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Nr. 78 24. Jahrgang. 1. KilM des Jotmiitls" Kerl« �olMIntt. Donnerstag. 4. April 1907. Und schon wieder ein Seilbruch. Essen o. Ruhr . 3. April. Auf ZechePreußen I" (jt Harpen gehörig) befuhren heute früh beim Schichtwechsel stben Bergleute verbotswidrig den Brandschncht. wobei das Seil riß und der Förderkorb mit den Leute» in die Tiefe kürzte. Bier Mann waren sofort tot, die drei anderen sind nach kurzer Zeit ihren Berufungen erlegen. Wiederum sieden Leichen! * Seilbrüche und Fangvorrichtungen. Kin Fachmann schreibt uns: Merkwürdigerweise verlautet bei den Erörterungen über die Aavstrophe auf der Gcrhardgrube gar nichts über die Fang vo:richtung, die natürlich auch versagt hat. Verdient diese Schutzvorrichtung so wenig Beachtung? Hört man sonst die Herren vom Bergbau, oder liest man in fachtechnischen Zeit sckriften, dann stößt man stets auf die Behauptung, die gebrauch lihe moderne Fangvorrichtung gewähre absolute Sicherheit, bei Teilbrüchen sei der Absturz der Förderschale fast unmöglich. Auf der Gerhardgrube ist sie trotzdem in die Tiefe gestürzt. Line absolut sicher wirkende, d. h. den Absturz der Förderschale un- bedingt verhütende Fangvorrichtung gibt es bis heute noch nicht. Das ist eine Wahrheit, über die man sich klar sein mutz. Um so mehr, als. die Gefahr des Absturzes durch das gewaltige Fort schreiten des Bergbaues nicht geringer, sondern größer geworden ist. Besaßen vor etwa Jahren die Schächte eine durchschnitt liehe Tiefe von 400 600 Metern, so ist heute eine solche von 1000 und mehr Metern erreicht. Die Förderseile haben dadurch an Eigengewicht gewonnen und die Lasten sind gewachsen. Hatte man früher Förderkörbe, mit denen etwa 1 Tonne 20 Zentner Kohle zutage gefördert wurden, so hat man heute Förderkörbe von drei und vier Etagen, mit denen drei, vier und mehr Tonnen zugleich gehoben werden. Man hat Schächte, wo in zwei Touren ein Waggon Kohlen zutage gebracht wird. Zum Schutze der Arbeiterleben hat die Bergbehörde besondere Bestimmungen über die Stärke und Tragfähigkeit der Förderseile erlassen, sie muß das Mehrfache der zu hebenden Last betragen. In bestimmten Zwischenräumen wird durch Zerreitzmaschinen eine Probe auf die Haltbarkeit des Seiles vorgenommen. Das einzelne Drähtchen des SeilcS mutz eine Belastung erleiden können, die wenn wir nicht irren mindestens einer.Tragfähigkeit von 7 Zentnern gleichkommt. Aber mit den Zerreißproben ist es oft eine recht eigene Sache, ähnlich wie mit dem Nachsehen des Förder- feiles durch einen Beamten vor jeder Menschenförderung. Wie es heißt, hat es damit auf der Gerhardgrube stark gehapert. Häufig wird gar nicht nachgesehen. Und wenn nachgesehen wird, meistens in einer Weise, daß es wirklich ein Wunder wäre, wenn der Beamte einen Fehler am Förderseil bemerken würde. Meistens aber hält sich der Beamte auf der Hängebank auf, mehrere Meter vom Seil entfernt. Eine solche Konträve ist wertlos. Sie geschieht nur, um sagen zu können, das Seil ist auf Fehler nachgesehen worden. Passiert dann etwas, dann wird von einem unerklärlichen Zufall geredet. Die Fangvorrichtung ist eine mechanische Vorrichtung an der Förderschale, dazu bestimmt, im Falle des Seilbruches die Förder- schale vor dem Sturz in die Tiefe zu bewahren. Es haben sich schon unzählige Erfinder mit dem Problem einer sicheren Fang Vorrichtung befaßt. ES gibt bereits eine ganze Reihe Systeme; wir nennen: Calow, Lohmann, White u. Grant, Fontaine, Münzner usw. Einige Erfindungen der jüngeren Zeit stellen kaum Verbesserungen dar. jedenfalls gewährleistet noch keine einzige absolute Sicherheit.... Der Förderkorb läuft in einer Führung von Spurlatten aus bestem Eichenholz. Neben diesen Spurlatten befindet sich am Förderkorbe der Mechanismus, Räder oder Exzentriks mit Zähnen, Klauen oder<wie bei Münzner) scharfen Messern versehen. Hängt der Korb am Förderseil, hält dieses durch eine äußerst starke Feder die Räder oder Exzentriks von den Spurlatten fern. Voll zieht sich aber ein Seilbruch, dann wird die Feder straff und drückt die Fänger(die genannten Räder und Exzentriks) an und in die Spurlatten. Theoretisch hat der Korb noch einige Meter zu gleiten und dann, völlig festgeklemmt, zu halten. In der Regel saust aber, wie schon gesagt, der Korb in die Tiefe. Es ist ja richtig, bei Versuchen, die über Tage an- gestellt werden, funktioniert die Fangvorrichtung immer, auch wenn der Korb noch schwer belastet wird. Aber im viele Hundert bis 1000 und mehr Meter tiefen Förderschacht spielen Umstände ver- schiedener Art mit. die nicht außer Rechnung bleiben dürfen. Es kommt vor, daß in nassen Schächten die eichenen Spurlatten hart wie Eisen werden und die Klauen und Zähne an ihnen abgleiten. ES kommt ferner vor, daß die Spurlatten beinahe morsch sind, die Klauen und Zähne beim Zuschlagen sich voll Spähne setzen und darum nicht halten können. In manchen Fällen wird die Ursache des Versagens der Fangvorrichtung wohl darin liegen. daß die Spannfeder und der ganze Mechanismus lahm gc- worden ist. Andere wohl kaum zur Anwendung gebrachte Systeme bestehen darin, daß beim Seilbruch Fangarme oder Fanghörner seitswärts auf die Schachtzimmerung schlagen, und damit eine plötzliche Hemmung herbeiführen. Da hierbei aber der Aufstoß mit furcht. barer Wucht erfolgen muß, wird ein Schachtbruch mit ziemlicher Sicherheit erfolgen, und etwa auf dem Korbe befindliche Menschen sind verloren. Man hat nun versucht, durch Anbringung von Gummipuffern oder Seegraspolsterungen usw. die Stoßkraft der Fanghörner ab- zuschwächen; alles wieder ganz nett in der Theorie, aber für die Praxis völlig unbrauchbar. Mehr Beachtung schon verdient ein anderes System. Reißt das Seil, dann werden selbsttätig durch einen Hebel eiserne Keile, mit dem dicken Ende nach unten, zwischen Spurlatten und Förder- korb geschoben. Anwendung findet dieses System wohl nur in vereinzelten Fällen. Am ineisten verbreitet dürfte das System Münzner fein. Alles in allem: auf die Erfindung einer sicher wirkenden Fangvorrichtung sollte noch mehr Gewicht gelegt werden als bisher. ES ist beschämend für die Technik, daß sie im Zeitalter der Elektrizität auf dem genannten Gebiete noch beinahe hülflos herumtappt. So viel steht fest: die beste Sicherung ist und bleibt auch in Zukunft ein gutes Förderseil und besten tägliche, vorsichtige Revision. Hoffentlich dient das Unglück auf der Gerhardgrube als ernste Warnung. 13 Parteitag der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Hollands . Haarlem . 1. April. In der heutigen Abcndsitzung tritt mehr noch als es in der Nachmittagfitzuna bereits geschah, in der Debatte über die Taktik- frage der Wunsch der Delegierten stark hervor, die Einheit der Partei über alles zu stellen und das Zusammenwirken der beiden Richtungen zu ennöglichen. Die beiden Referenten über die Taktik, die Genossen G orter und Troelstra, sehen zur Abkürzung der Debatte von weiteren Ausführungen ab. Genossin Frau H. R o l a n d- H o I st, die das Schlußwort erhält, weist auf die theoretischen Differenzen zwischen der marxistischen Gruppe und den leitenden Parteiorganen hin und verteidigt die erstere gegen den Vorwurf Troelstras, daß sie dem Anarchismus zutreibe. Unter langanhaltendem Beifall des Parteitages erklärte Genossin R o l a n d- H o l st, dieNieuwe Tid"- Gruppe wolle wieder an der Parteiarbeit teilnehmen. Sie mache die Zurücknahme der Utrechter Resolution nicht zur Bedingung. Sie wolle auch ihrerseits die an ihr geübte Kritik näher erwägen, vor allem den Zeitpunkt künftig vorsichtig wählen, zu dem sie event. Kritik an den Taten der leitenden Organe übe. Dies werde sie tun zur Beförderung der Parteieinheit, in dem Bewußtsein, daß alle zusammengehören. Es werde ihr Bestreben sein, das Zusammenbleiben auch für die Zukunft zu ernröglichen. Aber sie fordere auch voll- kommene Freiheit der Kritik. Im vollen Vertrauen zuin Parteitage wolle sie sich bei dessen Beschluß beruhigen. Sie wisse, daß die marxistische Richtung noch nicht die Mehrheit in Holland haben könne, aber sie müsse sich als gleichberechtigt mit der anderen Gruppe fühlen können. Daraus wurde mit 226 Stimmen gegen 11 bei 14 Enthaltungen folgende Resolution der Abteilung Amsterdam V und anderer Amsterdamer und Rotterdamer Abteilungen angenommen, nachdem auch der Parteivorstand, die Kammerfraktion und dieHet Volk"- Redaltion erklärt hatten, daß sie ihr zustimmen könnten: Der Kongreß weist, nachdem er die Debatten über die Be- schuldigungen gehört hat, die einige Parteigenossen gegen die leitenden Organe und gegen die Mehrheit der Partei erhoben haben wegen Abweichens von der richtigen Taktik im Kampfe gegen die Bourgeoisie, diese Beschuldigungen zurück in der Erwägung, daß diejenigen, die sie ausgesprochen haben, den Beweis dafür nicht erbringen konnten. Er erklärt die Teilung der Partei in zwei Gruppen, von denen die eine die richtige Einsicht und Taktik haben, die andere nach der bürgerlichen Seite abirren soll, für ungerechtfertigt, spricht sein volles Vertrauen den Organen der Partei aus und billigt die bis heute befolgte Taktik. Zum Schluß appelliert der Kongreß an das sozialdemokratische Bewußtsein aller Parteigenossen' und fordert sie aus, kameradschaftlich und im gegenseitigen Vertrauen zusammenzuwirken im allgemeinen Kampf gegen den Kapitalismus. Ferner tvurde einstiminig folgender Antrag Lehden, amendiert durch den Parteivorstand, angenomnien: Der Kongreß erklärt mit Rücksicht auf die verschiedenen Aus- legungen der im vorigen Jahre in bczug auf die Differenzen innerhalb der Partei gefaßten Resolution, daß dieser Beschluß die Freiheit der Kritik innerhalb der Partei nicht einschränkt und also jeder Parteigenosse das vollste Recht hat, sich gegen das zu wenden, was er als eine Abweichung von unseren Prinizipicn ansieht. Der Kongreß verlangt jedoch, daß bei jeder solchen Kritik alle unnötige Schärfe und Bitterkeit vermieden und die Interessen der Partei vor allem im Auge behalten werden. Die Annahme dieser Resolutionen wurde vom Parteitag' mit Beifall begrüßt und erzeugte für einen Augenblick eine gehobene Stimmung unter den Anwesenden, die jedoch sofort in eine gewisse Niedergeschlagenheit umschlug, als Genosse S ch a p e r nun derNieuwe Tid-Gruppe" und speziell dem Genosseir van der Goes den Wunsch aussprach, daß sie nun die Broschüre nicht publizieren sollten, die eine Antwort auf die des Genossen Troelstra sein soll.. Die Broschüre Troelstras erschien kurz vor dem letztjährigen Utrechter Partei- tage und hat die Differenzen innerhalb der Partei eigentlich zu ihrem jetzigen Grade gesteigert. Genosse van der Goes er- klärte, daß er diesen Wunsch aus eigenem Entschluß nicht zu erfüllen berechtigt fei, da die Broschüre eine Verteidigung mehrerer Genossen eaen Troelstras Anschuldigungen fei und gegenüber dem nun einmal estehenden Parteidokumente eine Richtigstellung notwendig sei, da dieses Dokument verschiedene starke Unrichtigkeiten enthalte. Erst nach U'/a Uhr abends vertagte sich der Parteitag auf Dienstag voanittag._ X. Darieitag der Dolmschen Sosialistischtn Partei in Dentschland. In dem schön dekorierten Saale des GewerkschaftShauseS in Zabrze wurde am Sonntag, den 31. März, der Parteitag der Polnischen Sozialistischen Partei vom Vorstandsmitgliede Genossen A d a m e k eröffnet. Der Redner begrüßte die anwesenden Delegierten und sonstigen Teilnehmer in warmen Worten und gedachte zum Schluß ehrend des leider zu früh verstorbenen Genosten M o r a w s k i. Ins Bureau wurden die Genossen BiniSzkiewicz- und Mierzkowski- Kattowitz , W e y ch t a- Britz und R h c m a n n Zabrze gewählt. Genosse TrabalSki gab den Bericht über den Stand der Be wegung und besprach eingehend die schweren Kämpfe, die die Partei mit den Nationalpolen auszufechten hatte. Nach der Mittagspause gab die Mandatsprüfungskommission bekannt, daß 15 Delegierte mit gültigen Mandaten erschienen sind Außerdem nahmen noch an den Beratungen fünf Vorstands-, sechs KontrollkommissionS- und zwei Preßkommissionsmitglieder teil. Genosse BiniSzkiewicz, der den Bericht über den Kassen- tand gab, erhob heftige Borwürfe gegen die örtlichen Organi äiionen, die ihrer Pflicht der Partei gegenüber nicht voll und ganz nachgekommen seien. Er hoffe, daß das in Zukunft besser werde. Im großen und ganzen könne man jedoch der Zukunft ruhig entgegensehen, da das Parteiorgan, dieGazeta Robotnicza", in den letzten drei Monaten bereits 500 neue Abonnenten gewonnen habe. Ziotkiewicz- Berlin bestritt, daß die Berliner Organisation ihrer Pflicht nicht nachgekommen sei. Die örtliche Agitation ver- chlang beinahe die ganzen Gelder. Im letzten halben Jahre wurden in Berlin allein acht Versammlungen abgehalten. C e p e r n i k und D a n i s z klagten über die traurigen Ver- hältniste in Oberschlesien , die eine wirksamere Agitation fast un- möglich inachen. Die Genossen in den Großstädten hätten dagegen mehr leisten können. Scholthsek als Vorstandsmitglied verteidigte die Tätigkeit des Vorstandes und schob die langsame EntWickelung der Bewegung hauptsächlich auf den trägen Geist der oberschlesischen Arbeiter. R u ß- Königshütte bedauerte, daß in Posen, wo doch die beste Organisation sein müßte, die Genossen ihre Arbeit vernachlässigten, 'tatt energisch unter den Polen zu agitieren. S o s n a, Vorstandsmitglied, bedauerte, daß das im vorigen Jahre angenommene Einigungsprotokoll erst ein halbes Jahr später realisiert wurde. Ziotkiewicz forderte, daß der Vorstandsbcricht in Zukunft mindestens 14 Tage vor dem Parteitage im Parteiorgan vcröffent- licht werde. Darauf wurde folgende Resolution angenommen: In Erwägung, daß die Organisation der polnischen sozialisti- schen Bewegung in den deutschen Gegenden, die von polnischen Arbeitermassen bewohnt sind, nur schwache oder gar keine Fort- schritte macht, da es an geeigneten Organisatoren zur Einleitung dieser Bewegung mangelt, ersucht der X. Parteitag der Polnischen Sozialistischen Partei den Parteivorstand, geeignete Schritte zu unternehmen, um die Vorstände der deutschen Wahlvereine aufzufordern, ihre polnischen Mitglieder zu veranlassen, eine energische Agitationstätigkeit unter den polnischen Arbeitermasten einzuleiten und sie i n polnische Sektionen zu organisieren. Der Parteitag ist überzeugt, daß die Befolgung dieses Schrittes sowohl für die polnilche Organisation als auch für die allgemeine sozialdemokratische Bewegung nutzbringend sein wird." Dann wurde die Beratung auf den folgenden Tag vertagt. Zweiter Tag. Der Vorsitzende eröffnete die Verhandlung mit der Verlesung eines Begrüßungsschreibens der P. P. S.(revolutionäre Fraktion). Der linke Flügel der P. P. S. hatte schon am ersten Beratungstage durch seinen Delegierten, den Genossen Haase, dem Parteitage seine Glückwünsche ausgesprochen. UeberUnsere Taktik" referierte Genosse Biniszkie« w i c z. Er schilderte unter Anführung überzeugender Beispiele, unter welch schwierigen Verhältnissen die Partei zu kämpfen hat. Der Redner empfahl zum Schluß die Resolution, die der Partei- vorstand dein Parteitag zur Annahme vorgelegt hat. Es folgte eine rege Diskussion, die schließlich zu dem Resultat führte, daß die Resolution des Vorstandes mit einigen Aenderungen angenommen wurde. Die Resolution lautet: Auf dem Wege zur Verwirklichung unserer Bestrebungen, unseres Endzieles, niedergelegt im Programm der Polnischen Sozialistischen Partei , der vollen wirtschaftlichen und politischen Befreiung der Arbeiterklasse, finden wir verschiedenerlei Hinder» niste vor, zu denen wir ganz bestimmte Stellmrg einnehmen müssen, um sie um so nachdrücklicher bekämpfen zu können. Eins dieser Hemmnisse ist die Germanisationspolitik der preußischen Regierung, die Politik der nationalen Bedrückung des polnischen Volkes in Preußisch-Polen unter Anwendung von Aus« nahmcgcsctzen. In Erwägung, daß diese Politik in erster Linie die polnische Arbeiterschaft berührt, für deren interessen- und zielbewußten Teil die Polnische Sozialistische Partei die politische Organisation ist; in weiterer Erwägung, daß die Politik der nationalen Be- drückung unseres sozialistischen Weltanschauung widerspricht, denn alle Völker haben das gleiche Selbstbestimmungsrecht, und daß diese nationale Bedrückung die polnische Arbeiterschaft in die Arme des Nationalismus treibt, der das Bestehen der Klassengegensätze leugnet, und in die Arme des Klerikalismus, der allen Fortschritt hemmt; in Erwägung schließlich, daß die Klasseninteressen der pol- nischen Arbeiterschaft die größtmöglichste Garantie der allseitigen kulturellen Entwickelung der polnischen Nation erfordern, wozu die volle Berücksichtigung der Sprache der örtlichen Bevölkerung in allen sozialen, öffentlich-rechtlichen und vor allem staatlichen In- stitutione» nötig ist, erklärt der Parteitag: Gegen diese Regierungspolitik der nationalen Bedrückung werden wir mit allen gesetzlichen Mitteln kämpfen. Wer werden diesen Kämpf nicht eher abbrechen, als bis alle politischen In- stitutionen demokratisiert, die bürgerlichen Freiheiten garantiert, polnisches Schulwesen, polnische Gerichtsbarkeit und polnische Be- amte uns gesichert sind. Die Germanisationspolitik der Regierung hat den Polittkern der polnischen besitzenden Klassen, die sich an die Spitze der nationalen Bewegung gestellt haben, ermöglicht, gegen die Re- gierung eine scheinbar oppositionelle Stellung einzunehmen, und bat auf diese Weise zur Schaffung einer Situation beigetragen, die diesen Politikern unter Zuhülfcnahme von radikalen Phrasen ermöglicht hat. breitere Massen der polnischen Arbeiterschaft vom Wesen des Klassenkampfes abzulenken. Die antipolnische Politik der Regierung hat denselben Poli- tikcrn ermöglicht, die polnische Arbeiterschaft für ihre eigenen Ziele, die den Zielen und Bestrebungen der Arbeiterschaft feindlich sind, einzufangcn. Die Tätigkeit der Abgeordneten der polnischen Fraktion im öffentlichen Leben, in, Reichstag und im preußischen Landtag liefert uns unzweifelhafte Beweise, daß sie in Wirklichkeit nur die Interessen der polnischen besitzenden Klasse vertreten, daß die pol- nische Arbeiterschaft weder von diesen Abgeordneten, noch von der Bewegung, deren Vertreter sie sind, eine Verteidigung ihrer Klasjeninteressen zu erwarte» hat denn wenn die National- polen zeitweise scheinbar im Juteresse des Volkes auftreten, geben sie wohl darauf acht, daß ihre eigenen Interessen dabei nicht leiden, daß ihre eigenen Interessen dabei gewinnen I Der Parteitag stellt nachdrücklich fest: daß die Befreiung der polnischen Arbeiterschaft aus der Wirt- schaftlichen und politischen Bedrückung nur ihr eigenes Werk sein wird, nur erreicht werden kann durch die Verstärkung ihrer Klaffen- orgaiiisation, der Polnischen Sozialistischen Partei . AuS allen diesen Gründen fordert der Parteitag alle Genossen auf, auf Schritt und Tritt die heuchlerischenationale" Politik der polnischen besitzenden Klasse zu entlarven, ständig darauf hinzu- weisen, daß sie mit den Interessen der polnischen Arbeiterschaft nichts Gemeinsames hat, und das Bewußtsein zu verbreiten, daß dieBefreiung der Arbeiter nur das Werk der Arbeiter selbst sein wird". Dann folgte die Beratung über den Punkt: Aenderung des O r g a n i s a t i o n s st a t u t s. Genosse Adamek als Referent teilte dem Parteitag mit, daß nach der vollzogenen Einigung zwischen der P. P. S. und der Partei der deutschen Sozialdemokratie" eine Aenderung des Statuts notwendig sei. Die Vorschläge des Parteivorstandes wurden angenommen. Zum Punkte Presse brachten verschiedene schlesische Genossen den Wunsch zum Ausdruck, daß das Parteiorgan in verständlicherer Weise redigiert werden möge. Es folgte die Vorstandswahl, in der die Genossen Adamek, BiniSzkiewicz, Mieczkowski, Scholtysek und T r a- balski die meisten Stimmen auf sich vereinigten. In die Kontrollkommission wurden die Genossen Ca Spart, Cepernik, Ruß aus Oberschlcsien, PiskorSki- Bremen und Rybicki-Berlin gewählt. In die Preßkonimission kamen: Gen. R h c m a n n und Kunze aus Zabrze . Der Vorsitzende schloß daraus die Versammlung mit einer An- spräche._ Huö der Partei. Borbereitiingen zur Maifeier. Das Gesuch der Genoffen von Magdeburg um Genehmigung eines Umzuges am 1. Mai ist auch in diesem Jahre vom Polizei- Präsidenten abgewiesen worden im Interesse deröffentlichen Ordnung und Sicherheit"! ' Das Agitation skomitäe für den Bezirk Frank- f u r t a. M. bringt den Genossen folgenden Beschluß in Erinnerung: Um die Maifeier im Agitatiousbezirke Franlfurt a. M. ein- hestlicher und eindrucksvoller zu gestalten, beschließt die Bezirks- konferenz, daß Maifeierversammluugen am 1. Mai überall dort stattzufinden haben, wo nicht besondere Unistände deren Abhaltung verhindern. Nur in Orten, wo die übergroße Mehrheit der Genossen. durch ihr Arbeitsverhältnis gezwungen, in der Woche abwesend ist, dürfen Maifeiern am ersten Sonntag des Monats Mai abgehalten werden. Zu Maifeiern, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, ent- sendet das Agitationskomitee keine Redner mehr. WahlkrciSkonfcrenzen. Am Sonntag, den 24. März, fand im Reinickeschen Lokale in Finsterwalde eine außerordentliche Kreiskonferenz des Wahl- lreises Calau - Luckau statt. Den Bericht des Zentral- Vorstandes gab in knappen Zügen der Vorsitzende. Der vom KreiS- kassierer Genossen Förster erstattete Kastenbericht über die Wahl wies eine Ausgabe von 1923,80 M. auf; zu dieser Summe hat die zentralkasse des Kreises 622,59 M. beigetragen; 1301,21 M. sind durch Sammlungen aufgebracht worden, während die restlichen 3000 M. von der Proviuzorgaiiisatton zugeschossen worden sind. Ein zu dem ersten Punkt vorliegender Antrag des Zentralvorstgrdes,