Z'ichtS finden, auch ließ sich durch ein solches Gutachten nicht fest- stellen, ob die Frau die Wahrheit sage und ob der Kontrolleur sich geirrt habe. In der Sitzung wurde betont, daß selbst, wenn alles wahr wäre, was man der Trichinenbeschauerin vorwerfe, eine so- fortige Entlassung nach 20 Dienstjahren eine unerhörte Härte sei. Em Antrag auf Wiedereinstellung wurde abgelehnt und Vertagung auf drer Monate beschlossen. Wenn dann ein Antrag auf Wieder- einstellung der Entlassenen vorliegt, wolle man darüber beschließen. Ein Gutes hat aber die Debatte über diese Sache im Plenum gehabt. Dort hatte Genosse Pfannkuch die ganze Art der Kontrolle gerügt und auf die bei den Krankenkassen übliche Kraukenkontrolle hingewiesen. In diesem Sinne ist jetzt der Direktor des Viehhofes angewiesen worden. Der Kriminalschutzmann 5250 Dietrich ll hat bekanntlich unter dem Namen„Hausdiener Ernst Philipp" sein .Handwerk" in der sozialdemokratischen Organisation entfaltet. Nun gibt eS in der Tat in den Parteiorganisationen Leute mit dem Namen Ernst Philipp, die aber großen Wert darauf legen, nicht mit dem Kriminalschutzmnnn Dietrich verwechselt zu werden, weil sie den Namen Philipp mit Recht führen. Gestern erschien auf unserer Redaktion der Droschkenkutscher Ernst Philipp, Swinemllndcrstr. 21 wohnhaft und wünschte unter Vorlegung seiner Vüchcr zum Aus- druck gebracht zu sehen, daß er mit dem Pseudo-Philipp nichts zu tun hätte und auch nichts zu tun haben wollte; er glaubte um so mehr ein Recht auf die Konstatierung dieser Tatsache zu haben, da er Mitglied dcS Wahlvereins für den sechsten Kreis und Mitglied des Handels- und Transportarbeiter-VerbandcS-, allerdings unter anderen Nummern als der„Hausdiener Ernst Philipp", sei. Beide Organisationen, die politische wie die gewerkschaftliche, werden sich genügen lassen, in Zukunft nur über einen Ernst Philipp zu der- fügen und sich mit dem Bewußtsein trösten, dem„Hansdiener Ernst Philipp" seinen wirklichen Namen Kriminalschntzmann S2S0 Dietrich H wiedergegeben zu haben. Inzwischen bildet das Schaufenster unserer Expedition immer noch einen großen Anziehungspunkt des vorübergehenden Publikums. Es lohnt sich aber auch der kleine Zeitverlust, um sich, das Bild des als Kriminalschutzmnnn Dietrich II entlarvten„Hausdiener Ernst Philipp" anzusehen. Nicht so sehr der Person wegen, die sich die Beschauer bald eingeprägt haben werden, als vielmehr wegen der Situation, in der der überschlaue Abgesandte des Alexanderplatzes betroffen wurde und die auf dem Bilde in wahrheitsgetreuer Weife zum Ausdruck kommt. Recht betreten über den Neinfall der politischen Polizei ist das Organ der Schvne-Brockhusen, die sonst so geschwätzige„Post". Ganz vorübergehen kann sie an der peinlichen Sache nicht und so so bringt sie es über sich, über die so fatale Geschichte sich mit folgender Bemerkung Hinwegznsetzen: „Aus dem Berliner Polizeisumpf" überschreibt der„Vorwärts" einen 2'/« Spalten langen Artikel, in dem mit großem Behagen und sehr umständlich erzählt wird, daß die Berliner Sozial- demokraten einen Kriminalschutzmann entlarvt haben, der sich unter falschem Namen als„Genosse" in die sozialistischen Organi- sationen eingeschlichen hatte, um zu spionieren. Köstlich ist, daß sich hierüber Anhänger einer Partei entrüsten, die selbst einen voll- ständigen Spitzeldicust eingerichlet hat, der sogar auch den eigenen „Genossen" gegenüber in Aktion tritt. Der„Vorwärts" entrüste sich also zunächst einmal über seinen eigenen„Sumpf". Diese paar Zeilen haben der„Post" wohl viel Schweiß gekostet I Raubzüge im v-Zug Berlin -KSln. Einer Reihe von Reisenden, besonders Damen, die den Kölner V-Zug ab Berlin Potsdamer Bahnhof benutzten, sind bald nach der Abreise Wertgegenstände, Portemonnaies usw. abhanden gekommen. Unter den Bcstohlenen befanden sich ein Reichstagsabgeordneter, der aber in seiner ihm entführten Aktenmappe(statt der vom Diebe vermuteten Wert- Papiere) nur wertlose Schriftstücke und stenographische Berichte mit sich führte, ferner mehrere Offiziersdamen, die den Verlust ihrer Geldtäschchen zu beklagen hatten, und die Gattin eines Zahnarztes, der aus der Handtasche eine Summe von etwa 850 M., eine brillant- besetzte Damenuhr, eine Fahrkarte erster Klasse Berlin — Rom usw. geraubt wurden. Dieser Fall war um so rätselhafter, als er schon vor der Abfahrt des v-Zuges vom Potsdamer Bahnhofe entdeckt und so die Dame genötigt wurde, die Reise mittellos anzutreten. Da alle Nachforschungen nach dem Diebe vergeblich blieben, ließ die StaatSbahnverwältung den Zug durch einen zuverlässigen Beamten in Zivil begleiten und überwachen. Diesem fiel es schon nach einigen Fahrten auf, daß ein elegant gekleideter, etwa Istjähriger Herr täglich den O-Zug von Berlin nach Potsdam benutzte und auf dem dortigen Bahnsteige regelmäßig von einer jungen Dame in Empfang genommen wurde. Der Herr pflegte zwar erster Klasse zu fahren, immerhin aber mußte es auffallen, daß er nicht irgend einen der Schnellzüge nach Potsdam benutzte, für die eine Platz- kartcngebühr nicht zu entrichten ist. Als der elegante Fremde wieder einmal in Potsdam dem V-Zuge entstieg und die dort seiner harrende Dame begrüßte, wurde das Paar von dort aufgestellten Kriminalbeamten fisticrt und nun fand man bei der Dame, der Ge- liebten des Passagiers, die oben erwähnte Brillanten besetzte Damenuhr. Der O-Zugdieb war ein aus Ungarn stammender „Kaufmann". Er mochte die Beobachtung gemacht haben, daß manche Reisende sich bei der Verabschiedung von ihren Angehörigen auf der Plattform des Wagens aufhaltrn. Diesen Moment benutzte der Dieb, um unbeaufsichtigt zurückgelassene Gepäckstücke sich'anzu- eignen und diese in einem anderen Wagen oder Abteile des v°Zuges unbemerkt auszuplündern. Die erbrochenen Taschen und Behälter warf er dann unter die Sitzbänke und nahm in aller Ruhe, fern von dem Schauplatze seiner Tätigkeit, Platz, bis der Zug in Potsdam hielt. Der Himalaya des Byzantinismus. Die Monte-Carlo- O p e r n g a st s p i e l e, die von boshaften Leuten als Reklame für Monte-Carlo — die Spielhölle eingeschlossen, die ja das Fundament dieses befreundeten Staates bildet— aufgefaßt werden, haben eine Reihe französischer Künstler nach Berlin gebracht. Sie sind vom Kaiser eingeladen, bewirtet und gefeiert worden. Zum stillen und halblauten Aerger mancher Patrioten, die schmerzlich ähnliche Ehrungen für bedeutendere deutsche Künstler vermissen. Die französischen Künstler wissen aber auch trotz ihrer Republik, wie ihnen der Neid lassen muß, ihrem Gastgeber und Bewunderer sich dankbar zu erweisen. Ergraute Höflinge köniiten von ihnen lernen. Welch ein Elan, welch unverfälschte Louis XIV. - Kultur spricht aus den schmeichelhaften Hymnen, die sie in Pariser Blättern anstimmen Als Universalgenie erscheint der deutsche Kaiser in dieser effektvollen Beleuchtung. Nicht nur in französischer, auch in alt- griechischer Musik soll er sich auSkennen. Herr Saint-SasnS, den wir bisher nur als Komponisten zweiten, dritten Ranges kannten, hat denn auch in Berlin bereits auf eine anerkennende Bemerkung des Kaisers hin die klasfische Floskel gebraucht:„Wenn wir die Alpen sind, ist Euere Maje st ät der Himalaya ". Und wie mag dieser Satz erst auf französisch geklungen haben, da es doch in der plumpen deutschen Sprache schon nicht ohne Eindruck ist. Wenn die französischen Herren recht berichten, hat der Kaiser sich über die böswillige deutsche Kritik beklagt. Er(der Kaiser) brauche nur auf der Hofbühne ein Stück aufführen zu lasfen, um sicher zu sein, daß die Kritik es verreiße; wenn er sich aber so stelle, als ob er ein Stück nicht kenne, so hebe es die Presse in den Himmel. Bezeichnend ist, daß der kaiserliche Kunstkritiker bei den profanen Kritikern rein persönliche Motive voraussetzt. Einen dreisten Einbruch unternahm am Donnerstag in später Abendstunde ein Spitzbube in der Wohnung des Großdestillateurs Wilhelm Gölz, Oranienstr. 204 wohnhaft. Ter Einbrecher erbeutete nach Sprengung der Tür mittels Brecheisen eine Anzahl Schmuck. gegenstände. Bei seiner Tätigkeit überrascht, versuchte er zu ent-. kommen. Es gelang jedoch, den Flüchtenden cnn Heinrichsplatz zu ergreifen und ihn der Polizei zu übergeben. Verschwunden und verschollen. Seit nahezu einem Monat ist der Diener Heinrich Sommer aus der Jnoatidenstraße 86 ver- schwunden. S. entfernte sich acht Tage vor Ostern von seiner Herr- schaft und wird seitdem vermißt. Der Verschwundene ist 4g Jahre alt, blond, hat bartloses Gesicht und ist mit dunklem Rockanzug, schwarzem, steifen Hut und Zugstiefeln bekleidet.— Außerdem wird seit vergangenem Montag das üstjährige Dienstmädchen Anna Sehens, Schonhauseralloe 29, vermißt. Die Sch. ist von mittlerer Statur, dunkelblond, hat blasses Gesicht und trug bei ihrem Ver- schwinden schwarzen Sammcthut, dunkles Kostüm und schwarze Schnürstiefel. Im Berufe seinen Tod gefunden hat in der Nacht vom Donners- tag zum Freitag der Maurer Wilh. Mücke. M. war in dieser Nach bei den Kanalisationsarbeiten beschäftigt, die jetzt in der Jägerstraße miSgeführ: werden. An der Ecke der Jäger- und Obcrwallstraße wollte M. gerade eine angefangene Arbeit vollenden, als ihm Hammer und Kelle den Händen entsanken, und als man ihn aufhob, war M. be- rcits tot. WaS die Ursache seines Todes ist, bedarf noch der näheren Feststellung. Wegen schwerer SittlichkeitSvcrbrcchen ist gestern der 40 Jahr alte Wilhelm B. aus der Mitbachstratze 42 verhaftet worden. B. wird beschuldigt, sich an seiner zehnjährigen Tochter in schwerster Weise vergangen zu haben. Aus Furcht vor der väterlichen Züchtigung hatte das unglückliche Kind anfangs der Mutter gegenüber ge- schwiegen. Eine blutige Nevolveraffäre hat sich gestern morgen in dem Hause Kastanieiiallee 55 abgespielt. Bei dem dort etablierten Uhr- Macher Hager war ein Einbrecher bei einem Einbruchsdiebstahl über- rascht worden. Um sich seiner Verhaftung zu entziehen, gab er auf seine Gegner Revolvcrschüsse ab, die aber glücklicherweise ihr Ziel verfehlten. Hierauf jagte er sich selbst eine Kugel in die Schläfe. Mit noch schwachen Lebenszeichen wurde er nach der nahen Rcttungs- wache in der Kastcmienallee gebracht. Der Arzt konnte aber nur noch den Tod feststellen. Die Leiche wurde nach dem Schauhaus ge- bracht. In den Taschen des Toten wurden zahlreiche Dietrich«, Nachschlüssel, Stemmeisen und andere Einbrecherwerkzeuge vorgefunden. Neber fortwährende Störung der Nachtruhe geht uns von An- wohnern des Nordufers folgende Klage zu: Schon vor einem Jahre beschwerte» sich die Anwohner am Nordufer in der Nähe des Virchow-Krankcnhauscs, daß sie durch die Kohlenförderung der Ber - liner Elektrizitätswerke am Südufer rn ihrer Nachtruhe erheblich gestört werden. Die eingereichte Beschwerde hatte den Erfolg, daß eines Tages bei dem Beschwerdeführenden ein Schutzmann erschien und mitteilte, daß von Ist Uhr abends ab die Kohlenförderung ein- gestellt werde. Seit zirka vier Wochen scheint aber die Bestimmung aufgehoben zu sein, denn der lärmende Betrieb hält seitdem un- unterbrochen Tag und Nacht an. Es scheint aber, als wenn die Firma hier eigenmächtig vorgeht, ohne die behördliche Erlaubnis eingeholt zu haben, denn es ist doch ganz unwahrscheinlich, daß eine Behörde zu einem solchen lärmenden Nachtbetrieb ihre Zustimmung geben kann, wodurch Tausende um ihre Nachtruhe gebracht werden. Beschwerde ist neuerdings eingelegt und es wird sich zeigen, ob man hier dem Kapital zuliebe wieder Rücksicht übt auf Kosten der Ruhe und Gesundheit Tausender. Die Fortbildungsschule für Schwachbranlagte hat sich während ihres kurzen Bestehens als eine außerordentlich segcnsvolle Ein- richtung der Stadt Berlin erwiesen. Sie ist die einzige Schule ihrer Art in ganz Teutschland, und ihre Notwendigkeit und hervor- ragende Bedeutung im Dienste der Schwachen wurde noch kürzlich auf dem in Charlottenburg abgehaltenen 6. Deutschen Hülfsschul- tag in- einer einstimmig gefaßten Resolution anerkannt. Die Schule wurde im vergangenen Winter von 150 Jünglingen und jungen Mädchen besucht. Sic gewährt allen den jungen Leuten, die sich in- iolge einer eigentümlichen Veranlagung oder schweren Erkrankung nur ein geringeres Maß an Schulkenntnissen und Fertigkeiten an- eignen konnten, Gelegenheit zu einer allsertigen Ausbildung. Samt- liche Besucher werden unterrichtet im Deutschen und Rechnen, die Jünglinge ferner in Papier -, Buchbinder- und Tischlerarbeiten und die Mädchen in allen Zweigen der weiblichen Handarbeit: Häkeln, Sticken, Stricken, Hand- und Maschinennähen, Zuschneiden usw. Da die Klassen nur klein sind, ist eine individualisierende Einzel- behandlung der Schüler und Schülerinnen möglich. Das neue Schuljahr hat soeben begonnen. Der Unterricht für Knaben findet am Montag und Donnerstag, der für Mädchen am Dienstag und Freitag von 5—8 Uhr statt. Der Besuch der Schule ist unentgelt- ich. Anmeldungen nimmt der Leiter der Schule täglich von 5 bis 6 Uhr im Schulhause Brunn enstr. 186(2. Hof) entgegen. Arbeitcr-Bildungsschnle. Fortschrittskursus Na- tionalökonomie. Am 22. d. Mts. fällt Zusammenkunft aus. Die nächste Unterrichtsstunde findet Montag, den 29. April, statt. Die studentischen Nnterrichtökurse für Arbeiter und Arbeiterinnen wollen den Hörern, besonders älteren Arbeitern, die nicht mehr die Fortbildungsschule besuchen können, zu einer gründlichen Aus- bildung in den elementaren Unterrichtsfächern, in Deutsch , Rechnen. Geometrie und Geographie, Gelegenheit bieten. In erster Linie 'ollen die Teilnehmer richtig schreiben, sprechen und rechnen lernen. Der Unterricht wird von Studenten der Berliner Universität erteilt. Das Unternehmen wind geleitet durch eine aus ihrer Mitte ge- bildete Kommission unter Mitwirkung von Vertrauensleuten der Hörer. Im allgemeinen werden in eine höhere Stufe desselben Unterrichtsfaches nur diejenigen Hörer aufgenommen, welche die vorhergehende besucht haben. Neu eintretende Hörer werden dringend gebeten, sich mit den bei der Anmeldung anwesenden Studenten genau zu besprechen, welche Stufe für sie geeignet ist. ES ist den Hörern in ihrem eigenen Interesse zu raten, in jeden, Halbjahr nicht mehr als 2 Kurse zu belegen. Im voraus wird die Lsistungsfähigkeit leicht überschätzt.— Ter Stundenplan wird bei der Anmeldung bekannt gemacht. Nähere Mitteilungen über die Art des Unterrichts und die Organisation des Unternehmens erhalten die Teilnehmer aus einer allgemeinen Hörerversammlung, die am Dienstag, den 30. April, abends 8 Uhr, im großen Saal des Zentralarbeitsnachweises, Eingang Gormannstr. 13 stattfindet. Die Anmeldungen zu allen Kursen(auch denen der Niederwallstraße und Mariannenstratze) werden am 25., 26., 27. April, abends 8 bis Slb Uhr, Rückerstraße 9, linier Seitenaukaana. Parterre i Kantine), entgegengenommen. Auf der Treptow -Sternwarte spricht DozentJen« Lützen am Sonntag, den 21. April, nachm. 5 Uhr über:„Nebel. flecke und Sternhaufen", abends 7 Uhr über:„Ist der Mond bewohnt?" Montag, den 22. April, abends 9 Uhr lautet das Thema:„Allgemeines über das Planetensystem." Sämtliche Vorträge sind mit zahlreichen Lichtbildern ausgestattet.— Mit dem großen Fern' rohe wird während der ganzen Woche nach- mittags die„Sonne ", abends der„Mond " bezw. der«In» p i t e r" beobachtet. Gesperrt ist die Kleine Markusstraße von Mariusstraße bis Kraut- 'traße behufs Asphaltierung vom 19. d. M. ab. Feuerwehrbericht. Im„Trianon-Theater", an der Ecke der Georgen- und Prinz Friedrich Karlstraße, entstand gestern abend um 10 Uhr während der Vorstellung auf der Bühne elektrischer Kurzschluß in der Lichtleituitg. Die Drähte waren durchgeschmolzen. Das Publikum blieb-ruhig. Außerdem hatte die Feuerwehr nur noch in der Fruchtstraße 37 zu tun. evnffersi",,», am IS. April. SIbe bei AnMg— Meter, bei Dresden 50 ch).— Elbe bei Magdeburg 2,91 Meter.— Oder bei Ratibor 3,27 Meter, steigt.— Oder bei Breslau 4- 0,44 Meter,— Oder bei Brieg S.S0 Meter.— Nelßemündung S,1ö Meter. Vorort- jVadmcbtein Charlottenburg . In der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch wurde für die zur Zeit der Baumbtüte 1907(vom 20. April bis 21. Mai) in Werder stattfindende Ausstellung für Obstbau und Obst- Verwertung ein Ehrenpreis von 50 M. vom Magistrat beantragt. Genosse Klick wies auf die Wichtigkeit der Förderung des Obst- baucs hin und beantragte Erhöhung dieses Ehrenpreises auf 100 M. Dieser Antrag fand Annahme. Der Antrag des Magistrats zur Erbauung eines Regenerier« schuppenS mit maschineller Einrichtung auf Gasanstalt II sowie zur Auswechselung und Vergrößerung der Gasrohranlage im Reinigergebäude auf derselben Gasanstalt 185 000 M. zu be- willigen, wurde angenommen. Eine größere Debatte rief der Antrag einer Beihülfe für die Kolonie Hoffnungstal hervor. Dieser Antrag hat die Vcrsamm- lung schon einmal beschäftigt: der Magistrat hatte einen ein- maligen Beitrag von 10 000 M. beantragt, doch waren nicht nur von unserer Seite, sondern auch von dem freisinnigen Stadt- verordneten Dr. P enzig erhebliche Bedenken gegen diese Gründung des Herrn Pastors Bodelschwingh geltend gemacht worden— z. B. mutz jemand, dem die Legitimationspapiere fehlen, diese durch eine zweitägige Arbeit in der Stcinklopfbude erwerben—, der Antrag war daher an einen Ausschuß verwiesen worden, der nunmehr beantragte, die 10 000 M. mit der Maßgabe zu bewilligen, daß 3000 M. von diesem Betrage zur Errichtung von Werkftätten-Gcbäuden für gelernte Arbeiter in der Kolonie zu verwenden sind. Dr. P e n z i g empfahl diesen Antrag, wenn auch seine Bedenken nicht völlig zerstreut seien, um das„groß- angelegte Unternehmen" nicht in seinen ersten Anfängen zu hemmen. Genosse Vogel legte unseren Standpunkt energisch dar and wies darauf hin, daß auch die der Kolonie aufzuerlegende Be- dingung nicht verhindern würde, daß die übergroße Mehrzahl auch der gelernten Arbeiter zum Stein erlopfcn, noch dazu gegen einen Tagelohn von 20 Pf. bei freier Station, angehalten vürdc. Mit Hülfe der Liberalen wurde jedoch der Antrag angenommen. Eine lange Debatte entspann sich bei der Frage der Errichtung von Zeitungs-Kiosken. Bekanntlich ist die Deutsche Kiosk-Gesell- schaft wegen dieser Angelegenheit an den Magistrat herangetreten, und der Magistrat hatte der Versammlung vorgeschlagen, von der Gesellschaft derartige Kioske in Verbindung mit Schreibstube, Telephon usw. errichten zu lassen, die sofort nach der Errichtung in das Eigentum der Stadt übergehen, wogegen die Gesellschaft sie 10 Jahre pachtfrei zum Betriebe erhält. Der Ausschuß, an welchen die Vorlage verwiesen war, empfahl im wesentlichen ihre Annahme, nur sollte die Gesellschaft noch eine bestimmte kleine Pacht für jeden Kiosk bezahlen. Ein Verein von Papier - und Schrcibwarcnhändlern sowie ein Verein von Zeitungshändlern und einige Buchhändler hatten beim Magistrat und den Stadtverordneten um Ablehnung der Vorlage petitioniert, weil sie sich in ihrem Erwerbe durch die Errichtung der Kioske bedroht fühlen. Der Ausschuß hatte diese Bedenken für unbcachtlick erklärt. Den Stanvpunkt unserer Fraktion legte Genosse Dr. Bor» ch a r d t dar. Danach können die Bedenken der Petenten von der Errichtung von Kiosken nicht abhalten. Nur an drei oder vier Stellen sind Kioske da geplant, wo gegenwärtig Zeitungshändler stehen. Die übrigen Händler werden von den Kiosken überhaupt nicht betroffen, und auch diese drei oder vier Händler werden ihren fliegenden Straßenhandek neben den Kiosken nach wie vor ausüben können. Die Händler haben sich auch nicht sowohl gegen die Errichtung von Kiosken ge- wandt, als vielmehr beantragt, sie ihnen zu übertragen; sie wollten sie unter denselben Bedingungen wie die Deutsche Kiosk-Gesell- schaft übernehmen. Dies sei aber ganz undenkbar; denn es habe sich bei den Verhandlungen im Ausschuß herausgestellt, daß sie lediglich die vorgeschobenen Personen einer großen Leipziger Buch- Händlerfirma seien, welche in Konkurrenz mit der Kiosk-Gesellschaft treten wolle. Es sei aber nicht angängig, daß die Stadt sich auf solche Schiebungen einlasse und nicht in direkte Verbindung' mit dem eigentlichen Pächter städtischer Kioske trete. Dagegen sei es nicht zu billigen, daß die Stadt unter Ausschaltung jeder Kon- kurrenz nur mit einer einzigen Firma, der Deutschen Kiosk-Gesell- schaft, verhandelt habe. Deshalb beantragten unsere Genossen. die Vorlage des Magistrats abzulehnen und ihn zu ersuchen, den Betrieb von Kiosken durch eine Ausschreibung in die Wege zu leiten. Genosse Dr. Z e p l e r trat für die Interessen der kleinen Straßenhändlsr«in, die durch Unterstützung eines großkapitali- stischen Unternebmens zu schädigen die Stadt keine Veranlassung habe. Er wünschte daher, daß die Stadt, wenn sie überhaupt an die Errichtung von Kiosken denke, nur mit diesen Händlern in Verbindung trete. Unser Antrag, der auch von einem Teil der Liberalen unter- stützt wurde, fand nicht die Mehrheit. Genosse Dr. Borchardt be« antragte nunmehr, in der Vorlage des Magistrats zu der Bedin- gung, daß die Kioske täglich während der für den Verkauf von Druckschriften polizeilich zulässigen Geschäftszeit offen zu halten sind, noch hinzuzufügen:„Ferner ist die Gesellschaft verpflichtet, über die Arbeitsverhältnisse ihrer zum Betrieb der Kioske not- wendigen Angestellten sich mit dem Magistrat zu verständigen." Es soll dadurch vermieden werden, daß eine übermäßig lange Arbeitszeit bei minimaler Entlohnung in dem Kioskbetrieb platz- greife. Dieser Antrag wurde fast einstimmig und dann die Vor. läge mit großer Mehrheit angenommen. Eine sehr lange Debatte rief der Antrag des Magistrats her- bor , die Hundesteuer von 20 auf 30 M. zu erhöhen und für jeden zweiten und weiteren Hund eines Hausstandes eine Steuer von 40 M. zu erheben. Der Ausschuß hatte die Vorlage mit 5 gegen 4 Stimmen abgelehnt. In allen Fraktionen waren die Meinungen geteilt; einerseits verkannte man nicht, daß die Erhöhung viele Leute treffe, denen man gern das Halten eines Hundes ohne be. sondere Unkosten gönne, andererseits wünschte man eine Ein- schränkung der Zahl der Hunde in Charlottenburg zu erreichen. da die Hunde nicht nur die Straßen im Uebermaß verunreinigen, sondern auch die Rasen- und Blumenanlagen nicht unerheblich be- schädigen. Genosse Dr. Z e p l e r regte an, die Höhe der Hundesteuer nach dem Einkommen veränderlich zu gestalten, ein Gedanke, welcher großen Anklang in der Versammlung fand, jedoch unausführbar ist, weil die Hundesteuer im Kommunalabgabengesetz unter den indirekten Steuern aufgezählt ist. und eine solche nicht vom Ein- kommen abhängig gemacht werden darf. Der Kämmerer wies darauf hin, daß man, falls die Er- höhung der Hundesteuer nicht durchgeführt und die Zahl der Hunde nicht eingeschränkt werde, wahrscheinlich auf den Erlaß einer Polizeiverordnung hinwirken werde, wonach die Hunde auf der Straße nur an der Leine geführt werden dürfen. Diese Erwägung gab wohl den Ausschlag dafür, daß die Erhöhung der Hundesteuer schließlich mit großer Mehrheit angenommen wurde. Die Mitteilung des Magistrats über die Arbeitszeit in den städtischen Betrieben wurde debatteloS einem Ausschuß von 15 Mit- gliedern überwiesen. Erst nach 10 Uhr ereichte die Sitzung ihr Ende. Uniformierte Stiefelputzer erhält Tharlottenburg mit. dem l. Mai d. I. Nach der soeben veröffentlichten„Polizeiverordming betreffend den Betrieb des SÄuh- und Kleider- Reinigungs» Gewerbes auf öffentlichen Straßen und Plätzen" werden jene wichtigen Glieder der menschlichen Gesellschaft in Tharlottenburg den offiziellen Namen„Reinigung«» Diener" führe», selbst in„anständiger und reinlicher Kleidung" erscheinen sowie eine behördlich vorgeschriebene„Dienstmütze" und ein Brustschild mit der Bezeichnung ihrer Würde zu tragen haben. Der Reinigungsdiener der Zukunft, der sich„überall ruhig und anständig zu betragen" hat, darf sich nicht»c tnmkenem Zustande betreffen lassen, auch dem Publikum seine Dienste nicht durch Worte oder Zeichen anbieten. Dahinaeneo.kann" er(soll beißen»bar«")
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