Ber.iftt. Der Verein Set Ledergalanteriearbeiter Niederosterretchs i<',c durch seinen Obmann S t r n a d t vertreten, der Deutsche Buch- binderverband durch Eugen Brückner, der Sattlerverband durch M i nt er und Hackelbusch. Als Vertreter der General. kommission nimmt RobertSchmidtan den Verhandlungen teil. Kie Geschäftsberichte Uder die seit dem vorigen Verbandstage verflossenen 3 Jahre liegen gedruckt vor. Der Bericht des Vorstandes wie der des Kassierers lassen erkennen, daß der Verband sich über Erwarten günstig ent- wickelt hat. Die Zahl der Mitglieder ist von 2374 männlichen und 77 weiblichen auf 3ö20 männliche und 457 weibliche gestiegen. Die Zahl der im Berufe tätigen Personen beträgt ungefähr 5500. Von ihnen sind also nun fast 4000 im Portefeuillerverband organisiert. Außerdem gehören 150 Berufsgenossen dem Buchbinderverband, 100 dem Sattlerverband und 150 der christlichen Gewerkschaft an. Der Portefeuillerverband hatte zu Ostern 1901 nur 9 Zahlstellen, am Schlüsse des Jahres 1903 waren es 25 und am Jahresschluß 1906 30. In den Städten, wo die Portefeuillesindustrie ihren Hauptsitz hat, wie Berlin , Leipzig . Freiberg, Siürnberg, Stuttgart , Offenbach und Umgegend, sind mehr als 90 Prozent der männlichen und 36 Prozent der weiblichen Berufsgenossen organisiert. Als zweckmäßigste Form der Agitation hat sich die Hausagitation be» währt, wie sie namentlich im Offenbacher Jndustriebezirk regel- mäßig zweimal im Jahre betrieben wurde. Der Verbands- Vorsitzende hat im Laufe der Berichtszeit alle Zahlstellen besucht, während der Tarifbcwegung sogar mehrmals. Außerdem wurden tausende von Flugblättern, Agitationsnummern der..Portefeuiller- Zeitung" verbreitet, und u. a. auch eine Flugschrift über die Heim- arbeit. Die Abrechnungen der Zahlstellen ergaben die Bilanzsumme von 158531,86 M. Die auf Grund eines Beschlusies des Ber- bandstages von 1904 und der darauf vorgenommenen Urabstimmung eingeführte Erwerbsloscnunterstützung setzte eine Erhöhung der Verbandsbeiträge für männliche Mitglieder von 20 auf 30 Pf. und für weibliche von 10 auf 15 Pf. voraus. Diese trat am 1. Januar 1905 in Kraft und hat die EntWickelung des Verbandes in keiner Weise gehemmt, vielleicht sogar fördernd gewirkt. Die Unter- ftützungsauszahlung begann im Juli 1905. Seitdem wurde bis zum Jahresschluß 1906 Krankenunterstützung in 625 Fällen für 11674 Tage gezahlt, und zwar 5582,70 M.; Arbeitslosenunter- stützung an 118 Mitglieder für 996 Tage, und zwar 744 M. Reise- Unterstützung wurde an 13 Mitglieder für 121 Tage 90,75 M. gezahlt. Mit dem Verbände der Sattler wurde ein GegenseitigkeitS- vertrag abgeschlossen, der sich auf die Organisationstätigkeit in Betrieben bezieht, wo Mitglieder beider Verbände beschäftigt sind. Ein anderer Gegenseitigkeitsvertrag wurde mit dem Verein der Ledergalanteriearbeiter Niederösterreichs abgeschlossen, der Haupt- sächlich Bestimmungen für zurcisende Mitglieder erhält. Mit dem Deutschen Buchbinderverband wurde ein Kartellvertrag abge- schlössen, der zur Vermeidung von Grenzstreitigkeiten dient. Für die Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen hat der Verband sehr erfolgreich gewirkt. Im Jahre 1904 fanden in 5 Orten Lohnbewegungen statt, die 268 Beteiligten Lohnerhöhungen brachten, die pro Woche 457 M. ausmacht. Das Jahr 1905 war für den Verband«in Kampfjahr, daS in allen matzgebenden Orten der Portefeuillesindustrie zum Abschluß von Tarifverträgen führte, die bis zum 30. Juni 1908 gelten. Dieses Ziel wurde mit Verhältnis- > mäßig geringen Opfern erreicht. Die Ausgaben für die Lohn- bewegungen dieses Jahres beliefen sich auf nur 1088,31 M. Die größte Bewegung war die im Offenbacher Industriegebiet. Sie erstreckte sich auf 192 Betriebe mit rund 2500 Arbeitern, 500 Ar» beiterinnen und 200 Lehrlingen. Die Arbeitszeit wurde hier auf wöchentlich 54 Stunden festgesetzt. Die Lohnerhöhungen, die er- zielt wurden, belaufen sich auf ungefähr 6000 M. pro Woche. Außerdem ist im Offenbacher Industriegebiet eine Vereinbarung zur Regelung des Lehrlingswesens getroffen worden. Im übrigen enthalten die verschiedenen Tarifverträge neben anderen wichtigen Bestimmungen auch solche zum Schutze der Heimarbeiter wie teils auch zur Einschränkung der Heimarbeit. Im Jahre 1906 wurden in 5 Orten Forderungen gestellt, die sich auf 112 Betriebe mit 761 Arbeitern und Arbeiterinnen er- streckten. Diese Lohnbewegungen führten ebenfalls alle zu gutem Erfolg, größtenteils durch friedliche Verhandlungen.— Der gedruckte Bericht wurde von dem Verbandsvorsihenden Weinschild mündlich ergänzt. Der Redner wies zum Schluß darauf hin, daß das Unternehmertum der Portefeuillesindustrie sich nun auch zu einer Kampfesorganisation zusammenschließt und daß die Lohnbewegungen in Zukunft vielleicht weit größere Opfer erfordern werden als bisher. Die Abrechnungen der Verbandskasse über dix Zeit vom 1. Januar 1904 bis zum 31. Dezember 1906 schließen mit der Einnahmensumme von 164 002,38 M. und der AuSgabensumme von 66 091,48 M. Der Bestand ist in der Be» richtSzeit von 33 787.43 M. auf 97 910,90 M. angewachsen.' Für Streikunterstützung im eigenen Beruf wurden 8343,16 M. auS- gegeben, für Unterstützung anderer Gewerkschaften 1420,11 M. Der Kassierer Eisig gab zu dem Kassenbericht verschiedene Erläute- rungen. DaS VerbandSorgan, Sie„Portefeuillcr-Zeitung", erschien am Anfang deS JahreS 1904 iir 2800. am Schlüsse des Jahres 1906 in 4400 Exemplaren. Der Bericht deS Ausschusses läßt erkennen, daß diese Körperschaft nach besten Kräften ihre Aufgaben erfüllt hat. Der Ausschuß gab auch seine Zustimmung zu provisorischer Anstellung eines zloeiten Beamten, die durch Ueberlastung des VerbandSvorsitzenden notwendig wurde und vor- läufig' bis zum gegenwärtigen VerbandStag gelten sollte. Im Januar 1905 nahm der Ausschuß eine Extrarevision der Verbands- lasse vor und fand dabei alles in musterhafter Ordnung. Der Ausschußvorsitzende Heindke berichtete mündlich über einige Differenzen zwischen Ausschuß und Verbandsvorstand.— ' Die Diskussion über die Geschäftsberichte bezog fickj hauptfächlich auf innere Angelegenheiten deS Verbandes. Sie wurde am Montagvormittag beendet. Der Verbandsleitung wurde ein» stimmig Decharge erteilt. Zum zweiten Punkt der Tagesordnung: LcltragS« und UnterstlltzungSfragen» referierte der Verbandskassierer Eisig. GS liegen zu diesem Punkt verschiedene Anträge vor. Die Diskusston zeigte, daß man allgemein mit einer Erhöhung der Verbandsbeiträge«inverstanden ist, was bei den durch die Organisation erzielten Lohnerhöhungen auch selbstverständlich erscheint. Angenommen wurde ein Antrag Leipzig , wonach der Beitrag der männlichen Mitglieder von 30 auf 45 Pf., der der weiblichen von 15 auf 20 Pf. erhöht werden soll. Zu weiterer Prüfung der zu diesem Punkt gestellten Anträge wurde eine Kommission von 5 Mitgliedern gewählt. Im übrigen wurde die Sitzung am Montag durch die Beratung über den Punkt: Tarifgemeinschaft ausgefüllt. Der Referent W c i n f ch t l d wies daraus hin, daß der vorige Verbandstag dem Verbandsvorstand den Auftrag erteilt hatte, die Ärundzilge zu einer Tarisgcmcinschaft auszuarbeiten. Der Auftrag wurde dadurch überholt, daß bereit« im Jahre 1905 in allen maßgebenden Orten tatsächlich Tarisverträae mit den Unternehmern abgeschlossen wurden. Der Redner äußerte sich dann ausführlich über den Wert und die Bedeutung der Tarif- gemeinschaften und erwähnte auch, daß sich die Zwtschenmeister im Offenbacher Industriegebiet ebenfall» organifiert und dem Portefeuillerverband angeschlossen haben, wodurch die Regelung der Lohn, und Arbtitsverhültntsse besser durchgssllhrt Werden konnte, als«S sonst möglich gewesen wäre. Die Festsetzung eines allgemeinen Auordlohntarifs hält der Redner nicht für möglich, so lange He außerordentlich mannigfaltigen Produktionsverhältnisse in der Portefeuillesindustrie bestehen. Der Redner warnte davor, die Zeit der Bertragsdaucr als eine Zeit der Ruhe und deS unge- trübten Friedens anzusehen. Weil die Arbeitgeber nur zu leicht geneigt sind, Tarifbruche zu begehen, müsse nicht nur die Organ,. sationsleitung, sondern auch jedes Mitglied stets und ständig über die Durchführung der Tarifverträge wachen. Auf dem Verbands- tag schon über Verlängerung oder Kündigung der bis Mitte nächsten Jahres geltenden Tarifverträge zu beraten, erklärte der Redner für unzweckmäßig. Besser sei es. den Verbandsvorstand zu beauf- tragen, zu gee,gneter Zeit mit den Vertretern der Tariforte über die Angelegenheit zu beraten. In der Diskussion sprach u. a.. als Vertreter der organisierten Zwischenmeister, Herr Dehn auS Fechenheim . Er bemerkte, daß er, obwohl er anderer politischer Ansicht als die Arbeiterschaft sei. doch nach und nach ein warmer Freund der gewerkschaftlichen Or- ganisation geworden sei. Die Zwischcnmeister müßten sich in ihrer Organisation auf die Arbeiterschaft stützen. Der Redner beklagte es, daß ein großer Teil der Zwischenmeister der Organisation noch fern steht.— Die Dedakke schloß mit der Annahme folgender Re- sclution: „Der Verbandstag beauftragt den Verbandsborstand, die Vorarbeiten für die kommende Tarifbewcgung einzuleiten, zu diesem Zweck zu geeigneter Zeit Sitzungen abzuhalten und aus den in Betracht komnienden Industriezentren Vertreter hinzuzu- ziehen, um möglichst einheitliche Tarifverträge zustm,»'? zu bringen." m In der Sitzung am Dienstag wurde zunächst über die Agitation beraten. Den einleitenden Vortrag hielt Weinschild. Obwohl es mit der Organisation der Berufsgenossen in den Zentren der Portefeuillesindustrie verhältnismäßig sehr gut bestellt»st, hält der Redner eine eifrige unermüdliche Agitationsarbeit für notwendig, die vor allem daraus gerichtet sein muß, die neugewonnenen Mit- glieder dahin zu bringen, daß sie selbständig urteilen können und in den Grundsätzen der Arbeiterbewegung gefestigt dastehen. Dies ist namentlich auch mit Rücksicht auf die christliche Gcgenagiiation notwendig, die in dem Offenbacher Industriegebiet von Kaplänen, Geistlichen, ja von einem extra für die 150 christlich organisierten Portefeuiller angestellten Beamten mit allen Mitteln betrieben wird. Man besucht die frei organisierten Portefeuiller während der Arbeitszeit, sucht sie zu der christlichen Organisation herüber- zuziehen, mißbraucht auch die Kanzel, fordert zum Besuch von Josefs- und Cäcilienvereinen auf. um die Arbeiter und Arbeite- rinnen dort zu bearbeiten. Lüge und Verleumdung, zu einem guten Teil auch Einschüchterung, sollen dazu dienen, dem Porte- seuillerverband Mitglieder abspenstig zu machen. Wenn diese Gegenagitation auch bis jetzt nur sehr wenig Erfolg gehabt hat, so darf sie doch nicht unbeachtet bleiben. ES liegen zu diesem Punkt verschiedene Anträge vor. Der Redner sprach namentlich dafür, daß die„Portefeuiller-Zeitung", soweit es die verfügbaren Mittel zulassen, verbessert und vergrößert werde, daß den weiblichen Mitgliedern die„Gleichheit" unentgelt- lich geliefert, und den Mitgliedern im allgemeine», vor allem aber den Funktionären der Zahlstellen aufklärende Broschüren und Schriften auf Verbandskosten zur Verfügung gestellt werden. Weiter bemerkte der Redner, daß die arbeiterfeindliche Presse durch die Arbeitervresse ersetzt werden muß, was um so mehr notwendig erscheint, als die christlichen Agitatoren mit dem berüchtigten Reichslügenverband in holder Eintracht zusammenwirken und dessen Schwindeleien ebenso gewissenlos wie die politischen Agitatoren überall auftischen. Eine andere Erscheinung, auf die der Redner aufmerksam machte, ist. daß die Unternehmer nun, nach der Lohn- bewegung, versuchen, ihre Arbeit in anderen Gegenden des Reichs, im TaunuS , im Spessart , im Odenwald , im Württembergschen, ja in der Umgegend von Magdeburg herstellen zu lassen. Darum er- scheint es notwendig, daß der Verband dafür sorgt, daß auch hier auskömmliche Löhne gezahlt werden. Außerdem erwähnte der Redner, daß der Portefeuillerverband in einzelnen Städten, wo es wohl möglich wäre, Mitglieder zu gc- Winnen, die Agitation mit Rücksicht darauf unterlassen habe, daß ein, allerdings nur geringer, Teil der ansässigen Berufsgenossen dem Buchbinderverband angehörten. Es liege dem Portefeuiller- verband nichts daran, die 150 im Buchbinderverband organisierten Berufsgenossen etwa zu sich herüberzuziehen, sondern die 300 bis 400 in diesen Städten vorhandenen Unorganisierten zu gewinnen. Daß in dieser Hinsicht die Hindernisse beseitigt werden, dazu müsse auch der demnächst stattfindende BerbandStag der Buchbinder bei- tragen. In der Diskussion wurde diese Frage von mehreren Rednern erörtert. Haupt mann- Berlin hob hervor, daß hier die beiden Verbände in bester Weise zusammenarbeiten. Dagegen be- richtete Schramm- Nürnberg über einige Unzuträglichkeiten, besonder? aus Erlangen . E8 wurde der Wunsch geäußert, daß der Buchbinderverband auS seinem Statut die Zulassung der Porte. feuiller und Ledergalanteriearbeiter streichen und diese dem Porte- seuillerverband überweisen möge. Brückner, der Bertrcter des Buchbinderverbandes, erklärte, daß wenn in Erlangen von Funktionären feines Verbandes der Kartellvertrag nicht innegehalten worden sei, dies dem Verbands- vorstand mitgeteilt werden mußte, dann wäre sicher für Abhülfe gesorgt worden. Wolle ein Mitglied übertreten, so werde ihm sicherlich vom Vorstand deS Buchbinderverbandes kein Widerstand geleistet werden. Die betreffenden Mitglieder aber einfach dem Portefeuillerverband zu überweisen, daS werde wohl auch dann nicht möglich fein, wenn die Streichung des Wortes Portefeuiller vom Buchbtnderverband beschlossen werden sollte. Hier müsse, schon mit Rücksicht auf die von den Mitgliedern erworbenen Unter- stützungsrechte, ihnen die freie Entschließung gewahrt werden. Die Zahl 150 als die der im Buchbinderverband organisierten Porte. feuiller und Ledergalanteriearbeiter sei übrigens viel zu niedrig gegriffen. Seine Organisation stehe unbedingt auf den Stand- punkt der Verständiguna mit dem Portefeuillerverband. Gemein- ameS Handeln fei wohl möglich, wenn auch ein Teil der Porte- eutller dem Buchbtnderverband treu blieben. W e i n f ch i l d erwiderte, daß den Portefeuiller» im Buch- binderverband selbstverständlich da» Recht gelassen werden müsse, bei ihrem Verband zu bleiben. Es handle sich nur darum, daß der Portefeuillerverband nicht gehindert werden solle, die unorgani- sierten Berufsgenossen in jenen Städten zu organisieren. Die Debatte über die Agitation schloß mitfder Annahme folgender Anträge: „Zwecks Aufklärung und um die Agitation bester betreiben zu können, beauftragt der VerbandStag den Berbondsvorstand, den ' Ortsverwaltungen geeignete Broschüren zur Verfügung zu stellen." „Den weiblichen Mitgliedern ist die.Gleichheit" unentgeltlich zu liefern." „Bei Uebertriit auS anderen Gewerkschaften find die dort geleisteten Beiträge anzurechnen." Die beiden letzten Beschlüsse find Ergänzungen de« Statuts. Unsere Stellung zu« Jndnstrievertand war der nächste Punkt der Tagesordnung. Es handelt sich hier hauptsächlich um die Frage einer Verschmelzung mit dem Sattler - verband Wie der Referent W e i n s ch i l d ausführte, hat eS die Entwickelung der ProdukilonSverhältnifle mit sich gebracht, daß die Portefeuiller immer mehr von den Buchbindern entfernt werden, während sie vielfach mit Gattlern in einer und derselben Werkstatt zusammenarbeiten, mit demselben Material und oft auch auf den- lelben Artikel. Die Nntemymer, die Arbeiter beider Berufe be- schöfttgen, sind einheitlich organisiert, die Arbeiter in zweierlei Organisationen getrennt. Der Redner hält eine Verschmelzung der beiden verbände für sehr wünschenswert und auch für praktisch bttrchsührbar. HackelVusch, Vertreter deS Gattlerverfiande». erklärt, daß Vorstand und Ausschuß seine« verbände« sich grundsätzlich mit der Verschmelzung einverstanden erklärt haben. Er äußert den Wunsch, daß der nächste Verbandstag der Portefeuiller zugleich mit dem der Sattler im Jahre ISO« in Köln stattfinden möge, damit dort diese Frage erledigt werden kann, und daß inzwischen die«or- stände beider Verbände beständig mit einander in Verbindung bleibe» und sich über Tarifbewegungen verständigen sollen.— Im weiteren Verlauf der Diskussion äußerten sich die meisten Redner zustimmend zur Verschmelzung, wenngleich noch einige Bedenken dagegen laut wurden. Einstimmig wurde folgende Resolutton angenommen: „Der Verbandstag ist im Prinzip mit der Verschmelzung deS Sattler - und des Portefeuillerverbandes einverstanden und beauf- tragt den Verbandsvorstand und Ausschuß, vor Ableuf der jetzt gülligen Tarifverträge sich mit der Leitung des Sattlerverbandes »n Verbindung zu setzen und Beratungen darüber zu pflegen, wie die Verschmelzung beider Organisationen vor sich gehen soll. Sind die Vorarbeiten so weit gediehen, so hat der Vorstand daS Recht, mit der Leitung des Sattlerverbandes einen gemeinsamen VerbandStag einzuberufen." Sodann wurde über Beitritt zur internationalen Bereinigung der Sattler und vemaudte» Berufsgenossen beraten. Weinschild führte hierzu u. a. aus, daß infolge der deutschen Zollpolitik jetzt mehr Arbeiter statt Waren der Porteftuilles- industrie nach dem Auslande exportiert werden, die dort die einheinischcn Arbeiter anlernen. So hat sich namentlich in Amerike eine große Portefeuillesindustrie entwickelt und den Markt in England erobert; serner werden Portefeuillewaren aus Italien , der Schweiz und anderen Ländern geliefert, ja elbst auS Japan n'ach Deutschland . Aus diesen Gründen hält der Redner eine internationale Verbindung für sehr notwendig. ES war ge- plant, im Anschluß an den Verbandstag eine internattonale Konfcienz der Portefeuiller zu veranstalten, AuS verschiedenen Gründen komte eine solche Konferenz jedoch nicht zustande kommen. Der Redier sprach sich dafür aus. daß der Berbandsvorstand sein möglichstes tun solle, um ständig mit den Organisationen der ausländischm Kollegen in Fühlung zu bleiben. Ferner empfahl der Redtter den Beitritt zur internationalen Vereinigung de, Sattler und verwandten Berufsgenossen. Die! wurde dann vom Verbandstage ein st immig beschlossen. lieber / Stellungnahme zum internationalen Kongreß 1907 hielt Robert Schmidt ein kurzes Referat, in dem er auf die große Bedeutung der internattonalen Kongresse für die Sozialgesetzgebung wie für die internationalen Beziehungen der Völker hinwies und die Beschickung des Kongresses durch einen Delegierten des Verbandes empfahl.— Der VerbandStag beschloß, den jeweiligen Verbandsvorsitzenden als Vertreter der Portefeuiller zum interiiationalen Arbeitcrkongreß zu delegieren. Sollte der Verbandsvorsitzende verhindert sein, so sind der Verbandsvoftiand und Ausschuß verpflichtet, einen geeigneten Kollegen statt seiner zu wählen. Achte ordentliche Geueralversammlnng des Zentralverbaudes der Glasarbeiter und-Arbtiteriunev. 1. Verhandlungstag. Pen zig. 31. März. Bei der Eröffnung wies Gauleiter Britze auf die Machina- tionen der Gegner hin, welche sich nicht gescheut hätten, den zuerst zur Verhandlung bestimmten Saal abzutreiben. Hierauf begrüßt der Hauptvorstand G i r b i g die Anwesenden und zieht ein Resümee zwischen der letzten und der heutigen Gencralversamm- lung, dabei den Wunsch aussprechend, daß die Verhandlung zum Wohle des Verbandes ausschlagen möge. Die Präsenzliste ergibt die Anwesenheit von 104 Delegierten. welche 118 Mandate vertreten. Anwesend ist ferner ein Vertreter deS Fachorgans, U m b r e i t als Vertreter der Generalkommission, ein Vertreter des Ausschusses, sechs Vertreter dcS Vorstandes und ein Vertreter der Preßkommission. Der eingeladene Vertreter des österreichischen Verbandes konnte nicht erscheinen, da derselbe in letzter Minute durch eine drohende große Aussperrung ab« gehalten war. Der Delegierte von Dresden , Reimert, stellt hierauf den Antrag, den Punkt„Verlegung des Sitzes des Verbandes" mit auf die Tagesordnung zu stellen. Der Antrag wird abgelehnt. Hieraus gibt G i r b i g den Bericht des Hauptvorstande». Gestützt auf ein sehr sorgfältig zusammengestelltes Material. weist er zunächst auf das ungerechte, einseitige des bisherigen Wahl- systemS zu den Generalversammlungen hin, bei welchen durchweg oie größeren, leistungsfähigen Zahlstellen benachteiligt wurden. Er erwartet von der Generalversammlung eine Acnderung des bis- herigen Wahlmodus. Auch von Streitigkeiten innerhalb der Ver- waltung sei der Verband nicht verschont geblieben. Es sei von der Berliner Zahlstelle verlangt worden, daß sie im Hauptvorstand einen Vertreter mehr als d,e Zahlstelle Stralau zu entsenden habe. Dieser Streitfall habe auch die Gcneralkommisjion beschäftigt und habe sich lange zum Schaden dcS Verbandes hingezogen. Die Agi- tation fei wesentlich durch die Anstellung von zwei Gauleitern ge- fördert worden, allerdings habe auch die gute Konjunktur das Wachstum des Verbandes gefördert. Die Mitgliederzahl betrug am Anfang des 1. Quartals 1906 7519, am Schluß 19 156, am An- fang des Jahres 1907 11165 und jetzt betrage die Zahl der Mit- glieder ca. 15 000. Aber immer noch sei die Fluktuation eine ziemlich große, dieselbe betrüg allein im letzten Jahre 6215. Es müsse bei der Agitation mehr Wert auf die Erhaltung der gewon- nenen Mitglieder gelegt werden. Ein trübes Bild über die Lage der Glasarbeiter entwirst der Vorstand beim Punkt Agitation. Taufende von Glasarbeitern, die unter den miserabelsten Verhält- ntsscn leben, stehen dem Verband noch kern. Ganze Gebiete mit taufenden Glasarbeitern sind der Organisation noch zu erschließen. Nach der Statistik der Berufsgenosscnschaft gibt es 78 000 Glas- arbcitcr, von denen 15 000 organisiert sind. Auch die christliche Or- ganisation macht verzweifelte Anstrengungen, um unter den GlaS- arbeitern Mitglieder zu gewinnen. Eine ganze Reihe Agitatoren seien tätig, um Anhänger zu werben. Mit der Behörde hat der Verband ebenfalls Schwierigkeiten gehabt. So sind von der Polizei die Mitglieoerlisten der Einzel- Mitglieder verlangt worden und sind Bestrafungen wegen Nicht- einreichung erfolgt. Größere Streiks sind geführt in Fürth mit 103012 M. Unkosten und einer in Grüneplan, der 52 581 M. kostete. Das Ergebnis des ersteren waren wesentliche Lohnerhöhungen und Ver- kürzung der Arbeitszeit. Der Streik in Grüneplan verlief ergeb- nislo«. Beteiligt war der Verband bei 8 größeren Lohnkämpfen. Der Redner geht dann eingehend auf die bei den Streiks gemachten Fehler ein. Vorbedingung für eine erfolgreiche Lohnbewegung fei eine gute Organisation. Der Grundsatz:„Erst organisieren, dann streiken" müsse mehr berücksichtigt werden. Das Verhältnis zur Generalkommission ist das alte. Vertreten war der Verband auf dem Kölner Gewerkschaftskongreß, dem Verbandstag in Wien . Ein Gegenseiiigkeitsvcrtrag ist mit dem österreichischen Glasarbeiter- verband abgeschlossen worden. Der Kassierer Haman gibt den Kassenbericht und entwirft ein günstiges Bild über die Entwickelung de»«er- bandeö, dessen Sinnahmen 447 573,83 M. und Ausgaben 411 817,84 Mark betrugen. Am 31. Dezember betrug der Vermögensbestand 25 256.04 M. Nach dem Kassenbericht erfolgte Schluß der Sitzung. 2. Verhandlungstag. Müller gibt den Bericht des Ausschüsse». Er streift das ein« ganz« Zeit bestehende, unerquicklich« Verhältnis zwischen Berlin und Stralau. Der Aueschuh habe viel zu wenig Machtbefugnis, sonst hätte der schädigende Streit diel früher be- scitigt werden können.
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