So ist einem Turnleiter am 22. April von dem Polizeipräsidentenfolgendes Schreiben zugegangen:„Noch amtlichen Feststellungen erteilen Sie an schulpflichtigeKinder Turnunterricht, ohne im Besitze der hierzu erforderlichenGenehnngimg der Schulaufsichtsbehörde zu sein.Gemäß des§ 4 der Ministerialinstruktion vom 31. Dezember1839(!) werden Sie daher hierdurch aufgefordert, diese Ge-nehmigung binnen vierzehn Tagen von Zustellung dieser Ver-fügung an bei der städtischen Schuldeputation hierselbst nach-zusucheu."Mit größtem Eifer werden die Arbeiterturnvereine bewacht, weilman hier die sozialdemokratische Gefahr zu wittern glaubt. DieSchulaufsichtsbehörde wird das ihrige tun, um die turnlustigenKinder vor der vermeintlichen Gefahr zu beschützen. Denn daß der8 4 der Ministerialinstruktion in erster Linie gegen die Arbeiterturn-vereine in Geltung tritt, beweist, daß patriotische und christliche Turn-vereine, die gleichfalls solche Abteilungen eingerichtet haben, ungestörtTurnunterricht erteilen können. Schon die Tatsache, daß obigerTurnverein voriges Jahr die Mitgliedsliste und am Anfang diesesJahres die Turnlehrerliste einzureichen aufgefordert wurde, läßt ver-muten, daß die Behörde die„nationale Sache" in obigem Turn-verein für gefährdet hält. Indes dürfte wohl diese behördliche Für-sorge unbegründet sein.Im Landwehrkanal zu ertränken versuchte sich gestern der30 Jahre alte Arbeiter Meier, Hermannstraße wohnhaft. Au derKotlbuserbrücke stürzte sich Meier in den Kanal, wurde aber vonSchistern und einem Schutzmann gerettet und nach dem Kranken-hause gebracht. Längere Arbeitslosigkeit soll das Motw des Lebens-müden gewesen sein.Steglitz.Kommunaler Arbeitsnachweis. Hierzu wird uns geschrieben:Eine soziale Einrichtung, von deren Bestehen mindestens öl) Pr«z.unserer Einwohner bisher keine Ahnung hatten, wird durch eineBekanntmachung des Gemeindevorstehers an die Oeffentlichkeit ge-zogen. Es wird bekanntgegeben, daß die für den GemeindebezirkSteglitz eingerichtete Arbeitsnachweis stelle sich von jetzt abnicht mehr in der Polizeiwache, sondern im Einwohner-Meldeamt im Rathause, Zimmer 1, befindet. Sie ist anWochentagen in der Zeit von 8 Uhr morgens bis 3 Uhr nach-mittags und von S— 7 Uhr nachmittags, ferner an S o n n« undFesttagen von 11'/, bis 12'/, Uhr mittags geöffnet. Der Nach-weis erfolgt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer unentgeltlich.Wir hoffen, durch diese Mitteilung dazu beizutragen, daß diegemeinnützige Einrichtung in der weiteren Oeffentlichkeit bekanntwird. Dem Gemeindevorsteher möchten wir anheimgeben, ähnlichwie bei der Dienstboten-Bermittelungsstelle, monatlich die Resultatedes Nachweises zu veröffentlichen. Dadurch wird nicht nurdas Interesse an der Einrichtung gefördert, sondern auch zu weiteremBekanntwerden des Nachweises beigetragen.Groß-Lichterfelde.Rekognosziert ist der junge Mann, dessen entsetzlich verstümmelteLeiche, wie wir bereits meldeten, am Freitag auf der Eisenbahn-strecke Berlin— Halle in der Nähe der Station Groß-Lichterfelde(Süd) aufgefunden wurde. In dem Toten ist der 22 jährige SohnOtto des FuhrwerlSbefitzerS Lehmann aus der Siemensstraße 41 inLankwitz ermittelt worden. Das Motiv zu dem Selbstmorde sollgekränktes Ehrgefühl gewesen sein.Ober-Schöneweide.Ueber das Los der Toilettefraue« ist in unserem Blatte wieder-holt berichtet worden. Oesters haben wir dargelegt, daß dieseFrauen durchaus nicht leicht ihr Brot verdienen. Schon bevor sieeine Stelle erhalten, sind fie der Ausbeutung der Vermittler inhohem Grade ausgesetzt und wenn sie endlich eine Stellung ge-fanden haben, so haben sie oft ihre Not, die Pacht herauszubekommen,die in manchen Fällen keine geringe ist. Die Inhaber größererLokale suchen eben auch noch Geld herauszuschlagen, wenn ihreGäste ein Bedürfnis verrichten wollen. An sich ist die ganze Ein-richwng der Verpachtung der Toiletten' ein Unfug und entschiedenzu verurteilen. Sache der Gastwirte muß eS sein, für Reinhaltungder Toiletten und Bedürfnisanstalten in ihren Lokalen auf eigeneKosten und nicht auf Kosten der Gäste zu sorgen. DieReinigvngSfrauen in den Toiletten sind infolge des UrnstandeS,daß sie noch Pacht zahlen müssen, wiederum vorauf angewiesen.sich an den Gästen schadlos zu halten, die die Bedürfnisanstaltenaussuchen müssen. Und darunter haben wiederum am meisten dieFrauen zu leiden, die überall ihren ObuluS erlegen müssen. ES gibtToiletten, in denen die Reinigungsfrauen insofern zu ihrem Geldezu kommen suchen, als sie den Damen bei Vergnügungen nicht nurWaschgelegenheit bieten, sondern auch mit Puder, Schminke, Brennschere und dergleichen aushelfen. Dabei soll es vorkommen, baßgerade die Damen der guten Gesellschaft alles das wohl benutzen.aber vergessen, der Toilettenfrau eine Kleinigkeit dafür zu geben.Und charakteristisch ist eine Mitteilung, daß eine Toilettenftau inMörners Blumengarten in Ober-Schöneweide ohne weiteres ent-lassen wurde, weil eine Dame aus den besten Gesellschafts-kreisen in Ober-Schöneweide sich weigerte, fürderhin dasLokal zu besuchen, weil die ReinigungSfrau für Benutzung ihrerUtensilien ein kleines Entgelt verlangt haben sollte. Der Wirt ver-fügte die Entlassung, weil er bei dem Einfluß der Dame in Ober-Schöneweide eine Schädigung befürchtete. Die Pacht nahm er, aberverlangen durfte die Wartefrau nichts, wenigstens nicht von einerDame der Hautevolee.Die Remigungsfrau, die«0 Jahre alt ist, ist nunmehr existenzlosbloß des Geizes einer angesehenen Dame wegen.Friedrichsfelde.Bis nach 11 Uhr abends dauerte die letzt« Sitzung der Gemeinde-Vertretung, welche den Rest des Etats fertigzustellen hatte. Wesent-liche Verbesserungen hat der neue Etat dank des ablehnenden Ver-Haltens der Mehrheit nicht gebracht. In der letzten Sitzung passiertedem Gemeindevorsteher das Mißgeschick, einen bürgerlichen Vertreterder Opposition zu den Sozialdemokraten zu rechnen. Die tnttmenBerater scheinen demnach schlecht« Arbeit geleistet zu haben. EineGeneraldebatte wurde von dem ans 14 Bürgerlichen bestehendenBravoblock, der die Aeußerungen des Gemeindevorstehers meist mitBravo begleitet, in der ersten Sitzung abgelehnt undzwar mit der Begründung,„der Etat sei vom Gemeinde-vorstand und der Rechnungskommission eingehend durchberaten".Genosse Pinsel er wies demgegenüber darauf hin, daß der Etataufgestellt worden sei, ohne die entsprechenden Kommissionen hinzu-zuziehen. Die zugezogene Rechnungskommission sei überflüssig, dasie das ganze Jahr über zu keiner einzigen Sitzung zusammen war.Herr Apotheker Roth wollte sich gegen den Vorwurf der Passivitätverteidigen, hatte aber dabei das Pech, eingestehen zu müssen, baßer auch noch die einzige Sitzung bei der Vorberatung des Etats ge-schwänzt hat. In den Etat sind Ausgaben eingestellt, von denenauch die Schöffe» nicht» wußten. Ben» Kapitel„Lustbarkeitssteuer"wurde wiederum die Nichtheranziehung der Rennbahn zu dieser Steuergerügt. Ein Antrag des Gemeindevertreters Bube, diese Steuer zu streichen,wurde abgelehnt. Beschlossen wurde, den Sicherheitsdienst derartigumzugestalten, daß unter Neuanstellung von sechs Polizeidienerndurch die 15 Polizeidiener abwechselnd Tag und Nacht Polizeidienstgeleistet wird. Beim Kapitel Fleischbeschauamt wurden eigentümlichePraktiken des Tierarztes aufgedeckt. Die Viehbeschau soll in Abwesen-heit des Tierarztes durch dessen Köchln erfolgt sein und zwar vomBalkon aus. Auf Anfrage des Genossen Pinseler wurde festgestellt,daß von den 10 400 M. Einnahmen der Tierarzt allein 7200 M.erhält. Der Antrag, einen fest besoldeten Tierarzt anzustellen,wurde abgelehnt. Ueber die obigen Mißstände soll Untersuchung ein-geleitet werden.— Abgelehnt wurden die Anträge unserer Genoffen dieSchaffung von Schularztstellen und eines Regulativs für Armen-Unterstützung betreffend. Die schon des öfteren geübte Kritik desGenossen Pinsel«, daß der ArmenhauSverwalt« durch Heranziehungzum Nachtwachtdienst seiner Tätigkeit im Armenhause entzogen wird,suchten der Gemeindevorsteher und sein Anhang mit dem Hinweisauf die Unsicherheit im Armenhause sowie auf die Bösartigkeit derJnsaffen abzuschwächen. Ganz besonders muß das Verhalten desArmenkommissionsvorstehers Schöffen Pechardscheck gekennzeichnetwerden. Dieser Herr hat im vorigen Jahre in der Armenkommission demAntrage des Genossen Pinseler zur einstimmigen Annahme verholfen,welcher besagte, den Armenhausverwalter zu keinerlei Abenddienstheranzuziehen. Der damalige Beschluß erfolgte nach eingehenderDarlegung des unhaltbaren ZustandeZ. Jetzt erklärt sich HerrPechardscheck gegen seinen eigenen Antrag. Wo bleibt da dieLogik?— Den Straßenreinigern ist dem Antrage unserer Genossengemäß eine kleine Lohnaufbesserung zuteil geworden. Die gleicher-zeit beantragte Arbeitszeitverkürzung auf neun Stunden ist ab-gelehnt. Angenommen wurde ein Antrag unserer Genossen, jedemStraßenreiniger außer Dienstrock und Mütze auch eine Regenpelerinezu liefern. Hierfür wurden 300 M. einstimmig bewilligt.— DemGemeindevorsteher wurde aufgegeben, den Kanalisationsetat vor-sichtig zu behandeln, da die Aufstellung nur eine provisorische sei.Ob es dem neuen Gemeindevorsteher gelingen lvird, die Cliquen-und Vetternwirtschaft zu beseitigen, bleibt abzuwarten. Auf Antragvon sechs Gemeindevertretern, darunter auch unsere Genossen, solldemnächst die Bildung eines kollegialischen Gemeindevorstandesberaten werden. �Köpenick.•In der letzten Versammlung des Wahlvereins gedachte der Vor-sitzende zmiächst des Ablebens des Genossen Auer. Alsdann sprachGenosse Block über„Die politische Lage". Dem Bericht desKassierers, Genossen Heinze, für das erste Quartal ist zu entnehmen,daß die Einnahmen 820,33 M., die Ausgaben 795,47 M. betragen,so daß für das zweite Quartal ein Saldo von 24,91 M. vorgetragenwerden kann. Zur Aufnahme hatten sich 12 Genossen gemeldet,gegen deren Aufnahme kein Einspruch vorlag. Den Schluß der Ver-Handlungen bildete eine Diskussion über einen Antrag des GenosienMille betreffend Nichtaufnahme von Inseraten der Metallarbeiter-Gewerkschaft im„Vorwärts". Im Lause der Diskussion wurde derAntrag jedoch zurückgezogen.Tempelhof.Der Wahlverrin hielt am 13. d. M. im Lokale von Müller seineGeneralversammlung ab. Vor Eintritt in die Tagesordnung ehrtedie Versammlung das Ableben des Genossen Jgnaz Auer. Sodannerstattete Genosse A. Thiel den Bericht des Vorstandes. Demselbenist zu entnehmen, daß im verflossenen Geschäftsjahr von Januar 1903bis April 1907 13 Bereinsversammlungen, 7 öffentliche Ver-sammlangen, 5 Agitationstonren, 9 Flugblattverbreitungen und9 kombinierte Borstandssitzungen des Kreises stattgefunden haben.Der Wahlverein zählt zurzeit 153 Mitglieder. Dem Kassenberichtist zu entnehmen, daß die Einnahme im zweiten Quartal 130,55 M.,die Ausgabe 154,14 M. betrug. Davon wurden an deki Zentral-vorstand abgeliefert 107,03 M. Die Einnahme von der ReichstagSlvahl,auf Listen gesammelt sowie sonstige freiwillige Beiträge, betrug809,40 M, die Ausgaben 203,05 M. Den Bericht der Lokalkommissiongab Genosse Kaufhold, den der Bibliothek Genosse Flieg. Nach demSpeditionsbericht des Genossen Müller beträgt die AbonnentenzahldeS„Vorwärts" zurzeit 300, während es vor einem Jahre nur 200waren. Die Vorstandswahl hatte folgendes Ergebnis: Erster Vor-sitzender Albert Thiel: zweiter Vorsitzender W. Budzinski: Sckirist-sührer Lentschuh: Kassierer H. Rackow: Beisitzer H. Schiritz; RevisorenM. Biersack I. Flieg und Günther; Parteispediteur M. Müller, Berliner-straße 41/42: Bibliothekar H. Schiritz; Lokalkommission I. Flieg.—Als Bezirksführer Lentschuh und Keßler für den ersten Bezirk, Kleistund Günther für den zweiten Bezirk, Budzinski und Plättke für dendritten Bezirk, Beetz und Schneider für den vierten Bezirk. ZurVerbandsversammlung von Groß-Berlin wurden die GenossenBudzinski und Lentschuh delegiert. In die Zeitungskommissionwurden die Genossen Biersack, Wilsdorf, Schillhanek, Grätsch undSchneider gewählt.Johannisthal.Unter BergiftungSerscheiaungen erkrankt ist die Familie'deS Bahn-arveiterS Unterspahn. Räch dem Mittagessen wurden die Familien-Mitglieder, Mann, Frau und drei Kinder, von heftigem Unwohlseinbefallen, welches sich in starkem Erbrechen zeigte. Ein sofort hinzu-gerufener Arzt stellte Symptome einer Vergiftung fest und ließ dieReste des Specks, von welchem die Erkrankten genossen hatten, be«schlagnahmen und dem Gesundheitsamt zur Untersuchung überweisen.Der Zustand des Arbeiters ist besorgniserregend, während das Be-finden der Frau und Kinder stch gebessert hat.Nieder-Schönhausen.In der letzten Gemcindevrrtretersitzung wurde vorn Kreisausschußmitgeteilt, daß für die Neupflasterung der Kaiser Wilhelmstraße dieerste Hälfte der Beihülfe mit 7500 M. bewilligt worden sei. Desweiteren sprach das Lehrerkollegium für die Gewährung derTeuerungszulage in einem Schreiben seinen Dank aus. Das Gesuchder Firma Bernhard u. Brauns in Weißensee betreffs Anfstellungvon Orientierungstafeln, auf welchen allgemein interessierende An-zeigen wie Feuermeldestellen, Unfallstation gratis, andere Annoncenaber gegen Bezahlung veröffentlicht werden sollten, wurde abgelehnt.Zur Bestreitung der Pflasterkosten in der Kaiser Wilhelmstraße.BIcmkenburgerstraße sowie zum Ankauf des Terrains für dieIndustriebahn und zur Erbauung der neuen Schule ist eine Anleihevon 350000 M. nöttg. Es wurde beschlossen, daS Geld von derLandesversicherungsanstalt Brandenburg in Papieren der Reichs-anleihe aufzunehmen, doch soll die Amortisation nicht über 3 Proz.betragen. Nach dem Vertrage, welcher mit der Großen Berlinerabgeschlossen werden soll, steht der Siemens-Vahn das Recht zu,mit einzutreten. ES wurde beschlossen, da sich die Gesellschaft hierzunoch nicht geäußert hat, ihr eine weitere Frist von sechs Wochen zurEntscheidung zu gewähren.Schönflietz b. Hermsdorf.Den T-d eines braven Kämpfers verzeichnen die SchönfließerGenossen. KarlMiesenburg ist am Montag früh auf demWege zur Arbeit an einem Herzschlage plötzlich gestorben. An denNamen des Verstorbenen, der Gemeindevertreter war. knüpft stcheine heitere Erinnerung. Die Parteiorganisation hatte im Jahre1904 von einer Beteiligung an der Gemeindewahl in diesem reinbäuerlichen Ort Abstand genommen. Die Genossen deS OrteS beschlossen indes anders. Bei einer zwanglosen Zusammenkunft wähltensie aus ihrer Mitte den Verstorbenen zum Kandidaten und gingenam 22. März 1904 zur Wahl. Mcsenburg wurde auch mit S gegen�bürgerliche Stimmen gewählt. Die Schönfließer Bauern sollenhierauf nicht gerade freundliche Gesichter gemacht haben.Die Genossen von Schvnfließ wie alle, die den nun Verstorbenengekannt haben, werden ihn in Ehren halten.Öeridrts- Leitung.Entschädigungsansprüche der Fischergemcinde Schwedt a. d. Od«gegen die Schwedter und Criewrn« Wassergenosseuschasten.�Die beklagten öffentlichen Wassergenossenschaften sind zum Zweckder Verbesserung der dortigen GrundstückSerträgnisse gegründet, so-wie, was die Schwedter Genossenschaft anlangt, auch zur Vet-besserung der dortigen Flußläufe und Wasscrzüge. Es geschieht diesin der Weise, daß in die bedeichten Niederungen rechts und linksder Oder planmäßig das fruchtbare Winterwasser des OderstromeSeingelassen wird, um im Frühjahr nach Schließen deS Einflüsse«durch ein Schöpfwerk wieder herausgehoben zu werden, so daß durch dieTätigkeit des Schöpfwerk» während des ganzen Gomm«s der Wasserstandein niedriger, die Wiesen trocken lassender bleibt. Die 25 Klägerder Fischergemeinde zu Schwedt, welchen als Eigentümern von25 in Schwedt gelegenen Grundstücken des Recht zusteht, im Oder«ström und allen seinen Nebengewässern innerhalb der Oderniederung bei Schwedt stromauf- und abwärts, innerhalb gewisser,die beiden Polder einschließender Grenzen, die Fischerei zu allenZeiten und mit allen erlaubten Gerätschaften zu beweiben, be-haupten nun, daß sie durch die Polderanlagen der beiden Wassergenossenschaften stark geschädigt seien. Die Kläger habendas Recht der Fischfolge auf den Wiesen. daSheißt das Recht der Fischerei auf denjenigen Stellen, diesie zu Wasser erreichen können, sowie das Recht, auf denWiesen Gras zu schneiden und Ballreusen zu legen. Sieführen zur Begründung ihres Schadenanspruchs an, die eingepoldertenGebiete seien früher Fischgründe erster Klasse gewesen, und zwarinfolge der häufigen Ueberschwemnumgen der weit in die Wiesenhineinreichenden Einbuchtungen und Ausläufer der Oder und derzahlreichen, die Wiesen durchziehenden Gewässer, sowie mit Rücksichtauf den freien Zuzug der Fische vorn Haff und der Oder.Die Kläger behaupten einen Niedergang de§ Ertrages derFischerei um weit über 20 Proz. in den letzten Jahren nach An«legung der Polder, so daß ihnen ein Schaden von zusammen mehr als100 000 M. entstanden sei. Im Verhältnis zur Größe der beklagtenMelwrationsgebiete verlangen sie von der Criewener Wassergenossen-schaft 25 000 M. und von der Schwedter 75 000 M. als Schadlos-hqltung. Die Beklagten bestreiten irgend welchen Schadendurch den Poldereibetrieb und behaupten sogar eine Zu-nähme der Fischereibeträge. Zudem seien die Kläger auchnicht berechtigt, Schadenersatzansprüche zu erheben, da sie teilweiseden Wassergenossenschaften fteiwillig beigetreten seien.Das Landgericht in Prenzlau verurteilte dieBeklagten unter Verwerfung ihrer Einwände zur Zahlung der ge-forderten Beträge. Die von den Beklagten gegen das landgericht-liche Urteil eingelegte Berufung wurde vom Kammergerichtzu Berlin zurückgewiesen.Gegen das Urteil des Kammergerichts hatten die BeklagtenRevision eingelegt. Es erkannte der VII. Zivilsenat des Reichs-gerichts dieser Tage für Aufhebung des kammergerichtlichenUrteils aus prozessualen Gründen, während er materiell d«Beurteilung des Kammergerichts durchaus beitritt.- Wie Unfälle gesühnt«erde».Im vorigen Jahre leitete der Werkmeister Redoitö die Arbeitenin den Pillauer Kalkwerken. Dabei beachtete er nicht die Unfall-verhütuitgsvorschriften, so daß ein Arbeiter einen tödlichen Unfallerlitt. Zlvei Arbeiter hatten nämlich am Fuße eineS SandbergeSSand in die Lowrhs geladen. Plötzlich war der obere Teil desBerges ins Rutschen geraten und hatte zwei Arbeiter begraben.Den einen hatte man noch rechtzeitig ausgraben können; der anderedagegen war schon erstickt, als man ihn vorfand. Die Untersuchungergab, daß der Sandberg weder die vorschriftsmäßige Böschung von45 Grad gehabt hat, noch daß die über dem SandbergeMagentdeLehmschicht in der vorschriftsmäßigen Breite von drei Metern ab-geräumt gewesen ist. In der späteren gerichtlichen Berhand»lung wurde angenommen, daß der Tod des ArbeitersinfolgederNtchteinhaltungderUnfallverhütungS-Vorschriften herbeigeführt ist. Deshalb wurde Redottü,der als technischer Leiter deS Betriebes für die Befolgung der Unfall-Verhütungsvorschriften zu sorgen hatte, von der K ö n i g S b e r g e rStrafkammer wegen fahrlässiger Tötung zu einev G e-fängnisstrafe verurteilt. Das Reichsgericht hob dasUrteil aber auf die Revision des Angeklagten auf. So hatte sichdie Königsberger Strafkammer abermals mit diesem Vorfall zu be-schäftigen. Und jetzt kam sie zu einer Freisprechung des Angeklagten.Die Sachverständigelt bekundeten, daß zwar die Unfall-Verhütungsvorschriften nicht eingehalten sind, daßaber dadurch der Unfall nicht entstanden sei. Der Sand seizuerst heruntergestürzt und erst dann der daraufliegende Lehm. DerDruck der Lehmschicht.könne also den Bergsturz nicht verursachthaben. Die Böschung habe zwar nicht, wie vorgeschrieben ist,45 Grad betragen,»nd bei vorschriftsmäßiger Böschungsei ein Unfall ausgeschlossen, aber infolge der un-vorschriftsmäßigen Böschung sei keine übermäßige Gefahr vor«Händen gewesen. Das ganze Unglück sei durch einen un-glückseligen Zufall hervorgerufen, und zwar durch den Wechselzwischen Frost und Tauwetter, der eine Verschiebung der Erdmassenhervorbringe. Auf Grund dieses Gutachtens kam das Gericht zurFreisprechung des Angeklagten, wobei es noch hervorhob, daß sichzetzt das Bild des Unfalles nicht mehr so genau habe feststellenlassen wie in der ersten Verhandlung. Es sei aber festgestellt worden,daß der Angeklagte direkt vorschriftswidrig die Böschung abgearbeitethabe.— Jetzt fehlt nyr noch, daß jemand die Dekorierung des Werk-meisters vorschlägt zur Belohnung für die Nichteinhaltung der Unfall-vcrhütungsvorschriften._Zur BereinSgesetz-Rechtsprechung.Durch Nichtanmeldtmg einer Zusammenkunft von Mitgliederndes Bergarbeiterverbandes, die in Holzwickede aufgelöst wurde, sollteGenosse L u c z a k als Einberufer die§§ 1 und 12 deS Vereinsgesetzes übertreten haben. Das Landgericht Dortmundverurteilte ihn auch, indem eS annahm, es handelestch um eine Versammlung zur Erörterung öffentlicher Angelegen»heiten, weil Luczak in der„Versammlung" gesagt habe, eShandele sich um die Einleitung einer— Hansagitanon zur Werbungneuer Berbandsmitglieder. In der Begründung stützte sichdas Landgericht auf den Zweck des Verbandes, der auf eine Em-Wirkung auf öffentliche Angelegenheiten hinziele.— Das Kammer«gericht hob daS Urteil auf und verwies die Sachezu nochmaliger Verhandlung an daS Landgerichtzurück. DaS Landgericht gehe davon aus, daß wenn ein Vereineine bestimmte Tendenz habe, eine Versammlung, die ihm dienensolle, auch diese Tendenz haben müsse. DaS sei aber ein logischerSprung, den der Senat nicht mitmache. Di« Vergrößerung einesVerbandes fei an sich noch keine öffentliche Angelegenheit. Eskomme auf die Art ihrer Behandlung an. Darüber set noch nichtsfestgestellt._Mensch, bezahle keine Schulden!Ein Bordellwirt in Augsburg bezog von einer großen Wein-firrna ein größeres Quantum Wein. AIS der Bordelllvirt nicht zurrechten Zeit bezahlte, wurde er verklagt. Das Amtsgericht in AugS-bnrg wies durch Urteil die Klage aber mit der sehr interessantenBegründung ab, die Weinfirnta sei zu der ForderungSklaae nach demGesetz nicht berechtigt» weil sie den Wein„zu unsittlichenZwecken" geliefert habe. DaS Gericht übersah, daß der Grundsatz„Mensch, bezahle keine Schulden' auch für die Fälle tingültigerPerträge nicht gilt, sofern eine Bereicherung durch dte gekaufte WareVorliegt. Die nächste Instanz korrigierte diesen Irrtum. Sie verurteilte den Bordcllwirt zum Zahlen.Zur Auslegung der Automobilverordnung.Die Oberpräsidialverordmingeit über den Automobilvepkehr be-stimmen, daß bei Straßenkreuzungen das Lärmsignal zu geben ist.In einem Strafverfahren gegen Ohm handelte es stch um die Aus-legung dieser Bestimmung. DaS Kammergericht entschied dahin.daß ein« Sttaßenkreiiztmg im Sinne dieser Bestimmung nicht bloßvorliege, wo sich zwei Straßen in Form eines lateinischen Kreuzesschneide», sondern auch schon da, wo überhaupt eine Straße in eineandere hineinmilndet, ganz gleich, ob sie sich auf der anderen Seitefortsetzt oder nicht._