Kr. 94. 84. Jahrgang. 3. KeilU des Jonuitts" Knlim HglMlitt. Dienstag, 28. April 1907. Eine nächtliche Automobilfahrt und ihre Folgen. Ende November 1905 ging durch eine Reihe hiesiger Zeitungen eine Notiz des Inhalts: In der Nacht vom 26. November sei auf der Chaussee zwischen Tempelhof und Mariendorf die Leiche eines jungen Mannes gefunden worden. Später habe sich herausgestellt, daß der junge Mann überfahren worden sei durch ein Automobil des Rittergutsbesitzers Kiepert in Marienfelde , in welchem An- gehörige Kieperts, darunter zwei Tomen, saßen, die von Berlin nach Marienfelde fuhren. Weiter besagte die Notiz, die beiden Damen, Frau Kiepert und ihre Tochter, Frau Oberstleutnant Eertig, seien aus dem Automobil ausgestiegen, hätten den Ueber- fahrenen noch lebend und röchelnd angetroffen, seien aber, ohne ihm Hülfe zu besorgen, weiter gefahren und der Rittergutsbesitzer Kiepert habe später in bezug auf diesen Vorfall gesagt: na, es könne ja nur Geld kosten.— Durch die letzteren Angaben fühlten sich der Rittergutsbesitzer Kiepert, seine Mutter Frau Hedwig Kiepert und Frau Gertig beleidigt. Sie strengten eine Privatklage an gegen fünf Redakteure und den Herausgeber einer Zeitungskorrespondenz. Die Klage wurde gestern vor dem Schöffengericht verhandelt. Als Beklagte erschienen: Wolter, der Herausgeber der Korre- spondenz, welche die Notiz verbreitete, die Redakteure Wegner von der„Mariendorfer-Zeitung", Arndt vom„Berliner Tageblatt", Staniek von der„Volkszeitung" und Weber vom„Vorwärts. Der Redakteur Leupold von der„Wahrheit" fehlte entschuldigt. Die Kläger behaupten, der Verunglückte sei nicht von ihrem Auto überfahren, er müsse vielmehr schon vorher, jedenfalls von einem Arbeitsautomobil, auf dem er saß, überfahren worden sein. Es habe der betreffende junge Mann schon als Leiche auf der Chaussee gelegen, als das Kiepertsche Automobil diese Stelle passierte, er habe in scharfem Ruck einen Bogen beschrieben, um die Leiche nicht zu berühren. Daß die Insassen des Automobils sich yar nicht um den auf der Straße liegenden Mann bekümmert hätten und das? Herr Kiepert gesagt habe, es könne doch nur Geld kosten, bestreiten die Kläger gleichfalls. Die Beklagten traten den Wahrheitsbeweis an. Durch die Zeugenvernehmung und Feststellung aus den Akten ergibt sich folgendes: Gegen den Führer des Kiepertschen Automobils, den Chauffeur Gerlach, schwebte wegen des bezeichneten Vorganges ein Straf- verfahren, er war zwei Wochen in Untersuchungshaft, dann ist das Verfahren gegen ihn wegen Mangel an Beweisen eingestellt. Ein Gendarm, der die Unfallstelle besichtigte, hatte gesagt, die Fahrspur des Automobils sei an der Stelle, wo der Verunglückte lag, auf eine kurze Strecke verwischt gewesen.— Aus den vor dem Schöffengericht abgegebenen Zeugenaussagen ergibt sich folgendes Bild: In dem Kiepertschen Automobil saßen Frau Kiepert, Frau Gertig und Leutnant Rosimann. Letzterer wurde als Zeuge vernommen und sagte: Das Automobil habe eine scharfe Wendung gemacht und gehalten. Der Chauffeur habe den Jnsaffen mitgeteilt, eS liege ein Mann am Boden, um den er herumgefahren sei. Die Insassen stiegen aus und sahen, daß der am Boden liegende Mann bereits tot war. Der Chauffeur habe nach Polizei gesucht, aber keinen Bo amten gefunden. Dann sei ein Laterncnwärter gekommen, der ver sprachen habe, die Polizei herbei zu schaffen. Hierauf sei das Automobil mit den Insassen weiter gefahren.— Im Gegensatz zu diesen Angaben stehen die Aussagen anderer Zeugen. Neuling, der Führer des Lastautomobils, auf dem der Verunglückte Linke vor dem Unfall saß, bekundet: Er habe gesehen, daß Linke, nachdem er von seinem Lastautomobil abgestiegen war, auf die andere Seite der Straße ging. Von diesem Automobil könne er also nicht über- fahren sein.— Nachtwächter Funke ist durch den Laternenwärter nach der Unfallstelle geholt worden. Er bekundet: Als er hinzukam, War das Kiepertsche Automobil bereits davon gefahren. Der Ver- unglückte lebte aber noch. Er schlug cinigemale die Augen auf und verschied dann. Ein anderes Automobil als das Kiepertsche ist zur fraglichen Zeit an jener Stelle nicht vorüber gefahren. Die Spur des Automobils war in dem leicht gefrorenen Straßenschmutz beut- lich zu erkennen, sie ging schnurgerade über die Stelle, wo der Ver- unglückte gefunden wurde. Eine ausweichende Spur war nicht vorhanden. Daß Kiepert die Worte:„Es kann doch nur Gelb kosten", ge- braucht hat, konnte vor Gericht nicht erwiesen werden. Wolter weigerte sich, seine Gewährsmänner zu nennen, die von Kiepert wirtschaftlich abhängig seien und ihm, Wolter, mitgeteilt hätten, daß Kiepert diese Acußerung auf seinem Gutshofe in Gegenwart anderer gebraucht habe. Die Beklagten und ihre Verteidiger machten geltend: Wenn auch nicht erwiesen sei, daß der Verunglückte durch das Kiepertsche Automobil überfahren sei, so stehe doch fest, daß die Insassen des- selben sich recht herzlos benommen hätten. Sie fanden einen Menschen auf der Straße liegend, von di!m sie»nicht wissen konnten. ob er bereits tot war. Nach Aussagen einiger Zeugen habe er ja auch noch gelebt. Unter solchen Umständen könne man doch von nicht ganz gefühllosen Leuten erwarten, daß sie dem Verunglückten, soweit es ging. Hülfe gebracht hätten. Sie konnten ihn doch in ihremAutomobil zum nächsten Arzt fahren. Aber die Herrschaften überführten sich nicht einmal» ob noch Leben in dem Verunglückten sei, selbst der Leutnant Roßmann habe es nicht der Mühe für wert gehalten, die Glacehandschuhe auszuziehen und den Verunglückten zu befühlen, ob er denn wirklich schon tot sei. Unser verantwortlicher Redakteur Weber und sein Verteidiger Rosenfeld wiesen noch darauf hin, daß in der Notiz, die der„Vor- wärts" über den Vorfall brachte, gar keine Beleidigung enthalten sei. Ueber das Verhalten der beiden Damen sei überhaupt nichts gesagt und bezüglich der Redensart„es kann doch nur Geld kosten" habe der„Vorwärts" gar nicht gesagt, wer diese Worte gebraucht haben solle. Der„Vorwärts" habe auch nicht, wie die anderen Zeitungen, eine Berichtigung des Vertreters der Kläger erhalten, trotzdem aber die in anderen Blättern erschienene Berichtigung ab- gedruckt. Objektiver könne eine Zeitung jedenfalls nicht verfahren. Das Gericht kam zu dem Urteil: Die Behauptung, die beiden Klägerinnen hätten den Linke überfahren, sei nicht wahr. Sie hätten ihn vielmehr auf der Straße liegend gefunden, und da sie ihn für tot hielten, hätten sie keine Veranlassung gehabt, sich weiter um ihn zu kümmern. Niemand könne ihnen deswegen vorwerfen, daß sie gefühllos gehandelt hätten. Die Behauptung, der Kläger Kiepert habe, gesagt, es könne doch nur Geld kosten, sei nicht er- wiesen, es handele sich nur um eine Klatscherei. Aber es lagen doch Tatsachen vor, die Anlaß gaben zu der Annahme, daß sich die Klägerinnen gefühllos benommen hätten, und daß ein Mißstand vorgelegen habe, der öffentlich habe gerügt werden müssen. In dieser Hinsicht müsse der Presse ein weiter Spielraum gelassen werden/ Denn die Presse sei dazu da, Mißstände, welche die Ocffentlichkeit interessiere, aufzudecken. Demgemäß stehe den Angeklagten Wolter, Arndt(Verl . Tagebl.), Staniek Merl. Volksztg.) und Weber(Vorwärts), der Schutz des§ 193 zur Seite. Diese vier Angeklagten sind deshalb freigesprochen. Der Angeklagte Leupold(„Wahrheit") ist aus§ 18S und 186 zu sechs Woche« Gefängnis, der Angeklagte Wegner(Mariendorfer Zeitung) aus § 183 zu einer Geldstrafe von 30 Mk. verurteilt. Die„Wahrheit" hatte die Angelegenheit in einem längeren Artikel behandelt, den das Gericht für beleidigend hielt. Die„Mariendorfer Zeitung" hatte ihrer Darstellung die Ueberschrift„Feige Mörder" gegeben und ist lediglich deshalb verurteilt worden. Die anderen Zeitungen hatten nur tatsächliche Mitteilungen gebracht. Partei- Angelegenheiten. Zweiter Wahlkreis. Heute. Dienstag, 23. April, abends 8>/g Uhr. findet im„Hofjäger-Palast", Hasenheide 62/53, eine außerordentliche Generalversammlung statt. Näheres siehe Annonce in heutiger Nummer. Um recht zahlreiche Beteiligung ersucht Der Vorstand. Achtung, V. Wahlkreis. Heute Dienstag abend b'/z Uhr findet im Schweizergarten am Königstor eine V e r s a m m lung des Wahlvereins statt. Reichstaasabgeordneter Genosse Dr. Frank-Mannheim referiert über„Politische Zeitfragen" Gäste erwünscht. Das Erscheinen aller Mitglieder erwartet Der Vorstand. Rixdorf. Die Genossen werden auf die heute abend SVa Uhr in Hoppes Festsälen, Hermannstr. 49, stattfindende Fortsetzung der Generalversammlung aufmerksam gemacht und ersucht, zahlreich und pünktlich zu erscheinen. Der Vorstand. Wilmersdorf . Die Genossen werden nochmals auf die heute abend stattfindende Volksversammlung aufmerksam gemacht. Tages ordnung: 1. Vortrag des Redakteurs Genossen Ströbel über „Die bürgerlichen Parteien und die Sozialdemo kr a tie". 2. Diskussion. 3. Bericht der weiblichen Vertrauensperson und Neuwahl derselben. Sorge jeder für zahlreichen Besuch der Versammlung. Zossen . Am Mittwoch, den 24. d. M., abends 8'/z Uhr, findet im Lokale des Herrn Schimke die Mitgliederversammlung des Wahl- Vereins statt. Die Genossen werden ersucht, zahlreich zu erscheinen Weißens«. Heute Dienstagabend 8 Uhr findet in Enders Saal. König-Chaussee 5/6, der Lichtbilder-Vortrag über:„Im Reiche der schwarzen Diamanten" statt. Zahlreichen Besuch erhofft Der Wahlvereinsvorstand. Reinickcndorf-Ost. Heute abend S'/g Uhr findet im Restaurant „Tivoli"(früher„Borussia-Park ") bei Schaller die Mitglielier-Ber sammlung statt. Genosse G r e m p e spricht über:„Moderne Verkehrs- wege". Genossen, wir empfehlen Euch den zahlreichen Besuch der Versammlung. Der Vorstand. Niederschönhausen . Eine öffentliche Wähler-Ver sammlung veranstaltet der sozialdemokratische Wahlverein am Mittwoch, den 24. April, abends S'/j Uhr, im Uhlitzschen Restaurant (Schwarzer Adler), Blankenburgerstraße. Auf der Tagesordnung steht ein Vorttag des Genossen W. K u b i g über die bevorstehende Wahl und die Ausstellung unseres Kandidaten. Genossen, sorgt dafür, daß die Versammlung bis auf den letzten Platz gefüllt ist' Es gilt, die wenigen Tage, die uns noch von der Wahl trennen auszunutzen. Deshalb agitiert nach Kräften und tut bis zur letzten Minute Eure Schuldigkeit I Berliner JVachnchten- Zur Berstadtlichung des Rettungswesens. Der Stadtverordnetenversammlung ist eine Vorlage über die Berstadtlichung des RcttungSwescns zugegangen. Aus der Vorlage geht hervor, daß es sich dabei um den Uebcrgang der Rettungs - zentrale, um die weitere Erhaltung der in den Krankenhäusern Berlins eingerichteten Hauptwachen und um die Sorge für an- gemessene Wetterführung der bestehenden Rettungswachen handelt. Die Rettungsgesellschaft hat sich.bereit erklärt, den Betrieb ihrer Zentrale als Bcttennachweis und Hauptvermittclungsstelle zum 1. Mai d. I. aufzugeben und zu diesem Zweck die mit den staat- lichcn und privaten Krankenhäusern Berlins und der Nachbarstädte nock, bestehenden Verträge zum 1. Mai d. I. aufzuheben. Dies ist von der Gesellschaft inzwischen schon in die Wege ge- leitet worden, und da das Bestehen einer einzigen Zentralstelle für den gesamten Bettennachweis auch sonst allgemein als ein Bedürf- nis empfunden worden ist, so steht zu erwarten, daß binnen kurzem die städtische Zentrale in der Tat in vollem Umfange ihrer Auf- gäbe, den amtlichen BettennachwciS für Grotz-Berlin zu liefern, zu erfüllen in der Lage sein wird. Die Uebernahme der Hauptwachen in die Verwaltung der Stadt erscheint geboten und unbedenklich, denn bisher haben die Krankenhäuser von Groß-Berlin zugunsten der Gesellschaft unentgeltlich die erforderlichen Räume, die ärztliche Versorgung und das nötige Material für Fälle der ersten Hülfe gegeben. Auch in Zukunft wird eS hierbei verbleiben. Die Aende- rung in diesem Punkte wird also nur unwesentlicher Natur sein Der Magistrat von Berlin hak sich bereits mit den staatlichen, privaten und den Anstalten der Vororte in Verbindung gesetzt, um das Ziel zu erreichen. Es handelt sich dann noch um die Ueber- nähme dox neun Rettungswachen. Von diesen liegen drei in den Vororten Charlottenburg , Schöneberg und Tegel . Für die Ueber- lassung des Inventars der sechs Berliner Rettungswachen verlangt die Rettungsgesellschaft 40 000 M., die der Magistrat zahlen will. Dafür soll der Magistrat später 50 000 M. aus dem Vermächtnisse des 1903 verstorbenen Kommerzienrats Albert Pfaff als Rück- erstattung und 25 000 M. zur freien Verfügung für Zwecke des Rettungswcsens erhalten. Die Verwaltung des Rettungswesens und der Rettungswachen soll dem Aerzteverein übertragen werden, dem auch der ärztliche Dienst und die Leitung übertragen wird. Dafür soll der Verein bis zum 1. April 1903 jährlich 50 000 M. als Pauschale erhalten. Der Stadtgemeinde steht die Aufsicht über die Geschäftsführung des Aerztevereins und der Wachen zu. Sie können jederzeit kon- trolliert werden. Ein Beamter wird in städtische Dienste über- nommen. Unseres Erachtens erfüllt die Vorlage keineswegs die Hoff- nungen, die man auf die Berstadtlichung des Rettungswesens ge- setzt hat. Wenn man endlich einmal auf dem Gebiete des Rettungs- wesenS eine Reform vornehmen will, so soll man nicht auf halbem Wege stehen bleiben und sich nicht im wesentlichen auf den Betten- Nachweis beschränken, sondern neben der ersten Hülfe auch das Krankentransportwesen mit einbeziehen. Da aber bei der ersten Hülfe wie beim Krankentransportwesen vor allem die Krankenkassen und deren Aerzte erheblich interessiert sind, so ist eS nur selbstverständlich, daß man auch diese und den Verband fixierter Krankenkassenärztc Berlins und Umgegend zu der Verwaltung des Rettungswesens mit heranzieht. Die Gewerbe-Depntation deS Magistrats hat auf Grund des j 6 des Gewerbe- Unfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 >ie Ortsdurchschnittspreise für Naturalbezüge, bestehend in freier Heizung und Beleuchtung, für Berlin wie folgt festgesetzt: 1. für Familienwohnungen mit Küche: a) für Betriebsbeamte, Werkmeister, Techniker, Kontrolleure usw. für Heizung 40 M., für Be- leuchtung ebenfalls 40 M. pro Jahr; b) für Arbeiter, Gesellen, Gehülfen und sonstige Angestellte für Heizung 25 M., für Be- leuchtung gleichfalls 25 M. jährlich. 2. für ein einzelnes Zimmer ür Heizung wie für Beleuchtung je 10 M. jährlich. Die Schleifenausstellung im Gewerkschaftshause wird am Dienstag geschlossen. Diejenigen Organisationen, die die von ihnen gespendeten Schleifen zurück wünschen, werden gebeten, 'ie im Laufe des heuttgen TageS abholen zu lassen. Nmlenkung von Straßenbahnlinien. Die Straßenbahn muß wegen Gleisarbeiten an der Kreuzung Weinmeisterstraße, Ecke Schönhauferstratze, in den Nächten vom 22. zum 23. April und vom 25. und 26. April von 1 bezw. 12 Uhr aus verschiedenen Linien abgelenkt werden. Es wird dies erforderlich in der Nacht vom 22. zum 23. April bei Linie 3 Richtung A ab Nettelbeckplatz von. 11,28 Uhr ab, 11 ab Wicbestraße 12,37. ab Görlitzer Bahnhof 12,42, 35 ab Kreuzbergstraße 12,34, 36 ab Kreuzbergstraße 12,42. Sie fahren von der Münzstraße durch die Alte Schönhauser-, Lothringer-, Brunnenstraße und umgekehrt. In der Nacht vom 22. zum 23. April durchfahren folgende Linien vom Hackeschen Markt kommend die Rosenthalerstraße, Rosenthaler Tor, Lothringer- stratze, Schönhauser Allee und umgekehrt: 55 von 12,11 ab Knese- beckstraße, von 1,02 ab Danzigerstratze. 54 ab Savignyplatz 12,17, vom 25. zum 26. April Linie 53 ab Danzigerstraße 11.54, 55 ab Knesebeckstraße 11,11, ab Danzigerstratze 12,02, 54 ab Schönhauser Allee 11,48, ab Savignyplatz 11,17, 52 ab Wilmersdorf 11,21, ab Mühlenstratze 11,16 und 56 ab Danzigerstraße 12,00. Durch die Spandauer -. König -, Alexander-, Münz-, Alte Schönhauserstratze und umgekehrt fahren in den Nächten vom 22. zum 23. April die Linien 47 von 12,31 ab Ringbahnhof Rixdorf und 48 12,53 ab Schönhauser Allee , vom 25. zum 26. April Linie 47 ab Ringbahnhof Rixdorf 11,27, ab Nordend 11,23, Linie 48 ab Schönhauser Allee 11,53, ab Rixdorf 11,20. Die Gasdeputation beschäftigte sich in ihrer gestrigen Sitzung mit dem Antrag der Direktion, die auf der Gasanstalt in der Dan- zigerstraße probeweise eingeführte achtstündige Ärbeitsschicht für Betriebsarbeiter und neunstündige Schicht für Hofarbeiter auf allen städtischen• Gasanstalten einzuführen. Trotzdem der Vor- sitzende der Deputation, der Stadtrat Namslau und der technische Direktor der Gaswerke, Herr Schimming in der wärmsten Weise für die Annahme der Vorlage eintraten, herrschten in der Deputation Bedenken, dem Antrage zuzustimmen. Von einer Seite wurde es als eine kulturelle Pflicht bezeichnet, den Bestrebungen auf Verkürzung der Arbeitszeit entgegen zu treten. Vor allem be- fürchtete man von der vorgeschlagenen Regelung einen ungünstigen Einfluß auf die übrigen städtischen Werke und auf die Privat- industrie. Diese tbeoretischc Seite der Frage wurde für viel wichtiger gehalten als die praktischen Erfahrungen, die man bei dem Versuche in der Anstalt Danzigerstratze gemacht hatte, Erfahrungen, die beweisen, daß in der kürzeren Arbeitszeit genau dasselbe ge- leistet wurde, wie in der bisherigen längeren Arbeitszeit. Schließ- lich wurde die Entscheidung ausgesetzt und beschlossen, das Gaswerk Danzigerstraße am Mittwochvormittag gemeinsam zu besuchen, um sich dort an Ort und Stelle einen Einblick in die Einzelheiten des Betriebes zu verschaffen. Zur Unterbrechung der Eisenbahnfahrt schreibt die„Nord- deutsche Allgemeine Zeitung":„Die deutschen Regierungen haben sich bekanntlich entschlossen, bei Gelegenheit der Einführung der neuen Personen- und Gcpäcktarife eine Vorschrift zu beseitigen» die von den Reisenden vielfach als Belästigung empfunden wurde. Bei Unterbrechung der Fahrt bedarf es in Zukunft einer B e- scheinigung nicht mehr. Der Reisende kann ohne Zeit- Verlust, ohne die zuständigen Stationsbeamten aufsuchen zu müssen, den Bahnhof auf der Unterwegsstation verlassen, um— wie das jetzt auch vorgeschrieben ist— seine Reise mit einem an demselben oder dem folgenden Tage fahrenden Zuge fortzusetzen. Wenn neuer- dings in der Presse verlangt wird, daß man seine Reise beliebig, auch mehrmals, ohne Bescheinigung unterbrechen dürfe, wenn weiterhin gefordert wird, daß den Fahrkarten eine längere Geltungsdauer gegeben werden möge, so scheint uns hierzu ein Bedürfnis nicht vorzuliegen, ganz abgesehen davon, daß bei lang- fristigcn Fahrkarten, die ohne alle Kontrolle von beliebigen Stationen aus benutzt werden können, der Reiz zu Fahrgeldhinter- Ziehungen in noch größerem Umfange als bei den heutigen Rück- fahrkarten vorliegen würde. Wer längere Reisen machen, sein Gepäck beliebig vorausschicken und die Fahrt beliebig unterbrechen will, dem stehen auch künftig die Vereinsfahrscheinhefte zur Ver> fügung." Was zu erwarten war k Aus Güstrow in Mecklenburg wird ge» meldet: Das hiesige Landgericht, das die Untersuchung gegen die Fürstin Camilla Wrede wegen der bekannten Silberdiebstähle führt, hat jetzt aus Grund ärztlicher Gutachten auf Einstellung des Verfahrens erkannt. Das psychiatrische Obergutachten hatte eine ärztliche Kommission erstattet, der unter anderen Medizinalrat Dr. Leppmann- Berlin und Professor Dr. Schuckardt von der Universität Rostock angehören. Das ärztliche Gutachten kommt zu dem Schluß, daß die Fürstin, die schon seit sechs Jahren Zeichen geistiger Störung gezeigt hat, bei Begehung der Silberdiebstäble sich in einem Zustande befunden habe, der jede freie Willensbestimmung ausschloß. Die Fürstin be» findet sich zurzeit in einem Sanatorium in Auteuil bei Paris . Wir haben von Anfang an nicht im geringsten daran gezweifelt, daß die Fürstin Wrede bei Begehung dieser Silberdiebstähle nicht zurechnungsfähig war. Wenn eine Arbeiterfrau in ihrer Rot sich ein Brot nimmt, um den Hunger ihrer Kinder zu stillen oder ein paar Kohlen aufliest, um sich eine warme Stube zu machen, wird sie verurteilt und zwar von Rechts wegen l Da macht man nicht viel Umstände, bei einer Fürstin ist das was anderes! Herr Ferdinand Bon», der Direttor des Berliner Theaters, hat sich wegen der Jnhibierung einer Aufführung durch die Polizei direkt an den Kaiser gewandt, um sich bei ihm zu beschweren. Herr Bonn glaubte sich seines Erfolges schon sicher, weil der Kaiser sich in seinem Theater die Schauerkomödie„Sherlock Holmes " und den „Hund von BaSkerville" angesehen hat, ist aber in seiner Hoff- »ung betrogen worden. Wie auswärtige Blätter zu melden wissen, ist Herr Bonn in Homburg v. d. Höhe, wohin er gereist war, vom Kaiser nicht empfangen worden. Ein furchtbares Familiendrama hat sich Sonntagabend in der Prcnzlauerstraße 18 abgespielt. Dort ermordete der pensionierte Feuerwehrmann Jakob Lange» f e l d erst seine Schwiegermutter, die 61 jährige Witwe Marie Schweb, und versuchte dann seine Ehefrau sowie deren Freundin, die 21 jährige Charlotte Klitsch, Reuter- platz 21 wohnhaft, zu erschießen. Die beiden letzteren Frauen ind so schwer verletzt, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Der Täter ergriff sofort nach Berübung des Verbrechens die Flucht,. stellte sich aber später wieder selbst der Behörde. Ueber die Tat selbst werden folgende Einzelheiten bekannt: Vor längerer Zeit war der Feuerwehrmann Langefeldt wegen einer folgenschweren Rauchvergiftung und starker Nervosität pensioniert worden und seitdem lebte er in der Christburgerstt. 36/37 als Verwalter. L. war außerordentlich eifersüchtig auf seine Frau und führte dadurch häufig erregte Szenen herbei. Er trieb eS bald o weit, daß die Frau die Scheidungsklage einreichte. Vor vierzehn Tagen verließ Frau L. ihren Mann und zog zu ihrer Mutter nach der Prenzlauerstt. 10. Die Bemühungen des L., feine Frau zur Rückkehr zu bewegen, hatten keinen Erfolg. Er beschloß nun sich bttter zu rächen. Somitagnachmitkag wollte er die beiden Frauen in ihrer Wohnung aufsuchen, um seinen Plan zur Ausführung zu bringen, er traf aber niemand an. Frau L. hatte mit ihrer Mutter und ihrer Freundin, der erwähnten Klitsch, einen längeren Ausflug unternommen, von dem sie erst in der zehnten Abendstunde wieder heimkehrten. L. hatte die Rückkehr der Frauen abgewartet und betrat nun mit ihnen unbemerkt das Haus und die Wohnung. Ahnungslos legten die Drei ihre Hüte ab und machten sich daran. Kaffee zu kochen. Als sie sich dann am Tisch niederlassen wollten, erschien Langenfeldt plötzlich aus der Bildfläche, und nun kam eS zu einer kurzen erregten Auseinandersetzung zwischen dem Ehepaare. Natürlich ergriffen die beiden anderen ; stauen die Partei der Ehefrau. Als dann L. einen Revolver hervor- zog, schrieen die Frauen auf. Im nächsten Augenblick krachten kurz
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