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Nr. 84. 24. Jahrgang.

Reichstag .

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Dounerstag, 11. April 1907.

25. Sigung bom Mittwoch, den 10. April 1907, nachmittags 2 Uhr.

Am Bundesratstische: Graf v. Posadowsty, Freiherr v. Stengel.

Präsident Graf Stolberg: Ich erkläre die Sitzung für eröffnet. Meine Herren, wir haben schmerzliche Verluste erlitten: Am 25. März dieses Jahres verschied der Abg. Prinz v. Arenberg, der dem Hause seit 17 Jahren ununterbrochen angehörte, und zwar für den ersten Wahlkreis des Regierungsbezirks Aachen . Heute früh verschied unser langjähriger Kollege Auer; er gehörte dem Reichstag an während der dritten Legislaturperiode 1877/78 für den 22. Wahlkreis des Königreichs Sachsen, ferner für die vierte Legislaturperiode und dann von 1890 ab für den 17. Wahlkreis des Königreichs Sachsen. Sie haben sich zu Ehren der Verstorbenen von den Plätzen erhoben; ich stelle das fest.

Auf der Tagesordnung steht die erste und eventuell zweite Be­ratung betreffend den Gebührentarif für den Kaiser Wilhelm- Kanal. Die Ermächtigung zur Festsetzung dieser Gebühren ist dem Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrat überlassen, und zwar bis zum 30. September 1907. Die verbündeten Regierungen schlagen vor, diese Ermächtigung auf fünf Jahre zu verlängern.

geordnete heranzutreten; wir wehren uns dagegen, daß dieses Ver­fahren auch auf das Reich ausgedehnt wird. Die oft staatlich unterstützten Beamtenkonsumvereine machen dem hartbedrängten Mittelstande das Leben schwer. Ueberhaupt ist Förderung des Mittel standes die beste Sozialpolitik.

Abg. Lehemeir( 8.) wünscht, daß die Segnungen der Alters­versicherung den Versicherten nicht erst am Rande des Grabes zuteil werden, sondern бав die Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre herabgesezt werde. Gegen den Hausierhandel muß ich mich ganz entschieden aussprechen als gegen den Krebs­schaden des ansässigen Handels.( Bravo 1) Hierauf vertagt sich das Haus.

Abg. Brütt( ft.) macht auf die Bedeutung der Massage für die Therapie aufmerksam.

Der Titel wird genehmigt, die Petition wird der Regierung zur Berüdsichtigung überwiesen.

Die Weiterberatung wird auf Donnerstag vertagt. Schluß 5% Uhr.

Parlamentarisches.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hielt gestern ihre erste Sigung nach den Osterferien ab. Genosse Singer gedachte zunächst Nächste Sizung: Donnerstag 1 Uhr. Tagesordnung: Fortsetzung in warmen Worten unseres unvergeßlichen Ignaz Auer und würdigte der heutigen Beratung. Schluß 534 Uhr.

Abgeordnetenbaus.

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40. Sigung. Mittwoch, den 10. April, mittags 12 Uhr. Am Ministertisch: Dr. v. Studt.

storbenen Abgeordneten Prinzen Arenberg( 3.) durch Er­Das Haus ehrt das Andenken des seit der letzten Sigung ber= heben von den Pläzen.

Abg. Dr. Gördk( natl.) bittet, bei der bevorstehenden Ver­Die zweite Beratung des Kultusetats wird fortgesetzt breiterung des Kanals den Tarif möglichst ungeändert zu lassen. beim Kapitel Universitäten. Auch sei es vielleicht richtig, die Verwaltung des Kanals der Marine- Lehrstühle für Sozialrecht an einzelnen Universitäten zu schaffen. Abg. Trimborn( 3.): Ich möchte hier anregen, einige besondere Abg. Dr. Leonhart( frf. Vp.): Ich möchte zu erwägen geben, ob Es gibt hochgelehrte tüchtige Anwälte, die von den sozialen Ver­nicht die erhöhten Gebühren in der Zeit vom Oktober bis März ficherungsgesehen keine blasse Ahnung haben. fallen gelassen werden könnten. Auch der Fährbetrieb sollte umsonst werde schon eingehend in den Vorlesungen behandelt. Trotzdem Geheimrat Elster erwidert, die Materie des Sozialrechts fein. Ferner wäre es im Interesse des Handels angebracht, das sollten die Anregungen des Vorrebners in Erwägung gezogen staatliche Schleppmonopol abzuschaffen.( Beifall bei den Freifinnigen.) werden. Graf v. Posadowsky: Der Fährbetrieb toftet jetzt schon dem Reiche jährlich 370 000 m., er fann also nicht noch billiger werden. Abg. v. Arnim( t.) bespricht die Frage der Behandlung aus Das staatliche Monopol für die Schleppschiffahrt wird um so not- ländischer Studenten. Auffällig sei, daß etwa 4 sämtlicher zum wendiger sein, je größer der Verkehr auf dem Kanal wird. Der nicht auf die Vorgänge in Jena und Leipzig eingehen, wo russische Studium zugelassenen Ausländer in Berlin studiere. Er wolle Anregung, die Kanalverwaltung dem Marineamt zu übergeben, würde Studenten Schlepperdienste für die Sozialdemokratie geleistet ich bei dem großen Umfange meines Ressorts gern Folge geben; hätten, meine aber doch, daß man den russischen Studenten gegen doch erscheint es mir zweifelhaft, ob die Handelsinteressen dabei ge- über schärfer vorgehen müsse! Man solle vor allen Dingen die Aus­Abg. Dr. Kirsch( 3.) bittet um Aufklärung über die bevorstehende länder auf einen späteren Annahmetermin verweisen und sie Kanalerweiterung.

wahrt blieben.

Abg. Dr. Hahn( B. d. 2.) befürwortet die Vorlage. Graf v. Posadowsky: Die einzelnen vorgebrachten Beschwerden wurzeln zum Teil in den technischen Verhältnissen des Kanals, die zurzeit unabänderlich sind. Mit der Erweiterung des Kanals werden viele dieser Klagen verschwinden; doch ist für dieses Projekt ein Zeitraum von acht Jahren erforderlich.

Damit schließt die erste Beratung.

angenommen.

In der zweiten Beratung wird der Gesetzentwurf debattelos Es folgt die zweite Beratung des Etats. Sie beginnt beim Etat des Reichamts des Junern,

nur zulassen, wenn noch Pläge frei feien!

Kultusminister Dr. v. Studt: Ich bin mit dem Vorredner einig in der Würdigung der Bedeutung der Ausländerfrage. Die Frage muß aber auch vom internationalen Standpunkt aus be­trachtet werden, und daraus ergeben sich doch einige Modalitäten. Vorgänge wie in Leipzig und Jena sind in Preußen nicht vor­gekommen. Nach den Berichten der Universitäten und Hochschulen sind nur vereinzelte Beschwerden vorgekommen. Eine besondere Das ist aber doch eine etwas kleinliche Maßregel. Die Anregungen Ausländergebühr von 50 M. wird von einigen Hochschulen erhoben. des Vorredners versprechen feinen Erfolg.

Abg. Dr. Beumer( natl.): Ich muß dem Minister erwidern, daß mir doch viele Beschwerden aus Studentenkreisen bekannt ge­und zwar mit dem Titel Gehalt des Staatssekretärs". worden sind. Ich habe dann noch zwei Wünsche vorzutragen. Der Abg. Trimborn( 3.): Gegenüber dem Gerede vom Automobil- Gebrauch der freien Rede muß mehr gefördert werden. Gerade tempo in der Sozialpolitik muß betont werden, daß in der Sozial- der gebildete Mann, der ins Volk gehen soll, der die Blafiertheit politik ein vollständiger Stillstand eingetreten ist. Das ist aber keines- ablegen soll, muß der freien Rede mächtig sein.( Sehr wahr!) Für wegs Schuld des Reichstages. Herr Mugdan sett große Hoffnungen unseren jungen Akademiker kommt es nicht darauf an, ob er ein auf die neue Majorität. Aber seine Reden sind auch teine teilbares oder ein unteilbares Hemd hat( Seiterkeit), ob er einen Taten!( Sehr richtig 1) Eine besondere Anlage zu sozialpolitischer modernen Schlips hat oder nicht, sondern ob er seine Pflicht Fruchtbarkeit haben die Liberalen bisher nicht gezeigt, besonders ver- erfüllt, die er der Nation schuldig ist, der er angehört.( Sehr fagen sie auf dem Gebiete der Mittelstandspolitik. Auf dem Gebiete richtig!) Weiter muß für die Pflege des Sports mehr ge­der Versicherungsgesetzgebung stehen zwei große Aftionen bevor: tan werden, insbesondere müssen Rasen- und Spielpläße geschaffen die Zusammenlegung der Versicherungen und die Einführung werden; damit bekämpft man den Alkoholmißbrauch am besten. Ich der Witwen- und Waisenversicherung. Bis wann denkt der Staats- glaube nicht, daß der Alkoholgenuß vollkommen verschwinden wird. sekretär, daß eine Vorlage hierüber fommen wird? Sehr dringend Ich huldige dem Worte Luthers: Wer nicht liebt Wein, Weib und ist die Ausdehnung der Krankenversicherung auf die ländlichen Ar- Gesang, bleibt ein Narr sein Leben lang." Schaffen wir schöne beiter und das Gefinde. Soll diese Ausdehnung vorweg genommen Spielpläte! Wenn dann der Vater den Sohn vom Spielplatz ab­werden, oder soll damit bis zur Zusammenlegung der Versicherungen holt und mit ihm fröhlich den Humpen schwingt, dann kann der gewartet werden? Ich möchte wissen, wie der Staatssekretär darüber Sohn mit Recht an die Mutter schreiben:" Von Zeit zu Zeit seh' ich den Alten gern."( Heiterfeit.) Geheimrat Elster: Für die Pflege der freien Rede geschieht schon jetzt mehr als früher. Für die Pflege des Sports ist schon viel geschehen; wir sind aber auch der Meinung, daß wir damit noch nicht am Ende sind.( Bravo !)

denkt.

aus­

An der Einschränkung der Arbeitszeit der Frauen müssen wir festhalten, ebenso verlangen wir die Ausdehnung der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe, auf dem Gebiete der Schiffahrt, und in den Betrieben der Glashütten. Ueber den Bauarbeiterschutz wollen wir die Entschließung des Bundesrates abwarten. Die vom Reichs­gesundheitsamte herausgegebenen Merkblätter über die hygienischen Vorschriften sollten auf möglichst viele Betriebsarten gedehnt werden. Die Frage Frage der Tarifverträge ist so wichtig, daß auch der Juristentag sich damit befaßt hat. Die Bewegung der Privatbeamten haben wir aufmerksam verfolgt und unterstützen sie, zumal sie schon zu positiven Forderungen ge­langt ist. Wir wünschen, daß die Parteien sich zu gesetzgeberischer Betätigung auf diesem Gebiete zusammenfinden möchten. Sehr not­wendig ist es, daß der Reichstag sich auch wieder mit dem Wohnungswesen beschäftigt, um so notwendiger, als der preußische Gefeßentwurf zur Wohnungsreform dauernd ausbleibt.

Das auffallendste Ereignis sozialpolitischer Natur in den letzten Monaten war der große Mandatsverlust der sozialdemokratischen Partei. Für die bürgerlichen Parteien ergibt sich hieraus die ernste Mahnung, die Fortführung der Sozialpolitik nun erst recht zu fördern. Sonst würde man der Sozialdemokratie wieder zu Mandaten verhelfen und beweisen, daß es ohne eine starke Sozial­demokratie in diesem Hause keine Sozialpolitik gibt. Wenn die Regierungen auf sozialpolitischem Gebiete nicht Ernst machen, handeln sie meiner Ueberzeugung nach unverantwortlich.( Bravo ! im Zentrum.)

Abg. Dr. Müller- Berlin ( frs. Vp.): Ich muß zunächst wieder Beschwerde darüber führen, daß den Volksschullehrern Schwierig feiten bei der Immatrikulation gemacht werden. Die Lehrer müßten doch wenigstens ebensogut behandelt werden, wie die Russen.( Sehr wahr!) Bei der Zulassung von Ausländern sollte man vorsichtig, aber nicht engherzig vorgehen. Man soll die Ausländer nicht weg­

schikanieren.

Geheimrat Elster: An der Erwerbung des Hospitanten­che ins werden die Lehrer nicht gehindert. Solange der Lehrer Beamter ist, kann er aber ebensowenig immatrikuliert werden, wie ein Offizier und ein Regierungsreferendar.

Abg. Dr. Wagner( ft.) erklärt namens seiner Fraktion, daß sie es für nötig hielten, daß an der Universität Berlin ein Gegen­gewicht gegen die Professoren der katheder- sozialistischen Richtung geschaffen werde!

Abg. Dr. Rügenberg( 3.) wünscht, daß in Bonn und Berlin Lehrstühle für soziale Medizin errichtet würden. Geheimrat Elster: Wir haben für die beiden vom Vorredner genannten Universitäten zunächst zwei Behraufträge erteilt. Wir müssen erst abwarten, wie sich diese Einrichtung bewährt.

Abg. Schiffer( natl.) verlangt die Errichtung besonderer Lehr­stühle für Vecsicherungswesen.

Abg. Caffel( frs. Bp.) wendet sich gegen den Abgeordneten Wagner. Er wolle nicht untersuchen, ob die Behauptung, sämtliche Professoren der Nationalökonomie gehörten der Richtung der Stathedersozialisten an, richtig sei, verlange aber, daß die Pro­nicht fehlen, wie fefforen lediglich nach ihrer Fähigkeit ausgewählt würden, nicht nach der Richtung, der sie angehörten.

Abg. Rosenow( frs. Vp.) verlangt die Errichtung von Ordi­nariaten für soziale Medizin und im Anschluß daran von Instituten zur Erforschung der Gewerbekrankheiten.

Beim Titel Universität Berlin " liegt eine Petition des Ver= eins preußischer Zahnärzte vor, die sich gegen die im Etat vor­gesehene provisorische Unterbringung des Bahnärztlichen Instituts ausspricht und einen Neubau verlangt.

Abg. Baffermann( natl.): Es würde eine große Enttäuschung hervorrufen, wenn der Stilstand auf dem sozialpolitischen Gebiete seitens der verbündeten Regierungen erhalten bliebe. Ich würde bas schon mit Rücksicht auf die Sozialdemokratie be dauern. Der Reichstag läßt es an fich die vorliegenden zirka 150 Initiativanträge beweisen. Das Gesetz über die Berufsvereine ist im Reichstage mit Recht scharfer Kritik begegnet. Ob es richtig war, in dieser Session tein fozialpolitisches Gesez einzubringen, erscheint mir zweifelhaft; der Einwand, daß die Vorlagen doch nicht durch beraten werden können, ist durchaus nicht stichhaltig. Es wäre durchaus möglich, zum Beispiel ein Gesetz zur Sicherung des Wahlgeheimnisses zu ber­abschieden; auch auf dem Gebiete des Vereins- und Versammlungs­rechts müssen wir endlich Klarheit schaffen. Der wirtschaftliche Die Budgetkommission beantragt, diese Petition zur Berück­Kampf organisiert sich bei Arbeitgebern und Arbeitern, und sichtigung zu überweisen. Aussperrungen und Streits sind die Folge. Da haben wir Ein Regierungskommissar erklärt, daß die Regierung einen für bie Arbeitskammern als Friedensorganisation plädiert, Neubau des Instituts beabsichtige und bis zum nächsten Jahre einen burch sie wird die Ausdehnung der Tarifverträge, die Arbeit- geeigneten Bauplatz dafür zu finden hoffe. gebern und Arbeitnehmern in gleicher Weise zugute kommen, Abg. Dr. Wagner( ft.) bedauert im Hinblick auf den starken noch mehr gesichert. Die Regelung der Arbeitszeit in den Besuch des Instituts für Meereskunde, daß dieses nur an drei Glashütten ist notwendig, auch die Materie des unlauteren Wett- Tagen der Woche geöffnet ist. bewerbs und des Ausverkaufswesens müssen wir ordnen. Die Er­fahrungen mit den Kaufmannsgerichten find durchaus erfreulich. Ein­zutreten haben wir ferner für die Regelung der Arbeitszeit, insbesondere für die Sonntagsruhe im Schiffahrtsgewerbe. Man muß für die stets wachsenden sozialpolitischen Aufgaben im Reichsamt des Innern eine Spezialabteilung bilden, die sich später zu einem eigenen Staats­sekretariat auswachsen tönnte. Die gute Wirkung positiver sozial­politischer Werke würde sich bald zeigen in der Schwächung der Sozialdemokratie. Abg. Werner( Reformp.): Es hat mit Recht großen Unwillen Abg. v. Böhlendorf- Kölpin( t.) spricht seine Genugtuung über hervorgerufen, daß in Preußen den Beamten, die doch das Petitions - die Ginrichtung einer außerordentlichen Professur für Kolonial­recht haben, verboten worden ist, mit Wünschen an einzelne Ab- recht aus.

Abg. Kreitling( frs. Vp.) bespricht die Mißstände beim Zahn­ ärztlichen Institut der Universität Berlin und fordert energisch einen Neubau für dasselbe.

seine Verdienste als Genosse, Kollege und Freund.

Nach Eintritt in die Tagesordnung wurde beschlossen, folgende Resolution zur zweiten Beratung des Militäretats im Reichstage einzubringen:

"

Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, in den Etat für 1908 eine Erhöhung der Löhnung der Mannschaften und der Unteroffiziere der Armee einzustellen und die bisher den Mannschaften auferlegten Ausgaben für die Be­schaffung vorschriftsmäßiger Gebrauchsgegenstände auf den Stat zu übernehmen."

Aus der Budgetkommission. ( Sigung vom 10. April.)

Dem

Abg. Erzberger scheinen die Stabsoffiziere zu schlecht gestellt Die Beratung wird beim Militäretat fortgesetzt. zu sein; er möchte, daß ihnen nach spätestens sechs Jahren Oberst Ieutnantsgehalt bezahlt wird, gleichgültig, ob sie diese Charge erreicht haben oder nicht.

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hierbei wird der starke Mangel an Assistenzärzten Für Militärärzte werden 5 573 000 m. gefordert und bewilligt. besprochen. Der Kriegsminister gibt zu, daß vor einigen Jahren eine sehr hohe Prozentziffer. bis zu 68 Proz. der Stellen offen waren! Jeht sei das besser. Weiter wird die mangelhafte 3 a hn= fungen darüber, ob man Zahnärzte einstellen soll; im übrigen sollen pflege bei den Unteroffizieren gerügt. Es schweben Verhand­die Leute auch viel selber schuld sein. Demgegenüber wird feſt= gestellt, daß eine Verordnung besteht, wonach eine Militärperson nur dann ein Gebiß ohne Bezahlung geliefert bekommt, wenn in beiden oder wenigstens einem Kiefer kein Zahn mehr vor­

handen ist!!

Angefochten wird, daß eine Anzahl Stabsoffiziere 1782 M. nicht pensionsfähige Zulage erhalten. Es soll das nur eine " Ausnahme" für besonders tüchtige Offiziere fein.

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Bei dem Posten: öhnung für Unter offiziert und Mannschaften" wird angeregt, die vor kurzem durch eine Resolution des Reichstags geforderte Teuerungszulage für untere und mittlere Beamte auch den verheirateten Unteroffizieren darüber bestehe, daß die Militär beamten die Zulage erhalten; zu gewähren. Der Reichsschahsekretär erklärt, daß kein Zweifel aber die Frage, ob diese Zulage auch Unteroffizieren zu gewähren sei, habe sich die Regierung noch nicht vorgelegt. Der Schatzsekretär glaubt nicht, daß es soweit komme. Genosse Südekum ist mit einer Zulage an die Unteroffiziere sehr ein­verstanden, aber viel notwendiger noch sei es, den Soldaten endlich einmal die völlig um mindestens 5 Pf. pro Tag zu erhöhen. Die ungenügende Löhnung Goldaten leiden auch unter der Teuerung, und obendrein wachsen beständig die Ansprüche, die an die Soldaten gestellt werden. Der Kriegsminister gibt zu, daß die Löhnung zu niedrig sei; aber da man nicht mit einem Pfennig anfangen könne, sei eine solche Er­höhung bisher wegen der Finanzlage nicht möglich gewesen. Ge­noffe Singer kündigt an, daß die sozialdemokratische Fraktion für de Soldaten einbringen werde, denn hier müsse am allerersten mit nächsten Etat Anträge auf Erhöhung der Löhnung der Zulagen angefangen werden. Singer kritisiert dann scharf, daß die Soldaten sich von ihren paar Pfennigen Löhnung noch eine Menge Dinge kaufen müssen, die sie zum Dienst gebrauchen. scher Wirtschaften zur Sprache. Singer bespricht eingehend die Der Abg. Kulerski bringt den militärischen Boykott polni­ffandalöfen Fälle militärischen Boykotts gegen die sozialdemo­kratischen Lotale. Liebermann sucht diesen Boykott zu recht= fertigen, und der Kriegsminister erklärt, den Boykott im Interesse der Aufrechterhaltung der Disziplin nicht entbehren zu können! Im übrigen stimmt der Kriegsminister mit seinem sächsischen Kol­legen darin überein, daß Lokale, in denen sozialdemokratische Ver sammlungen stattfinden, nur für den Tag der Versammlung den Soldaten verboten sein sollen. Genosse Bebel tritt dem Kriegs­minister sehr entschieden entgegen: Von einer fozialdemokratischen Agitation im Heere könne gar keine Rede sein; alle Be­strebungen, welche sich eventuell in dieser Richtung bewegen fönnten, find stets von den sozialdemokratischen Parteitagen ab. gewiesen worden. Will man übrigens jede Verbindung mit den Sozialdemokraten vermeiden, so ist die einfache Konsequenz, überhaupt keinen Sozialdemokraten ins Heer aufzunehmen! Wenn etwas besseren Standpunkt stellt, der neuerdings in Sachsen ein­der Kriegsminister in der Boykottfrage sich auf den schon genommen wird, so soll er es in einem Erlaß sagen. Allerdings führe auch die Praxis, das Lokal für den Versammlungstag zu berbieten, zu den größten Tollheiten. Bebel führt solche Fälle aus Chemnitz und Worms an. Zum Schluß regt er an, im nächsten Jahre die Löhnung auf 30 Pf. pro Tag zu erhöhen. Es sprechen sich die Redner aller Parteien für die Anregung der sozialdemokratischen Fraktion aus: die Löhnung der Soldaten zu

erhöhen.

Sturz wird noch die Konkurrenz besprochen, welche von Militärmusikern den Zivilmusikern gemacht wird,

Die angeforderte Summe von 58 Millionen Mark wird be willigt. Die sonstigen persönlichen Ausgaben im Betrage von rund 5 Millionen werden gleichfalls bewilligt. Unter dem" Tischgeld" findet sich ein Posten von 3000 Mt. Douceurgeld beim Regiment der Gardes du Corps! Der Kriegminister weiß nicht, wofür diese Ausgabe eigentlich ist. Demzufolge stellte die sozialdemokratische Fraktion den Antrag, die Forderung zu streichen. Dieser Antrag wird abgelehnt und der Bosten bis morgen zurückgestellt, bis der Kriegsminister Bescheid weiß.

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Ohne erhebliche Debatte wird dann Kapitel 24, in welchem alle persönlichen Ausgaben zusammengefaßt find, vollends bewilligt. Rapitel 25, Naturalverpflegung, wird gleichfalls mit 139 Millionen Mart bewilligt. Bei Kapitel 26, Bekleidung und Ausrüstung der Truppen, wird die Uniformierungsfrage behandelt. Der Kriegs­minister gibt in dieser Frage umfassende Auskunft. Das Ka pitel mit 31 800 000 Mt. wird bewilligt.

Die russische Revolution.

Aus den Rigaer Folterkammern.

Der Volkszeitung", dem in Wilna erscheinenden Organ des Bund", wird aus Grodno mitgeteilt:

Vor einigen Tagen wurde ein 14jähriger Knabe, namens Abg. Edels( natl.) befürwortet die Festlegung des Osterfestes Jwanow, in das hiesige Gefängnis eingeliefert. Iwanow stammt aus auf einen bestimmten Tag. Als ihn Präsident v. Ströcher unter- Wolfowischth, ist von Beruf Schuhmacherlehrling und wohnte in bricht und zur Sache ruft, erwidert der Redner, daß er geglaubt Riga bei seinem Onkel, Romanowskajastraße 94. Man wird von habe, die Frage gehöre zum Stapitel Universität Berlin", weil Entfeßen ergriffen, wenn man diesen politischen Verbrecher" von der Berliner Professor Förster sich mit der Frage beschäftigt habe! Den Folterungen erzählen hört, die er im Rigaer Museum" aus­( Große Heiterfeit.) zustehen hatte. Vor etwa einem Monat wurde Jwanow zusammen mit vier anderen Knaben im Alter von 12-13 Jahren und drei erwachsenen Arbeitern verhaftet. Den ersten Tag verbrachten sie im Markow - Polizeirevier. In der Nacht führte man sie in ein

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