dingS recht vorsichtige und zurückhaltende Eingreifen des Metalltndustriellen-Verbandes hat den schon verzweifelten Unternehmern der Holzbranche den Mut eingegeben. es noch weiter zu versuchen. Kommt ein Kampf im Berliner Baugewerbe dazu, der das z e h n f a ch e an Menschen um- assen muß. wie der der Holzarbeiter, dann muß die Arbeiter- chaft im Kampf gegen das Uuternehmertum ihre Kräfte z e r- P l i t t e r n, statt sie zu konzentrieren. Es gilt aber, einen Kampf zum siegreichen Ende zu führen, nicht eine Unzahl von lolchen zu entfesseln._ Deutschlands Einkreisung. ES ist begreiflich, daß der Reisetrieb, der den Onkel des deutschen Kaisers, den König Eduard von Großbritannien und Irland, erfaßt hat und ihn zu allerlei politischen Missionsfahrten «m Mittelmeer bewegt, einem Teil der konservativen und national liberalen Blätter auf die Nerven fällt, wenn es auch gerade nicht von besonderer politischer Einsicht zeugt, daß sie erst jetzt entdecken wie Deutschland nach und nach von den Westmächten, speziell von England, immer mehr politisch isoliert oder, wie eS neuerdings im diplomatischen Jargon heißt,.eingekreist" worden ist Weniger begreiflich erscheint es jedoch, daß diese Blätter für die Isolierung Deutschlands nicht den Fürsten Bülow.den offiziellen Leiter der deutschen auswärtigen Politik, verantwortlich machen und sich an dessen redselige StaatSkunst wenden, sondern über die Bosheit und die Intrigen des„perfiden" Albion räson> nieren. Mit der angeblichen Bosheit Englands und seiner Eifer sucht auf die Entlvickclung des deutschen Handel« und der deutschen Schiffahrt ist die jetzige, nichts weniger als glänzende politische Stellung Deutschlands im Konzert der Mächte nicht erklärt. Zum Einkreisen gehören mindestens zwei: derjenige, der einkreist, und derjenige, der sich einkreisen läßt; und sicherlich' beweist auf politischem Gebiet derjenige eine größere Befähigung, der einen anderen zu isolieren weiß, als derjenige, der sich isolieren läßt. Tatsächlich hat Deutschland seit der vorjährigen AlgeciraS -Poss stetig an internationalem politischen Kredit eingebüßt, und zu diesem Resultat haben nicht zum wenig st en die imperialistischen Verheißungen betgetragen, mit denen sowohl von Mitgliedern der Re gierung wie von der offiziösen Presse bei der letzten Reichstagiwahl operiert worden ist. Der Artikel über die imperialistischen Pläne der Regierung, den sofort nach der Reichstagsauflösung die„Nordd. Allgem. Ztg." veräffent lichte, mag als agitatorische Leistung nicht ganz unübel sein, er zeugte aber in seiner völligen Ignorierung der Wirkung derartiger imperialistischer Ankündigungen nach außen von einer fast beispiet losen Täppigkeit. Statt nun aber in der jetzigen Lage, in die BülowS diplornir tische Kunst Deutschland gebracht hat, wenigsten» kühle» Blut zu bewahren, rast die deutsche nationale Presse wie ein wild- gewordener Neurasthcniker und beschäftigt sich in langen Aus einandersetzungen mit einem Artikel der„Correspondencia de ESpana". in dem allerlei von der beabsichtigten Gründung eines Mittelmeer . Vierbunde» erzählt wird. So heißt es z. B. in dem Artikel: .Zwischen Spanien und England ist ein völlige« Einver nehmen für Krieg und Frieden zustande gekommen. England liefert Geld zur Umwandlung der spanischen Renten und garantiert die Sicherheit der spanischen Küsten durch seine Flotten. Spanien stellt dagegen eventuell seine Truppen, rüstet die Arsenal « au», besestigt di« Häfen, die England al» Opera- tionsbasis dienen, und unterhält eine Defeniwslotte, die sechs erstklassige Panzer, sechs Schnellkreuzer uns zwölf Höchste torpedoboote umfaßt. England und Spanien er« warten de» Beitritt Frankreich» und Italien ». so daß ein Mittelmeer -Vierbund entsteht. Auf alle Fälle vermöchten Spanien und England vereint die Gtbraltar-Ceuta-Meerenge zu sperren, so daß England seine Flotten je nachdem im Osten oder im Westen konzentrieren könne. Alle englischen Kriegsschiffe ständen heute auf Kriegsfuß, so daß sie eventuell keinen Mann und kein Pfund Pulver mehr ein« zuschiffen brauchten. In drei Tagen könne England in den europaischen Gewässern mehr Schiffe vereinigen, als Europa zusammen." Ueber so ruchlose Pläne regt sich die patriotische Presse ge« waltig auf. macht, wie z. B. die.Köln. Ztg.", allerlei An« deutungen, daß der König von Spanien oder sein Gefolge beim Besuch in Berlin die Etikette verletzt habe und beruhigt sich schließ- lich mit der Versicherung des offiziellen Organ» der spanischen Regierung, der„Agencia Fabra", daß in spanischen amtlichen Kreisen dem Artikel der„Correspondencia de ESPatia"„jede Authentizität abgesprochen" werde. So ziemlich das Einfältigste, was unter den jetzigen Umständen die halboffiziöse deutsche Presse sich leisten kann. Durch Geschimps und Anspielungen auf ganz nebensächliche. Alberne Verletzungen der höfischen Etikette werden die Beziehungen Deutschland » zu Spanien , England und Frankreich sicher nicht bessere, ebensowenig wird dadurch, daß dem Artikel der.Correspondencia de ESpana" jede Authentizität bestritten wird, bewiesen, daß er die politische Tendenz der Entente zwischen England, Frankreich , Spanien und Italien nicht richtig erfaßt. Mag auch ein tatsächliches Bündnis zwischen diesen Mächten nicht bestehen, so ist doch der Effekt ihrer Annäherung ganz treffend gezeigt. Wäre die deutsche Diplomatie nicht in allerlei lächerlichen Illusionen verrannt, so hätte sie längst dem Spiel England» ein Paroli geboten und nicht nur den Antrag Englands, auf die Tage», Ordnung der Haager Friedenskonferenz die AbrüstungDfrage zu setzen, angenommen, sondern ihrerseits noch weitergehende An« träge gestellt. Statt dessen aber schwärmt die der Regierung nahe» stehende Presse für die sonderbare Weisheit, die Professor Münster » berg sich gegenüber dem früheren amerikanischen Großindustriellen Carnegie auf dem New Yorker Friedenskongreß geleistet hat, und gefällt sich in allerlei albernen Hetzereien gegen England und Frankreich . Das beste Mittel, um die Einkreisung Deutschland » zu vollenden!— Sand in die Angen des liberale« Philistertums. In der liberalen Presse finden sich wieder einmal die wildesten Auslassungen gegen das„persönliche N e g i m e n t". So berserkert die„R h e i n.- W e st f. Z t a.": „Gewiß sind die großen Gegensätze, die die europäischen Staaten zu gewaltigen Rüstungen zwingen, zum größten Teil wirtschaftlicher und national-politischer Art. Aber die augenblick» liche Verschärfung ist durchaus persönlich. Zwei Per« jenen sitzen sich im heißen Wettkampf am europäischen Schach- brett gegenüber. Der eine ein alter, kühler, berechnender, ruhiger Spieler der andere ein jüngerer, temperamentvoller, unberechen» barer, ideenreicher und phantastevoller Held. Wem der Steg zu« fallen wird, solange sie nur mit diplomatischen Schach- stguren sich bekämpfen, ist heute ntcktwehr zweifelhaft. Wilhelm ll. ist matt gesetzt. Von all den Königen und Fügten, die er in den ersten Jahren seiner Regierung besucht« und um sich zu scharen wußte, hielt keiner liebend bei ihm au» als der lrovz Zsjet irnd des tut ß�tfn SpielhölleScrWelk.T. All die Freundlichkeiten, Lob- prcisungen, Geschenke und Orden, selbst die heißen Gebete haben nicht gefruchtet. Wilhelm It. ist einsam geworden auf der steilen Höhe, wo Fürsten stehen. Ueberall. wo heute die poli- tischen Gegensätze aufeinanderstoßen, richten sich die Spitzen gegen ihn. Ja. man kann sich oft dcS Gedankens nicht entschlagen, daß von dem gefährlichsten Gegner gerade die Person unseres Kaisers zum Zielpunkt genommen ist. Mit dem wirtschaftlichen Wettkampf, mit nationalen Verschiedenheiten, könnte man sich abfinden, aber die Art und Weise, wie der Erbe von Bis- marcks Stellung die auswärtige Politik betreibt, wie er seine fürstlichen Brüder anredet, antelegraphiert, empfängt und bc- sucht, d i e empfindet man peinlich, sie möchte man ändern, gegen die richtet sich das Ränkespiel des Oheims." Die freisinnig- volksparteiliche„Bres- lauer Zeitung" seiert Eduard den Dicken als„weit- blickenden, ruhrgen, klaren und besonne- nen Staatsmann" und fährt dann fort: „Wir machten unsere internal ionalen Witzchen weiter, während König Eduard handelte. Wir verliehen einem japanischen General den höchsten preußischen Orden— um unser Gerechtigkeitsgefühl und unsere Hochherzigkeit zu beweisen, zugleich auch dem geschlagenen und gefangenen russischen General. der sich dann später als ein übler Geselle entpuppte—. während England mit Japan sehr förderliche Verträge abschloß. W i r äraertenalle Welt durch unsere Handelsvertrags- Politik, während England sich mit Frankreich verständigte und freundschaftlich Fühler nach Spanien und Italien ausstreckte. Wir mußten nach Algeciras gehen, um uns dort vor aller Augen bescheinigen zu lassen, wie vereinsamt wir stehen, und konnten es doch wiederum nicht unterlassen, hinterher Zensuren zu erteilen, wodurch selbstverständlich weitere Mißstimmung erregt und eine gewisse B a n g i g» k e i t unter den Mächten erzeugt wurde, sie könnten auch e i n m a l g e l o b t w e r d c n. So ist Deutschland im Völker» konzert immer unbeliebter und isolierter geworden. und König Eduard hat in Pari«, in Cartagena und Gaeta mit leichter Mühe die Früchte gepflückt, die w'r zur Reife zu bringen redlich mitgewirkt haben." In der Tonart ist diese liberale Kritik nicht mehr zu überbieten. Wie muß solche Philippika gegen das pcrsön liche Regiment den Philistern imponieren I Schade nur. daß hinter diesem Theaterdonner auch rein gar nichts steckt! Der Liberalismus ist ja der eigentliche Verantwortliche für alle Seltsamkeiten des pcrsön lichen Regiments. Er hat ja alle Irrfahrten des Zickzack- kurses als getreuer Sancho Pausa mitgemacht. Er hat sich sogar zu der konservativ-libcralen Paarung und all ihren perversen Konsequenzen entwürdigt. Er hat sich zur Flotten Politik und Kolonialpolitik bekehrt, er hat die Algeciras - Aktion mitgedecktl Er hat erst jetzt wieder durch Herrn Müller-Sagau erklären lassen. daß der Liberalismus das einzige Mittel, die Schäden des persönlichen Regiments zu reparieren, eine sorcirrte Steige- rung der Rüstungen zu Lande und zu Wasser seit Dabei muh ja das persönliche Regiment gedeihen! Die dröhnenden Bierpauken gegen das persönliche Regiment dienen nur dem Zwecke, dem liberalen Philister die liberalen politischen Wassersuppen zu schmälzen!— . England und Deutschland . London , 30. April.<Eig. Ber.) Die öffentliche Meinung Deutsch « landS leidet an Nervosität, ander» ist di« Aufregung über die Mittel» meerreise de« König » von England und über den Vorschlag Sir Henry Eampbell-BannermanS nicht zu erklären. Die Reise des Königs hat an der weltpolitischen Lage nichts ändern können. Da» englisch -italienische Einverständnis existiert schon seit dem Jahr«!S87, und das eng lisch»französisch- spanische seit 1Q04. Keine» von diesen Verhältnissen ist den Be« mühungen de« König » von England zu verdanken. Im übrigen hat ein König von England nicht» mit Politik zu tun. Die Deutschen beobachten die englischen konstitutionellen Verhällnisss nicht mit den Augen der Westeuropäer. Die Exekutive liegt beim Kabinett, dem der König nichts dreinzureden hat. Der König von England ist im wahren Sinne des Wortes der Diener der Nation, der er zu gehorchen hat. Seine Reisen folgen den Ereignissen. aber sie gehen ihnen nie voran. Ebenso sind die Spekulationen, die an den Borschlag Campbell Bannerman « Igelnüpft werden, nur da» Produkt aufgeregter Nerven. Der englische Premierminister ist entschieden liberal und versteht von äußerer Politik ebensowenig, wie die meisten Radikalen. Weltfriede. Menschenverbrüderung usw. find alt« radikale Schlagworte, die Cmpbell-Bannerma» für edle Wahrheiten hält und denen er. trotz aller Lbratungen seitens seiner politischen Zreund», Ausdruck gibt. In konservativen Kreisen England» ist man über seinen Borschlag betreffend Begrenzung der Rüstungen ebenso erbittert wie in Deutschland . Sie halten den ganzen Vorschlag für ein« radikale Schrulle. Aber Bannerman läßt ich nicht abhalten, da» zu sagen und zu tun. was er für recht hält. So hat er den B u r e n k r i« g für«ine barbarischeTater« klärt; so gab er Transvaal di« Selbstregierung, trotz der bitter st en Opposition der Konservativen, und so will er seine LieblingSidee der Beschränkung der Rüstungen auf internationalem Wege verwirklichen. Hintergedanken liegen ihm vollständig fern; er würde ebenso gehandelt haben, wenn zwischen England und Deutschland die vollste Harmonie herrscht«. Nicht» ist einem Deutschen so schwierig zu begreifen, wie den Gedankengang eine» englischen Radikalen a,:» der alten Schule, da der Deutsche diesen Radikalismus nicht durchgemacht hat. Im Grund« genommen ist der Radikalismus die einzig« bürgerliche Weltanschauung, die noch Ideal« hat und die noch wähnt, daß man die Welt durch Ideen regieren könne. Noch heut« indet man hier Radikale, die allen Ernstes erklären, ihr Programm ei di« Bergpredigt Jesu Christi. Campbell« Bannerman würde auf ein« Frage nach einem Programme auch nicht ander» antworten. Er würde sicher antworten: Ttr» Oespel I(Das Evangelium). Die Komödie der Jungfrau von Orleans . Paris . M. April.(Eig. Ber.) Mitten im Ernst de» Klassenkampfes, der die französische Gefell « chaft jetzt von Grund au» auswühlt, taucht eine Episode von be- zwingender Komik aus,«ine politisch« Possenszene, deren Humor um so tiefer ist, als er im Widerspruch zwischen dem großtuenden Senscherpathos und der schlotternden Hökerseele der regierenden ourgcotste seine Wurzel hat. Die Affäre der Jeanne d�Arc -Feier von Orleans entblößt di« lächerlichsten Partien der radikalen Svießbürgerei n grotesken Schivankwendungen, di» die bestdressierte Phantasie der Boulevarddramatiker weitaus uberslligsln. Di» Geschichte hebt m» dem Entschluß de» Herrn Clömenceau an. sich einmal auf da» hohe«oß de« Prinzips zu setzen. In Orlean « hat e» seit undenklichen Zeiten alljährlich»in Fest zum Andenken an di, Befreiung der Stadt durch das wunderbare Hirtenmädchen gegeben. Ein Fest, bei dem der ganze dekorative Apparat für seelische Massenabspeisung ausgeboten wurde: Pfaffen. Militär und„Spitzen der Behörden". ES gab 'iata G�tteSdiv-st und sisw Sestzug, bts bafo«roz�ffm. HÄS Truppenparade war, schließlich eine Einsegnung auf dem Schlacht» selbe. Das alles war eine Augenweide für die braven Provinzler und eine besondere Herzensangelegenheit für die Hoteliers. Gast« Wirte und Alkoholverschletßer, denen der Fremdenzufluß ein Quell nationaler, lokalpatrioti'chcr und geschäftlicher Genugtuung wurde. Diesmal fiel eS nun Clemenceau ein, daß nach der Trennung von Kirche und Staat die Beamtenschaft unmöglich in corpore an einer Feier von kirchlichem Charakter teilnehmen könne. Sein Verbots- erlaß an die Beamtenschaft, der Geistlichkeit eine offizielle Staffage zu bieten, erregte aber in Orlean « bei Bürgern und Stadträten einen heftigen Schrecken. Denn sie sind zwar in normalen Zeiten heftige Freidenker und Pfaffenfresser, jedoch von einer ungemein vor- feinerten Toleranz gegen religiöse Hebungen, die dem Geschäft zu gute kommen. Der radikale Gemeinderat erhob beim Ministerprästdeirten nachdrückliche Vorstellungen und sein Wort- führer war der sehr antiklerikale Deputierte Rabier. Die Bürger der guten Stadt Orleans bestanden im Namen der Tradition auf der Zulassimg der Kooporation von Klerus und Beamtenschaft und wollten es gar nicht als Ersatz gelten lassen, daß Clemenceau ihnen eine Verstärkung des militärischen Festapparats versprach. Der Minister- Präsident tat das, was er immer tut, wenn er nichts anderes zu tun weiß— er schrieb einen Brief. Und da ihn in keiner Lebenslage sein guter Sül verläßt, fiel seine Antwort an die Stadtväter von Orleans sehr bissig auS. Er hielt den braven Bürgern nicht nur vor, daß jede gesellschaftliche Reform mit allen Traditionen bricht, sondern verhöhnte auch ihren Antiklerikalismus, der sich bei Wahlen so stolz geberdet, um dann auf einmal in der Furcht eines Profit- entgange» einzuknicken. Nachdem er aber dermaßen seiner Stilkünstlerseele genug getan hatte, begab er sich auf den Weg des Ausgleichs. Er gestattete den Beamten das Ausrücken in Gemeinschaft mit der Geistlichkeit, jedoch unter Festsetzung eines Zeremoniells, dessen Umständlichkeit an die Diplomateiizusammenkunfte der absolutistischen Periode erinnert. Danach sollte der Festzug vom Rathaus, statt von der Kathedrale seinen AuSaaim nehmen, vor dieser jedoch halten, um die dort versammelte Geistlichkeit in die Reihe treten, zu lassen. Den Klerikalen sollte der geistliche Ornat, doch nicht das Tragen von Kreuzen und die Gchanftellung von Reliquien erlaubt sein. Dia Beschwerdeführer waren zufriedengestellt, aber jetzt macht auf einmal der Bischof Schwierigkeiten. Wie in der Anekdote den Jockels„die ganze Leich' nit gefreut", wenn er nicht die neue rote Jacke dazu anziehen darf, so mag der Bischof eine Prozession nicht, bei der man keine Kreuze trägt. Dazu kommt, daß Herr Rabier nachttäglich, um auch sein fteimaurerisches Gewissen zu beruhigen, erklärt hat, daß im Zuge die Freimaurer mit ihren Jnsignien mitmarschieren würden. Der Bischof beruft sich darauf, datz die kirchlichen Vorschriften den Geistlichen die Teilnahme an einer Zeremonie, bei der sich die Freimaurer beteiligen, streng verbieten. So ist heute die Sache noch Mehr verfahren als zuvor und die Bürger von Orlean « sehen zitternd di« tragischen Ronflitie, die sich ergeben, wenn die heiligen Ideale mtt dem heiligen Beschäst zusammenstoßen. ".•* Orlean», 21. April. Der Ministerpräsident Clömenceau hat der Geistlichkeit da« Tragen von Kreuzen im Jeanne d'Arc -Fest- zuge gestattet, doch nimint der Bischof noch an der eventuellen Teilnahme der Freimaurer an dem Fesizuge Anstoß. Die russische Revolution. Böse» Gewissen. Im russischen BerkehrSministerium herrscht seit einiger Zeit ein« Siroße Beunruhigung, da die zahlreichen nach allen Richtungen ent- andten Vertrauensleute lediglich ungünstige Berichte zu übermitteln n der Lage sind. Infolgedessen ordne» der russische Verkehrs- minister General Schaufuß an. die Bahnvorsteher aller msfischen Bahnen dringend aufzufordern, unverzüglich die nötigen Bor- kehrungen zu treffen, um au»„Ueinen Eisenbahnveamten" besondere Kampforganisationen zu bilden! auch werden Schieß. Übungen mit R e v o l v« r n vorgenommen. Berbrechersprache amtlich gestattet. Dem„Verband wahrhaft russischer Leute� ist von zuständiger Seite gestattet worden, für die Verbreitung seine» Zirkulare und sonstiger Bropagandaschristen durch den Telegraph und di« Post«in« besondire chiffriert» Sprach« zu verwenden. Explosion von Spr-vgstossen. Moskau , 22. April. Im Kontor der Palmsche« Fabrik entstand letzte Rocht infolge einer furchtbare« Explosion ein Brand, welcher da« ganze Kontor ergriff. Au» dem brennenden Lolal stürzt««in Student, der schwer« Verletzungen im Gesicht hatte. Er verwrigert jede Aussage über die Ursache der Explosion; man vermutet, daß diese durch Unvorsichtigleit beim Umgehen mit Sprengstoffen der« anlaßt wurde. Kriegszustand in Warschau . Warschau , 22. April. Sin Revierausseher und zwei Soldaten wurden aus offener Straße durch Schüsse getötet.-» DaS Kriegs- gericht verurteilte heute 8 Personen zum Tode. politiftbe CUberficht. verlin. den 22. April 1907. Klassenjustiz. Dem Staatssekretär des Reichs- Justizamtes. Dr, Nieberding, gelang es trotz heißen Bemühens auch heute nicht, die deutsche Klassenjustiz von den Vorwürfen zu reinigen, die Genosse Heine am Sonnabend auf Grund unanfechtbaren Materials erhob. Es gelang ihm um so weniger, als zwar der freisinnige Abgeordnete Müller- Meiningen als eifriger Blockvcrfechter den freiwilligen Re�ierungskommissav gegeil Heine spielte, aber doch nicht umhln konnte um den Schein oppositioneller Aktton zu retten � an täglichen Vorkommnissen den Klassencharakter bürgerlicher Justiz zu bestätigen. Mit Recht geißelte Genosse Dr. F r a n k- Mannheim diese Zweiseelenpraxis des freisinnigen Blockrekruten und demonstrierte seinerseits an der von Gerichten oft bestätigten «Souveränität des Schutzmannes" über den Bürger, sowie an einer Reihe prononcierter Fälle die Zwieschlüchttgkeit deutscher Justiz. Dann ironisierte ber Redner die dilatorische Methode des Staatssekretär» resp. der Regierung, längst zur Reife ge» diehene, notwendige Reformen sowie alte Forderungen der Reichstagsmehrheit immer wieder zu verschleppen. Die heutige Erklärung des Staatssekretärs, neue Gesetzentwurfe Jur Strafprozeßordnung sowie das VersicherungSgesctz in de« )erbstsession einzubringen, fand Widerspruch bei der Mehr- heit der Parteien, die das VerstcherungSgesetz bereits jetzt zur Vorbcratung wünschen. Von diesem Widerspruch un- liebsam berührt, riet der Staatssekretär dem Reichstage, sich mit seinen Wünschen an den Reichskanzler zu wenden—- beiläufig ein Beweis, wie wenig der also vorgeschobene Block-Kanzler den Block respektiert. Die bekannte ZeugniSzwanaaffäre gegen unseren Ge- nossen Geck in Mannheim stellte Genosse Dr. Frank als sprechendes Beispiel für die willkürliche Anwendung des Zeugniszwanges bin und sorderi« gleich anderen•wturn' Beseitigung tiefer Lsrtuv gegen �»e sTrcfV#
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten