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von»kompetenter Seite''zugegeben werde, daß die ganze Anten- gängerei nicht den geringsten Erfolg gehabt habe. An zahlreichen Orten, wo die Wünschelrute durch ihr Schlagen das Borhandensein von Wasser angezeigt habe, habe man die kostspieligsten Bohrungen vorgenommen. In den festesten Granit und Gneis sei man 20. 27, 38, ja 65 Äeter tief eingedrungen. Aber entweder habe man über- Haupt kein Wasser vorgefunden oder nur so wenig, daß es in einet halben Stande bis zmn letzten Tropfen ausgepumpt gewesen sei. Das einzige positive Ergebnis habe man in Karibik   erzielt, wo man ober auch ohne die Wünschelrute gewußt habe, ddß man nach dem Durchschlagen der Kalkdecke auf Wasser stoße. Die Kosten für diese Bohrerei seien geradezu riesige ge- Wesen. Der Herr Landrat Uslar erhalte bei voller Verpflegung neben feinem Landratsgehalt 20 M. pro Tag. Hinzu kämen die Kosten für die Begleitmannschaften, die Transport- und Proviant- wagen die Ochsen und Pferde, ferner die horrenden Ausgaben für das vergebliche unnütze Bohren im härtesten Gestein. Dabei kosteten in Deutschland   ähnliche Bohrungen höchstens den zehnten Teil der Unkosten, die sie in Südwestafrika verursachten I Es war vorauszusehen, daß dieser abgeschmackte Versuch. Wasser zu finden, völlig ergebnislos sein würde. Nun find, gering gerechnet, ein paar mal hunderttausend Mark ohne den mindesten Erfolg zum Fenster hinausgeworfen worden. Vielleicht läßt man Herrn v. Uslar  Munehr nach Gold und Diamanten suchen! Politische Prozesse in Baden. Man schreibt uns: Vor dem Amtsgericht Fr ei bürg wurde der Redakteur Müller des dortigen Zentrumsblattes F r e i b. Bote" wegen Beleidigung eines nationalliberalen Bezirksvereins zu 200 M. Strafe verurteilt. Auch dieser Prozeß steht in einem Zusammenhange mit dem strafgerichtlichen Vorgehen gegen den viel- genannten Meineidsanstifter Pfarrer Gaisert, der nun, zu einer milderen Strafe begnadet, im Freibnrger Landesgefängnis büßt. Das Freibnrger ultramontane Matt behauptete, die Liberalen hätten in dem Protest gegen die Wahl des Landtagsabgeordneten Wide- mann einige Unterschriften gefälscht und zwar unter Billigung der liberalen Parteileitung. Der' vom Beklagten angetragene Vergleich ist zurückgewiesen worden. Dafür revanchierte sich der badische Zentrumsführer, Geistlicher Rat Wacker, in Freiburg  , der wegen Beleidigung des nationalliberalxn Partei- chefs, Landgerichtsdirektor Dr. Obkircher, vor dem Schöffen- gericht erscheinen mußte, wobei es sich ebenfalls um einen Nachtrag zu den Wahlkömpfen handelt. Als es zu einem Vergleich kommen sollte, nahm der Zentrumsinann die vom Anwalt des Klägers stipulierte Vergleichserklärnng nicht an und ging zum Angriff über durch Erhebung einer Widerklage, die vom Gerichtshof angenommen ist. Darauf erfolgte die Verlagung des Prozesses. Eine andere Klage, die aus ähnlichem Zusammenhang gegen das ultramontane .Säckinger Volksblatt" geführt wurde, endigte damit, daß der zu einer Geldstrafe verurteilte Redakteur Stratz seine Berufung wieder zurückzog. Mit den aufgesühuten Fällen ist die Zahl der immer noch aus der Wahlfeindschaft der letzten Jahre anhängigen Ehrenhändel der bürgenlichen Parteien nicht erschöpft. Kuslanci. Frankreich  . Vom Militarismus in der Demokratie. Paris  , 2g. März.(Eig. Ber.) Niemand wird leugnen, daß einige französische   Kriegsminister der letzten Jahre, bor allem Andrö, unterstützt von einer Schar demokratischer Offiziere, manche Uebelstände in der Armee abgeschafft und das demokratische Prinzip dort zu stärkerer Geltung gebracht haben. Trotzdem kommen auch in der radikalen Republik   noch genug Dinge vor, die sich mit den Blüten des autoritätswütigen Militarismus in den Monarchien wohl vergleichen lasse». Und die heutigen StaatSlenker der Republik   schwanken oft kläglich hin und her zwischen der energischen Reform und der alsPatriotismus" auf- tretenden Traditio». So hat P i c q u a r t vor einigen Tagen, als die Sozialisten die Schrecken vonBiribi" zur Sprache'bracbten und das ganze System der afrikanischen Strafkompagnien angriffen, dieses mit Argumenten zu verteidigen gesucht, die eines ungeschminkt reaktionären Säbelraßlers würdig gewesen wären. Er hat sogar vor der Ver- dächtignng nicht zurückgeschreckt, daß die Sozialisten durch ihre An- griffe die Rekrutierung der afrikanischen Armee hinderten und so dem Auslände dienten. Nicht übel war eS, daß Picqnart als Zeugen die Militärrichter anrief. Zeigt doch seine eigene Lebens- geschichte die ethischen Qualitäten der Militärjustiz. Oder hat sich die Seele der Soldateska in den paar Jahren seit dem Dreyfus- Handel wunderbar umgewandelt? Aber man muß nicht nach Afrika   gehen, um in der Armee die Fortdauer barbarischer Praktiken wahrzunehmen. Unlängst hat die Hrpmanite" die skandalösen Zustände im Militärgefängnis von Oleron   aufgedeckt. Diegroße" Presse schwieg diese Enthüllungen tot. Bei dem neuesten Skandal ist das allerdings nicht möglich gewesen. ES handelt sich um die brutalen Quälereien der Mann- schaft, die sich ein vom SchneidigkeitSkoller besessener Dragoner- leutnant hat zuschulden kommen lassen. Leutnant D u h a u m e vom 22. Dragoner-Regimcnt in Reims   hat zwei wahre Mustetinstrumente erfunden, um seine Soldaten zu zwingen, stramm auf dem Roß zu sitzen: einen Haiskragen ans Leder, der inneN einen s ch ar fen S ta ch el hat, der sich in die Kehle einbohrt, sobald der in den Kragen Eingeschnürte den Kopf ein wenig schlaffer hält. Noch viel ärger ist ein mit eisernen Stacheln ge- spickt es Lcderband, das auf den Sattelknopf gelegt wurde, um die Rekruten zu verhindern, sich beim Rcitunterricht daran festzu- halten. Der nnabhängig-sozialistische Deputierte von Reims   hat eine Interpellation über den Fall angemeldet und der KriegSntinister ivird sie sofort nach den Osterferien beantworten. Gegen den Schuldigen ist die Untersuchung eingeleitet worden und er befindet sich schon in strenger Haft. Der Minister wird aber hoffentlich auch eine Erklärung dafür finden, daß der R e g i m e n t s o b e r st. dem doch der Gebrauch der geschilderten Marterinstrumente nicht ver- borgen bleiben konnte, seinen ritterlichen Untergebenen ruhig hat schalten lassen. England. Steuerpolitik und Sozialreform. London  » 23. März.(Eig. Ber.) Vor zwei Tagen begründete der soziallib-"ale Abgeordnete Chiozza-Money in lehrreicher Weise folgenden A" cag im Parlament: Angcsich.s des Reichtums Englands und der Natur seiner Verteilung ist es notwendig, die Steuerpolitik umzugestalten, um die Mittel für die dringend nokwendigen Sozialreformen zu er- halten." Der Redner erklärte:Bei der Durchsicht der Etats des letzten Vierteliahrhundcrts ist mir aufgefallen, daß sie sich hauptsächlich mit kleinen Aenderungen, mit Steuern auf Tee, Zucker, Spirituosen und so weiter beschäftigten und daß ihnen jeder durchgreifende Zug fehlte. Es ist indes höchste Zeit, daß dies anders wird. Die Zahl der Ginkommensteuerzahler beträgt ungefähr eine Million, denen die Hälfte des Nationaleinkommens zufällt I«Das National- einkommen des Vereinigten Königreichs   beläuft sich auf siebzehn- bis achtzehnhundert Millionen Pfund Sterling jährlich.) Ein Dreißigstel der Bevölkerung bezieht ein Drittel des National- einkommens. Ein Neuntel der Bevölkerung besitzt fast das ganze Eigentum dcS Königreichs, und ein Zwanzigstel der Bevölkerung besitzt die Hälfte des Grund und Bodens, des beweglichen Kapitals und des aufgehäuften Ncichtnms unseres Landes! Liberale Finanzminister müßten bei der Aufstellung ihrer Etats diese Tat- fachen vor Augen haben. Unsere Steuern sind, wie belgunt, in direkte und indirekte eingeteilt. Diese Einteilung ist Kür for- mal richtig. Im Grunde genommen sind alle Steuern Ein- kommensteuern. Wenn wir nun die verschiedenen Abgaben als Einkommensteuern betrachten, so ergibt sich folgendes Bild: 800 000 Einkommensteuerzahler mit Einnahmen bis 700 Pfund Sterling jährlich zahlen 1 Schilling 6s4 Perne pro Pfund Sterling; 235 000 Einkommensteuerzahler mit Einkommen zwischen 700 und 5000 Pfund Sterling zahlen 1 Schilling 7 Pence pro Pfund Sterling; die großen Massen aber, die etwa 30 Millionen Menschen zählen nüd die scheinbar bon der Einkommensteuer befreit sind, zahlen t Schilling 3 Pence pro Pfund Stetling ihres Einkommens, also Ilm   nur 4 Pence weniger als die Reichsten unseres Landes! Diese Zusammenfassung dürfte das Unvernünftige unserer Steuerpolitik jedem klar machen.... Die dringendste sozialpolitische Aufgabe ist gegenwärtig die Gewährung bon Alterspensionen. Wenn wir den Personen im Alter von 65 Jahren eine Pension gewähren, so würde dies eine Ausgabe von 21 Millionen Pfund Sterling fordern. Diese Summe könnten wir durch eine Umgestaltung unserer Einkommensteuer erhalten. Die oberen 6 Millionen Per- sonen unserer Bevölkerung zahlen nur eine Steuer von 3 Proz. Erhöhen wir diese Steuer auf 5 Proz., so erhalten wir 45 Mil- lionen Pfund Sterling. Aber soviel brauchen wir für unseren Zweck nicht. Man könnte deshalb die untere Schicht der Mittel- klaffe schonen. Nach meinem Plane würde auch ein Millionär nicht mehr als 2 Schilling pro Pfund Sterling zahlen slO Proz.). Die liberale Partei hat für den Freihandel gekämpft, aber der Frei- Handel genügt uns nicht. Wir müssen auch Sozialreformen haben, und diese können wir nur durchführen, wenn wir unsere Steuer- Politik umgestalten." Der Finänzminister Mr. Asquith, der jetzt mit ber Aufstellung des Etats 1907/08 beschäftigt ist, machte dem Redner verschiedene Komplimente, aus denen jedoch hervorgeht, daß der kommende Etat, der am 18. April dem Parlamente vorgelegt werden soll, keine Alterspensionen bringen wird. Man erwartet einen Ueberschutz von etwa 100 Millionen Mark, die wie es heißt zum größten Teil in den Tilgungsfonds der Staatsschulden fließen werden, um den Staatskredit zu befestigen. Jedoch fügte der Finanz- minister hinzu, daß die liberale Regierung wohl noch einige Jahre am Ruder bleiben und Gelegenheit haben werde, an den Plan der Alterspensionen heranzugehen. Vorläufig sei die Befestigung des Staatskredits und die Hebung der Konsolskurse nötig, da das Fallen der Konsols das Ansehen der Regierung beeinträchtige. Finnland  . LandtagSwahlen. Helsingfors  , 28. März.(Eig. Ber.) Bis heute sind Wahlzettel gezählt worden: Sozialdemokraten...... 327 388 Altfenomanen....... 240 899 Jnngfenomanen...... 121 703 Schwedische Volkspartei.... 102 800 Banernbund........ 42 921 Christi. Arbeiterpartei.... 13625 Christi. Wahlvcreinigung... 4 610 Anhänger evangel.-luth. Geistl.. 5 971 Wilde.......... 5 099 Nach den bisher bekannt gewordenen Resultaten rechnet man, daß die Parteien in folgender Stärke in dem im Mai zusammentretenden Landtage vertreten sein werden: Sozialdemokratie.... 81 Sitze Altfenomanen..... 58 Jnngfenomanen..... 26, Schwedische V. P..... 24 0 Bstuernbund...... 9', Christi. Arbeiterpartei... 2 200 Sitze Infolge der Proportionalwahlen erlangt die Sozialdemo- kratie in Finnland   aus dem Landtage die ihrer Starke ent- sprechende Anzahl Sitze. Da die Partei erst auf eine wenig über zehn Jahre zurückreichende Geschichte schauen kann, ist der Erfolg ein um so erfreulicher. Die bürgerlichen Parteien überbieten sich in spöttischen Angriffen auf die Sozialdemokratie: Jetzt könne sie als die größte Partei die Regierung an sich nehmen und zeigen, wieviel von ihren Versprechungen durchführbar wäre... Diebetörten" Arbeiter werden bald den Irrtum einsehen nnd von der Sozialdemokratie abfallen usw. Die Sozialdemokratie wird ja aber auf dem Landtage gar keine absolute Mehrheit haben, sondern die bürger- lichen Parteien werden sich trotz ihrer kleinlichen Zänkereien und Eifersüchteleien in allen wichtigen Fragen gegen die Sozialdemokratie vereinigen. Immerhin dürften wir aber er- leben, daß der Senat, wenn er wider Erivarten im Amte verbleiben sollte, in der Reaktion nunmehr etwas mehr Zurückhaltung üben und wenigstens die Polizeigewalt im Lande einschränken wird. Es wird allerdings davon ge- sprochen, daß der Senat ganz bestimmt zurücktreten wolle, da seine Partei die jungfenomanische unter- legen ist. Die sozialdemokratische Partei hat auf ihrem Parteitage im August 1906 in Uleaborg   beschlossen, nicht in den Senat einzutreten, es sei denn eine Uebergangs-, eine revolutionäre Regierung. Da der jetzige Senat jedoch nicht für eine solche angesehen werden kann, wird die Sozialdemokratie ihm fern zu bleiben haben. Rumänien  . Der Bnurrnanfstanö soll offiziöse Nachrichten melden eS abflauen. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, daß Nach- richten, die aus rumänischen offiziellen oder offiziöse» Quelle» fließen, fast noch weniger zu trauen ist als russischen Regiernngs- Meldungen. An einem Telegramm aus Bnlarest läßt sich jetzt schon beweisen, wie unverschämt die Nachrichten über die jüngsten Vor- gänge in Rumänien   zensuriert worden sind. Wir teilten mit. daß die Soldaten nicht allenthalben Order parierten, sondern sich vielfach den Bauem anschlössen. Die offiziellen Berichte aus Rumänien   wollten davon nichts wissen. Jetzt aber wird eS zugegeben in folgendem Wölfischen Telegramm: Bukarest  , 31. März. Die Lage in der Moldau bessert sich an- dauernd, auch in der Walachei ist eine merkliche Bessernng eingetreten. Die Hauptbanden sind vernichtet; die Rebellen liefern überall, wo Truppen hinkommen, die Führer auS, bitten um Gnade und geben die gestohlenen Gegenstände zurück. Die einberufenen Reservisten, welche fich den Banden anschlössen, kehren zu ihren Regimentern zurück. In den Bezirken von Braila  , Gorj   und Jalomita herrscht Ruhe. Weitere Depeschen melden: Bukarest  , 31. März.(Meldung derAgcnce Roumaine") Ans der Moldau werden Unruhen auS Pntna gemeldet. Aus der Walachei werden mehrfach Plünderungen, Zusammenstöße und BrNndstiftungen gemeldet. In Langa Pahilele sind bei Zusammenstößen eine Anzahl Bauern getötet und verwundet worden. In dem Mittel- punkte der Revolte, in Galicea, sind sämtliche Führer des Auf- standes gefangen genommen worden. Die Gemeinden Hnrczani und Pegeni befinden sich im vollen Aufruhr, Militär ist dort eingetroffen. Die Bezirke VlaSca, Cowurlin und Romanati sind vollkommen ruhig. Zahlreiche Führer sind verhastet worden. Bukarest  , 1. April. DieAgence Roumaine" meldet: Ein neuer Ausbruch des Aufruhrs ist nicht zu verzeichnen. Ueberall herrscht RV�e. Die Präfekten   nehmen dit Beschwerden der Bauem entg>. und erlangen sowohl von feiten der Grundbesitzer wie auch K Pächter weitgehende Konzessionen. In Bukarest   herrschte gestern vollste Ruhe. Bukarest  , 2. April.  (B. H.  ) Wie gerüchtweise verlautet, ge» langte die Polizei zur Kenntnis einer Verschwörung gegen die Dynastie. Zahlteiche Verhaftungen wurden vorgenommen; das königliche Palais sowie alle öffentlichen Gebäude und Staatskassen werden militärisch stark bewacht; alle eintreffenden Fremden wer« den streng registriert»_ Die russische   Revolution. Reichsdnma. Die Agrarfrage. Petersburg, 1. April.  (W. T. B.) Zur Beratung steht die Agrarfrage. Nachdem mehrere Redner der verschiedenen Parteien sich geäußert, schildert K a r a j e f f(Arbeitspartei) die beklageus- werte Lage, in welcher der russische   Bauer, insbesondere im Ver- gleich zu den Bauern in Deutschland  , Frankreich   und Dänemark  , lebe. Der frühere Minister K u t t e r(Kadett) spricht sich zugunsten einer Zwangsenteigmmg des Grundbesitzes mit einer billigen Ent» schädignng aus und widerlegt(1) die Utopien(!) der äußersten Linken, die unter den gegenwärtigen politischen Verhältnisse» unausführbar seien. T> m o v s k y(Pole) besteht auf einer vollständigen Neu- gestaltung des polnischen Regimes vor der Agrarreform, die ins- besondere in Polen   nur durch einen nationalen Landtag eingeführt werden könnte, In der Rednerliste zu diesem Gegenstände sind noch zahlreiche Redner verzeichnet. Ministerpräsident Stolypin   nnd ber Verweser des Landwirtschaftsministeriums, Fürst Wassiltschikow  , wohnten der Beratung bei. Im Laufe der Beratung erklärt Fürst Wassiltschikow, die Regierung sei überzeugt, daß das Elend deS Volkes aufhören werde, nachdem die Landwirtschaft an die Spitze aller wirtschaftlichen Fragen im Staate gestellt worden sein werde.. Das Prinzip des unverletzlichen Grundeigentums werde von der Regierung be- wahrt werden, weil das Grundeigentum die einzige Grundlage fruchtbarer Arbeit des Ackerbaues bilde. Bis zum Abend haben bon den 115 Rednern, die zur Beratung über die Agrarfrage gemeldet sind, 18 gesprochen. Die Duma be- schließt, bis auf weiteres die Montage der Beratung über diesen Gegenstand zu widmen. Morgen beginnt die Budgetbcrainng. Der Finanzminister Kokowzeff wird Erläuterungen über das Budget geben. Das Budget. Petersburg, 2. April. Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung steht die Beratung des Budgets. Zunächst ergreift Finanz- minister Kokowzeff das Wort und gibt bei gespannter Auf- merksamkeit des Hauses mit ruhiger, klarer Stimme Erläuterugcn zu den Einzelheiten des Etats. Der Minister weist darauf hin, daß die Duma noch nicht über die nötige Erfahrung in der budgetären Technik verfüge, aber bei gutem Willen und gegenseitigem Ver- trauen würden die unvermeidlichen Schwierigkeiten überwunden werden. Es sei nur notwendig, daß man das Budget ausschließlich vom rein technischen Standpunkt behandle. Man brauche den Meinungsverschiedenheiten, die sich dabei ergäben, nicht aus dem Wege zu gehen; denn diese bildeten die Grundlage einer fruchtbaren Arbeit, wenn der Zweck dieser Arbeit die von der Regierung wie der Duma einzuhaltende Tendenz sei, die Mittel zu bestimmen, welche man der Exekutivgewalt liefern müsse, damit sie die ihr vom Gesetz auferlegte Aufgabe lösen könne. Eine Prüfung des Budgets werde von den gebieterischen Interessen des Staates dringend ge» fordert. Nicht etwa, so erklärt der Minister, weil es schwierig wäre, ohne die Genehmigung des Budgets Ausgaben zu machen. Die Regierung besitzt alle gesetzlichen Mittel, um dieses Ziel zu' er- reichen, und sie empfindet gegenwärtig keine Schwierigkeiten. Aber die Genehmigung des Budgets ist nötig, weil ein großer Staat. wie unser Vaterland, nicht normal leben kann ohne regelrechtes Budget, das die Lebensbedingung eines jeden Staates ist. Der Minister geht dann zur Prüfung des Budgets für 1907 über und legt dar, daß Mäßigung die Grnndlagi* für die Auf­stellung des Regierungsbudgets gebildet habe. Man werde viel» leicht einwenden, er, der.Minister, habe nicht genügend die be- drängte Lage des Landes berücksichtigt; aber kritisieren sei leicht. Er hoffe, daß die Budgetkommission der Duma der Sache auf den Grund gehen werde; sollte sie dabei Fehler der Regierung fest- stellen, so sei diese bereit, dieselben anzuerkennen. Der Minister stellt einen Vergleich auf zwischen der Sparsamkeit im Privat- leben und der Sparsamkeit des Staates; was bei der privaten Sparsamkeit schwierig sei, das sei auch schwierig bei der st a a t- li ch e n Sparsamkeit. Ruhland könne gewisse Ausgaben nicht herabsetzen, so z. B. die Rückzahlung der Anleihen und andere Aus- gaben wirtschaftlicher Natur, weil sonst auch ein Rückgang der Ein- nahmen eintreten würde. Eine Herabsetzung der Hauptausgaben sei auch nur möglich bei entsprechender Aenderung der Gesetze. Andere Länder haben die Periode durchgemacht, an der Rußland  krankt, man hörte dort dieselben Klagen, man beantragte die Ab- schaffung von Steuern und deren Ersetzung durch andere, welche nur die besitzenden Klassen treffen sollten; aber Versprechen und Erfüllen sei zweierlei; man verspreche, man kritisiere, und der Steuerzahler müsse warten und inzwischen dem Fiskus seine Börse immer weiter öffnen. Der Minister bespricht dann das Extraordinarium und die Staatseinnahmen und bemerkt dabei, die Berechnungen seien mit großer Mäßigung aufgestellt. Der schlimmste Fehler würde der sein, die Einnahmen zu groß in das Budget einzustellen; man könne einmal gewinnen, man könne mehrere Male gewinnen, man dürfe sich aber nicht darauf als auf einen andauernden sicheren Gewinn stützen. Nach großen Bemühungen sei es ihm gelllngen, für 1907 mit den bestehenden Einnahmen auszukommen und die gewöhnlichen Ausgaben aus den bestehenden Steuern zu decken. Das ordentliche Budget balanziere ohne Defizit, und nur das außerordentliche Budget weise ein Defizit auf; das sei aber kein Grund zum Erschrecken. Die ordentlichen Einnahmen dürften nicht regelmäßig zur Deckung der außerordentlichen Ausgaben ver- wendet werden; man solle nicht mit Besorgnis in die Zukunft blicken; jeder Staat habe in gleicher Lage zu Anleihen seine Zu- flucht genommen. Der Minister erinnert an den Ausspruch Thier's, daß kein Defizit vorhanden sei, wenn der Staat zu außer. ordentlichen Ausgaben gezwungen sei. borausgesetzt, daß er eine Anleihe aufnehmen und die Zinsen bezahlen könne. Der Minister führt weiter aus, der Staat kehre zu normalem Leben zurück, wenn das Budget sich den Staatserfordernissen Nnpasse und die Regierung nicht in die Notwendigkeit versetze, ungeheure Ausgaben außer- budgetmäßig zu decken. Die Hoffnung auf schleunige Wiederrehr normalen Lebens werde dann zur Gewißheit. Der Minister fährt fort: Die Unruhen müssen aufhören, die uns« Vaterland zu Boden drücken, nnd es mutz wieder Ruhe ein- treten, damit jeder.weiß, daß er wird ruhig arbeiten und die Früchte seiner Arbeit genießen können. Sie werden dann eine schnelle Wiederherstellung unseres Kredites und unserer Finanzlage sehen. wie sie den Finanzen von rechtswegen gebührt als denen eines großen Landes, das unerschöpfliche Reichtümer und eine Be« völkerung von 150 Millionen besitzt. Der Minister schließt seine AuS- sührungen mit der an die Duma gerichteten Aufforderung, mit der Regierung an der verwickelten Aufgabe der Verbesserung der Finanzen zu arbeiten, nnd richtet an die Dunia die Bitte, die Budgetvorlage unverzüglich an die Budgetkommission zu ver- weisen. Am Schluß seiner Ausführungen erinnert der Minister an die Worte, die der belgische Finanzminister im Jahre 1906 ge- sprochen hat, nämlich, daß die Leitung der Finanzen eines Landes nicht die.Sache dieser oder jener politischen. Partei sein dürfe. (Beifall rechts.) Der frühere Minister Kuttlcr(Kadett) bespricht darauf das Budget in allen seinen Eiizclheitei»; er greift alle RegierungS- departements an und wirft dem Budget Mangel an Klarheit vor. Das Budget weise große Lücken auf.: so sei das DeLartemeut d«