge nun auch ist, so kann sie doch nicht zur Aufhebung des Urteils führen, da das Gericht die behaupteten Tatsachen ausdrücklich als objektiv richtig unter st ellt hat. Das Gericht hat ja auch den Angeklagten nicht aus§ 186 verurteilt, well irgend eine behauptete Tatsache nicht erweislich wahr wäre, sondern aus 8 18ö, indem e» dem Angeklagten ausdrücklich den Schutz des§ 193' zu» billigt und lediglich die gewählte Form als beleidigend ansieht" 'Gemäß den. Antrage des Reichsanwalts verwarf daim das Reichsgericht die Revision. _ Eine Jmportlüge des RcichsverbandcS. Die ReichSverbändler haben den Freihandel auf ihr Programm gesetzt den Freihandel der Lüge. Reben das auf dem heimischen Misthaufen gewachsene Produst tritt die Blüte der aus»